Titel: | Ueber die Feinheitsnummern der Schafwolle; von Professor Dr. E. Hartig in Dresden. |
Fundstelle: | Band 186, Jahrgang 1867, Nr. VI., S. 13 |
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VI.
Ueber die Feinheitsnummern der Schafwolle; von
Professor Dr. E. Hartig in
Dresden.
Aus der deutschen Industriezeitung, 1867, Nr.
4.
Hartig, über die Feinheitsnummern der Schafwolle.
Das schätzbare Werk: „Das Wollhaar des Schafes in histologischer und
technischer Beziehung u.s.w.“ von W. v. Nathusius-Königsborn, Berlin 1866, enthält die Resultate sehr
umfassender Untersuchungen über die Maaßverhältnisse und die physikalischen
Eigenschaften der Schafwolle. Neben vielen anderen werthvollen Beobachtungsreihen
findet sich darin auch eine solche über die Dichtigkeit der Wollhaare; dieselbe hat
zu der Folgerung geführt, daß die Dichtigkeit aller markfreien Wollhaare von der
verschiedensten Feinheit als gleich groß anzunehmen ist, daß sie nämlich für den
Zustand der Lufttrockenheit bei 15°R. 1,318 bis 1,320, im Mittel also 1,319
beträgt. Nimmt man hierzu die Resultate der zahlreichen, mit großer Sorgfalt
ausgeführten Messungen der Haardicke verschiedener Wollsorten (S. 75–85 des
genannten Werkes), so besitzt man genügende Unterlagen zur Ermittelung der
Feinheitsnummern dieser Wollsorten; denn wenn auch die Querschnittsform des
Schafwollhaares fast immer mehr oder weniger vom Kreis abweicht, so berechtigt doch
das bei der Dickenmessung eingeschlagene Verfahren (Messung an sehr vielen Stellen
und unter schrittweiser Drehung des Haares um seine Achse) zu der Entschließung, das
Wollhaar als einen Kreiscylinder von einem Durchmesser gleich dem Mittelwerthe aus
der ganzen Reihe von Einzelmessungen anzusehen und zu berechnen. Bezeichnet 1/N das Gewicht von 1000 Met. Haarlänge in Kilogrammen,
d.h. N die Feinheitsnummer nach französischem System, ferner
d den mittleren Durchmesser des Wollhaares in
Millimillimetern 1 – 1 Tausendstel Millimeter) und s die Dichtigkeit desselben, so berechnet sich unter Zugrundelegung der
kreiscylindrischen Form das Gewicht von 1000 Meter zu
πd²/4 . (10000 . s)/10000000000 = πd²s/4000000,
daher zur Berechnung von N sich
die Gleichung
1/N = πd²s/4000000
darbietet, deren Auflösung
N = 4000000/πd²s
oder nach Einsetzung von s = 1,319
und π = 3,142
N = 965320/d²
ergibt. Nach dieser Formel würde sich aus dem mittleren
Haardurchmesser die mittlere Feinheitsnummer berechnen lassen; die erhaltenen Werthe
würden mit 0,59Man vergl. Hülsse: die Kammgarnfabrication,
Stuttgart 1861, S. 165. multiplicirt werden müssen, wenn man die Feinheitsnummer nach dem in den
deutschen Kammgarnspinnereien üblichen System (840 Yards à 1 Pfd. engl.) angeben will. Es versteht sich, daß diese
Bestimmung sich auf den. geradgestreckten Zustand der Wollhaare und auf denjenigen
Feuchtigkeitsgrad bezieht, welcher dem Zustande der Lufttrockenheit bei 15°R.
entspricht; ferner auf die gewaschene, vom Fettschweiß befreite Wolle.
Für die vom Verf. der obengenannten Schrift besonders genau untersuchten Wollproben
führt die angedeutete Rechnung zu folgenden Werthen:
Feinheitsnummer.
Bezeichnung der Wollsorte:
Haardicke
inTausendstel-Millimetern.
nach franz. Syst.(1000 Met. à1 Kilogr.)
nach deutschemSyst. (840 Yards à1 Pfd. engl.)
1)
Merinomutter, Erstling ausKönigsborn, eine
überzarte,sehr edle, klar gekräuselteWolle (Probe v. d.
Schulter)
15,3
4125
2430
2)
„Edelste“ sächsischeMerinowolle,
eine ungewöhnlich
schöne Probe, als Musterdes Wolladels ausgesucht
17,7
3080
1820
3)
Merinomutterschaf, Probeaus Oberschlesien von
1850,sehr edler Wollcharakter
17,9
3020
1780
4)
Edle Merinowolle aus Esthland(Kenzlin. Blut), als
„besteKammwolle“ bezeichnet,Muster eines
regelmäßigeneleganten Wollbaues mitleichterem Schweiß
19,6
2510
1480
5)
4)
Merinobock, Probe v.Oberschlesien von 1864;
sehrschwerer rothgelber Schweiß
21,4
2110
1240
6)
Merinobock mit franz. Blut,weiche, leichtschweißige
Wolle;Probe von der Schulter
22,0
2000
1180
7)
Deßgleichen, Probe von derSchwanzwurzel
27,8
1250
738
8)
Deßgleichen, Probe vom Bauch
26,6
1360
802
9)
Merinobock mit viel franz.Blut, auffallend grob,
resp.hart, sehr leichter Schweiß
22,1
1980
1160
10)
Pommer'sches Landschaf,weiße Probe
25,3
1510
891
11)
Southdownbock, Probe von derSchulter
31,4
980
578
12)
Cotswoldbock, alter
41,6
560
330
Diese Tabelle wird so ziemlich bis zu den äußersten überhaupt vorkommenden Grenzen
reichen.
Die angeführten Feinheitsnummern werden natürlich viel niedriger ausfallen, wenn
dieselben auf den gekräuselten Zustand der Wollhaare bezogen werden; der Beobachter
hat durch Angabe des Verhältnisses der Länge des ausgestreckten Haares zu dessen
Länge in gekräuseltem Zustand auch hierzu die Möglichkeit geboten; folgende
Uebersicht enthält die alsdann sich ergebenden Zahlen:
Bezeichnung der Wolle:
Länge desausgestreckten Haares,die Länge
ingekräuseltem Zustand= 1 gesetzt.
Feinheitsnummer ingekräuseltem
Zustand,nach deutschem System(840 Yards à Pfd. engl.)
1)
Merinomutter etc.
1,80
1350
2)
„Edelste“ sächs. Merinowolle
1,97
924
3)
Merinomutterschaf
1,59
1120
4)
Edle Merinowolle aus Esthland
1,46
1014
5)
Merinobock aus Oberschlesien
1,89
656
6)
Merinobock mit französ. Blut;Probe von der
Schulter
1,46
808
7)
Deßgleichen, Probe von derSchwanzwurzel
1,60
461
8)
Deßgleichen, Probe vom Bauch
1,88
427
9)
Merinobock, mit viel franz. Blut
1,51
768
10)
Pommer'sches Landschaf
1,49
598
11)
Southdownbock
1,67
346
12)
Cotswoldbock
1,19
280
Sofern eine starke Kräuselung der Wollhaare den edlen Wollcharakter ganz wesentlich
mitbedingt, eine solche aber auch die Feinheitsnummer der ausgestreckten Wollhaare
herabzieht, so erhellt, daß diese Bestimmungsart der Feinheit nicht zur
Classification der verschiedenen Wollsorten wird dienen können, denn es ist möglich,
daß eine sehr feine und stark gekräuselte, also edle Wolle, eine niedrigere Nummer
zeigt als eine gröbere, aber schwächer gekräuselte; es wird daher die Beziehung der
Feinheitsnummer auf den ausgestreckten Zustand der Wollhaare vorzuziehen seyn und
die Charakterisirung der Kräuselungsverhältnisse noch außerdem zu erfolgen
haben.
Einige andere neuerdings ausgeführte Messungen an Wollhaaren sind von Alcan in den Annales du
Conservatoire des arts et métiers (1865 p. 295) mitgetheilt worden, deren Resultate bei gleicher Behandlung zu den
nachfolgenden Zahlen führen; das Verhältniß zwischen Länge des ausgestreckten und
Länge des gekräuselten Wollhaares ist hier leider nicht bekannt.
Feinheitsnummer.
Bezeichnung der Wolle:
Haardicke
inTausendstel-Millimetern.
franz. System(1000 Met. à1 Kilogrm.)
deutsches System(840 Yards à1 Pfd. engl.)
1)
Australische Wolle von Port-Philipp
15,0
4290
2530
Feinheitsnummer.
Bezeichnung der Wolle:
Haardicke
inTausendstel-Millimetern.
franz. System(1000 Met. à1 Kilogrm.)
deutsches System(840 Yards à1 Pfd. engl.)
2)
Südamerikanische Wolle von Buenos-Ayres
17,6
3120
1840
3)
Französ. Wollen (Bourgogne,Champagne, Mauchamp)
22,0
2000
1180
4)
Französische Landwolle
30,0
1070
631
5)
Englische Wollen, Yorkshire,1. Qualität
30,8
1020
602
6)
Yorkshire, 2. Qualität
33,0
886
523
Die Alcan'sche Tabelle enthält noch eine größere Zahl von
Beobachtungen; es sind hier jedoch nur diejenigen ausgewählt, bei denen die
Bezeichnung der Wollprobe eine hinreichend zweifellose schien.
Man kann nun in gleicher Art die bekannten Feinheitsscalen für Wolle umgestalten;
bekanntlich hat man bei der Wollsortirung gewisse Haardicken als den einzelnen
Sorten entsprechend angenommen, allerdings mit dem Vorbehalte, daß nicht die
Dünnheit allein, vielmehr immer erst in Verbindung mit anderen Eigenschaften zur
Bestimmung zu dienen hat.
Alcan classificirt die Schafwollen nach der Feinheit nur
in vier Sorten, nach dem Vorgange von Perrault, Fabry und
Giraud
Annales du Conservatoire des arts et métiers,
1865 p. 297), und zwar in folgenden Abstufungen:
Feinheitsnummer.
Haardicke
inTausendstel-Millimet.
franz. System(1000 Met. à1 Kilogrm.)
deutsches System(840 Yards à1 Pfd. engl.)
Hochfein
13–20
5712–2413
3370–1424
Fein
20–25
2413–1534
1424– 905
Mittelfein
25–31,3
1534– 985
905– 581
Stark
31,3–50
985– 386
581– 228
In häufigerem Gebrauch befinden sich die Wollsortimente mit 7 oder 9 Classen;
folgende Tabelle enthält die nahe übereinstimmenden Sortimente nach Jeppe (a. a. O. S. 117) und nach Schmidt von Hottenheim.
Feinheit nach Jeppe.
Bezeichnung:
Haardicke in Tausendstel- Millimet.
franz. Nr.
deutsche Nr.
Superelecta
16,5 –17,7
3550–3080
2090–1820
Electa
19,0 –20,3
2670–2340
1580–1380
Feinheit nach Jeppe.
Bezeichnung:
Haardicke in Tausendstel-Millimet.
franz. Nr.
deutsche Nr.
1. Prima
20,9 –21,5
2210–2090
1300–1230
2. „
22,15–24,7
1970–1580
1160– 932
Secunda
25,3 –26,6
1510–1360
890– 800
Tertia
26,6 –34,2
1360– 825
800– 487
Quarta
32,9 –40,5
892– 589
526– 348
Feinheit nach Schmidt von Hottenheim.
Bezeichnung:
Haardicke in Tausendstel-Millimet.
franz. Nr.
deutsche Nr.
Superelecta
16,63–17,78
3490–3050
2060–1800
Electa
17,78–20,85
3050–2220
1800–1310
1. Prima
20,85–22,77
2220–1860
1310–1100
2. „
22,68–25,14
1880–1530
1110– 910
Secunda
25,14–26,67
1530–1360
900– 800
Tertia
27,40–33,26
1290– 873
760– 515
Quarta
35,56–39,73
763– 611
450– 360
Mehrfach abweichend von dieser Classification ist die von Weckherlin angegebene Scale la. a. O. S. 118, bei welcher neun Sorten
unterschieden werden; wir fügen auch diese Scale hier bei:
Feinheitsnummer.
Bezeichnung:
Haardicke
inTausendstel-Millimet.
nach franz.Syst. (1000 Met. à1 Kilogrm.)
nach deutschemSyst.(840 Yards à1 Pfd. engl.)
1) Superelecta
12,6
6020
3550
2)
„
15,2
4180
2470
1) Electa
15,2 –17,7
4180–3080
2470–1820
2) „
17,7 –20,3
3080–2340
1820–1380
1) Prima
20,3 –22,8
2340–1860
1380–1100
2) „
22,8 –25,3
1860–1510
1100– 890
Secunda
25,3 –27,85
1510–1250
890– 740
Tertia
27,85–30,4
1250–1045
740– 617
Quarta
30,4 –35,4
1045– 770
617– 454
Versucht man die drei letzten Sortimente zu einem einzigen zu vereinigen, indem man
die Mittelwerthe der correspondirenden Feinheitsgrenzen berechnet, dabei aber nur
die fünf Sorten Superelecta, Electa, Prima, Secunda, Tertia, Quarta unterscheidet,
so findet man für das deutsche Nummerirungssystem folgende abgerundete
Feinheitsnummern:
Superelecta
2500–2000
Electa
2000–1350
Prima
1350– 900
Secunda
900– 775
Tertia
775– 500
Quarta
500– 350.
Wenn die vorstehenden Zahlen nicht eine irgend gesetzmäßige Abnahme zeigen, so muß
man bedenken, daß die Praxis dem Bedürfnisse nach einer besonders weit geführten
Sortirung der feinen und hochfeinen Sorten Rechnung getragen hat; es würde daher
eine Abänderung dieser Zahlen in dem Sinne, daß sie etwa eine arithmetische oder
geometrische Reihe bilden, dem praktischen Bedürfnisse nicht entsprechen.
Fragt man, welchen Gewinn die Einführung der Feinheitsnummer statt der Haardicke
gewährt, so ist darauf hinzuweisen, daß durch dieselbe die wirkliche
Feinheitsbestimmung einer vorliegenden Wollsorte wesentlich vereinfacht wird, denn
man kann die mühsame und große Uebung voraussetzende Messung des Haardurchmessers
durch eine viel leichter zu bewerkstelligende Auszählung der in einem Stapel oder in
dem fertigen Garne neben einander liegenden Wollhaare ersetzen.