Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 185, Jahrgang 1867, Nr. , S. 478 |
Download: | XML |
Miscellen.
Miscellen.
Walzwerkmaschinen ohne Schwungrad.
Unter den Hüttenleuten findet man die Meinung verbreitet, schreibt ein
Berichterstatter in der „Zeitschrift des Vereines deutscher
Ingenieure,“ daß zu einer Walzenstraße und namentlich zum Blechwalzen
ein sehr großes Schwungrad an der Maschine erforderlich sey; besonders in England
sieht man diese Walzen mit sehr schweren Schwungrädern versehen.
Neuere Versuche haben hinlänglich bewiesen, daß so schwere Schwungräder nicht allein
nicht erforderlich, sondern sogar in doppelter Hinsicht schädlich sind. Erstens
absorbirt ein Schwungrad bedeutende Kraft, welche sich im Verhältniß seines
Gewichtes steigert, und zweitens ist es das Schwungrad, welches die große Kosten
verursachenden Brüche an Walzen, Kuppelungen, Spindeln u.s.w. herbeiführt.
Beim Bau des neuen Blechwalzwerkes, welches Borsig in
Biskupitz in Oberschlesien errichten läßt, war die Frage aufgeworfen, welches die
beste Einrichtung zum Vor- und Rückwärtswalzen sey, und man kam zu dem
Schlusse, daß es am besten seyn müsse, ohne Anwendung von Zahnrädern die
Dampfmaschine selbst umzusteuern. Um sich hierüber Gewißheit zu verschaffen, nahm
man von einer Zwillingsmaschine in Moabit, welche ein Bandagenwalzwerk treibt, das
Schwungrad ab. Nachdem darauf durch Gegengewichte auf der Welle die Kurbel und
Bleuelstangen gehörig contrebalancirt waren, ergab sich folgendes Resultat: die
Maschine arbeitete bei constantem Drucke auf den Stahlreifen gleichmäßig und ruhig;
man konnte den Gang bis auf 25 Umdrehungen verlangsamen, wohingegen mit dem
Schwungrade 35 bis 40 gebraucht wurden. Der Dampfverbrauch war geringer, denn die
Abnahme der Kesselspannung betrug jetzt beim Auswalzen eines Reifens nur 2 Pfund,
hingegen früher 6 bis 7 Pfund. Es konnte daher nicht fehlen, daß sich eine
bedeutende Ersparniß an Brennmaterial ergab.
Hoffentlich wird dieser Fortschritt in Zukunft bei allen Walzwerken benutzt und damit
der große Uebelstand des Brechens der Walzen etc. und des Kraftverlustes durch die
Schwungräder beseitigt werden.
Versuche mit den neuen Systemen von
Hinterladungsgewehren.
Bei den seit Monaten auf der Schießschule zu Spandau
unausgesetzt fortgeführten Versuchen mit den zahlreichen seit vorigem Jahr
erfundenen und fertiggestellten neuen Hinterladungs-Systemen hat sich bisher
allein das amerikanische Peabody-Gewehr
(beschrieben im polytechn. Journal Bd. CLXXXII S.
278) als dem preußischen Zündnadelgewehr ebenbürtig und sogar in mehreren
Beziehungen überlegen bewiesen. Mit dem französischen Chassepot-Gewehr (beschrieben im polytechn. Journal Bd. CLXXXIV S. 50) ist dieß dagegen nicht
entfernt der Fall gewesen. Dasselbe besitzt zwar eine Ladegeschwindigkeit von nur 3
Secunden gegen 3 1/2 Secunden, welche das Zündnadelgewehr hierzu erfordert, allein
dieser einzige Vorzug, wie noch einige geringere Vortheile, wird durch die häufigen
Versager mehr als aufgewogen, welchen diese Waffe wegen ihres difficilen und
complicirten Mechanismus ausgesetzt ist (auf je 34 Schuß bei dem einen Versuch z.B.
bei dem einen dazu benutzten Gewehr 12, bei dem anderen 14 Versager). Aus derselben
Ursache vermag auch der Ersatz unbrauchbar gewordener Theile nicht unmittelbar mit
der Hand, sondern nur durch Anwendung von Werkzeugen zu erfolgen, und endlich
besitzt das Gewehr eine so bedeutende Seitenabweichung der Geschosse, daß es auf
weitere Entfernungen kaum noch einen sicheren Schuß gestattet. Die Tragweite wird
für dasselbe als genau die nämliche wie bei dem Zündnadelgewehr angegeben.
(Kreuzzeitung, 27. August 1867.)
Ueber Verkupferung des Eisens und Stahls, ohne Mitanwendung
einer Volta'schen Batterie; von Dr. N. Gräger.
Von den vielen zu dem genannten Zwecke empfohlenen und zum Theil von mir versuchten
Methoden hat mir keine befriedigendere Resultate geliefert als die folgende: Man
bestreicht mittelst eines Pinsels den blank geputzten (geschliffenen oder polirten)
Gegenstand mit einer Auflösung von Zinnchlorür (sogenanntem Zinnsalz), und
unmittelbar darauf mittelst eines zweiten Pinsels mit einer Lösung von
schwefelsaurem Kupferoxyd-Ammoniak. Die Zinnchlorürlösung bereitet man sich,
indem man 1 Theil krystallisirtes Zinnchlorür in 2 Theilen destillirtem Wasser,
welches man mit 2 Theilen gewöhnlicher käuflicher Salzsäure versetzt hatte, auflöst;
und die Kupfersolution, indem man 1 Theil Kupfervitriol in 16 Theilen Wasser löst
und dazu in kleinen Antheilen so lang Aetzammoniakflüssigkeit (Salmiakgeist) unter
Umrühren fügt, bis das im Anfange dadurch sich ausscheidende blaßblaue basische Salz
sich zu einer klaren dunkelblauen Flüssigkeit wieder aufgelöst hat.Nach Prof. Böttger's Beobachtung lassen sich Zinkbleche in obiger Kupfersolution ebenfalls und
zwar ohne vorherige Behandlung mit Zinnsolution, durch bloßes Eintauchen
schön und dauerhaft verkupfern.
Die Fällung des Kupfers auf dem Eisen findet nach der angegebenen Weise sofort statt
und beide Metalle haften so innig aneinander, daß man die verkupferte Fläche mit
Kreide abreiben und dann Poliren kann, ohne befürchten zu müssen, daß die
Kupferschicht sich ablöst. (Böttger's polytechnisches
Notizblatt, 1867, Nr. 17.)
Empfindliches Reagens auf Salpetersäure; von C. D. Braun.
Ein solches ist das schwefelsaure Anilin; es ist in der
That überraschend, welch' geringe Spuren von Salpetersäure nach folgendem Verfahren
nachgewiesen werden können.
In ein Uhrglas gieße man etwa 1 Kubikcentimeter reine concentrirte Schwefelsäure
(1,84 spec. Gewicht), und setze dann tropfenweise 1/2 Kubikcentimeter schwefelsaure
Anilinlösung hinzu, die man durch Auflösen von 10 Tropfen käuflichem Anilin in 50
Kubikcentimeter verdünnter Schwefelsäure (1 : 6) bereitet. Mit der auf Salpetersäure
zu prüfenden Flüssigkeit benetzt man nun einen Glasstab und fährt mit diesem
kreisförmig am Rande durch die Probemischung. Bläst man nun einige Mal über die
Flüssigkeit, damit sich diese langsam mischt, so erscheinen, wenn Spuren von
Salpetersäure anwesend sind, intensiv incarnatrothe Kreisbogen oder Striche und
allmählich erscheint die ganze Flüssigkeit rosenroth. Nimmt man etwas mehr
Salpetersäure, ebenfalls noch Spuren, so erscheint die Flüssigkeit carminfarben und
wird endlich durch Zusatz von 1 Tropfen sehr verdünnter Salpetersäure tief roth und
allmählich schmutzig braunroth gefärbt. Noch mehr Salpetersäure bringt eine tief
braungelbe schmutzige Färbung hervor.
Auf die einfachste Weise gelingt es mittelst dieses Verfahrens die in der sogenannten
englischen Schwefelsäure des Handels vorkommenden geringen Mengen von Salpetersäure
zu entdecken. In gewöhnlichen Brunnenwässern habe ich dieselbe ebenfalls leicht
aufgefunden, und ebenso wird dieß in dem Regenwasser nach einem Gewitter der Fall
seyn, welches nach den Beobachtungen Liebig's stets
salpetersäurehaltig ist.
Diese Reaction gibt außer der Salpetersäure auch die salpetrige Säure; diese Methode
leidet daher mit fast allen übrigen Reactionen auf
Salpetersäure an gleichem Uebelstande. Ob aber gleichzeitig salpetrige Säure
anwesend ist, läßt sich, wenn nur Spuren zugegen sind, am besten mit durch
Schwefelsäure angesäuertem Jodkalium-Stärkekleister erkennen. (Zeitschrift
für analytische Chemie, Jahrgang 1867, S. 71.)
Ueber Erzeugung baum- und strauchartiger
Metallsalz-Vegetationen; von Prof. Böttger.
Bei Fortsetzung meiner Versuche über Glauber's sogenannten
„Eisenbaum,“ auf den ich vor einer langen Reihe von Jahren
die Aufmerksamkeit meiner Collegen zuerst gelenktMan vergl. meine „Beiträge zur Physik und Chemie,“ Heft
1 S. 1., gelangte ich zu einigen recht auffallenden Resultaten, die ich in einer der
Samstagsversammlungen unseres physikalischen Vereins seiner Zeit ausführlich zur
Sprache gebracht und worüber denn auch schon einige Andeutungen durch Andere in die
Oeffentlichkeit gelangt seyn mögen, die ich hier etwas eingehender zu besprechen mir
vorgenommen. Wirft man, meinen Beobachtungen zufolge, in ein etwas hohes und nicht
zu schmales cylinderförmiges, mit einer Natronwasserglaslösung von 22°
Baumé angefülltes Glas mit flachem Boden, kleine
linsen- bis erbsengroße Fragmente verschiedener in Wasser löslicher Salze, so
gewahrt man in ganz kurzer Zeit (oft schon unmittelbar gleich nach dem Eintragen
dieser Fragmente in die genannte Lösung) merkwürdig gestaltete und mannichfach
gefärbte baum- und strauchartige Gebilde langsam vom Boden des Glasgefäßes
(meistens bis zum Niveau der Flüssigkeit) emporwachsen, so daß schließlich, etwa
nach Verlauf von einigen Stunden, das Ganze einem Urwalde en
miniature gleicht. Der Kenner sieht auf den ersten Blick, daß hier bei dem
Zusammentreffen von kieselsaurem Natron (Wasserglaslösung) mit in Wasser löslichen
Metallsalzen, eine gegenseitige Zerlegung vor sich geht, daß sich unlösliche
kieselsaure Verbindungen bilden, welche Partikelchen für Partikelchen, durch eine
gleichzeitig sich zu erkennen gebende schwache Gasentwickelung (in Folge eines nie fehlenden geringen Gehaltes an
kohlensaurem Natron im Wasserglase) aus der Flüssigkeit emporgehoben,
schließlich zu jenen merkwürdig gestalteten Gebilden heranwachsen. DiegeeignetstengeeeignetstenSalze zur Erzeugung dieser Metallsalz-Vegetationen sind: das
krystallisirte Eisenchlorür, Eisenchlorid, Kobaltchlorür, salpetersaures Uranoxyd,
schwefelsaures Manganoxydul, salpetersaures Kupferoxyd und Kupferchlorid. Wirft man
von diesen Salzen kleine Fragmente gleichzeitig oder nacheinander in die erwähnte
Wasserglaslösung, so erhält man Silicat-Gebilde in auffallendster Gestalt und
in den prachtvollsten Farben. Wenn man dieselben vor Erschütterung schützt, so
lassen sie sich unbegrenzt lange in ihrer ursprünglichen
Gestalt und Farbe aufbewahren. (Jahresbericht des physikalischen Vereins in
Frankfurt a. M. für 1865–1866.)
Ueber künstliche Darstellung der Benzoesäure; von Dr. Rud. Wagner.
Die Darstellung der Benzoesäure aus NaphtalinUeber die künstliche Darstellung der Benzoesäure (mittelst der nach Depouilly's Verfahren bereiteten Phtalsäure
(polytechn. Journal Bd. CLXXVIII S.
64) sehe man Wagner's Mittheilung im
polytechn. Journal Bd. CLXXV S.
455. ist, wie die Pariser Industrie-Ausstellung lehrt, in ein neues
Stadium getreten. Während bisher das Naphtalin durch Salpetersäure in Phtalsäure und
letztere durch Entziehen von Kohlensäure durch Erhitzen mit überschüssigem Kalk in
Benzoesäure übergeführt wurde, soll man in der Fabrik von
John Casthelaz (rue
Sainte-Croix de la Bretonnerie 19) in Paris folgendem, von Laurent herrührenden Verfahren den Vorzug geben:
1) das Naphtalin wird in die A-Modification des
Naphtalinbichlorürs übergeführt;
2) das Naphtalinbichlorür wird durch Oxydation in Phtalsäure umgewandelt und letztere
in phtalsaures Ammoniak übergeführt;
3) durch Destillation des phtalsauren Ammoniaks wird Phtalimid dargestellt;
4) das Phtalimid geht durch Destillation mit zu Pulver gelöschtem Kalk in Benzonitril
über:
Textabbildung Bd. 185, S. 480
5) Durch Kochen mit Aetznatronlauge wird das Benzonitril unter Ammoniakentwickelung
in benzoesaures Natron übergeführt, aus dessen Lösung durch Salzsäure die
Benzoesäure gefällt wird.
Ueber die finanzielle Seite dieses Verfahrens, welche zu
gerechten Bedenken Veranlassung gibt, konnte ich nichts erfahren.
In Classe 44 (Katalognummer 205) war von J. Casthelaz etwa
1 Kilogr. von Benzoesäure aus Naphtalin ausgestellt. (Bayerisches Kunst- und
Gewerbeblatt, 1867 S. 329.)
Schutz der Frauenkleider gegen Verbrennung.
Die traurigen Vorfälle, welche in letzter Zeit die schon so oft beklagte
Feuerempfänglichkeit der weiblichen Kleiderstoffe neuerdings wieder zum Gegenstande
allgemeinen Nachdenkens gemacht haben, wurden begreiflicherweise Anlaß, daß in
vielen chemischen Laboratorien Versuche zur Herstellung von
„feuersicheren“ Stoffen für die Frauenkleidung gemacht
wurden. Es ist wohl an und für sich nicht so schwer, Gewebe durch Präparirung mit
verschiedenen Stoffen minder entzündlich (um nicht zu sagen
„unverbrennlich“ ) zu machen; aber um einer solchen
Zubereitung (Appretur) allgemeine Verbreitung zu sichern, muß sie möglichst einfach,
wohlfeil und Jedermann leicht zugänglich seyn.Auf Veranlassung der Königin von England haben die Chemiker Versmann und Oppenheim
schon im Jahre 1859 ausführliche Versuche angestellt, um zu ermitteln welche
Substanzen am geeignetsten seyen, baumwollene und leinene Stoffe vor
Entflammung zu schützen. Die Methode, welche seitdem zu diesem Zweck in
englischen Manufacturen von gewebten Stoffen (Muslins, Tarlatans etc.)
angewandt wird, sowie die Methode, welche in englischen Manufacturen und
Wäschereien für Fabricate angewandt wird, welche (wie fertige Kleider etc.)
gebügelt werden müssen, wurden im polytechn. Journal Bd. CLXVII S. 467 mitgetheilt. A. d.
Red. Nun veröffentlichte der Hüttenchemiker Bergrath Patera in der „Neuen freien Presse“ ein sehr
einfaches Verfahren, durch einen mit Salmiak und Gypsbrei versetzten Stärkekleister Unterrocksstoffe,
sowie leichtere Gewebe, z.B. Tülle, bei der gewöhnlichen Operation des
Wäsche-Steifens so zu präpariren, daß sie von der Flamme eines Zündhölzchens
wohl entzündet, aber nicht in Flamme gesetzt werden können und ein Stück oder ein
Streifen des Stoffes verglimmt, ohne den Brand weiter zu verbreiten. Wir haben
mehrere Stücke solcher nach Patera's Anleitung von einer
gewöhnlichen Wäscherin präparirter Stoffe selbst angebrannt und das rasche
Verlöschen eines glimmenden Stückchens mitten auf dem Stoffe oder vom Rande aufwärts
beobachtet. Es wäre immer schon viel werth, wenn das Unglück, welches ein Funke
anrichten kann, solchergestalt auf einen höchstens handbreiten Brandfleck localisirt
werden könnte. (Oesterreichische Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen.)
Ziegler's Surrogat für thierische
Kohle.
Ein Surrogat für thierische Kohle stellt Ernst Ziegler,
Oekonom in Heilbronn, nach einem ihm in Bayern patentirten Verfahren durch eine
derartige Vermischung von reinem Thon und Kohle dar, daß der Thon die Kohle einer
feinen mechanischen Vertheilung unterwirft und beim Brennen ihre Verdichtung
verhütet, während er dem Ganzen zugleich eine gewisse Festigkeit verleiht. Als
kohlegebende Substanz können alle organischen Körper dienen, welche beim Glühen in
verschlossenen Gefäßen reinen Kohlenstoff liefern und zugleich flüssig sind oder
aufgelöst werden können, z.B. Leim, Fette, Oele, Gummi, Harze etc., am
vortheilhaftesten aber Steinkohlen- oder Holztheer. Der Thon wird je nach
seiner Fettigkeit mit dem dritten bis fünften Theile seines Volumens Theer unter
Zusatz von Wasser möglichst innig gemengt, bis das Ganze eine durchaus gleichförmige
plastische Masse von brauner Farbe darstellt; bei stärkerem Theerzusatz erhält man
eine etwas wirksamere, bei geringerem eine etwas dauerhaftere Substanz. Die ganz
gleichmäßig gemischte Masse wird in kleine Stücke, z.B. in hohle Cylinder von 4 bis
5 Zoll Länge und 1 Zoll Durchmesser, geformt, und dabei zugleich etwas
zusammengepreßt, um die Festigkeit des Productes zu erhöhen; die Stücke dürfen nicht zu dick
seyn, nur etwa 2–4 Linien, um bei dem nachherigen Verkohlen einer
gleichmäßigen Hitze ausgesetzt werden zu können. Nach vollständiger Trocknung findet
die Verkohlung ganz nach Art der Knochen-Verkohlung in Töpfen oder Röhren
unter möglichstem Luftabschluß statt, wobei in Bezug auf das Brennen noch größere
Vorsicht als bei der Knochenkohle nöthig ist. Die erhaltene Kohle wird wie
gewöhnlich zerkleinert und gesiebt. Verwendet man Blut statt Theer, so muß die
fertige Kohle vor der Verwendung zur Entfernung des Eisens mit Wasser und Salzsäure
behandelt werden. Die auf die eine oder andere Art erhaltene Kohlensubstanz, die der
Knochenkohle sehr ähnlich ist, etwa gleiches specifisches Gewicht, schwarze
sammetartige Farbe und gleichmäßig fein poröses Gefügt hat, wird zur Entfernung des
anhängenden feinen Staubes mit Wasser tüchtig ausgewaschen; sie besitzt ein
gleiches, theilweise sogar stärkeres Entfärbungsvermögen wie Knochenkohle und kann
auch ganz wie letztere durch Wiederbelebung wieder brauchbar gemacht werden.
Eine noch wirksamere Kohle als die angegebene erhält man, wenn man dem Theer oder
Blut vor der Mischung mit dem Thone 10 bis 20 Proc. seines Gewichtes in Wasser
aufgelöstes Kochsalz, Potasche oder Soda beimengt und im Uebrigen ganz wie
gewöhnlich verfährt. Nach dem Brennen und Mahlen werden diese Substanzen mit Wasser
wieder aus der Kohle extrahirt und dadurch die Porosität sehr vermehrt; solche Kohle
lieferte ausgezeichnete Resultate, nur zeigte sie eine etwas geringere Festigkeit
als die andere.
Die auf die beschriebene Weise dargestellten Surrogate haben der Knochenkohle
gegenüber den Vortheil einer bedeutend größeren Billigkeit, – nach Ziegler's Angaben können sie zu weniger als 2 fl. per Centner dargestellt werden, – sowie den einer
größeren Gleichförmigkeit und damit einer größeren Wirkungsfähigkeit. (Bayerisches
Kunst- und Gewerbeblatt, 1867 S. 142.)
Entfernung des unangenehmen Geruches von Petroleum und
Solaröl.
Um den unangenehmen Geruch der genannten Oele zu entfernen, empfiehlt Prof. Rud. Wagner, dieselben mit Natronplumbat (einer Lösung von
Bleioxyd in Aetznatron) zu behandeln. (Jahresbericht der chemischen Technologie für
1866, S. 676.)
Ueber das Vorkommen des Phosphorits in Nassau.
Hierüber haben wir in diesem Bande des polytechn. Journals
S. 289 einen Bericht von Dr. Grüneberg mitgetheilt, zu dessen Vervollständigung wir die Analysen
nachfolgen lassen, welche im Auftrage des königl. preußischen Ministers für die
landwirthschaftlichen Angelegenheiten von Prof. Dr. Eichhorn ausgeführt wurden.
Die untersuchten Stücke waren:
1)
Phosphorit von
Staffel, gelblich weiß.
2)
„
„
Dehru, gelbbraun.
3)
„
„
Staffel, gelbbraun.
Nr. 1 wurde von O. Weile, Nr. 2 und 3 von Dr. Eichhorn analysirt. An
Phosphorsäure sind gefunden worden in 100 Theilen des Minerals:
1.
2.
3.
33,14.
35,63.
37,45.
(Wochenblatt zu den preußischen Annalen der Landwirthschaft,
1867, Nr. 36.)
Zu- und Abnahme des Stärkegehaltes in den
Kartoffeln.
Untersucht man genauer den Stärkegehalt der Kartoffeln, so findet man, daß in
denselben, wenn auch schon die Knolle aus der Erde genommen und vom Kraute getrennt
worden ist, unaufhörlich bis in den Winter hinein der Gehalt an Amylum zunimmt, so
daß zur Stärkebereitung die Kartoffeln mit Vortheil erst im December oder Januar
verwendet werden können. Es ist nach angestellten Versuchen das Verhältniß des
Stärkegehaltes in einer frischen, dem Boden erst entnommenen reifen Kartoffel und einer bis zum Januar
aufbewahrten, wie 10 : 17. Erst im Frühjahr, wenn die Keimkraft erwacht, bemerkt man
eine Abnahme des Stärkegehaltes in der Kartoffel. Verfolgen wir genau den
Keimungsproceß der Kartoffeln, so bemerken wir, daß dieselben zuerst anfangen
schleimig zu werden. Nach Verlauf von einigen Tagen nehmen die Kartoffeln einen
süßen Geschmack an; das aus der Stärke während des Keimungsprocesses sich gebildet
habende Dextrin macht die Kartoffel schleimig; der aus dem Dextrin sich bildende
Zucker bedingt den süßen Geschmack. In der Erde schreitet dieser Umwandlungsproceß
noch weiter fort, die Kartoffel wird immer weicher und wässeriger und wenn alle
Stärke, resp. Zucker, zum Wachsthum der jungen Pflanzen verbraucht ist, tritt als
Fortsetzung der Verwesungsproceß ein, dessen Producte, Kohlensäure, Wasser und
Ammoniak als Nahrungsmittel für die schon etwas ältere Pflanze angesehen werden
müssen. (Schneider's Berichte.)
Das englische System der Zurichtung der Kalbfelle.
Nachdem die gegerbten Felle aus der Grube aufgezogen worden, läßt man dieselben
aufhängen und etwas abtrocknen, um sie zu krispeln; dieß geschieht mit einem
Armkrispelholz (marguerite), das bei dieser Behandlung
die erste Rolle spielt, weil die Arbeit damit anfängt und man das Vergnügen hat, sie
rollen zu hören; wenn die in den Fellen befindlichen Adern und Gruben gut ausgezogen
werden, kann man überhaupt später auf eine schöne Narbe Anspruch machen; sodann ist
es auch nöthig, die Falten aus den Klauen und Bordagen zu entfernen, um das
Windmachen und Falzen zu erleichtern, da die Felle alle nach dem Krispeln ausgefalzt
werden. – Nach dem Falzen werden die Felle 10–12 Stück in eine Kufe
oder Walkfaß gethan und so lange gewalkt, bis sie gut weich sind, und die darin
enthaltene Säure ziemlich heraus ist, dann wird ein Fell nach dem anderen auf der
Aasseite mit einem Reckeisen gut ausgereckt und mit einer Wurzelbürste, abgewaschen,
um die daran hängenden kleinen Lohkörner und Falzspäne zu entfernen, und dann in
eine zweite Kufe mit reinem Wasser geworfen. Nun kommt das Auswaschen mit dem
Auswaschsteine (querce), wo die Felle so lange gequerst
und gewaschen werden, bis das Fell flach auf der Tafel liegt, und keine Adern und
Falten mehr darauf sichtbar sind und das Wasser beim Aussetzen klar herausfließt;
dann werden sie noch einmal gut ausgesetzt und auf der Narbenseite mit etwas Talg
und hellem Thran geschmiert. So kann man nun die Felle einige Tage liegen lassen
bevor man sie in's Fett macht; beim Einschmieren muß man jedoch die Felle nochmals
gut auf der Aasseite ausrecken, damit sie die Façon, die man ihnen beim
Windmachen gegeben hat, nicht verlieren. Das Fett, das aus einer Mischung von Degras
und Talg besteht, wird kalt und mit einer Bürste aufgetragen; Bergerthran wird bei
dieser Fabrication nie angewendet, weil, wie die Erfahrung lehrt, derselbe bei
längerem Lagern oder bei längerem Transport in heiße Länder die Felle erhitzt und
ausschlägt, und dieselben sehr unansehnlich und hart machen würde. Wenn nun die
Felle getrocknet sind, was durch Aufhängen an Stöcken geschieht, so werden sie
zusammengelegt und an einem kühlen Orte auf einen Haufen gesetzt, damit sich das
Fett darin egalisirt und dieselben etwas Feuchtigkeit anziehen, so daß sie sich beim
Blanchiren etwas zarter schneiden, da die Waare beim Blanchiren nicht angefeuchtet
wird. Wenn nun die Felle auf der Aas- und Narbenseite degraissirt sind, so
werden sie in die Länge vorblanchirt (tirer de long),
wobei man die Klauen und den Kopf gleich fertig blanchirt und beim Nachblanchiren
(traverser) noch einen leichten Span aus dem Kerne
nimmt, um die Adern etc. zu entfernen. Jedoch müssen alle Vorarbeiten für Felle, die
blanchirt werden sollen, mit der größten Reinlichkeit geschehen und die Felle sehr
vor Sand und Kohlasche geschützt werden, was größtentheils nicht sehr berücksichtigt
wird, denn Sand ist der größte Feind des Blanchireisens. Sollen nun die Felle braun
bleiben (d.h. veaux blancs), so werden sie nach dem
Aufpantoffeln, das nach vier Quartieren geschieht, mit etwas Talcum trocken auf der
Aasseite abgebürstet und glacirt; wenn dieselben aber zu Wichsfellen (veaux cirés) bestimmt sind, so werden sie nach
dem Pantoffeln dutzendweise auf die Tafel übereinander ausgebreitet und mit einer
Mischung aus Kienruß, Talg und Oel mit einer Bürste gewichst. Nach dem Wichsen wird
Talg und Leim (première colle) kalt durcheinander
geknetet und ebenfalls mit einer Bürste aufgetragen. Da nun bei der größten Sorgfalt
der letztgenannten Arbeit immer die Narbenseite ein wenig beschmutzt wird, so reinigt man dieselbe mit
einem Blanchireisen, und reibt sie mit einem wollenen Lappen und etwas Talg ab. Nun
werden die Felle glacirt und zum letzten Male mit einem schwachen Leime (dernière colle), den man nach Wunsch des Käufers
stärker oder schwächer machen kann, mittelst eines zarten Schwammes versehen.
(Wiener Industrie- und Gewerbezeitung von 1867.)
Ueber Schlachtvieh.
In einer Arbeit über den Transport von Schlachtvieh im „württembergischen
Wochenblatt für Land- und Forstwissenschaft“ gibt Prof. Rueff einige wohl nicht allgemein bekannte Regeln für das
Schlachten. Man weiß, daß die Muskeln oder das Fleisch im ruhigen oder unthätigen
Zustande frei von Säure sind, nach einer Anstrengung dagegen, sowie einige Zeit nach
dem Tode, wenn die Zersetzung beginnt, Milchsäure enthalten. Je lebhafter die
Thätigkeit des Muskels unmittelbar vor dem Tode war, um so schneller und stärker
tritt diese Veränderung ein. Man beobachtet das an dem Fleisch von Thieren, welche
unmittelbar nach lebhafter Muskelanstrengung starben oder einen schweren Todeskampf
hatten. Ebenso findet man, daß ein lebhaft bewegtes und dadurch einem raschen
Stoffwechsel unterworfenes Blut eine Entmischung eingeht, welche unter Umständen
nicht nur eine rasche Zersetzung aller Körpertheile des betreffenden Thieres
bewirkt, sondern auch lebensgefährliche Eigenschaften für den Genießenden, dessen
Blut sie in eine Art Fermentation hineinziehen kann, erhält. Auf Grund dieser Sätze
geschieht das Schlachten in den großen Hamburger Etablissements, die für den Export
und für die Proviantirung der Schiffe ein möglichst haltbares Fleisch zu liefern
haben, nur bei Nacht zwischen 1 und 5 Uhr, um welche Zeit die Lebensthätigkeit der
betreffenden Thiere auf ein Minimum zurückgewichen ist. Im geraden Gegensatz hierzu
steht der Hautgout des Fleisches von einem parforce gehetzten Wild. Nach Genuß von
Wildpret, das in Schlingen gefangen sich zu Tode ängstigte, hat man schon manchmal
lebensgefährliche Störungen in der Gesundheit des Genießenden beobachtet. Fast in
allen Schlachthäusern wird daher, um eine plötzliche Unthätigkeit der Muskeln
hervorzubringen, auf irgend eine Weise durch Genickstich oder Gehirnerschütterung
oder Gehirnzerstörung mit Hülfe der Keule oder Lochkeule ein plötzliches
Niederfallen und eine Bewegungslosigkeit der Thiere, sowie, um für die Haltbarkeit
des Fleisches zu sorgen, sofort eine möglichst vollkommene Entleerung des Blutes aus
dem Schlachtthiere veranlaßt. (Nach der „Feuille du
Cultivateur“ werden die Fische in Holland auch sofort nach
dem Fang getödtet und liefern ein viel festeres und wohlschmeckenderes Fleisch als
bei uns, wo sie unter den abnormsten Verhältnissen tagelang ein qualvolles Leben
fristen müssen. Fleisch von sofort geschlachteten Fischen hält sich an einem kühlen
Orte mindestens 48 Stunden frisch.)
Für den Fleischer und seine Kunden ist es nützlich, den Thieren vor dem Schlachten
Ruhe zu gönnen, und die Verbindung eines Schlachthauses mit Stallungen, wie sie
nunmehr in Stuttgart eingerichtet ist, ist von besonderem Werth. Eine noch zu
erwähnende weitere Folge von starker Anstrengung der Muskeln am lebenden Thiere ist
die Fettdegeneration des Fleisches in den besonders angestrengten und angespannten
Muskeln, sowie das Austreten von Blutbestandtheilen in die gezerrten und stark
gequetschten Theile des Fleisches, der Haut, des Zellgewebes; ersteres tritt ein
nach stärkeren Märschen, nach Springen, letzteres bei rohem Fesseln. Die
Fettdegeneration kennen die Schlächter sehr gut und nennen das von ihr befallene
Fleisch „verbugt,“ oder, wenn sie in höherem Grade vorkommt,
„ausgebugt.“ Diese Entartung zeigt sich namentlich an den
Brustmuskeln und an einzelnen Muskeln der Gliedmassen in der Umgebung des Bugs. Das
Fleisch an diesen Stellen ist unscheinbar, heller und wässerig; nach dem Kochen ist
es faserig und zerfallend. Die Schlächter nennen es weißes Fleisch und betrachten es
als schlechte Handelswaare. Die nebenbei, namentlich auch durch Quetschung
veranlaßten Blutunterlaufungen geben Veranlassung zu rascher Zersetzung und zu bald
eintretendem üblen Geruche an den betroffenen Theilen. Gewissenhafte Schlächter
werfen solche entartete Stellen weg und haben bei stark verbugten Thieren oft einen
Verlust von 5 bis 10 Pfd. Fleisch, je nach der Größe des Thieres.