Titel: | Construction eines Zimmerofens, welcher die von außen in sich aufgenommene frische Luft nach dem Erwärmen in das Zimmer ausströmen läßt; von W. Sobolstschikow, Architekt in St. Petersburg. |
Autor: | W. Sobolstschikow |
Fundstelle: | Band 186, Jahrgang 1867, Nr. XXIX., S. 123 |
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XXIX.
Construction eines Zimmerofens, welcher die von
außen in sich aufgenommene frische Luft nach dem Erwärmen in das Zimmer ausströmen läßt;
von W. Sobolstschikow, Architekt
in St. Petersburg.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Sobolstschikow's Zimmerofen.
Die Stubenöfen, welche bei uns, in Rußland, überall in Gebrauch sind, nennen wir
„holländische.“ Der Unterschied zwischen diesen und den
Oefen, die ich in Deutschland zu sehen Gelegenheit hatte, besteht nur darin, daß die
unserigen massiver sind. Alle Theile unserer Oefen werden dicker gebaut, so daß sie
bei starker Heizung lange warm bleiben und der Stubenluft Wärme mittheilen können.
Gegen die Kälte können also unsere holländischen Oefen für eine gute Vorrichtung
gelten, aber der menschliche Organismus verlangt zu seinem Wohlbefinden nicht bloß
Wärme, sondern auch reine Luft. Die gewöhnlichen Oefen haben nun zwar die
Eigenschaft, die im Zimmer befindliche Luft zu erwärmen, sind jedoch nicht geeignet
sie zu erneuern, wenigstens nicht beständig, da sie ohne Rücksicht auf Ventilation
construirt sind.
Abgesehen hiervon erfüllen unsere holländischen Oefen auch ihren nächsten und
einfachen Zweck nicht vollkommen, nämlich die durch Verbrennung des
Feuerungsmaterials entwickelte Wärme in ihre Masse aufzunehmen, zu bewahren und nach und nach im
Zimmer zu verbreiten. Man kann nicht sagen, daß der holländische Ofen soviel Wärme
mittheilt als er empfängt. Im Winter, wenn man ihn täglich heizt, vertheilt sich nur
die Wärme aus seinen äußeren Flächen, während die inneren nach Verlauf von 24
Stunden, wo man wieder heizen muß, noch einen sehr beträchtlichen Wärmegrad
bewahren. Letztere Wärmemenge kann durch die dicken Schichten der Ziegel und Kacheln
nicht bis zur Zimmerluft durchdringen und diese kühlt sich ab, weil die äußeren
Flächen des Ofens erkalten, obgleich in den inneren Theilen noch sehr viel Wärme
enthalten ist.
Nachdem ich die beiden wesentlichen Mängel der gebräuchlichen Stubenöfen erkannt
hatte, nämlich 1) schwache und nicht anhaltende Ventilation, und 2) Unfähigkeit, die
innere Wärme vollständig abzugeben, bemühte ich mich diese Uebelstände zu
beseitigen, indem ich mir folgende Aufgaben stellte:
1) die Verbrennungsproducte einen möglichst langen Weg im Ofen zurücklegen zu lassen,
und zwar nicht in schneller Strömung, sondern hinreichend langsam, daß sie auf ihrem
Wege den mit ihnen in Berührung kommenden Oberflächen möglichst viel Wärme
mittheilen;
2) dem Ofen zur Vertheilung der Wärme viel Oberfläche zu geben;
3) sämmtliche Theile des Ofens weder in solcher Dicke anzulegen, daß sie unnützer
Weise Wärme im Inneren zurückbehalten, noch auch so dünn, daß sie sich schnell
abkühlen;
4) zu bewerkstelligen, daß ein Zimmer bei hermetisch verschlossenen Fenstern mit
frischer und dabei erwärmter Luft versorgt werde, nicht nur so lange das Feuer im
Ofen brennt, sondern so lange dieser überhaupt warm bleibt.
Bei der Construction meiner Probe-Oefen wollte ich jede Anwendung von Metallen
in den zum Erwärmen der Luft bestimmten Theilen vermeiden, weil die Metalle, als
gute Wärmeleiter, sich schnell abkühlen; ich ließ daher meine Oefen aus Ziegeln und
Lehm bauen, und zwar ohne Anwendung der Kacheln, weil ich mich überzeugt hatte, daß
diese eine zu dicke Schicht bilden und dem Ausströmen der Wärme hinderlich sind.
Die Eigenthümlichkeit des in Fig. 16–18
dargestellten Ofens meiner Construction besteht hauptsächlich darin, daß er frische
Luft von außen in sich aufnimmt, sie in seinem Inneren erwärmt und dann in das
Zimmer ausströmen läßt. Die Ziegel erwärmen sich nicht leicht und kühlen sich nicht
schnell ab, daher ein solcher Ofen, einmal geheizt, das Zimmer länger als 24 Stunden
warm hält. Dabei wird weniger Heizmaterial erfordert, als der holländische Ofen verlangt, dessen
Wände viel dicker und daher schwerer zu durchwärmen sind.
Textabbildung Bd. 186, S. 124
Der Canal, durch welchen die Luft von außen in den Ofen dringt, kann aus Holz
gemacht und unter dem Fußboden angebracht werden, wobei nur darauf zu achten
ist, daß die Röhre dem Fußboden nicht zu nahe liegt, um eine Abkühlung desselben
an dieser Stelle zu vermeiden. Wenn der Ofen an eine äußere Mauer gesetzt wird,
so hat die Anlegung der Luftröhre gar keine Schwierigkeiten. Nützlich ist es, an
der Stelle wo dieser Canal in das Haus tritt, eine Vorrichtung folgender Art zu
treffen: Man stellt in den Canal einen Rahmen mit drehbarer Klappe, wodurch der
Zudrang der Luft nach Belieben ganz oder zum Theil gehemmt werden kann; die
Achse der Drehklappe geht durch den Fußboden hinauf und der Handgriff derselben
ist parallel mit der Klappe, so daß die Richtung der letzteren dadurch angezeigt
wird. Es versteht sich von selbst, daß die Luft welche man auf diese Weise in
die Wohnung leitet, nicht von einem Orte herkommen darf, wo sie verdorben ist
oder irgend welche Gerüche mit sich führt.
In Fig. 18 der
beigegebenen Zeichnung sieht man 10 Durchschnitts-Plane des Ofens, von denen
die mit geraden Zahlen bezeichneten die Feuerstelle und die Canäle darstellen, durch
welche die Verbrennungsproducte ihren Lauf nehmen; auf den mit ungeraden Ziffern
bezeichneten Planen sieht man die Canäle, durch welche die frische Luft zieht. Die
Luft tritt zuerst in den Plan 1 und steigt von da durch die drei Canäle (Plan 2)
nach dem Plan 3, durch die Canäle in 4 nach 5, durch die zwei Canäle in 6 nach 7 und
durch die drei Canäle in 8 nach 9, in welchem letzteren sich ein in das Zimmer
mündendes Luftloch befindet. Schon beim Eintritt in den ersten Plan kommt die Luft
mit bereits erwärmten Flächen in Berührung und wird dadurch verdünnt, steigt dann in
die oberen Plane hinauf, wo sie immer stärker erhitzte Flächen antrifft, also immer
mehr verdünnt und folglich auch in zunehmend schnellere Strömung versetzt wird.
Die angestellten Proben haben ergeben, daß 15 bis 17 preuß. Pfund trockenen
Birkenholzes, in einem solchen Luftzug-Ofen verbrannt, bei einer Temperatur
von – 10º Reaumur hinreichen, um stündlich mehr als 1800 Kubikfuß
reine Luft von + 20º bis + 30º R. durch die Mündung der Röhre in das
Zimmer ausströmen zu lassen.
Wenn das zu heizende Zimmer keinen passenden Platz für den Ofen hat, kann man ihn in
einem Nebenzimmer aufführen und die Luftzugröhre durch die Wand leiten. Unter
Umständen, z.B. in einer Wohnung wo sich zwei Mauern kreuzen und also vier Zimmer
abtheilen, kann jedes dieser Zimmer aus demselben Ofen mit Wärme versorgt werden,
wenn man diesem seine Stelle in einem der Winkel am Durchschnittspunkte anweist und
vier Mündungen anbringt.
Textabbildung Bd. 186, S. 125
Von der Feuerstelle, Plan 2, steigen die Verbrennungsproducte auf geradem Wege
hinauf in den Plan 10 und senken sich von da, durch die Pläne 8, 6 und 4
circulirend, zu dem Ausgang in den Schornstein hinab. Ist nämlich der Rauch in
10 angekommen, so circulirt er unter der Deckplatte, geht durch den Canal in 9
nach 8, circulirt da, gelangt durch den Canal in 7 nach 6, passirt den Canal in
5, circulirt abermals durch 4 und entweicht von hier aus in den Schornstein. Die
Richtung des Weges der Verbrennungsproducte von oben nach unten hat den Zweck,
die Strömung derselben zu verlangsamen, damit sie überall wo sie
vorüberstreichen, die Flächen durchwärmen. – Die Scheidewand zwischen
beiden Leitungen hat nur die Dicke eines Ziegels.
Sobald das Heizmaterial verbrannt ist, muß der Ofen geschlossen werden, damit die
Wärme nicht durch den Schornstein entweicht, und zwar ist es nöthig, entweder die
Oeffnung, welche den Ofen mit dem Schornstein verbindet, durch eine Klappe, oder den
Raum, in welchen das Brennmaterial gelegt wird, durch ein Thürchen hermetisch zu
verschließen. Ersteres dürfte vorzuziehen seyn, weil eine metallene Thür durch die
Wirkung eines hohen Wärmegrades ihren hermetischen Schluß verliert und die Luft
durchläßt, was den Ofen abkühlt. Der Schornstein kann nach Beendigung der Heizung
als Ventilator dienen; dazu ist erforderlich, daß man in der Mauer von der Stelle
an, wo der Rauch aus dem Ofen in die Mauer gelangt, einen Canal bis zum Boden des
Zimmers anlegt. Nahe dem Fußboden bringt man eine Oeffnung an, welche mit einem
Thürchen versehen ist und dieses muß man während der Heizung des Ofens schließen,
nach Beendigung derselben aber öffnen. Durch diese Oeffnung entfernt sich natürlich
eben soviel Luft aus dem Zimmer als durch die Ofenmündung (Plan 9) hereinkommt,
wobei zu bemerken ist, daß die hinausströmende Luftmasse diejenige ist, welche die
niedrigste Temperatur im Zimmer hat und daß zugleich alle Gase mit hinausziehen,
welche sich vermöge ihrer Schwere zu Boden gesenkt haben.
Die Größenverhältnisse des Ofens hängen von der Größe der Ziegel ab, die zur
Construction verwendet werden. In St. Petersburg haben die Ziegel 11 Zoll Länge, 5
1/2 Zoll Breite und 2 3/4 Zoll Dicke. Plan 4, 6, 8, 9 und 10 bestehen aus drei
Schichten Ziegeln, einer auf den anderen gelegt. Die erste Schicht bedeckt die ganze
Construction des zunächst unterhalb liegenden Planes; die zweite und dritte bilden die Höhe der
Wände, welche als Rahmen der Canäle dienen. Die Scheidewand besteht aus Ziegeln,
welche auf die Kante gelegt sind, was zwei Schichten flach liegender gleichkommt. In
Plan 5 und 7 beträgt die Höhe des Rahmens nur eine Ziegelschicht. Die äußere
Ofenmauer, welche aus den Rahmen sämmtlicher Pläne besteht, und ebenso den ganzen
ersten Plan lasse ich aus gewöhnlichen Petersburger Ziegeln ausführen, zu der ganzen
inneren Construction aber verwende ich feuerfeste englische Ziegel.
Soll der Ofen für Steinkohlenheizung dienen, so muß man in den Rahmen von Plan 4, 6,
8 und 10 viereckige Oeffnungen von ungefähr 5 Zoll im Quadrat lassen, um den Ruß
herausfegen zu können, die Oeffnungen mit Thüren versehen, und, um den Durchgang für
Rauch oder Luft unmöglich zu machen, in den Oeffnungen Spunde, aus Ziegelstein durch
Lehm verbunden, anbringen.Für Steinkohlenbrand ist bei diesem Ofen
jedenfalls ein vorzüglicher Schornstein erforderlich, und dann lassen sich
doch die Verticalcanäle nicht reinigen. Beim Brennen von Holz wird bei
starkem Zug eine Reinigung des Ofens unnöthig; in Rußland werden die
Thonöfen nie ausgeputzt, sie putzen sich selbst.A. d. Red. Daß die Feuerstelle in einem Steinkohlen-Ofen etwas anders
eingerichtet werden muß als für Holzverbrennung, kann ich als bekannt
voraussetzen.
Ich bemerke noch besonders, daß man beim Setzen eines Ofens dieser Art strenge darauf zu sehen hat, daß die zur Verwendung
kommenden Ziegel bei der Arbeit nicht bloß angefeuchtet,
sondern vollständig mit Wasser übergossen werden. Der
Ofensetzer muß zu diesem Behufe neben sich ein Wassergefäß stehen haben, groß genug,
um mehrere Ziegel aufzunehmen, und jeder Ziegel muß einige Minuten darin liegen. Der
Ofen wird nur dann recht fest werden und gehörig wirken, wenn der feuchte Lehm,
welcher zur Verbindung der Ziegel dient, in sehr dünnen Schichten zwischen diesen
liegt; und solche Schichten kann man zwischen Ziegeln, die nicht durchfeuchtet sind,
unmöglich zu Wege bringen, denn der Ziegel als poröser Körper saugt schnell das
Wasser aus dem feuchten Lehme ein und macht ihn augenblicklich aus einer weichen zu
einer starren und bröckeligen Masse. Durch diesen Uebelstand wird der Lehm zwischen
den Ziegeln dick und bekommt dann bei der Heizung Risse; Tausende solcher Risse aber
bewirken, daß der Ofen seine Festigkeit verliert und nicht mehr im Stande ist die
Wärme zu bewahren.
Ich habe Oefen sowohl nach dem in Fig. 18 eingeschriebenen
Maaße gebaut, als auch in anderen Verhältnissen, größere und kleinere, wobei natürlich die Anordnung
der Canäle und der Oeffnungen, welche die verschiedenen Pläne verbinden, modificirt
werden mußte, aber das Grundprincip meiner Construction blieb dasselbe und die
Resultate waren überraschend gute.
Dabei lehrte mich die Erfahrung, daß einen je höheren Grad die äußere Kälte
erreichte, desto wirksamer der beschriebene Ofen sich zeigte; an minder kalten Tagen
wurde die Luftbewegung im Ofen eine verhältnißmäßig weniger lebhafte.