Titel: | Fadenprüfer, construirt von der mechanischen Werkstätte von L. A. Riedinger in Augsburg. |
Fundstelle: | Band 186, Jahrgang 1867, Nr. LXXXII., S. 372 |
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LXXXII.
Fadenprüfer, construirt von der mechanischen
Werkstätte von L. A.
Riedinger in Augsburg.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Riedinger's Fadenprüfer.
Da gegenwärtig mehr als je das Bedürfniß sich herausstellt, in Spinnereien und
Webereien auf einfache Weise die Stärke und Elasticität der Fäden und Garne
untersuchen zu können, wie auch in Bleichereien und Färbereien den Verlust der
Stärke der Garne nach vollendetem Processe zu erfahren, so hat sich genannte
Werkstätte die Aufgabe gestellt, einen praktischen und dauerhaften Fadenprüfer zu
construiren, welcher allen Anforderungen entspricht; dieselbe konnte alle zur
Herstellung dieses Instrumentes erforderlichen Proben in ihrer eigenen großen
mechanischen Weberei und Bleicherei ausführen, die mit genannter Werkstätte in
Verbindung steht.
Der ganze Apparat besteht, wie aus Fig. 1 und 2 zu ersehen ist, aus zwei
Haupttheilen A und B,
welche, mit Scalen versehen, auf ein polirtes schwarzes Bretchen aufgeschraubt
sind.
Der obere Theil A ist ein hohles vierkantiges Gehäuse,
welches vorn mit einem Schlitz versehen ist, und auf dessen vorderer Fläche links
eine Scala mit Millimetertheilung und rechts eine solche mit Grammentheilung
eingravirt ist.
In diesem Gehäuse des oberen Theiles ist an einer gewundenen Feder der prismatische
Körper c aufgehängt, welcher auf der vorderen Seite mit
einer Zahnstange versehen ist und unten den Haken a
hat.
Oben an dem Ende der Zahnstange ist ein Zeiger aufgeschraubt, welcher, wenn die Feder
freigelassen wird, oben auf beiden Scalen Null zeigt.
Die Eintheilung auf der rechten Seite nach Grammen entspricht genau dem Gewichte,
welches die Feder in dieser Stellung zu tragen vermag.
Unten an der gravirten Platte des Gestelles A befindet
sich ein Sperrhaken d, welcher mittelst einer
angebrachten Feder in die Zahnstange eingedrückt wird, daher beim Herabziehen des
Theiles c derselbe in jeder Stellung stehen bleibt und
nach erfolgtem Aufdrücken auf den verlängerten Hebel des Sperrhakens d, durch die Kraft der Feder wieder auf den Nullpunkt
zurückgezogen wird.
Am unteren Theil B befindet sich ebenfalls eine Scala mit
Millimetertheilung und
ein Schieber b, welcher auf einer genau getheilten
Zahnstange seine Führung hat und beim Abwärtsziehen durch einen angebrachten
Sperrhaken mit Feder, in jeder Stellung fest stehen bleibt.
Will man einen Faden (Garn oder auch feinen Messingdraht) prüfen, so hängt man den zu
prüfenden Faden in den Haken a im oberen Theile ein und
befestigt seine beiden Enden unten an dem Stifte b,
welcher zu diesem Zweck einen Spalt hat, indem man dieselben zwischen den Spalt
einklemmt und einigemale um den Stift wickelt.
Hierauf legt man den rechten Zeigefinger rechts an die untere Zahnstange auf den
Schieber, hebt mit dem Daumen den Sperrhaken aus und drückt möglichst gleichmäßig
den Schieber an der Zahnstange hinab. Bricht der Faden, so fallen die Sperrhaken a am oberen und b am unteren
Theile sofort ein, und hierauf steht sowohl der Schieber als der Obertheil c, welcher vermittelst der Kraft des Fadens nachgezogen
wurde, fest. Alsdann gibt der obere Zeiger rechts auf der Scala die Anzahl Gramme
an, welche der Faden bis zu seinem Bruche getragen hat.
Genau um so viel als sich der Faden während des Herabziehens gedehnt hat, blieb der
obere Theil c gegen den Schieber b zurück. Man liest nun an der oberen Scala links ab, um wie viele
Millimeter sich der Zeiger abwärts gezogen hat, welche z.B. 100 seyn sollen; dann
liest man an der unteren Scala den Weg, welchen der Schieber zurückgelegt hat,
ebenfalls in Millimetern an dem Zeiger ab, welche z.B. 130 sind. Demnach ergibt sich
eine Differenz von 30 Millimetern, um welche sich der Faden ausgedehnt hat. Will man
diese Elasticität in Procenten ausdrücken, so braucht man nur die Ausdehnung mit 4
zu dividiren, weil die Entfernung vom Haken a bis zum
Stift b, wenn beide auf Null stehen, genau 400
Millimeter beträgt; man erhält also 30/4 = 7,5 Proc.
Nach geschehener Ablesung wird der obere Sperrhaken ausgehoben und man läßt den Theil
c auf Null zurück, hebt den unteren Schieber
ebenfalls auf Null und beginnt eine neue Probe.
Es ist eine bekannte Thatsache, daß ein Faden nie ganz gleich gesponnen oder gezogen
werden kann, daher man stets mehrere Proben ausführen muß, um ein
Durchschnittsresultat zu erzielen. Da aber bei diesem Apparate der Faden während der
Prüfung keinerlei Reibung zu erleiden hat und alle Messungen genau ausgeführt
werden, so sind zehn Proben vollständig genügend.
Wir fügen nachstehend eine Tabelle bei, wie wir die Resultate der angestellten Proben
jeden Tag aufzeichnen.
Die mittelst dieses Apparates so genau gemessene Elasticität liefert den Fabrikanten
einen schätzbaren Anhaltpunkt zur Beurtheilung des Rohstoffes; bei Gespinnsten z.B.,
welche aus kurzen Fasern gesponnen sind, muß die Drehung eine viel stärkere werden,
und hierdurch wird die Elasticität eine geringere, wogegen bei langstapeligen Fasern
bekanntlich der Faden weniger Drehung erhält, wodurch die Elasticität eine größere
wird.
Tabelle für 36er
Zettel.
Elasticitätin Millimeternund Proc.
TragfähigkeitinGrammen.
Elasticitätin Millimeternund Proc.
TragfähigkeitinGrammen.
290285306320274298312322289294
18202217231920212219
372310290268352310336360296320
22262019272521181925
299,0
201 : 4
321,4
222 : 4
––––––––––
––––––––––
5,02 Proc.
5,54 Proc.
Solche Tabellen sollen für alle im Geschäft gebrauchte Garnnummern angelegt
werden.
Fadenprüfer dieser Construction werden für jede Tragfähigkeit des zu prüfenden
Materials von der Riedinger'schen mechanischen Werkstätte
angefertigt.
Vorräthig sind fast immer solche von der Tragfähigkeit
bis zu 500
Grammen für feine Garne,
„
„ 1200–1500
„ für
mittlere Garne,
„
„ 2500–3000
„ für
Garne und Zwirn.
Ein solcher Apparat, exclusive Verpackung, kostet ab Augsburg 50 fl.