Titel: | Mahlgänge mit rotirendem Bodenstein. |
Fundstelle: | Band 185, Jahrgang 1867, Nr. C., S. 342 |
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C.
Mahlgänge mit rotirendem Bodenstein.
Ueber Mahlgänge mit rotirendem Bodenstein.
Abweichend von der bisherigen Anordnung der Mahlgänge hat man in neuerer Zeit
begonnen, den Bodenstein statt des Obersteines zu bewegen. Besonders haben seit circa 20 Jahren die Franzosen dieser Construction ihre
Aufmerksamkeit gewidmet und manches Beachtenswerthe darüber festgestellt.
Es bietet diese Anordnung in der That manche Vortheile, welche sie werth erscheinen
läßt, ihr hier einige Worte zu widmen.
Betrachten wir die gewöhnliche Anordnung mit rotirendem Oberstein, so finden wir, dem
Mahlprocesse folgend, das Auge des Obersteins durch die Haue zum Theil versperrt,
wodurch die Mahlgutzuführung mehr oder weniger beeinträchtigt werden muß. Wir finden
ferner, daß das Mühleisen, welches den Oberstein vermittelst der Haue trägt, seine
letzte Unterstützung im Bodensteine in einem Halslager (Büchse genannt) hat, demnach
nicht eine directe Unterstützung am Mühlengerüste erhält und erhalten kann und bei
einer Lageveränderung des Bodensteines (noch so geringfügig) stets eine Veränderung
der Stellung des Mühleisens eintritt. Das Abrüsten eines Mahlganges mit rotirendem
Oberstein bietet durch das Losbrechen der Haue (falls eine feste Haue angewendet),
immer einige Schwierigkeiten; wie sich noch mehrere Nachtheile auffinden lassen,
welche die Anordnung mit rotirendem Oberstein mit sich bringt.
Wie schon gesagt, bietet ein rotirender Unterstein mehrfache Vortheile, welche sich
in folgende Punkte, nämlich:
1) Wegfallen der Steinbüchse;
2) obere Unterstützung des Mühleisens am Mühlengerüst;
3) vollständiges Freiwerden des Läuferauges zum Zwecke der
Mahlgutzuführung;
4) wesentliche Erleichterung des Unterziehens des Mahlguts;
5) besseres Auswerfen des verarbeiteten Mahlgutes;
6) leichtere Herstellung einer entsprechenden Dichtung zu
Zwecken der Ventilation, und
7) leichteres Abrüsten der Ganges
fassen lassen.
Die Steinbüchse erfordert stets eine mehr oder weniger complicirte Construction und
muß deßhalb ihr Wegfall mit um so größerer Freude begrüßt werden, als es bei der
Anordnung mit rotirendem Bodensteine möglich wird, sie durch ein einfaches
Zapfenlager zu ersetzen.
Wie bereits erwähnt, hat das Mühleisen in der Büchse keine gesicherte Stellung, da
der Bodenstein, in dessen Auge sie sich befindet, durch Stellschrauben bewegt werden
kann. Eine Anordung, die das Wegfallen der Büchse möglich macht, gibt daher
gleichzeitig dem Mühleisen eine gesichertere Stellung; diese gesicherte Stellung
aber wird bewirkt durch die directe Unterstützung des Mühleisens am
Mühlengerüst.
Da bei der Anordnung des rotirenden Bodensteines der Oberstein sich vollständig
passiv verhält, d.h. nur über dem Bodenstein aufgehangen ist, so gewährt dessen
Läuferauge dem Mahlgute den ungehindertsten Eintritt, und da dasselbe gleich auf den
rotirenden Boden fällt, so vertheilt es sich auch auf demselben besser, es wird
besser ausgearbeitet. Auch wird das Mahlgut von dem rotirenden Bodenstein besser
ausgeworfen. Durch den Wegfall der Haue, sowie durch das Entbehrlichwerden des
Steinrandes und ferner dadurch, daß das Mühleisen nicht mehr bis über die Mitte des
Obersteines, sondern nur bis zu derselben Höhe des Untersteines reicht, ist das
leichtere Abrüsten des Ganges, welches ein rotirender Bodenstein mit sich bringt,
hinlänglich erklärt.
Als letzter Punkt sey endlich noch die leichtere Herstellung einer entsprechenden
Dichtung zu Zwecken der Ventilation erwähnt, welcher Vortheil nicht zu gering
anzuschlagen ist, da durch die Ventilation nicht nur die Leistungsfähigkeit der
Steine wesentlich erhöht, sondern auch das Mahlgut während des Mahlens gekühlt und
ausgetrocknet wird.
Trotz dieser Vorzüge des rotirenden Bodensteines darf doch auch der Nachtheil nicht
vergessen werden, welchen diese Anordnung mit sich führt. Es ist nämlich bei dieser
Anordnung die Anwendung der Balancirhaue nicht statthaft.
Jedenfalls verdient diese Anordnung die Aufmerksamkeit der Fachgenossen und
Mühlenbauer, welche hierdurch darauf hingelenkt werden soll.
(Die Mühle.)