Titel: Gußeiserne Unterlegklötzchen für Vignoleschienen von Ingenieur Desbrière in Paris.
Fundstelle: Band 186, Jahrgang 1867, Nr. LXXIX., S. 366
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LXXIX. Gußeiserne Unterlegklötzchen für Vignoleschienen von Ingenieur Desbrière in Paris. Aus Armengaud's Génie industriel, Juni 1867, S. 311. Mit Abbildungen auf Tab. VII. Desbrière's gußeiserne Unterlegklötzchen für Vignoleschienen. Die Eisenbahnoberbausysteme theilen sich im Allgemeinen nach der Form der Schienen in 1) solche mit Doppelkopfschienen, welche von Stühlen getragen werden, und 2) solche mit Vignoleschienen, deren Fuß sich direct auf die Schwellen auflegt. Wir lassen bei dieser allgemeinen Classification eine große Anzahl Modificationen unberücksichtigt, welche unter gewissen Gesichtspunkten manche Vortheile gewähren können, bis jetzt aber nur versuchsweise angewendet worden sind. Ohne uns auf Details hinsichtlich der Vorzüge des einen oder anderen Systemes einlassen zu können, müssen wir über dieselben jedoch Einiges vorausschicken, sowohl um den Grad der Vollkommenheit in der Herstellung der gegenwärtigen Schienenwege festzustellen, als auch um einleuchtender zu machen, unter welchen Umständen die Befestigungsmethode von Desbrière den einzelnen Mängeln der jetzt gebräuchlichen Oberbausysteme abzuhelfen vermag. Der Hauptzweck seiner Unterlegklötzchen ist, die Schienen mit den Schwellen so zu vereinigen, daß letztere weniger abgenutzt werden, und anstatt der immer theurer werdenden Schwellen aus hartem Holze solche aus weichen Hölzern mit gleichem Vortheile anwenden zu können. In den letzten Jahren werden keine Eisenbahnen mehr angelegt, bei denen die Schienen nicht verlascht sind. Bei doppelköpfigen Schienen wendet man zu diesem Zwecke in der Regel Stühle an, welche zugleich zu Befestigung der Schienen auf den Stoßschwellen dienen. Die Schienen haben gewöhnlich eine Länge von 6 Metern, in welcher Dimension dieselben leicht gewalzt werden können. Der Abstand der Stoßschwelle von den ihr zunächst liegenden Mittelschwellen ist 0,80 Met. von Mitte zu Mitte; der Abstand der Mittelschwellen ist 1,10 Met. Dieß sind im Allgemeinen die Anordnungen und Dimensionen eines Schienengeleises mit Doppelkopfschienen, und man wird aus dem Nachstehenden sofort ermessen können, daß die Platten von Desbrière für diese nicht anwendbar sind. Die Vignoleschiene scheint die Doppelkopfschiene in letzter Zeit mehr und mehr zu verdrängen. Dieselbe hat eine starke Fußplatte, mit welcher sie direct auf der Schwelle ruht. Die Schienenstöße lagern auf der Stoßschwelle auf gewalzten viereckigen Platten, welche an geeigneten Stellen vier Löcher enthalten, die zur Aufnahme der Schienenkloben bestimmt sind. Die Schienen sind ferner durch Laschen und Schrauben an den Stößen miteinander vereinigt. Diese Schienen und ihr Befestigungssystem auf den Schwellen sind durch das Fuhrwerk von welchem sie befahren werden, in doppelter Weise in Anspruch genommen: durch eine verticale Kraft, welche den Schienenkloben herauszureißen strebt, wenn die Räder des Wagens zwischen zwei Schwellen stehen, und durch eine horizontale Kraft, welche einen schlechtbefestigten Schienenstrang zu zerstören sucht, wenn die Wagen in den Curven durch die Centrifugalkraft gegen den äußeren Schienenstrang angedrückt werden, oder wenn selbst auf gerader Strecke ein etwas langer Zug schlecht verkuppelt ist und in Seitenschwankungen geräth. Bei dem Systeme, welches Desbrière in Vorschlag bringt, wird, wie aus Fig. 2225 zu ersehen ist, in die Schwelle, unter die Vignoleschiene, eine kreisrunde Gußplatte A eingelassen, durch welche der Schienenkloben B hindurchgeht und in die Schwelle T eingetrieben wird. Diese Gußplatte hat 0,036 Met. Höhe und einen Durchmesser von 0,054 Met. Sie wird, wie erwähnt, ganz in das Holz eingelassen, und ist wie aus Fig. 24 und 25 zu ersehen, auf eine Breite von 0,013 Met. rechtwinkelig eingeschnitten. Auf diesen Platten legt sich der Schienenfuß auf und wird in den Einschnitten der beiden sich gegenüber liegenden Platten festgehalten (Fig. 22). Die Platten werden so auf der Schwelle befestigt, daß der Schienenkloben B sich in eine Einklinkung c des Schienenfußes einlegen muß, wodurch ein Verschieben der Schiene in der Längenrichtung verhindert wird. Der Boden der Platten ist durch einen Kugelabschnitt a von 0,009 Met. Höhe gebildet. Auf den Stoßschwellen werden Platten mit doppelten Löchern (Fig. 25) angewendet welche so construirt sind, daß zwischen den beiden Bolzenlöchern ein Zwischenraum von 0,04 Met. bleibt. Aus diesen Anordnungen wird man sofort erkennen, daß der Zweck welchen Desbrière mit diesen Platten erreichen will, der ist, die oberen Fasern des Holzes vor der Zerstörung durch die nach der Seite gedrückten Schienenkloben zu schützen. Desbrière hat durch directe und wiederholte Versuche nachgewiesen, daß der Widerstand der Fasern des weichen Holzes durch die Anwendung solcher Gußplatten beinahe auf das Doppelte erhöht wird. Bei diesen Versuchen wurden zwei Schwellen mit den breiten Flächen gegeneinander gelegt und über dieselben ein starker eiserner Ring geschoben, welcher sich unveränderlich gegen einen festen Punkt anlehnte. Nun wurde in jede der beiden Schwellen ein Schienenkloben eingetrieben, welcher sich unter dem Drucke einer hydraulischen Presse auf die Schwellenköpfe, fest gegen den vorerwähnten eisernen Ring drückte. Der Druck auf die Schwellenköpfe wurde dann so lange fortgesetzt, bis die Fasern des Holzes anfingen nachzugeben. Es ist dieß allerdings keine Reproduction der sich wiederholenden Stöße, welche eine Schwelle nach und nach zerstören; man erhält jedoch auf diese Weise einen annähernd exacten Ausdruck für den Widerstand der Holzfasern gegen die Einwirkung des Druckes auf die Schienenkloben. Die Fichtenschwellen mit welchen experimentirt wurde, ergaben ohne Anwendung von Platten als Widerstand der beiden vereinigten Schwellen 3131 Kilgr., also für eine Schwelle 1566 Kilgr. Bei Anwendung der Platten ergaben sich unter sonst gleichen Voraussetzungen folgende Resultate: die beiden Schwellen trugen 6653 Kilgr. also eine Schwelle 3326 Kilgr. Aus diesen Resultaten erhellt somit, daß durch Anwendung der Platte der Widerstand der Fasern sich verdoppelt hatte. Bei tannenen Schwellen war der Widerstand ohne Platte 1566 Klgr. und mit Platte 2679 Kilogr. Der Widerstand des Eichenholzes war ohne Platte 2479 Kilgr. In Bezug auf Eichenholz hat man mit diesen Platten keine Versuche angestellt, da der Zweck des Erfinders dahin geht, die Eiche, welche an sich schon festere Fasern hat, immer mehr zu verdrängen und die weichen Hölzer fähiger zu machen die Eiche zu ersetzen. Wenn in Folge besonderer Umstände ein Schienengeleise auf eichenen Schwellen gelitten haben sollte, so ist es vorzuziehen, hier einfach die Schienennägel zu verdoppeln. Das Anbringen der Platten vermehrt die Arbeit beim Schienenlegen nicht, da sie schon auf dem Holzplatze eingelegt werden können, was auf folgende Weise bewerkstelligt wird. Nachdem die Schwellen entsprechend abgeschrägt sind (1/20), werden in denselben die Löcher für den Schienenkloben, deren Entfernung durch eine Schablone markirt wird, angebracht. Das so entstandene Loch dient als Führung für den Bohrer, mittelst dessen das Loch für die Platte in die Schwelle eingebohrt wird. Die Form dieses Bohrers ist so gewählt, daß er der Oberfläche des Holzes die Form einer Halbkugel gibt. Der Preis der Eiche oder der imprägnirten Buche ist auf den Eisenbahnlinien ziemlich verschieden, je nachdem sie in mehr oder weniger holzreichen Gegenden angelegt sind. Er variirt in Frankreich zwischen 5 Frcs. und 8 Frcs. per Schwelle. Eine Schwelle von Pappelholz kostet jedoch nur 2 1/2 Frcs.; wenn man diesem Betrage 75 Centim. für das Imprägniren mit Kupfervitriol und 25 Centim. für das Anschaffen und Anbringen der Platten zufügt so stellt sich der Preis einer solchen Schwelle auf 3 1/2 Frcs., somit auf die Hälfte des Preises einer eichenen Schwelle. Diese Zahlen genügen, um die Tragweite des Vorschlages von Desbrière nachzuweisen. Solche Platten sind auf der 50 Kilometer langen Eisenbahn, welche Algier mit Blidah verbindet, seit fünf Jahren mit bestem Erfolge in Anwendung.

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