Titel: | Ueber ein Hydrat des Schwefelkohlenstoffs; von C. Duclaux. |
Fundstelle: | Band 185, Jahrgang 1867, Nr. XCIV., S. 319 |
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XCIV.
Ueber ein Hydrat des Schwefelkohlenstoffs; von
C. Duclaux.
Aus den Comptes rendus, t. LXIV p. 1099; Mai
1867.
Duclaux, über ein Schwefelkohlenstoffs.
Bedeckt man die Kugel eines Thermometers mit einem mehrfach zusammengelegten Stücke
Batist, gießt einige Tropfen Schwefelkohlenstoff darauf und läßt die Flüssigkeit
verdampfen, so bilden sich, sobald die Temperatur bis auf einige Grade unter Null
gesunken ist, kleine Krystallbüschel einer weißen, sehr wenig beständigen Substanz,
welche sich auch jedesmal zeigen, sobald Schwefelkohlenstoff einer raschen
Verdampfung unterworfen wird. Die Aehnlichkeit dieser Substanz mit Schnee, sowie
ihre Entstehung bei niedriger Temperatur und in feuchter Luft mußten – was
auch wirklich der Fall war – Veranlassung geben, sie für gefrorenes Wasser zu
halten. Man braucht indessen nur ein wenig von derselben zu sammeln und in einem
verschlossenen Gefäße wärmer werden zu lassen, um sich, sobald die Temperatur
– 3° C. erreicht hat, zu überzeugen, daß sie sich rasch zersetzt und
eine große Menge von flüssigem Schwefelkohlenstoff gibt, in welchem nur kleine
Eisstückchen schwimmen.
Ich selbst hatte anfänglich geglaubt, dieses Wasser sey nur zufällig vorhanden und
rühre von der Condensirung des in der umgebenden Luft enthaltenen Dampfes auf der
kalten Flüssigkeit her; bei näherer Untersuchung fand ich aber, daß es in constanter
Menge vorhanden und daß die weiße Substanz ein wahres Hydrat des
Schwefelkohlenstoffs ist. Um sich davon zu überzeugen, genügt es, diesen Körper
unter Beobachtung der durch seine außerordentliche Leichtzersetzbarkeit und
Flüchtigkeit bedingten Vorsichtsmaßregeln zu studiren. Das nachstehende Verfahren
gab mir die besten Resultate.
In ein zur Bestimmung des specifischen Gewichts starrer Körper dienendes Fläschchen
(Pyknometerfläschchen), welches man möglichst groß nimmt, bringt man etwa 20 Gramme
Schwefelkohlenstoff und leitet mittelst eines Blasebalgs, mit dessen Düse ein
passendes Glasrohr verbunden ist, einen recht lebhaften Luftstrom auf die
Flüssigkeit. Es ist unnütz, die Luft künstlich feucht zu machen, und wenn man die
Vorsicht beobachtet, das Fläschchen mit seinem Inhalte gehörig abzukühlen, so
beginnt die Bildung der weißen Substanz sofort. Die Temperatur sinkt sehr tief und kann leicht –
20° C. erreichen. Ist keine Flüssigkeit mehr vorhanden, so hört man auf zu
blasen, um das erhaltene Product nicht wieder zu zersetzen, denn dasselbe würde
sich, da es der Einwirkung einer Kältequelle nicht mehr ausgesetzt ist, nach und
nach wieder erwärmen. Dann verschließt man das Fläschchen und überläßt es sich
selbst bis es die gewöhnliche Temperatur wieder angenommen hat. Es bilden sich jetzt
zwei Flüssigkeitsschichten, die eine von Wasser, die andere von Schwefelkohlenstoff.
Man wägt den Inhalt des Fläschchens und bringt dann rasch gepulvertes Chlorcalcium
hinein; hernach wägt man von Neuem und stellt das Gefäß in ein Luftbad, dessen
Temperatur ungefähr 60° beträgt. Der ganze Schwefelkohlenstoff verdampft und
entweicht durch die capillare Oeffnung des Glasstopfens, ohne daß das vom
Chlorcalcium zurückgehaltene Wasser entweichen kann. Eine neue, nach dem Erkalten
des Gefäßes vorgenommene Wägung ergibt die Gewichtsmenge des in einer bekannten
Quantität der weißen Substanz enthaltenen Schwefelkohlenstoffs.
Mittelst dieses Verfahrens habe ich als Mittel aus zehn Versuchen gefunden, daß der
in Rede stehende Körper 89,4 Proc. Schwefelkohlenstoff enthält, genau entsprechend
der Formel: 2 CS², HO.
Derselbe bildet demnach ein an Schwefelkohlenstoff sehr reiches Hydrat; auch brennt
er ebenso leicht als letzterer und diese Eigenschaft ermöglicht einen
Collegienversuch, in welchem sich seine ganze Geschichte zusammenfassen läßt. Man
gießt auf eine Glasplatte eine geringe Menge Wasser und stellt in die Mitte
desselben ein Uhrglas, welches man mit Schwefelkohlenstoff füllt. Bläst man jetzt
auf letztere Flüssigkeit, so verwandelt sich dieselbe rasch in das Hydrat, während
gleichzeitig das Wasser gefriert, so daß nach Verlauf einiger Zeit Alles starr
geworden ist. Nähert man nun dem im Uhrglase enthaltenen schneeähnlichen Körper eine
glimmende Kohle, so entzündet sich dieselbe, verbrennt mit der blauen Flamme des
Schwefelkohlenstoffs und läßt das in ihr enthalten gewesene Wasser auf dem Boden des
Uhrglases zurück.