Titel: | Ueber die analytischen Arbeiten in Sodafabriken; von Dr. G. Lunge. |
Autor: | Georg Lunge [GND] |
Fundstelle: | Band 186, Jahrgang 1867, Nr. XLVII., S. 205 |
Download: | XML |
XLVII.
Ueber die analytischen Arbeiten in Sodafabriken;
von Dr. G. Lunge.
Mit Abbildungen.
Lunge, über Prüfung der Rohmaterialien u. der Producte der
Sodafabrication.
Die Analyse für technische Zwecke hat bekanntlich meist andere Zielpunkte als die
eigentliche wissenschaftliche Analyse; der wesentliche Gesichtspunkt ist immer nur
der Handelswerth der zu untersuchenden Substanz. Wenn
dieser z.B. nur von Procent zu Procent steigt oder fällt, so ist es für eine
technische Analyse völlig zwecklos bis auf Hundertstel von Procenten zu gehen;
Zehntel, Viertel, häufig selbst Ganze, sind vollkommen genügend. Es wäre also ganz
widersinnig, in solchen Fällen langwierige Methoden anzuwenden, welche zu
Hundertsteln von Procenten führen, wenn man kurze, bis auf Zehntel oder Viertel
genaue Methoden hat. Wo der Unterschied in der Umständlichkeit nicht groß ist, wird
ein geübter Chemiker selbstverständlich die genauere Methode vorziehen; aber es gibt
Fälle, wo man absichtlich die roheren Methoden wählt, wenn sie nämlich weniger
Geschicklichkeit erfordern und ungeübten Händen anzuvertrauen sind. Der Fall ist
jedoch nicht selten, daß in den Händen des Geübteren eine genauere Methode viel
schneller zum Ziele führt als eine ungenauere, aus alter Gewohnheit in den Fabriken
gewöhnlich angewendete. Wir werden Beispiele davon in unserem speciellen Falle
sehen.
Es braucht kaum erwähnt zu werden, daß Schnelligkeit der Ausführung immer eines der
wesentlichsten Desideraten für technische Analysen ist; die Verbreitung der
Maaßanalyse hat ja geradezu eine Revolution darin hervorgerufen. Aber es sey mir
gestattet, dieses Princip noch weiter auszudehnen, in einer Weise, welche vielleicht
dem wissenschaftlichen Chemiker beim ersten Anhören sehr anstößig erscheinen könnte, welche aber jeder in der Technik praktisch
erfahrene Chemiker gutheißen wird. In vielen Fällen ist nach meiner Ansicht der
Zweck der technischen Analyse weit besser erreicht durch die allerroheste Annäherung
als durch die genaueste Analyse, vorausgesetzt, daß die erstere in viel kürzerer
Zeit geschehen kann. Das ist der Fall mit dem Gehalte der rohen Soda an unzersetztem
schwefelsauren Natron. Wenn der Chemiker der Sodafabrik die Schwefelsäure in einigen
Broden roher Soda mit Genauigkeit bestimmt, was einen großen Theil seiner Zeit
wegnehmen wird, so hat dieß doch nur ungemein geringen Werth für den Betrieb der
Fabrik; weit wichtiger
ist es, wenn so viel Brode als möglich in einer noch so
rohen, aber in einigen Minuten zum Ziele führenden Weise untersucht werden, wie ich
sie z.B. später beschreiben werde. Es kommt nicht auf die Anzahl von Bruchtheilen
eines Procentes Sulfat an, welche der betreffende Arbeiter unzersetzt gelassen hat,
sondern nur darauf, ob im Allgemeinen seine Arbeit gut oder schlecht war, und wenn
das Letztere, in welchem ungefähren Grade.
Natürlich kommen auch einzelne Fälle vor, wo selbst in technischen Analysen kleine
Bruchtheile von Procenten von Wichtigkeit sind, z.B. der Gehalt an Chloriden in
raffinirtem Salpeter.Ich rede überhaupt nicht von eigentlich metallurgischen Analysen, wo
bekanntlich häufig die genauesten Methoden im Gebiete der analytischen
Chemie aufzubieten sind. Im Allgemeinen scheint mir die Aufgabe des analytischen Chemikers in einer
Fabrik eine zweifache zu seyn: erstens die einzukaufenden Rohmaterialien und die zu
verkaufenden Fabricate nach den Verfahrungsweisen zu untersuchen, welche die im
Handel verlangte Genauigkeit zwar sicher, aber mit der größten Schnelligkeit erreichen lassen, und zweitens zur Untersuchung der nicht in
den Handel kommenden Zwischen- oder Nebenproducte solche Methoden anzuwenden,
welche es gestatten eine sehr große Anzahl von Proben,
wenn auch nur ungefähr, zu untersuchen.
Eine große Verlegenheit empfindet nun aber wohl jeder Chemiker, wenn er zuerst das
analytische Departement in einer Fabrik zu übernehmen hat, nämlich herauszufinden,
welches der unzähligen publicirten Verfahren die größte Schnelligkeit und
Einfachheit mit hinreichender Genauigkeit vereinigt. Es gibt freilich genug
ausgezeichnete Lehrbücher, sowohl der Analyse im Allgemeinen, als der technischen
Analyse im Besonderen; aber sie geben meist so viele Methoden, daß man anfangs ganz
rathlos davor dasteht. Erst nach langem Probiren pflegt man herauszufinden, welche
Methoden schließlich am praktischsten sind. Ohne Zweifel hat jeder längere Zeit in
einer Fabrik beschäftigte Chemiker seine Wahl getroffen; aber seine Erfahrungen
kommen nur ihm selbst zu Gute, und jeder Anfänger hat immer wieder eine Menge von
zeitraubenden Experimenten durchzumachen, welche ihm erspart bleiben könnten, wenn
ältere Collegen ihre Ansichten und Erfahrungen über die praktische Brauchbarkeit der
technischen Methode, gerade vom Standpunkte des Fabrikchemikers aus, publicirten und die Auswahl unter einer verwirrenden
Menge von Verfahren auf eines oder zwei beschränkten. Natürlich werden die Ansichten
in Bezug auf diese Auswahl verschieden seyn; aber gerade durch öffentliche Erörterung werden sie
sich am ehesten klären.
Ich will nun im Folgenden versuchen, für das specielle Gebiet der Sodafabrication
(einschließlich der gewöhnlichen Nebenproducte) einen kleinen Beitrag zu dem eben
berührten Desideratum zu geben, nämlich die Methoden zu erwähnen, welche mir nach
den oben dargelegten Gesichtspunkten am empfehlenswerthesten erscheinen, und hin und
wieder einige durch Erfahrung erlangte, erleichternde oder beschleunigende
Modificationen etwas näher zu beschreiben. Im Uebrigen verweise ich in Bezug auf die
Einzelheiten der Methoden auf die Lehrbücher, von welchen wohl die von Fresenius und Mohr in der Hand
jedes technischen Chemikers sind.Meine Citate aus Mohr's Lehrbuch der Titrirmethode
beziehen sich auf die zweite Auflage (1862). Im Besonderen werde ich immer auf solche Handelsgebräuche aufmerksam machen,
welche dem Chemiker als solchem von vornherein nicht bekannt seyn können, deren
Beachtung jedoch nöthig ist.
I. Rohmaterialien der
Sodafabrication.
1) Schwefel. – Die Prüfung geschieht einfach durch
Abwägen von 10 Grammen auf der Tarirwaage in einer kleinen tarnten Porzellanschale,
Anzünden und Abbrennen in einem mit Zug versehenen Raum, und Zurückwägen des
Rückstandes. Sollte die Probe feucht seyn, so muß auch eine Wasserbestimmung durch
Trocknen bei 100° C. vorgenommen werden.
2) Schwefelkies. – Leider gibt es für diesen keine
einfache, schnell auszuführende Methode der Analyse, und man ist bei ihm ganz auf
den Weg der wissenschaftlichen Gewichts-Analyse angewiesen. Vor einigen
Jahren wurde bekanntlich von Pelouze eine kurze Methode
zur Schwefelbestimmung in Schwefelkies angegeben, nämlich Schmelzen des gepulverten
Minerales mit einer bekannten Menge von kohlensaurem Natron und chlorsaurem Kali,
Auslaugen der Schmelze und Zurücktitriren des unzersetzten kohlensauren Natrons.
Namentlich wohl in Folge der gewichtigen Empfehlung in A. W. Hofmann's Report of the Juries wurde diese
Methode vielfach versucht, aber bald wieder aufgegeben. Sie ist in der That ganz
unzuverlässig und gibt selbst bei sorgfältigster Ausführung so sehr von einander und
von der Wirklichkeit abweichende Zahlen, daß sie für die Praxis völlig werthlos
ist.
Ich glaubte die Methode wenigstens für die Bestimmung des unverbrannten Schwefels in
den Kies-Abbränden benutzen zu können, wozu sie in der That an manchen Orten
angewendet wird; aber auch hierfür fand ich sie noch zu unzuverlässig und mußte zur
Ausschließung auf nassem Wege zurückkehren. Diese findet in gewöhnlicher Weise
statt: 1 Gramm des sehr fein gepulverten Kieses wird mit rauchender Salpetersäure
erwärmt; die Einwirkung ist nur sehr langsam, wenn die Säure nicht im Kochen
befindlich ist, und diese muß deßhalb durchaus das spec. Gewicht 1,50 haben, weil
sonst ihr Siedepunkt zu hoch liegt und der abgeschiedene Schwefel in's Schmelzen
kommt. Wenn die Salpetersäure fast ganz weggekocht ist, setzt man Salzsäure zu und
erhitzt, worauf sich in wenigen Minuten aller ausgeschiedene Schwefel aufgelöst
zeigt. Man dampft dann zur Trockne ab, was bei vielen Erzen zu einer vollkommenen
Aufschließung nothwendig ist, erwärmt den Rückstand noch einmal mit etwas Salzsäure,
zur völligen Zerstörung der Salpetersäure, verdünnt mit Wasser und filtrirt. Schon
aus dem Aussehen des Rückstandes kann man meist beurtheilen, ob die Aufschließung
vollständig gewesen ist. Sie kann ohne Furcht vor Verlust durch Spritzen in einem
Becherglase vorgenommen werden, welches das 8–10 fache der angewendeten Säure
faßt; es ist viel leichter aus einem solchen den Rückstand herauszuspülen als aus
einem Kolben. Ein Verlust an Schwefelsäure durch das Abdampfen zur Trockne ist nicht
zu befürchten, selbst wenn es im Sandbade geschieht, außer wenn man längere Zeit
nach dem völligen Trockenwerden der Masse erhitzt. Daß es durchaus nöthig ist, die
Salpetersäure völlig auszutreiben, ist in allen analytischen Handbüchern erwähnt,
und zeigt sich in der Praxis fortwährend; die Bestimmung durch Fällung mit
Chlorbaryum liefert sonst viel zu hohe Resultate. Selbst Chlorbaryum hängt
bekanntlich dem schwefelsauren Baryt sehr hartnäckig an, wie man schon daran sieht,
daß der geglühte Niederschlag meist etwas zusammenbackend erscheint; aber diese
Fehlerquelle durch Auswaschen, Trocknen und Wiederglühen zu beseitigen, ist in der
Regel unnöthig, da Genauigkeit bis auf 1/4 Proc. zureicht. Man sieht, daß ich
überall nur die Fällung als schwefelsauren Baryt in Aussicht nehme, nicht irgend
eine volumetrische Methode zur Bestimmung der Schwefelsäure. Alle die letzteren
lassen sehr viel zu wünschen übrig, und wenn man einmal die unangenehme Arbeit des
Aufschließens mit Säure gehabt hat, so ist es schon der Mühe werth eine genaue
Schwefelbestimmungs-Methode anzuwenden. Ich kann dabei auf das Entschiedenste
anrathen, zum Filtriren immer das dichte schwedische Filtrirpapier anzuwenden,
welches heiß gefällten schwefelsauren Baryt nie durchläßt, selbst wenn die
Flüssigkeit noch ganz trüb ist. Dieses Papier filtrirt aber ungemein langsam; und
ich bediene mich daher immer des, wenn ich nicht irre, von Dr. Piccard angegebenen Verlängerungsrohres zum Trichter (s.
nebenstehende Figur), welches als Aspirator wirkt, und namentlich heiße
Flüssigkeiten mit überraschender Schnelligkeit ablaufen macht. Wenn man die Länge
unter der Biegung mehr als 8 Zoll nimmt, kann das Filter leicht reißen, namentlich
beim Filtriren concentrirter saurer oder alkalischer Flüssigkeiten.
Textabbildung Bd. 186, S. 209
Das kleine Instrument verdient die allgemeinste Einführung in chemischen
Laboratorien.
Wenn der Schwefelkies Blei enthält, so findet sich dieses im Rückstande als
Sulfat vor; indessen braucht man bei technischen Bestimmungen auf die so
gebundene Schwefelsäure keine Rücksicht zu nehmen, weil sie eben auch nicht mit
bezahlt werden soll. Im Gegentheil, wenn der Kies erheblichere Mengen (mehrere
Procente) Zink enthält, so wird von manchen Fabriken auch eine diesem
entsprechende Menge Schwefel von dem bei der Analyse gefundenen abgezogen, weil
der mit dem Zink verbundene Schwefel beim Rösten fast gar nicht zu Gute kommt,
in Folge der Schwerzersetzbarkeit des schwefelsauren Zinks. Dieser Fall tritt
jedoch nur bei kupferhaltigen Kiesen ein, welche dann nach den üblichen Regeln
der Mineralanalyse geprüft werden. Meist stellt man nur noch eine Kupferbestimmung an. Für diese empfiehlt sich da, wo
sie oft vorzunehmen ist, am meisten die Maaßanalyse mit Cyankalium, dagegen wo
sie nur hin und wieder vorkommt, die Fällung von metallischem Kupfer durch Zink.
Man beachte für letztere, daß durchaus keine Salpetersäure in der Lösung
vorhanden seyn darf, sonst ist die Fällung des Kupfers selbst bei großem
Ueberschusse an Zink und langer Einwirkung unvollständig.
3) Chilisalpeter. – Gewöhnlich vermeidet man die
umständliche Bestimmung der Salpetersäure, und ermittelt statt dessen die Menge der
fremden Bestandtheile: Wasser, unlöslichen Rückstand, Chlornatrium und
schwefelsaures Natron. Man trocknet z.B. 10 Gramme in der tarirten Porzellanschale
und wiegt zurück; löst dann in einem bis zu einer Marke 200 Kubikcentimeter
fassenden Kolben auf, und nimmt für jede Probe 20 oder auch 40 K. C. mit einer
Pipette heraus, entsprechend 1 oder 2 Grammen Substanz. Die Chlorbestimmung
geschieht natürlich durch Silbernitrat, mit chromsaurem Kali als Indicator; die
Schwefelsäure (deren Menge meist äußerst gering ist) schätze ich durch den Grad der
Trübung mit Chlorbaryum in der bei der rohen Soda näher zu beschreibenden Weise.
Sollten sich größere Mengen Schwefelsäure zeigen, was auf Verfälschung deutet, so
lohnt es sich, sie gewichtsanalytisch zu bestimmen. Den auf dem Filter bleibenden Rückstand
bestimmt man durch Trocknen bei 100° C. oder auch durch Glühen, da er
hauptsächlich aus Sand besteht; er soll nur sehr gering seyn. Die Gesammtmenge aller
fremden Bestandtheile, inclusive der Feuchtigkeit, bezeichnet man in England als Refractionsgrade. Ein Chilisalpeter von 3 1/2 Graden
Refraction enthält also 96 1/2 Procent reines salpetersaures Natron.
4) Kochsalz. – Dasselbe kommt meist von bestimmten
Localitäten und seine Qualität ist demnach in der Regel bekannt. Hin und wieder wird
eine Feuchtigkeits-, bei Steinsalz eine Gypsbestimmung nothwendig.
Selbstredend kann man mit aller Leichtigkeit das Chlor durch Silber volumetrisch
bestimmen. Um nicht zu viel Silberlösung zu gebrauchen, löst man z.B. 10 Gramme im
200 Kubikcentimeter-Kolben und nimmt mit der Pipette 5 K. C. heraus, welche
1/4 Gramm Substanz entsprechen. Zuweilen wird eine Prüfung auf Salpetersäure
nothwendig, wenn man vermuthet, daß man mit dem Abfallsalze von Salpeterfabriken zu
thun hat.
5) Kalkstein oder Kreide. – Auch diese kommen meist
von bekannten Localitäten und brauchen nicht häufig untersucht zu werden. Sie sollen
nicht viel Magnesia, und nur sehr wenig Eisen und Kieselsäure enthalten. Der für
Chlorkalk zu verwendende Kalkstein muß sich in Säure fast ganz klar auflösen, gar
keinen sandigen Rückstand geben, nur eine ganz schwache Reaction auf Eisen zeigen,
und nach der Ausfällung des Kalkes durch oxalsaures Ammon, beim Versetzen mit
phosphorsaurem Natron nur ganz wenig oder gar keine Magnesia zeigen. Er muß sich
nach dem Brennen zu einem fetten, völlig rein weißen Kalkbrei löschen. Beim
Abschaben des ungebrannten Steines mit dem Messer darf man keinen Grand fühlen.
6) Kohle (zur Sodamischung). – Sie wird nur auf
ihren Aschengehalt untersucht, was am besten durch Verbrennen in einer Muffel
geschieht, wenn man eine solche zu Gebote stehen hat.
7) Braunstein. – Bei diesem kommt es auf die
Bestimmung der Feuchtigkeit, des Mangansuperoxydes (oder vielmehr des als solches
berechneten activen Sauerstoffes) und der Kohlensäure an. Die Feuchtigkeit wird in
der Regel bei 110–115° C. bestimmt; manche jedoch wenden nur die Hitze
eines Wasserbades, also nicht ganz 100° C. an. Zur Erhitzung auf
110–115° empfiehlt sich sehr die von Fresenius angegebene Trockenscheibe; in Ermangelung einer solchen nimmt
man sie in den: gewöhnlichen, kastenförmigen Luftbade vor. Erst wenn zwei Wägungen
übereinstimmen, kann man seiner Sache gewiß seyn. Man muß zur Wasserbestimmung ein
Muster der Substanz, wie man sie erhält, anwenden, weil sie während des
Pulverisirens an Feuchtigkeit verlieren kann, je nach ihrem Zustande. Ich habe schon Braunstein
mit mehr als 20 Proc. Wasser in den Händen gehabt; dieß kommt natürlich nur bei Mulm
vor, welcher längeren Regengüssen ausgesetzt war und in einen beinahe schlammigen
Zustand übergegangen ist.
Von den vielen Methoden zur Bestimmung des Mangansuperoxydes kann ich zwei am meisten
empfehlen, welche ich regelmäßig nebeneinander anwende, nämlich die Fresenius-Will'sche mit Oxalsäure und die Bunsen'sche mit Salzsäure und Jodkalium. Obwohl man gegen
die erstere einwendet, daß die große Glasoberfläche die Wägung ungenau macht, so
findet man doch in der Praxis sehr gute Uebereinstimmung, wenn man immer völlig abkühlen läßt, und am besten zuletzt einige Zeit
im Glasgehäuse der Waage läßt; auch müssen die Korke mit Wachs oder Paraffin
getränkt seyn. Ich verwerfe, mit Mohr, alle complicirten Apparate und wende den von
ihm auf Seite 495 seines Lehrbuches der Titrirmethode beschriebenen und abgebildeten
Apparat an, welcher sich mit größter Leichtigkeit und so gut wie kostenlos
herstellen läßt, und welchen ich in jeder Beziehung praktisch bewährt gefunden habe.
Mohr's Apparat hat den besonderen Vorzug, daß man
damit zugleich eine Kohlensäurebestimmung in derselben Operation machen kann, wenn
man in folgender Weise verfährt. Man wägt zuerst den mit Säure beschickten Apparat
für sich, schüttet dann die abgewogene Menge (2,97 Gramme) Braunstein hinein und
verschließt sofort. Wenn kein Aufbrausen erfolgt, so kann man sofort weitergehen; im
anderen Falle erwärmt man gelinde zur Austreibung der Kohlensäure, läßt erkalten,
saugt Luft durch den Apparat und wägt zurück; der Gewichtsverlust gibt die
Kohlensäure. Dann schüttet man, je nach der Stärke des Braunsteins, 4 oder 5 Gramme
Oxalsäure in den Apparat und vollendet die Bestimmung wie gewöhnlich. Die mit diesem
Verfahren erhaltenen Zahlen für Superoxyd sind regelmäßig etwas niedriger, etwa um
1/2 Procent, als die nach dem Bunsen'schen Verfahren
gefundenen, selbst wenn man die nöthige Correction bei letzterem anbringt. Ich finde
nämlich, daß an und für sich das Verfahren der Austreibung des Chlors und Auffangung
in Jod nicht so absolut richtige Zahlen gibt, wie man gewöhnlich annimmt. Selbst
wenn das verwendete Jodkalium und die Salzsäure vollkommen rein sind, d.h. beim
Vermischen in der Kälte einige Zeit lang farblos bleiben, so wird doch etwas Jod
ausgeschieden, wenn man die Säure in dem Bunsen'schen
Apparate längere Zeit kocht und den Dampf in Jodkaliumlösung condensiren läßt, wie
es ja bei der Analyse von Braunstein auch geschehen muß. Man findet, daß einige
Tropfen Hyposulfit-Lösung nöthig sind, um die Jodkaliumlösung in der Vorlage
farblos zu machen. Es
ist also durchaus nothwendig, einen Vorversuch mit den Materialien zu machen, indem
man etwa die gleiche Menge Salzsäure, wie man sie bei der wirklichen
Braunsteinanalyse gebraucht, im Probeapparate einige Minuten kocht, auch ungefähr so
lange als es beim Braunstein nöthig ist, und das in der Vorlage ausgeschiedene Jod
mit Normal-Hyposulfitlösung mißt; die erhaltene Zahl zieht man dann jedesmal
bei der Analyse von Braunstein nach dieser Methode ab. Selbstredend ist es besser,
zwei oder drei solcher Vorversuche zu machen und das Mittel zu nehmen. Was die Form
des Apparates betrifft, so ist die von Mohr angegebene (Seite 237 seines
Titrirbuches) einfache Modification sehr zweckmäßig. Nur die Verbindung zwischen
Kolben und Gasrohr durch einen Kork kann ich nicht empfehlen; nimmt man den Kork wie
er ist, so wird er durch das Chlor angegriffen, und tränkt man ihn mit Paraffin, so
schmilzt dieses bei der zuletzt eintretenden Siedehitze der Säure und wird
theilweise in die Vorlage übergerissen; außerdem wird dann sehr leicht der Kork im
Kolbenhalse so schlüpfrig, daß er den ziemlich großen Flüssigkeitsdruck im
Absorptionsrohr nicht ertragen kann und hinausgeblasen wird. Ich verenge also den
Hals des (aus einem gewöhnlichen Probirrohre geblasenen) Kochkölbchens so weit, daß
man ein Stückchen Kautschukrohr sowohl darüber als über das Gasrohr dicht schließend
streifen kann. (Siehe beistehende Figur.)
Textabbildung Bd. 186, S. 212
Man füllt dann den Braunstein in den Zersetzungskolben
entweder durch einen Trichter, und spült das etwa Hängengebliebene mit Salzsäure
nach, oder man biegt sich ein Wiegeschiffchen aus Weißblech oder Messingblech so,
daß dasselbe vorn in einer Röhre ausläuft, welche man ganz in den verengerten
Kolbenhals einführen kann.
Die Bestimmung der Kohlensäure im Braunstein ist in neuester Zeit noch wichtiger
geworden als früher, weil jetzt mehr kalkspathhaltige Sorten in den Handel kommen.
Ich begegnete einmal einer solchen mit 25 Procent kohlensaurem Kalk. Natürlich
verdirbt ein irgend höherer Gehalt des Braunsteins an kohlensauren Salzen den
Chlorkalk, zu dessen Darstellung er verwendet wird; man läßt z.B. in Nordengland nur
ein Maximum von 1 Procent Kohlensäure für tadellose Waare gelten. Freilich kann man
die kohlensauren Erden durch verdünnte Säuren entfernen, aber bei größerem Gehalte
daran kaum vollständig, ohne schon Superoxyd zu verlieren, und häufig überhaupt
nicht, ohne den Braunstein fein zu mahlen und dadurch sehr im Werthe zu verringern.
Größere Mengen von Kohlensäure bestimmt man am besten in der oben beschriebenen
Weise zugleich mit der Operation der Superoxydbestimmung; kleinere Mengen, wenn man
sicher gehen will, treibt man am besten in einem besonderen Apparate, z.B. in dem
bei Mohr S. 95 abgebildeten, aus, welcher die Auffangung
in Ammoniak gestattet, worauf man die Kohlensäure dann durch Kochen mit Chlorcalcium
niederschlägt und mit Normalsalpetersäure alkalimetrisch bestimmt. Spuren von
Kohlensäure erkennt man sicher, wenn man den Braunstein in einem Uhrglase mit Wasser
anrührt bis sämmtliche anhängende Luftblasen ausgetrieben sind, dann Säure zusetzt
und die Oberfläche der Flüssigkeit von der Seite her betrachtet; die Kohlensäure
zeigt sich durch eine prickelnde Gasentwickelung, welche eine Verwechslung mit
Luftblasen gar nicht zuläßt.
Wenn man zwischen den zwei angegebenen Methoden noch eine engere Wahl treffen wollte,
so würde ich unbedingt die Fresenius-Will'sche empfehlen, welche geringere Geschicklichkeit
verlangt, unabhängig von Maaßflüssigkeiten ist, mit größeren Quantitäten arbeitet
und zugleich die Bestimmung der Kohlensäure gestattet, wenn man, wie oben angegeben,
verfährt. Bei Einhaltung der Vorsichtsmaßregeln stimmen zwei Analysen immer
mindestens auf 1/10 Procent überein. Es verdient Erwähnung, daß manche englische
Handels-Analytiker das Aequivalent des Mangansuperoxyds = 44 annehmen, also
gleich dem Gewichte der entweichenden Kohlensäure; dieß ist zu berücksichtigen, wenn
die Analysen desselben Braunsteins, z.B. aus Wiesbaden und aus Newcastle, verglichen
werden.
II. Endproducte der
Sodafabrication.
Wenn Schwefelsäure und Salzsäure als Handelsproducte in einer Fabrik dargestellt
werden, so kommt es in der Regel nur auf ihre Stärke an, welche ausschließlich durch
ihr specifisches Gewicht nach den bekannten Tabellen ermittelt wird. In einzelnen
Fällen wird jedoch mehr verlangt.
1) Die Schwefelsäure muß für manche Zwecke arsenfrei seyn,
was sich im Großbetriebe nur dadurch erreichen läßt, daß man sie nicht aus
Schwefelkies, sondern aus Schwefel darstellt; man unterscheidet z.B. in England
zwischen pyrites acid (Säure aus Kies) und brimstone acid (Säure aus Schwefel), welche letztere
theurer ist. Eine Prüfung auf Arsen in der Fabrik ist nicht oft nöthig, weil man
schon nach der Darstellungsweise weiß, woran man ist.
Im Fabrikbetrieb selbst muß man sich häufig davon überzeugen, ob die Säure Stickstoffverbindungen enthält; am sichersten geschieht
das durch Eingießen von Eisenvitriollösung (unter der bekannten Vorsicht, daß sich
die Flüssigkeiten nur allmählich mischen), wo dann der geringste Gehalt an den
Säuren des Stickstoffes durch einen dunklen Ring verrathen wird. Indigsolution ist
nicht zuverlässig, weil ihre Entfärbung ebenso gut durch schweflige Säure veranlaßt
werden kann; dagegen kann sie, wenn einmal die Anwesenheit von
Stickstoffverbindungen sich erweisen läßt, leicht als Maaß für dieselben dienen,
indem man eine gemessene Menge der zu prüfenden Schwefelsäure mit Indigsolution von
bekanntem Wirkungswerthe aus einer Bürette bis zur Bläuung versetzt.
Wichtiger ist die Ermittelung der Menge der fabricirten
Schwefelsäure, welche zwar eigentlich keine analytische Arbeit ist, aber
doch häufig dem Chemiker zufällt, da sie Berechnungen erfordert, welche ein Arbeiter
nicht übernehmen kann. Man pflegt, um sich vom Gange der Fabrication zu überzeugen,
in bestimmten Zwischenräumen, z.B. jede Woche, in manchen Fabriken selbst täglich,
den Flüssigkeitsstand in jeder Kammer und die Stärke der Säure in derselben zu
ermitteln und darnach die vorhandene Menge der Säure zu berechnen, gewöhnlich
zurückgeführt auf eine Säure von bestimmter Stärke. Als solche NormalsäureMan wird das wohl nicht mit der für volumetrische Analysen gebräuchlichen
Säure verwechseln.. empfiehlt sich Säure von 66° Baumé; in Fabriken jedoch,
welche keine solche machen, sondern z.B. sämmtliche Säure zur Sulfatfabrication
verbrauchen, nimmt man noch besser eine Säure von 60° Baumé als
Grundlage an. Wenn man die Länge und Breite der Kammer kennt, so ermittelt man
zuerst das Volumen der Säure in Kubikfuß, Liter, Quart u. dgl., am besten natürlich
in Litern, multiplicirt mit dem spec.
Gewichte, wodurch man das wahre Gewicht der Säure erfährt, und berechnet schließlich,
wie viel Normalsäure (sey es 66grädige oder 60grädige) sie entspricht. Solche
Berechnungen sind aber sehr langwierig, und es ist entschieden zu empfehlen, sie
sich durch Tabellen zu erleichtern. Zunächst fertige man sich eine Tabelle an,
welche für jede Kammer angibt, wie viel Liter sie auf 1/8, 1/4, 1/2, 1 etc.
enthält.
Der Consequenz wegen mag man auch hier Metermaaß anwenden, doch kommt es darauf gar
nicht an. Dann consultire man eine Tabelle, welche zeigt mit welcher Zahl man die
gefundene Anzahl von Litern multipliren muß, um das Aequivalent an Normalsäure zu
ermitteln. Dafür reicht eine einzige Verhältnißzahl für jedes einzelne specifische
Gewicht hin. Meist wendet man jedoch Baumé'sche Aräometer an; man kann dann
ebensogut eine Tabelle aufstellen, welche für jeden Grad Baumé sofort die
Zahl zeigt, mit der man das Volumen Säure in Litern
multipliciren muß, um es auf sein äquivalentes Gewicht
Normalsäure in Kilogrammen zu reduciren. Dabei erfährt man allerdings
nicht, welches absolute Gewicht verdünnterer Säure man wirklich hat, sondern nur,
welches Gewicht Normalsäure man daraus erhalten würde,
aber in der Regel ist dieß das einzig Nothwendige. Ich habe eine solche Tabelle
berechnet, welche ich folgen lasse und deren Gebrauch wohl ohne Weiteres
verständlich seyn wird, ich gebe sie im Folgenden wieder. Sie enthält die
Verhältnißzahlen sowohl für Normalsäure von 60° als von 66°
Baumé. Erstere ist dabei zu 78 Proc., und letztere zu 92 Proc. an reinem
Schwefelsäurehydrat angenommen.
GradBaumé.
Factorfür60° Säure.
Factorfür66° Säure.
GradBaumé.
Factorfür60° Säure
Factorfür66° Säure.
GradBaumé.
Factorfür60° Säure.
Factorfür66° Säure.
20
0,330
0,280
35
0,706
0,596
50
1,233
1,041
21
0,352
0,287
36
0,734
0,619
51
1,280
1,070
22
0,378
0,316
37
0,770
0,649
52
1,319
1,113
23
0,396
0,335
38
0,798
0,674
53
1,363
1,151
24
0,418
0,353
39
0,829
0,700
54
1,410
1,188
25
0,442
0,374
40
0,863
0,723
55
1,460
1,232
26
0,463
0,391
41
0,897
0,758
56
1,509
1,275
27
0,488
0,414
42
0,929
0,784
57
1,563
1,321
28
0,512
0,433
43
0,970
0,818
58
1,616
1,365
29
0,538
0,453
44
1,001
0,845
59
1,670
1,400
30
0,563
0,477
45
1,034
0,885
60
1,714
1,452
31
0,589
0,498
46
1,075
0,907
61
1,782
1,502
32
0,622
0,525
47
1,114
0,940
62
1,853
2 566
33
0,648
0,545
48
1,172
0,973
63
1,922
1,622
34
0,677
0,572
49
1,196
1,010
64
2,000
1,701
65
2,100
1,773
Also ich finde z.B. 24350 Liter Säure von 49° Baumé; dieß entspricht
nach obiger Tabelle 24350 × 1,196 = 29123 Kilogr. oder 582,46 Zollcentner
Säure von 60° Baumé.
Von sehr großem Nutzen ist es auch, wenn man in den Schwefelsäurekammern folgende
Einrichtung anbringt:
Man läßt eine ganz flache Bleischale (noch besser ist Glas) von bestimmter Oberfläche
anfertigen, z.B. genau 1 Quadratfuß, und stellt diese in der Kammer nahe an einer
Wand, aber nicht unmittelbar dieselbe berührend, so hoch auf, daß sie immer über dem
Säurespiegel bleibt. Man kann z.B. drei oder vier Stücke Bleiröhren als Füße
anlöthen lassen. Aus dieser Schale führt ein schwanenhalsförmiges Bleirohr durch die
Kammerwand, gasdicht eingelöthet, hindurch, und biegt sich außen ein wenig nach
abwärts. Alle Säure nun, welche sich gerade über dieser Stelle condensirt und in die
Schale hineinfällt (hineinregnet), fließt nach außen ab, während die
schwanenhalsförmige Biegung das Gas zurück hält. Da man das Verhältniß zwischen der
Oberfläche der Schale und derjenigen der Kammer kennt, so kann man aus dem Volumen
der abfließenden Säure berechnen, wie viel in der ganzen Kammer gemacht worden ist,
seitdem man das untergestellte Gefäß zuletzt geleert hatte, und zugleich erfährt man
die Stärke dieser Säure. Nach beiden Angaben hat man dann die Dampfzufuhr zu
reguliren. Völlig genau zeigen natürlich solche Regenmesser nicht an, wie viel Säure
in der ganzen Kammer entstanden ist, weil die Condensation an verschiedenen Stellen
nicht absolut gleich ist; aber ihre Angaben sind ungemein werthvoll, weil sie das
Verhältniß von Tag zu Tag, oder wie oft man will,
angeben. Es braucht kaum bemerkt zu werden, daß man auch hier durch Tabellen viele
Rechnereien ersparen sollte; noch einfacher ist es, die Säure aus den Regenmessern
gleich in Maaßgefäße (z.B. von Blei) ausfließen zu lassen, welche die Zahl von
Litern in der Kammer unmittelbar zeigen.
2) Salzsäure. – Ihre Stärke wird stets durch das
Aräometer ermittelt; das in England gebräuchliche von Twaddell, dessen Grade immer um 1,005 spec. Gew. fortschreiten, hat in
diesem speciellen Falle die Annehmlichkeit, daß seine Grade fast genau die Procente
an salzsaurem Gas in der Lösung anzeigen. – Für manche Zwecke muß die
Salzsäure arsenfrei seyn, was man wie bei der Schwefelsäure ermittelt; für andere
frei von Schwefelsäure bis auf 1/2, 1/4 oder selbst 1/16 Proc. Ob sie das ist, kann
man sehr leicht und schnell in folgender Art prüfen. Man bereitet in drei
Probirröhren von gleicher Weite Lösungen, welche je 1/2, 1/4 und 1/16 Procent
Schwefelsäure enthalten, was man mit Hülfe der Titrir-Normalsäure leicht erreichen kann; zu
diesen setzt man einige Tropfen Chlorbaryumlösung und verkorkt die Röhren gut, oder
schmilzt sie noch besser zu. Sie können z.B. jede 20 Kubikcentimeter Flüssigkeit
enthalten. Man bewahrt sie in einem Gestell neben einer vierten, gleichweiten, aber
offenen Röhre auf, an welcher die Stelle durch einen Feilstrich markirt ist, bis zu
der 20 K. C. Flüssigkeit gehen. Will man nun eine Salzsäure auf Schwefelsäure
prüfen, so gießt man sie in das letztere Probirrohr bis an den Feilstrich, setzt
einige Tropfen Chlorbaryumlösung zu und schüttelt um. Dann vergleicht man den Grad
der Trübung in ihr mit demjenigen in den drei geschlossenen Röhren, welche man
gleichfalls umgeschüttelt hat, und sieht, welchem sie am nächsten kommt. Diese so
roh scheinende Probe reicht doch für die Praxis in bei weitem den meisten Fällen
vollkommen aus; man wird sehen, daß ich mich einer ähnlichen bei der rohen Soda
bediene.
3) Chlorkalk. – Ich bediene mich zu dessen Prüfung
ausschließlich der Penot'schen Methode mit arsenigsaurem
Natron, mit Jodstärkepapier als Indicator, meist auch mit der Mohr'schen Modification der Zurücktitrirung mit Jodlösung. Die Wagner'sche Methode, mit unterschwefligsaurem Natron, ist
zwar ebenso genau, und gibt bei richtiger Ausführung mit der Penot'schen ganz übereinstimmende Resultate; aber es ist doch eine große
Annehmlichkeit, mit einer alkalischen Lösung arbeiten zu können, zumal da man bei
Wagner's Verfahren im Ansäuern vorsichtig seyn muß.
Auf der anderen Seite erkennt man bei Wagner's Verfahren
den Endpunkt mit größter Schärfe in der Flüssigkeit selbst, ohne weiteren Indicator.
Ich habe aber gefunden, daß man den Indicator des Penot'schen Verfahrens sehr vereinfachen kann. Wie Mohr richtig angibt, ist
feuchtes Jodkaliumstärkepapier an sich empfindlicher als trockenes, und außerdem
verdirbt das letztere sehr schnell. Es ist aber immerhin eine kleine Mühe, sich
feuchtes Papier jedesmal frisch zu bereiten. Ich finde nun, daß die auf feuchtem
Probirpapier (um es so kurz zu bezeichnen) entstandenen Jodflecke sehr schnell
verschwinden, wenn das Papier der Luft ausgesetzt bleibt, meist nach 24 Stunden,
wenn sie nicht sehr stark waren. Man kann also dasselbe Papier immer wieder
gebrauchen, und es wird durch das Probiren selbst immer feucht gehalten. In meinem
Laboratorium wird ein kreisförmiges Stück Probirpapier auf einem 3 Zoll Durchmesser
haltenden Porzellantiegel-Deckel ausgebreitet, seit mehr als drei Viertel
Jahren benutzt und hat schon zu mehreren hundert Chlorkalkbestimmungen gedient, ohne
anscheinend verschlechtert zu seyn, und ohne mehr Mühe zu verursachen, als daß man
es aus der, es vor Staub schützenden Schublade herausnehmen muß. – Die Wagner'sche Methode ist etwas kostspieliger durch den
Verbrauch an Jodkalium; zwar kann man nach Wagner
dieselbe Flüssigkeit drei- bis viermal verwenden, dieß wird aber in der
Praxis durch die große Verdünnung sehr erschwert oder unmöglich gemacht. Unter allen
Umständen empfiehlt es sich sehr, diese Methode hin und wieder neben der Penot'schen anzuwenden, um die Haltbarkeit der
Arsenlösung zu prüfen; ich habe gerade auf diesem Wege Mohr's Beobachtung vollkommen bestätigt gefunden, daß bei Anwendung
vollkommen reiner arseniger Säure und Soda die Lösung ihren Titer unbegrenzt lange
Zeit behält. Ich bewahre sie nicht einmal, wie man es vorgeschrieben findet, in
kleinen Flaschen auf, welche nicht lange vorhalten, sondern in einer zwei Liter
haltenden Flasche, und finde, daß der letzte Rest in dieser, unzähligemale
geöffneten Flasche immer noch unverändert ist. Dieselbe Haltbarkeit habe ich bei Mohr's Stärkelösung (mit Kochsalz gesättigt) gefunden,
welche ich gleichfalls in einer nur theilweis gefüllten Flasche seit Jahren
aufbewahre und noch immer brauchbar finde.
Merkwürdig ist es, daß von fast allen Fabriken und Handelsanalytikern Englands weder
Penot's, noch Wagner's,
sondern Graham-Otto's Verfahren angewendet wird.
Otto selbst empfiehlt dasselbe nur in den Fällen, wo
man bloß hin und wieder eine Chlorkalkbestimmung vorzunehmen hat, und es sich
deßhalb nicht lohnt Maaßflüssigkeiten anzufertigen. Die Prüfung erfordert viel mehr
Zeit und Mühe als die anderen Methoden und gibt nur bei sorgfältiger Ausführung
richtige Resultate; wenn der Endpunkt überschritten ist, kann man nicht, wie bei den
anderen Verfahren, mit Jodlösung zurückgehen, sondern muß von vorn anfangen u.s.f.
Dieß ist einer der Fälle, von welchen ich oben sprach, wo aus bloßem Schlendrian und
Unkenntniß der Analytiker eine Methode beibehalten wird, welche nicht nur weniger
genau als die neueren ist, sondern viel mehr Zeit, Geschicklichkeit und Mühe
erheischt. Man wundert sich freilich darüber weniger, wenn man in den Laboratorien
einiger der großartigsten chemischen Fabriken und einiger der allerbeschäftigtsten
Handelsanalytiker keine einzige Mohr'sche Bürette und nur
eine oder zwei der altmodischen Schnabelbüretten von Binks gesehen hat.
In England wird jetzt aller Chlorkalk im Handel mit einer Minimalgarantie an
bleichendem Chlor verkauft, und in guten Fabriken bringt man ihn in der Regel mit 37
bis 39 Procent aus den Kammern, wie ich aus langer Erfahrung bezeugen kann. Es
scheint mir nicht unnöthig dieß zu erwähnen, da in der letzten Auflage des
ausgezeichneten Graham -Otto'schen Lehrbuches (Abth. II, Bd. II
S. 534) die Formel von Fresenius als wahrscheinlich
angeführt ist, nach welcher der Chlorkalk nicht mehr als 32 Procent enthalten kann, und außerdem eine Aeußerung von Graham citirt ist, nach welcher sich zwar ein Präparat
von 40 Procent darstellen lasse, aber unter Umständen wie sie in der Praxis nicht
vorkommen. Ich muß dagegen bemerken, daß ich viele Tonnen Chlorkalk von 40 Proc.
bleichendem Chlor in den Handel habe gehen lassen. Absichtlich macht man ihn zwar
nicht so stark, weil dieß schon die äußerste Grenze ist, bis zu der man gehen kann;
versucht man weiter zu gehen, so entsteht chlorsaurer Kalk, und die chlorometrische
Probe zeigt dann nur 20 bis 25 Proc. Dieß tritt besonders leicht ein, wenn
Temperaturerhöhung und Feuchtigkeit zusammen wirken, z.B. im Sommer, und bei zu
starkem Einblasen von Dampf in die Chlorblasen. Aber eine Waare von 37 bis 39 Proc.
ist verhältnißmäßig ganz gut haltbar; nur muß man die Fässer nicht der Wärme
(Sonnenschein) oder Nässe aussetzen. Ich fand z.B. eine Waare, welche mit 37 Proc.
aus der Fabrik gegangen war, aber 48 Stunden unter öfteren Regengüssen auf dem
Ladeplatz gelegen hatte, nach dieser Zeit nur 38 Proc. stark, so daß sie
zurückgenommen werden mußte.
Unbegreiflich ist mir eine Behauptung Odling's (Graham-Otto, a. a. O. S. 537), daß man nicht
Chlorcalcium im Chlorkalk annehmen könne, weil dieser nicht zerfließlich sey.
Schlechter, viel freien Kalk enthaltender Chlorkalk ist es freilich nicht; aber
guter Chlorkalk wird, in kleinen Mengen der Luft ausgesetzt, schon nach Stunden
feucht und klebrig.
4) Glaubersalz (Sulfat). – Krystallisirtes
Glaubersalz bedarf keiner weiteren Prüfung als des Ansetzens; calcinirtes wird
verschieden geprüft, je nachdem es für den eigenen Verbrauch oder für den Verkauf
bestimmt ist. Im letzteren Falle wird meist ein bestimmter Procentsatz garantirt,
z.B. 95, 96, zuweilen selbst 98 Proc. an schwefelsaurem Natron. Der Gehalt an
letzterem wird jedoch selten direct bestimmt, sondern meist indirect durch
Bestimmung der Verunreinigungen, als welche freie Säure, Kochsalz, Eisen,
unlöslicher Rückstand und natürlich auch Wasser zu betrachten sind. Man wiegt 10
Gramme in einer tarirten Porzellanschale ab, calcinirt heftig, am besten unter
Zusatz von etwas kohlensaurem Ammoniak, und wiegt nach dem Erkalten wieder; der
Gewichtsverlust zeigt Wasser und freie Säure an. Dann löst man in warmem Wasser auf
und filtrirt in die 300 Kubikcentimeter-Flasche; den auf dem Filter
bleibenden Rückstand trocknet, glüht und wiegt man. Wenn man will, kann man auch das
Eisen bestimmen, welches durch die Calcination vollständig in Oxyd verwandelt und im
Rückstande enthalten seyn wird. Von dem Filtrate nimmt man 20 oder 40 K. C. (= 1
resp. 2 Grammen Substanz) heraus und bestimmt den Chlorgehalt mit Silberlösung und
chromsaurem Kali. – Wenn das Sulfat nur für den eigenen Gebrauch, zur
Sodafabrication, bestimmt ist, kann man einfacher verfahren und in sehr kurzer Zeit
zum Ziel kommen. Man löst 10 Gramme Sulfat, ohne nochmaliges Calciniren, in 200 K.
C. warmem Wasser, nimmt 20 K. C. heraus und neutralisirt die etwa vorhandene freie
Säure mit Normalnatronlauge: die verbrauchte Menge zeigt die freie Säure an, welche
man gewöhnlich als Schwefelsäure aufführt. Den Neutralisationspunkt kann man fast
ebenso scharf, wie mit Lackmustinktur, daran erkennen, daß die Flüssigkeit sich
gelblich färbt, von ausgeschiedenem Eisenoxydhydrat; wenn sie gleich anfangs beim
Auflösen so erscheint, so ist eben keine freie Säure vorhanden. Die Weglassung der
Lackmustinctur hat den Vorzug, daß man dieselbe Probe unmittelbar zur Titrirung mit
Silberlösung unter Zusatz von gelbem chromsaurem Kali gebrauchen kann. Hat man aber
Lackmuspapier angewendet, so kann man eine zweite Probe von 20 K. C. mit genau
derselben Menge Normalnatronlauge neutralisiren, welche man bei der ersten Probe
gebraucht hat, und dann die Silbertitrirung vornehmen; dieses Verfahren ist
natürlich viel einfacher als die Neutralisation mit Ammoniak unter Zuhülfenahme von
Lackmuspapier. Obwohl die Normalnatronlauge gewöhnlich etwas Kochsalz enthalten
wird, so ist doch dessen Menge in den wenigen zu verwendenden Tropfen so
unbedeutend, daß sie ohne allen merklichen Fehler vernachlässigt werden darf. Gutes
Glaubersalz zur Sodafabrication sollte höchstens 1 1/2 Proc. freie Säure (als SO³ berechnet) und 1 1/2 Proc. Kochsalz
enthalten; doch hat darin jede Fabrik ihre Eigenheiten, und in manchen, wo man nicht
auf hochgrädige Soda hinarbeitet, läßt man absichtlich mehr Salz darin.
Im englischen Handel kommt ein Artikel sehr häufig vor, welcher unter dem Namen Salt-cake geht; es ist das Product von
überschüssiger Schwefelsäure mit Kochsalz, nur in Cylindern erhitzt (zur Gewinnung
der Salzsäure), aber nicht in Calciniröfen geröstet; dieses Product enthält eine
große Menge freier Säure (als Bisulfat) und unzersetzten Kochsalzes. Ein ähnliches
Product ist der nitre-cake, der Rückstand von der
Salpetersäurefabrication und von der Zersetzung des Natronsalpeters in der
Schwefelsäurefabrication. Er enthält natürlich kein Kochsalz, aber immer viel freie
Säure (Schwefelsäure).
5) Calcinirte Soda. – Außer dem Gehalte an
kohlensaurem Natron wird bei der Soda meist nur auf die Farbe gesehen, welche
gewöhnlich hinreichende
Garantie für Reinheit gibt. Zuweilen wird direct stipulirt, daß sie kein
Schwefelnatrium enthalten solle, wohl auch kein caustisches Natron; auf ersteres
prüft man am sichersten durch Betupfung von Filtrirpapier, im Contact mit einer
alkalischen Bleizuckerlösung (Mohr), auf letzteres durch
Chlorbaryum im Ueberschuß, welches die alkalische Reaction ganz aufheben muß, wenn
kein caustisches Natron vorhanden ist. – Ueber das Titriren auf Alkali selbst
habe ich zweierlei zu bemerken, was den englischen Handelsgebrauch betrifft. Bei den
enormen Mengen Soda, welche noch immer von England nach Deutschland gehen, ist es
nöthig, daß die deutschen Chemiker genau wissen, in welcher Weise in den englischen
Fabriken und von den englischen Handels-Analytikern titrirt wird, weil durch
die Abweichungen in der Methode fortwährende Streitigkeiten zwischen dem Käufer und
Verkäufer entstehen. Zunächst ist es Gebrauch der analytischen Chemiker, auf deren
Urtheil sich die englischen Verkäufer zu berufen pflegen, die Sodalösung vor dem
Titriren zu filtriren; dieß entfernt den kohlensauren und kieselsauren Kalk und
zeigt die Grädigkeit ein wenig schwächer als ohne Filtrirung. Der Unterschied
beträgt meist etwa 1/2 Proc., steigt aber in manchen Fällen bis 2 Proc. Alkali, d.h.
NaO (bekanntlich wird die Soda in England nicht nach
Graden von kohlensaurem Natron, sondern von NaO
verkauft). Dieses Verfahren scheint ganz selbstverständlich; aber die englischen
Fabriken haben sich lange Zeit dagegen gesträubt, und erst in neuester Zeit haben
sich die meisten derselben der Filtrirung gefügt.
Dagegen ist es merkwürdigerweise fast ganz allgemein in England, das Aequivalent des
Natrons im Handel nicht = 31, sondern = 32 anzusetzen. Nicht nur die Fabriken,
sondern auch die oben erwähnten Handelsanalytiker gebrauchen dieses Aequivalent, und
alle Käufe und Verkäufe geschehen unter dieser Voraussetzung. Ein deutscher Chemiker
darf sich also nicht wundern, wenn eine von England als 52grädige bezogene Soda nur
50 1/2 Procent NaO zeigt; sie ist dann vollkommen
richtig im Sinne des englischen Handels, und der Bericht der Londoner, Liverpooler
und Newcastler Analytiker wird auf 52 Proc. lauten. Vielleicht darf ich mir
schmeicheln, daß diese Zeilen manchen Streitigkeiten zwischen deutschen Käufern und
englischen Verkäufern in Zukunft vorbeugen werden; manche deutsche Chemiker mögen
wohl vom obigen Gebrauche Kenntniß haben, aber die Mehrzahl gewiß nicht. Wer mit
England handelt, muß eben wissen, was man dort unter Graden versteht. Im Uebrigen
ist es wohl ziemlich allgemein bekannt, daß die englischen Grade nicht kohlensaures
Natron, sondern NaO bedeuten.
6) Caustische Soda. – Die Prüfung auf den
Alkaligehalt geschieht genau wie bei der calcinirten Soda. In manchen Fällen wird ausdrücklich verlangt,
daß sie nicht über ein Minimum, z.B. 2 Procent kohlensaures Natron enthalte. Der
Kohlensäuregehalt kann dann durch Zusatz von Chlorbaryum, Auswaschen des
kohlensauren Baryts und Titriren des letzteren mit Normalsalpetersäure bestimmt
werden. Das Freiseyn von Eisen erkennt man schon an der Farbe. In guter caustischer
Soda werden auch nur Spuren von schwefelsaurem Natron vorkommen; Chlornatrium ist
immer darin. Schwefelnatrium kann vorkommen, wenn nicht genug Salpeter angewendet
worden war; es wird wie in der rohen Soda bestimmt, ebenso unterschwefligsaures
Natron. Sehr häufig ist ein Gehalt an Thonerde (Natronaluminat), welche sich beim
unvollkommenen Sättigen mit Säure ausscheidet.
7) Doppelt-kohlensaures Natron (Bicarbonat).
– Man bestimmt in diesem hauptsächlich die Kohlensäure, auch wohl den
Alkaligehalt, was ganz wie oben geschieht. Die Kohlensäurebestimmung wird häufig in
dem Fresenius-Will'schen Apparate oder einer von
dessen Modificationen vorgenommen; ebensogut ist es das Bicarbonat in kaltem Wasser
aufzulösen, mit Ammoniak und Chlorcalciumlösung zu versetzen und zu kochen, um dann
den kohlensauren Kalk alkalimetrisch zu bestimmen.
III. Zwischen- und Abfallproducte
der Sodafabrication.
Die Untersuchung dieser geschieht nicht für directe Handelszwecke, sondern um sich
von dem richtigen Gange der Fabrik zu überzeugen und Verlusten vorzubeugen.
Vorzugsweise sind hier schnell fördernde Methoden am Orte und genaueren, aber
langwierigeren vorzuziehen. In vielen, besonders englischen Fabriken gehören
Schwefelsäure, Salzsäure und Glaubersalz zu den Zwischenproducten, da sie nur
gelegentlich in den Handel kommen; von diesen ist schon oben die Rede gewesen.
1) Rohe Soda. – Man wägt 10 Gramme derselben, fein
gepulvert, in eine Flasche, welche bis zu einer Marke 205 Kubikcentimeter enthält,
wovon 5 K. C. dem Volumen der rohen Soda entsprechen. Das Lösungswasser
(destillirtes) muß etwa blutwarm genommen werden, ganz wie es auch bei der Arbeit im
Großen erforderlich ist. Es genügt, eine Viertelstunde lang zu schütteln, um alle
löslichen Bestandtheile der rohen Soda an das Wasser zu übertragen. Da man jeden Tag
mehrere, häufig sehr viele Proben dieser Art machen muß, so ist es am besten, zum
Schütteln eine kleine Maschine anzuwenden, in welcher eine ganze Anzahl Flaschen auf
einmal behandelt werden können. Nach hinreichendem Schütteln füllt man bis zur Marke
auf und läßt absetzen, was in kurzer Zeit geschieht. Dann gießt man die klare
Flüssigkeit ab, und verwendet je 20 K. C. (= 1 Grm. Substanz) oder nach Befund mehr
zu den folgenden Proben. Auf kohlensaures Natron braucht man eigentlich nur selten
zu probiren, noch seltener auf caustisches, außer zu bestimmten Zwecken; will man es
thun, so ist es beim Titriren am bequemsten mit Normalsäure zu übersättigen, dann
erst Lackmustinctur zuzusetzen und mit Normallauge blau zu titriren; bei directer
Titrirung wirkt der Schwefelwasserstoff zerstörend auf den Lackmusfarbstoff ein.
Meist aber kann man sich begnügen auf Schwefelnatrium und schwefelsaures Natron zu
probiren; unterschwefligsaures Natron kommt in frischer roher Soda gar nicht oder
nur spurweise vor. Zur Prüfung auf Schwefelnatrium fand ich am bequemsten eine
ammoniakalische Lösung von Zinknitrat, und führe sie ganz so aus, wie es bei Mohr S. 379 beschrieben ist, durch Betupfung auf
Filtrirpapier neben einem Tropfen alkalischer Bleilösung. Je 1/4 K. C. der
Zinklösung entspricht dann 0,1 Proc. (ganz genau nur 0,0975) NaS, wenn man 20 K. C. der nach obiger Vorschrift bereiteten rohen Soda
angewendet hat. Mehr als 1/2 Proc. NaS sollte sie unter
keinen Umständen enthalten, und verräth es dann dem geübten Auge schon durch ihre
röthliche Färbung.
Noch wichtiger ist die Prüfung auf schwefelsaures Natron, zumal da dieses sich nicht
durch die Färbung verräth. Sie kann äußerst schnell in folgender Weise geschehen.
Man bringt auf einem Reagensglase eine Marke für 10 und für 20 K. C. (noch besser,
wenn es lang genug ist, für 20 und 30 K. C.) an. Bis zur ersten Marke füllt man mit
der Lösung der rohen Soda, übersättigt sie mit reiner Salzsäure, setzt etwas
Chlorbaryumlösung zu und füllt mit Wasser bis zur zweiten Marke auf. Wenn die rohe
Soda ganz gut war, so wird gar keine Trübung entstehen; doch hat auch eine ganz
unbedeutende Trübung nichts zu sagen. Ist aber der Niederschlag erheblicher, so
vergleicht man ihn mit dem in drei verschlossenen Proberöhren, welche z.B. 1, 2 und
4 Milligramme schwefelsaures Natron mit Salzsäure und Chlorbaryum versetzt in 20
(resp. 30) K. C. Flüssigkeit enthalten. Letztere Proberöhren muß man natürlich vor
jedem Gebrauche aufschütteln. Sollte die Trübung in der zu untersuchenden
Flüssigkeit aber stärker als selbst in der Röhre mit 0,004 Grm. seyn, so verdünnt
man sie, bis sie einer der drei Röhren entspricht, mißt das Volumen, bis zu welchem
man sie hat verdünnen, müssen, und erfährt so in roher, aber für die Praxis
vollkommen ausreichender Weise den Gehalt an schwefelsaurem Natron in der rohen
Soda. Die Methode, deren Analogon schon bei der Salzsäure erwähnt wurde, ist, wie man sieht, ganz
den colorimetrischen für Kupfer nachgebildet und kaum viel ungenauer als diese.
2) Sodarohlauge und Mutterlauge. – Im gewöhnlichen
Gange der Fabrication genügt es, sich von deren Concentration und dem Gehalte an
Schwefelnatrium resp. unterschwefligsaurem Natron zu überzeugen. Eine vollständigere
Analyse kann man nach dem von Mohr S. 424 gegebenen
Verfahren anstellen. Wenn die Mutterlauge zur Fabrication von caustischer Soda
verwendet werden soll, so ist es natürlich von Wichtigkeit das Verhältniß zwischen
caustischem und kohlensaurem Natron festzustellen, was nach dem bekannten Verfahren
mit Chlorbaryum geschieht. Am geschwindesten kommt man zum Ziele, wenn man ein
gemessenes Volumen Lauge heiß mit Chlorbaryum fällt, in einem hohen Stöpselcylinder
bis zur Marke verdünnt, und nach dem bald erfolgenden Absetzen die Hälfte zur
Titrirung mit Normalsalpetersäure abgießt oder pipettirt.
3) Sodarückstand. – Die vollständige Analyse
desselben ist eine sehr umständliche und zeitraubende, auch nur einem geübten
Chemiker zu überlassende Arbeit. In der Fabrication kommt es nur darauf an zu
ermitteln, ob alle Soda bis auf einen ganz unbedeutenden Rest ausgezogen ist. Man
erkennt dieß von ungefähr schon am Ansehen, wenigstens bei dem in England ganz
allgemeinen Auslaugen mit ruhender Masse und circulirender Flüssigkeit; die großen
Stücke zerfallen dabei in kleine, höchstens erbsengroße Stückchen. Wenn man in dem
Haufen viele Stücke von Nuß- oder gar Faustgröße sieht, und namentlich wenn
diese beim Auseinanderbrechen einen verhältnißmäßig trockenen Kern zeigen, so muß
man sein Augenmerk hauptsächlich auf diese richten. Zur Prüfung muß man hier eine
etwas größere Menge, z.B. 50 Gramme nehmen. Man schüttle sie dann mit lauwarmem
Wasser in einer Literflasche etwa 1/4 Stunde lang, fülle bis zur Marke, lasse
absetzen, und pipettire 100 K. C. (= 5 Grammen) heraus. Wenn diese bei der
alkalimetrischen Prüfung einen erwähnenswerthen Gehalt an Soda zu zeigen scheinen,
z.B. 1/2 Procent, so ermittelt man, wie viel davon auf Rechnung von löslichem
Schwefelnatrium kommt, welches sich aber nur in der Luft ausgesetztem Rückstande
finden wird. Seine Menge, durch die Zinkprobe oder Jodlösung ermittelt, wird auf
Probesäure berechnet und von der verbrauchten Quantität abgezogen. Die Prüfung kann
sich natürlich für Fabricationszwecke immer nur auf in Wasser lösliche Natronsalze
erstrecken, und hat nichts mit dem stets in unlöslichen Verbindungen im
Sodarückstand vorhandenen Natrium zu thun.
4) Chlorblasenrückstand (Manganchlorür). – Man
sollte diesen öfters auf
freie Säure untersuchen, um sich davon zu überzeugen, ob die Arbeiter nicht zu früh
die Blasen abgelassen haben. Es genügt für alle Fälle, die Prüfung in der Art
vorzunehmen, daß man in ein abgemessenes Volumen, z.B. 2 Kubikcentimeter der
Manganchlorürlösung langsam Normalnatronlauge eintröpfelt, bis die entstehenden
Flocken von Eisenoxyd beim Umschwenken nicht mehr verschwinden; den letzten
Zehntel-Kubikcentimeter zieht man als zu viel verbraucht ab, und berechnet
den Rest auf HCl. Wie wichtig dieß ist, geht daraus hervor, daß manche Fabriken
diese Lösung mit 10 bis 12, ja selbst 15 Procent freier Säure ablaufen lassen, also
die Salzsäure kaum halb ausnutzen. Wenn man mit offener Dampfeinströmung arbeitet,
wo also die Säure sich ziemlich stark verdünnt, so kann man kaum bis zu weniger als
5 Procent freier HCl im Blasenrückstand arbeiten; aber in Fabriken, welche mit
geschlossenen Dampfmänteln arbeiten und nur den stärksten spanischen Braunstein
verwenden, soll man die Säure so gut wie ganz ausnutzen. Aus persönlicher Erfahrung
kenne ich diesen letzteren Fall nicht, und will nur bemerken, daß der dadurch
erlangte Vortheil durch den unverhältnißmäßig höheren Preis des spanischen
Braunsteins und das langsamere Arbeiten der Blasen ohne offene Dampfeinströmung
aufgewogen wird.
5) Schwefelkiesabbrände. – Diese kommen natürlich
in den mit Schwefel arbeitenden Fabriken gar nicht vor. Sie sind hin und wieder auf
ihren Gehalt an Schwefel zu Probiren, um sich zu überzeugen, daß kein zu großer
Rückstand darin geblieben ist. Wenn sie noch auf Kupfer verarbeitet werden sollen,
wird meist ein Maximum des Schwefelgehaltes stipulirt, über welches sie nicht
enthalten dürfen. Eine rohe Probe hat man schon an dem specifischen Gewichte; die
nicht gut ausgebrannten Stücke sind viel schwerer als die möglichst entschwefelten.
Auch zeigen solche beim Zerschlagen noch deutlich einen unverbrannten Kern. Es ist
ganz gut möglich, bei regelmäßiger Arbeit den Schwefelrückstand auf 2 Procent zu
beschränken, und 4 Procent sollte man als Maximum gelten lassen; ich habe aber
Abbrände aus englischen Fabriken gesehen, welche 8 Procent Schwefel enthalten, und
von solchen mit 10 Procent gehört. Uebrigens sind manche Arten Schwefelkies leichter
zu entschwefeln als andere. Die Analyse kann leider nicht auf einfachem
maaßanalytischem Wege z.B. nach Pelouze's Verfahren
geschehen, sondern man muß die sehr fein zerriebene Durchschnittsprobe ganz wie
frischen Kies mit rauchender Salpetersäure aufschließen.