Titel: | Ueber Festigkeit gegen stoßweise Wirkungen. |
Fundstelle: | Band 186, Jahrgang 1867, Nr. XL., S. 188 |
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XL.
Ueber Festigkeit gegen stoßweise
Wirkungen.
Mit Abbildungen.
Ueber Festigkeit gegen stoßweise Wirkungen.
Das Zerreißen eines elastischen Körpers erfordert eine gewisse mechanische
Arbeitsleistung. Eine derartige Arbeit wird bekanntlich ausgedrückt durch das
Product der Zugkraft in den zurückgelegten Weg ihres Angriffspunktes. Die Zugkraft,
welche nöthig ist, um einen Körper zu zerreißen, ist das, was man gewöhnlich die
absolute Festigkeit des Körpers nennt. Der zurückgelegte Weg ist die Ausdehnung,
welche der Körper bis zum Augenblicke des Zerreißens erleidet.
Zwei Körper, welche gleiche absolute Festigkeit haben, von denen sich der eine aber
vor dem Reihen nur wenig, der andere jedoch stark ausdehnt, erfordern daher um
zerrissen zu werden, eine sehr verschiedene mechanische Arbeit. Da jede stoßweise
Wirkung fähig ist eine gewisse Arbeit zu leiten, so wird auch die
Widerstandsfähigkeit eines Körpers gegen Stöße um so größer seyn, je größer die mechanische
Arbeit ist, welche der den Stoß erleidende Körper aufzunehmen fähig ist, ehe ein
Reißen eintritt. Um die Widerstandsfähigkeit eines Körpers gegen Stöße zu
beurtheilen, genügt es daher keineswegs, bloß seine absolute Festigkeit in Betracht
zu ziehen, wie dieß noch häufig geschieht, sondern es spielt hierbei die Ausdehnung,
deren der Körper vor dem Zerreißen fähig ist, eine sehr wichtige Rolle.
Aber außer der absoluten Festigkeit und der Elasticität, hängt die
Widerstandsfähigkeit eines Körpers gegen Stöße noch von einem dritten Factor ab,
welcher bisher entschieden unterschätzt worden ist und der die höchste Beachtung
verdient. Es ist dieß die Form des Körpers. Die Versuche, welche Capitän Palliser kürzlich in Chatham mit Bolzen für Panzerplatten
durchgeführt hat, illustriren diesen Einfluß, den die Form eines Körpers auf seinen
Widerstand gegen Stöße hat, in einer so anschaulichen Weise, daß dieselben die
größte Beachtung verdienen. Er erzielte folgende Resultate:
1) Bolzen von gutem Schmiedeeisen und durchaus gleicher Dicke dehnen sich bis zum
Zerreißen um 1/5 ihrer ursprünglichen Länge aus.
2) Ist der Bolzen nicht durchaus gleich dick, sondern ist ein Theil seiner Länge
schwächer, so dehnt sich der schwächere Theil um 1/5 seiner Länge aus, der stärkere
Theil dagegen dehnt sich beinahe gar nicht aus.
Fig. a., Bd. 186, S. 188
3) Ist die schwächere Stelle sehr kurz, wie z.B. bei Bolzen in welche
Schraubengewinde eingeschnitten sind, Fig. a
, so ist die Spannung beim Zerreißen (per
Quadratzoll des kleinsten Querschnittes) dieselbe wie in den zwei ersten Fällen,
aber der Bolzen dehnt sich vor dem Reißen beinahe gar nicht aus.
Fig. b., Bd. 186, S. 188
4) Hat der Bolzen die Form wie in Fig. b
, so daß das Gewinde den Bolzen überragt, die schwächste Stelle des
Bolzens somit nicht in einzelnen Punkten des Gewindes, sondern durch den größten
Theil der Bolzenlänge vorherrscht, so dehnt sich der Bolzen vor dem Reißen
wieder um 1/5 seiner Länge aus. Der Bolzen in Fig. b
wird dadurch gegen Stöße eine große, der Bolzen in Fig. a
dagegen eine sehr geringe Widerstandsfähigkeit haben.
Man sieht aus diesen Versuchen, daß es bei Körpern, welche Stoßwirkungen ausgesetzt
sind, von größter Wichtigkeit für die Widerstandsfähigkeit des Körpers ist, daß die
schwächste Stelle desselben nicht bloß an einer Stelle oder an wenigen Punkten
vorkommt, sondern daß sich die schwächste Stelle über eine möglichst große Länge
erstreckt.
Eine sehr zu beachtende Anwendung findet dieses Raisonnement bei Vernietungen an
Körpern, welche Stößen ausgesetzt sind, z. B. an Schiffen. Daß eine Vernietung bei
Eisen- und namentlich bei Stahlplatten eine Schwächung der absoluten
Festigkeit gegen die massive Platte verursacht, ist bei der gewöhnlichen Art der
Vernietung bekannt. Wäre nun die Verringerung der absoluten Festigkeit das einzige
Resultat einer gewöhnlichen Vernietung und bliebe die Ausdehnungsfähigkeit des
Körpers, seine Elasticität, hierbei ungeschwächt, so wäre der schädliche Einfluß
einer Nietstelle kein so bedeutender und ließe sich wohl hinnehmen.
Betrachtet man aber eine gewöhnliche Vernietung nach dem Einflüsse, den die Form der
Körper nach Palliser's Versuchen ausübt, so sieht man,
daß die Form einer durch Nietenlöcher geschwächten Platte die ungünstigste ist,
welche gedacht werden kann, denn die Schwächung ist auf einen Querschnitt
beschränkt; tritt ein Stoß ein, so concentrirt sich die ganze Gewalt desselben auf
die Dehnung dieser einen schwächsten Stelle; das ganze übrige Material der Platte
dehnt sich nicht aus, es bleibt der Stoßwirkung gegenüber ganz unwirksam.
Aus dieser Betrachtung ergibt sich nun der Schluß, daß eine Verbindung von zwei
Platten an Körpern, welche starken Stößen ausgesetzt sind, nur dann eine zweckmäßige
seyn wird, wenn die Verbindungsstelle eine höhere absolute Festigkeit hat als die
Platte selbst.
Eine derartige Verbindung kann man erzielen durch die bereits mit gutem Erfolg
versuchte Schweißung der Platten, oder durch Benutzung von Platten, deren Ränder in
der Breite der Nietensäume verstärkt sind, wie solche bereits an einigen Orten
hergestellt werden. Bei einem auf solche Weise zusammengesetzten Körper, bei welchem
die Stellen, an welchen die Platte den normalen Querschnitt hat, zugleich die
schwächsten Stellen, sowie die der größten räumlichen Ausdehnung sind, tritt bei
einer Stoßwirkung der bei weitem größte Theil des Materials als Widerstand leistend
in die Action, und macht ihn fähig, eine große Menge von lebendiger Kraft in sich
aufzunehmen, d.h. einem starken Stoß zu widerstehen.
Ueber die zweckmäßigste Art solche Verbindungen von Platten, an welchen die
Verbindungsstelle keine Schwächung bedingt, herzustellen, läßt sich noch kein
entschiedenes Urtheil abgeben. Jedenfalls ist aber dadurch, daß man einen so
deutlichen Einblick in die Vorzüge einer derartigen Constructionsweise gewonnen hat,
der Praxis ein Weg angedeutet, den zu verfolgen sie nicht säumen wird. F. K.
(Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architektenvereins, 1867 S.
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