Titel: | Ueber die Bronzegießereien in Paris; von Prof. F. Kohl. |
Fundstelle: | Band 186, Jahrgang 1867, Nr. XLV., S. 199 |
Download: | XML |
XLV.
Ueber die Bronzegießereien in Paris; von Prof.
F. Kohl.
Aus dem polytechnischen Centralblatt, 1867 S.
1167.
Kohl, über die Bronzegießereien in Paris.
Die mehrseitig in Paris sehr reichhaltig ausgestellten Bronzewaaren gaben mir
Veranlassung zum Besuche der sehr ausgedehnten Thiébaut'schen Bronzegießerei, und ich theile hier die von mir
darüber gemachten Bemerkungen mit.
Wenn es auch bekannt ist, welchen Rang die Pariser Kunstbronzegüsse einnehmen, so
vereinigen diese Gießereien damit meist in überwiegendem Umfange den Guß von
Maschinentheilen, z.B. aller Arten von Hähnen und Ventilen, von Lagerschalen und
Pumpenstiefeln, Druckwalzen und von mannichfachen Theilen für Locomotiven; sie
liefern ferner Pumpen verschiedener Construction, sowie die für hydraulische
Pressen.
Die genannte Fabrik beschäftigt 300 bis 400 Arbeiter für die oben angedeuteten
Erzeugnisse und unterhält dafür auch zwei getrennte Lager.
Die verschiedenen Gußstücke werden in Messing oder Gelbguß, in Bronze oder Rothguß
und in reinem Kupfer ausgeführt, wie z.B. Druckwalzen. Messing wird, wie auch in
Deutschland, aus 70 Kupfer und 30 Zink dargestellt. Für verschiedene Zwecke wird
jedoch der Gehalt des Zinkes in dem Verhältnisse vermindert, daß er nur 1/5, 1/6,
1/8 und 1/10 beträgt. Die Legirungen von 1/5 und 1/6 Zink werden immer noch als
Gelbguß bezeichnet, wogegen die aus 1/8 und 1/10 Zink dem Golde sehr ähnlich sehen
und in Paris in größeren Quantitäten zu falschen Bijouteriewaaren, z.B. zu
Uhrgehäusen, Ketten, Bechern und zu vielfachen gepreßten und gedrückten Artikeln
verarbeitet werden.
Die gewöhnliche Bronze, aus 90 Thln. Kupfer und 10 Thln. Zinn legirt, dient
Vorzugsweise zu weichen Bronzearbeiten, überhaupt zu Stücken, welche keine Reibung
erfahren, z.B. zu Rohrstücken, Schmierbüchsen, Ausgüssen oder Mundstücken etc. Für
Hahnschlüssel werden nach deren Größe 12 bis 14 Thle. Zinn genommen, doch darf man
nicht darüber hinausgehen, da sonst die Schraubengewinde leicht ausbrechen würden.
Für Stücke, welche Reibung erfahren und keine leicht ausbrechenden Theile besitzen,
nimmt man 16 bis 18 Proc. Zinn zur Legirung, zu Glocken 20 Proc. und nur zuweilen
etwas mehr.
Kattundruckwalzen werden entweder aus Messing (Gelbguß, d. i. 70 Kupfer und 30 Zink
oder 60 Kupfer und 40 Zink), oder aus reinem Kupfer dargestellt und gezogen. Die letzteren zieht
man vor, weil sie sich leichter graviren lassen und die Farben darauf stehen,
wogegen der Zinkgehalt der Messingwalzen oxydirend darauf wirkt. Man verwendet dazu
schwedisches, russisches und Chilikupfer, und belgisches Zink. Die Druckwalzen
werden über einem Sandkern mit einem Gießkopf von 1/3 der Walzenlänge in Eisenformen
gegossen. Hauptsächlich ist hierbei die Temperatur des flüssigen Metalles wichtig,
da nur bei genauer Beachtung dieser der Walzenguß gelingt. Auch die Form muß eine
entsprechend erhöhte Temperatur besitzen, weil außerdem der erste Einguß gewöhnlich
unbrauchbar wird. Das Gewicht einer rohen Walze ist 150 Pfd., bearbeitet 60 bis 80
Pfd. Das nothwendige Dichtermachen der Druckwalzen geschieht entweder durch
Hartschlagen, oder durch Ziehen über einen stählernen Dorn und etwas conisch
gelochte Ziehplatten. Man findet die letztere Dichtung weniger vollständig als die
erstere; werden dagegen beide Verfahren zusammen angewendet, d.h. nach dem Ziehen
noch das Hämmern, so erhält man vorzüglich dichte Walzen.
Das Hartschlagen der Druckwalzen geschieht durch Maschinen mit eisernen Pochstempeln,
welche als Hämmer wirken. Vor dem Hämmern werden die Walzen schwach conisch
ausgebohrt, um sie auf einen stählernen Dorn aufzustecken. Auch werden sie vor dem
Hämmern und Ziehen geglüht.
Die Pochstempel oder Hämmer haben zweierlei Form. In der vorangehenden Maschine sind
sie stumpfschneidig und die Schneiden sind rechtwinkelig gegen einander gerichtet.
In der darauf folgenden Maschine werden die Walzen mit quadratisch und plan endenden
Stempeln bearbeitet. Gewöhnlich werden die Walzen zwei bis dreimal mit den
schneidigen und einmal mit den planen Hämmern bearbeitet, und hiernach
abgedreht.
Die Kupferwalzen, welche man früher nur aus England (Birmingham) bezog, werden jetzt
in der Thiébaut'schen Fabrik vorzüglich schön und
wohlfeiler als in England geliefert. Diese Anstalt fertigt jährlich circa 5000 bis 6000 Stück Messing- und
Kupferwalzen, im Preise von 2 Frcs. 80 Cent. vom Messing- und 3 Frcs. 60
Cent. vom Kupferguß für das Kilogramm. Man exportirt Druckwalzen nach Deutschland,
Italien und nach der Schweiz, setzt aber die meisten nach Mülhausen (im Elsaß)
ab.
In Bezug auf die Herstellung der Formen, so ist der in der Nähe von Paris gefundene
Formsand ganz vorzüglich für Messing- und Rothguß geeignet. Derselbe wird nur
mit Wasser angefeuchtet und die daraus hergestellten Formen werden Abends in den Trockenofen
gebracht und am folgenden Tage zum Guß verwendet.
Zur Erleichterung des Formens hat man Unterlagen von Gyps oder von einem wohlfeilen
Metall (Zink). Dieselben nehmen die Modelle, Gußröhren und Eingüsse zur Hälfte auf
und lassen den ersten Theil der Form genauer und bequemer bilden, da der Gyps wegen
seiner Härte die Oberfläche ganz glatt beibehält. Solche Unterlagen werden schon bei
einer 20maligen Wiederholung mit Vortheil angewendet. Wegen der Wohlfeilheit des
Gypses werden auch größere Formenrahmen nur zu 2/3 bis 3/4 mit Sand und der übrige
Theil mit Gyps ausgefüllt. Letztere Ausfüllung macht den Sand im Formkasten
haltbarer und läßt theilweise die Querstücke und Gehänge ersparen. Meist sind die
größeren Formkästen aus Gußeisen und lassen durch Ein- und Ausschalten von
Wandstücken sich vergrößern oder verkleinern. Die kleineren Gußkästen sind aus
Walzeisen, und es wird das dazu verwendete Eisen mit einer Furche in der Mitte und
an den Kanten gewalzt.
Bemerkenswerth ist noch die Verbindung und Befestigung längerer Formkästen durch
Schraubenpressen, bei welchen der untere Preßriegel mit und zwischen den
feststehenden Spindeln den unteren Formkasten aufnimmt, der auf dem Oberkasten
liegende obere Preßriegel aber durch Muttern mit schrägen Armen das Zusammendrücken
der Kästen bewirkt.
Sehr zweckmäßigen Gebrauch macht man bei den Pariser Bronze- und
Messingarbeiten von den Schleif- und Polirscheiben. Erstere sind Holzscheiben
von circa 22 Zoll Durchmesser und 2 1/2 Zoll Dicke,
welche mit Leder überzogen sind und aufgeleimten Schmirgel enthalten. Die
Polirbürsten bestehen aus einem eisenblechernen Ringe mit vierreihig eingesetztem, 3
Zoll langem Tampico-Bürstenkranz. Diese Polirbürsten arbeiten mit Schmirgel
und Oel, und zur Vollendung mit Englischroth und Wasser. Die Schleifscheiben laufen
etwa 1200 mal, die Polirbürsten über 3000 mal in der Minute um.
Diese Fabrik liefert sowohl im Kunstguß, als auch für die Marine nicht selten
Gußstücke von sehr bedeutendem Gewicht, so z.B. Hähne für Schiffsdampfmaschinen,
wovon jeder 600 Pfd. wiegt, sowie Schiffsschrauben mit 4, 5 und 6 Flügeln, welche
bis 30000 Kilogrm. wiegen und 5 Met. im Durchmesser besitzen.
Zur Zeit des italienischen Krieges zwischen Frankreich und Oesterreich lieferte diese
Fabrik täglich 4000 Stück Zündbüchsen (Fusée) für
Bomben während dreier Monate. Für das Stück zahlte man 7 Centimen Arbeitslohn und es
konnte der Arbeiter dabei dennoch 10 Frcs. täglich verdienen. Die Hauptaufgabe
dieser Arbeit war die Herstellung des geeigneten Werkzeuges in einigen 40 bis 50
Support fixe, und zwar aus Bronze, um solche schneller herstellen zu können.
In Betreff der Lohnverhältnisse, so kann ein Arbeiter auf Tagelohn bis 8 Frcs. und
ein Stückarbeiter bei gleichem Stückpreise von 5 bis 10 Frcs. verdienen. Der
Lehrling verdient 2 bis 2 1/2 Frcs. und der gewöhnliche Tagelöhner (Handlanger,
Zuträger) 3 1/2 Frcs.
Der nothwendig bedungene höhere Lohn wird erzielt durch eine große Leistungsfähigkeit
der Arbeiter, herbeigeführt durch eine vollständige Arbeitstheilung, durch Bezahlung
nach dem Stücke und durch gute Werkzeuge.
Für Scheibenhähne aus Bronze über 1 Zoll Durchmesser wird das Pfund mit 19 Ngr., für
dergleichen aus Messing mit 16 Ngr. bezahlt. Wasserstandszeiger kosten 20 bis 32
Frcs. das Paar.