Titel: | Riedel's selbstthätiger Kesselspeiser. |
Fundstelle: | Band 185, Jahrgang 1867, Nr. XCVII., S. 339 |
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XCVII.
Riedel's selbstthätiger Kesselspeiser.
Aus der deutschen Ausstellungszeitung, Nr.
37.
Mit einer Abbildung auf Tab. V.
Riedel's selbstthätiger Kesselspeiser.
So lange es Dampfmaschinen gibt, ist das Bestreben vorhanden gewesen, selbstthätige
Kesselspeisevorrichtungen zu construiren, d.h. solche Apparate, welche ohne Hülfe
von Druckpumpen, allein durch die directe Wirkung des Dampfes im Kessel, das
Speisewasser demselben zuführen, sobald sich Mangel an solchem einstellt. Bei
Kesseln mit niederem Druck, wie sie in den Anfängen des Dampfmaschinenbaues üblich
waren, bot die Sache keine weiteren Schwierigkeiten dar; größere Schwierigkeiten
stellten sich aber der Construction von Apparaten entgegen, welche denselben Zweck
bei Hochdruckkesseln erfüllen sollten, da hier die Benutzung des Wassersäulendruckes
ihre Grenzen fand. Die meisten der wirklich construirten Vorrichtungen waren theils
zu complicirt, theils zu theuer in der Anschaffung und meist fehlte es auch an einem
äußerlich leicht in die Augen fallenden Zeichen der richtigen Functionirung des
Apparates.
In der amerikanischen Abtheilung der Pariser Ausstellung findet sich nun ein
selbstthätig wirkender Kesselspeiseapparat, der alle anderen zu gleichem Zweck
erfundenen Vorrichtungen übertreffen und bei dessen Anwendung ein Mangel oder
Ueberfluß an Wasser im Kessel nicht stattfinden können soll, da er demselben die
nöthige Wassermenge in dem Maaße zuführt als die Verdampfung es erfordert, also stets
den normalen Wasserstand erhält. Es kann dieser Apparat zugleich mit Hülfe eines
Hubzählers die während eines gegebenen Zeitraumes durch ihn in den Kessel
eingeführte Wassermenge mit Sicherheit selbstthätig registriren.
In Fig. 5 ist
dieser von einem in Amerika wohnenden Deutschen, G. A. Riedel, erfundene Apparat in perspectivischer Ansicht dargestellt. Der
Ballonrecipient A ist an dem Hebel E befestigt und bildet mit demselben ein Scharnier. Der
Hebel stützt sich auf die Rolle D und trägt das
Gegengewicht C. Die beiden Röhren B und S, am unteren Theil des Ballons
befestigt, sind durch ein Querstück verbunden, welches als Drehachse und zugleich
als Leitungsverbindung der Röhren S und W dient. Das Dampfrohr S
beginnt in der Höhe des Recipienten A und endet auf der
Höhe des Wasserspiegels im Kessel. Das Speiserohr B
endet im Kessel unterhalb des normalen Wasserstandes und hat seinen Anfang auf dem
Boden des Recipienten A. Das Wasserzuführungsrohr W steht mit dem Wasservorrathsbehälter in directer
Verbindung; bei L', L'' und W' sind Ventile angebracht. Auf dem Recipienten befindet sich ein
Lufthähnchen. Bei P ist eine Vorrichtung angebracht, um
ein zu starkes Aufschlagen des Apparates nach der einen oder der anderen Seite hin
zu verhindern.
Der Apparat wirkt nun in folgender Weise: Wird der Lufthahn geöffnet, so strömt aus
dem höher gelegenen Reservoir Wasser in den Recipienten A, füllt denselben an und der ganze Apparat nimmt die in der Zeichnung
angegebene Normalstellung ein, d.h. die Ventile der Röhren B und S bei L' und
L'' sind geöffnet, das Ventil W' des Rohres W ist geschlossen; sinkt nun der
Wasserstand unterhalb des Endes des Rohres S, so wird
der Dampf durch dieses Rohr in den Recipienten A treten,
das Wasser, vermöge seiner eigenen Schwere, strömt nach dem Kessel und der Recipient
füllt sich mit Dampf. Hierdurch leichter geworden, wird derselbe durch das
Gegengewicht C in die Höhe gehoben, der Apparat nimmt
alsdann die durch die punktirten Linien angedeutete Stellung wieder ein. Die Ventile
bei L' und L'' sind nun
geschlossen und das Ventil bei W geöffnet. Der durch
Condensation des im Recipienten enthaltenen Dampfes gebildete leere Raum wird durch
das bei W einströmende Wasser nunmehr wieder gefüllt;
dadurch schwerer geworden, nimmt der Recipient seine frühere Stellung wieder ein;
W' wird geschlossen, L'
und L'' werden geöffnet. Sinkt nun der Wasserstand
abermals tiefer, so beginnt dasselbe Spiel von Neuem. Die Anordnung der Rolle D, unter dem Hebel E,
sichert ein genaues Functioniren des Apparates. Da die Drehungsachse des Ballons in
der Mitte des
querliegenden Rohrverbindungsstückes sich befindet, so werden die Hebelarme von A und C bei dem Spielen des
Apparates abwechselnd länger oder kürzer, wodurch ein Stehenbleiben von E in der horizontalen Lage verhindert wird; das Oeffnen
und Schließen der Ventile L, L'' und W' wird daher stets mit einem gewissen Ueberschuß an
Kraft und durch einen gelinden Stoß erfolgen, wodurch etwaige Reibungswiderstände
hinreichend überwunden werden.
Ueberall da, wo durch das Gesetz zwei von einander unabhängig wirkende
Kesselspeiseapparate vorgeschrieben sind, wird man zur Erprobung der Güte der Riedel'schen Vorrichtung, die in Amerika bereits eine
große Verbreitung gefunden hat, gut thun, denselben mit anzuwenden. Erfüllt der
Apparat, was er verspricht, so ist ein weiterer Schritt zur Verhinderung derjenigen
Kesselexplosionen geschehen, die ihren Grund im Wassermangel finden.
Die Maschinenfabrik von C. Kesseler und Sohn in Greifswald hat von dem Erfinder die Patentrechte
für Deutschland übernommen und wird die Apparate nach den Angaben desselben, mit
weiteren Verbesserungen versehen, anfertigen.