Titel: | Notizen über Ofenheizung aus der Pariser Ausstellung; von Dr. Otto Buchner in Gießen. |
Fundstelle: | Band 186, Jahrgang 1867, Nr. LXXXVII., S. 385 |
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LXXXVII.
Notizen über Ofenheizung aus der Pariser
Ausstellung; von Dr. Otto
Buchner in Gießen.
Mit Abbildungen auf Tab.
VIII.
Buchner, Notizen über Ofenheizung aus der Pariser
Ausstellung.
Schon seit einer längeren Reihe von Jahren hat sich Dr.
Leras, Akademie-Inspector in Besançon,
mit der Verbesserung der Zimmerheizung beschäftigt und sich namentlich durch seine
Einrichtungen zur Ventilation größerer Wohnräume durch die Heizvorkehrungen wahre
Verdienste erworben. Auch auf der Pariser Ausstellung 1867 waren seine
Constructionen vertreten und ernteten die verdiente Anerkennung der
Sachverständigen.
Die gewöhnlich zur Heizung der Wohnräume verwendeten Apparate, die Oefen und Kamine
nach den gebräuchlichen Constructionen, bringen unvermeidliche Unzuträglichkeiten
mit sich, wenn sie für größere Wohnräume verwendet werden, in denen eine größere
Anzahl von Menschen sich aufhält. Diese Unzuträglichkeiten sind allen, denen das
Wohl der Menschheit am
Herzen liegt, besonders in den Elementarschulen aufgefallen; nicht minder ist dieses
in Spitälern u.a. derartigen größeren Anstalten der Fall. Um so mehr muß man es den
Bemühungen des Architekten Leras Dank wissen, daß er
diesen wunden Fleck zu heilen bemüht war, und daß es seinen von tüchtigen
Kenntnissen und zahlreichen Versuchen unterstützten trefflichen Gesinnungen gelang,
einen sehr wesentlichen Schritt auf diesem so oft ohne Erfolg betretenen Wege weiter
zu thun. Schon im Jahr 1861 wurde über Versuche, welche mit einem Leras'schen Heizapparat an der Facultät der
Wissenschaften in Besançon angestellt wurden, an den Präfecten berichtet, daß
dieser Apparat alle Bedingungen in Bezug auf Sparsamkeit und Gesundheit erfülle, daß
er, in seiner Construction einfach, zu einem Preis herstellbar sey, der den
bescheidensten Anforderungen entspreche, daß er bei einem geringeren Verbrauch an
Heizstoff eine gleichmäßigere Wärme verbreite, als die gewöhnlichen Oefen, und daß
er zugleich die geheizten Räume energisch ventilire, indem er die durch die Athmung
verdorbene Luft fortwährend durch frische von außen genommene und vorher erwärmte
Luft ersetze.
Und doch hatte die Construction des Apparates, mit welchem diese ersten, in ihren
Erfolgen so günstigen vergleichenden Versuche angestellt wurden, anerkanntermaßen
noch eine Reihe von Mängeln, die aber der Erfinder des Systemes zu beseitigen sich
beeilte, so daß seine Oefen jetzt in ihren Leistungen ganz vortrefflich sind. Es ist
nöthig etwas genauer auf dieselben einzugehen.
Anfangs hatte Leras einen cylindrischen Ofen aus
Eisenblech construirt, in dessen Achse ein senkrechtes Rohr sich befand. Dieses
krümmte sich im unteren Theil des Ofens und öffnete sich nach außen. Dann erhob es
sich bis auf etwa 2 Meter über den Ofen und war bis nahe an seine obere Mündung von
dem Rauchrohr umgeben. So hatte der Ofen äußerlich das gewöhnliche Ansehen, innen
aber erhitzte er nun die von außen eingetretene Luft. Um eine kräftige Ventilation
zu bewirken war nur nöthig, in einiger Entfernung eine Oeffnung in der Nähe des
Bodens anzubringen, die in ein Zugrohr mündete. Durch diese Oeffnung entwich dann
ebenso viel verbrauchte und abgekühlte Luft, als von außen eingesogene Luft vom Ofen
erhitzt worden war. Um aber die unangenehme Eigenschaft dieser Oefen, daß das Feuer
zu nahe an der äußeren Umhüllung war, zu umgehen, also auch das Glühendwerden
derselben zu verhindern, setzte nun Leras den Feuerraum
in's Innere und ließ ihn von der äußeren kalt eintretenden Luft umspielen; erst in dem oberen Theil
des Ofens tritt der Luftstrom in das Centralrohr und oben erhitzt in's Zimmer.
Die Einrichtung dieser Oefen wird vollkommen klar durch die Zeichnungen. Fig.
7–16 zeigen den Verticaldurchschnitt eines Säulenofens, bestimmt zur
Heizung größerer Räume. Das äußere Ansehen des Ofens ist gefällig. Die Luft tritt
durch einen Canal unter dem Fußboden in den Ofen ein und umspielt auf allen Seiten
mit Ausnahme der Aschenfallthür diesen und den Feuerraum. Ueber demselben vereinigen
sich die getheilten Luftströme und gehen dann durch die Mitte, während die
Verbrennungsgase in den äußeren Nöhrenmantel einbiegen und ihre Wärme nicht nur an
die Zimmerluft nach außen, sondern auch an die strömende Luftsäule im Inneren
abgeben. Zur weiteren Erläuterung dienen die sechs Querschnittzeichnungen (Fig.
8–13) an verschiedenen Stellen des Ofens.
Durch Verkürzungen der Säule läßt sich dieser Ofen auch für kleinere Räume passend
machen. Kleinen Haushaltungen ist ein Ofen, wie Fig. 14, 15 und 16 in Durchschnitt,
Vorderansicht und Grundriß ihn zeigen, sehr empfehlenswerth; hier fehlt der
besondere Canal, der frische Luft von außen einführt, und es wird nur die aus dem
Zimmer aufgesogene Luft erhitzt.
Es bieten die Oefen von Leras wesentliche Vortheile
gegenüber ähnlichen in Deutschland üblichen Ventiliröfen. So sind in den großen
öffentlichen Schulen in Gießen derartige Ventiliröfen
einer einheimischen Gießerei, die weit einfacher sind. Wie aus der Zeichnung Fig. 17
ersichtlich, mündet über dem Feuerraum ein von außen kommendes und durch eine Klappe
abschließbares Luftrohr in den Ofen, durchzieht dessen ganze Säule und mündet dann
in der Deckplatte. Damit keine gröberen Verunreinigungen, Papier u. dergl.
hineingeworfen werden können, ist das obere Ende dieses Ventilirofens durch ein
Drahtnetz geschlossen, und ebenso muß auch die äußere Mündung des unter dem Boden
hinziehenden Canals mit einem groben Drahtnetz geschlossen werden, weil er sonst der
Tummelplatz von Sperlingen und anderen Thieren wird.
Es muß bestätigt werden, daß die Ventilation durch diese einfachen und sehr billigen
Oefen ganz vortrefflich ist. Die Luft wird im Ofen erhitzt, strömt oben aus und
kalte Luft wird gleichzeitig angesogen. Durch eine Bodenöffnung strömt dann die
verbrauchte Luft wieder aus. Auch in den gefülltesten Schulzimmern ist, so lange
geheizt wird, eine vollkommen geruchfreie reine Luft. Aber einmal ist sie sehr
trocken und wird dadurch sehr lästig und selbst ungesund, und dann wird dadurch, daß
der gußeiserne Feuerraum sich sehr stark erhitzt, eine in der Nähe unerträgliche
Wärmestrahlung veranlaßt. Der Ofen von Leras dagegen hat
den sehr großen Vorzug, daß der Feuerraum von einem Luftmantel umgeben ist, und so
die Strahlung auf ein Minimum vermindert wird.
Zum Zweck der möglichsten Vergrößerung der Heizoberfläche dienen die eigenthümlich
und nicht gerade hübsch gestalteten Oefen der Londoner
Compagnie für Heizung und Ventilation, welche unter dem Namen Gurneyöfen in verschiedenen Größen, aber alle von
derselben Gestalt auf der Pariser Ausstellung repräsentirt waren. Ihre Construction
ist leicht aus der Abbildung Fig. 18 ersichtlich. Sie
sind außerordentlich massiv in Eisen gegossen und haben außen sehr stark
vorspringende senkrechte Rippen, welche unten in einem schüsselartigen Ring a stehen, in dem Wasser enthalten ist. Bei b wird geschürt, bei c ist
der Aschenfall. Die Luft findet Zutritt durch eine große Anzahl Oeffnungen am
unteren Rand der Schlüssel a, wo diese auf dem Sockel
d aufsitzt. Das Ofenrohr ist oben auf der b entgegengesetzten Seite.
Dieser Apparat ist besonders zur Heizung großer Räume bestimmt. Die Salons des
englischen Parlaments, die Bureaux des Departements für Wissenschaften und Künste,
sowie 56 Kirchen in England und Frankreich haben diese Heizeinrichtung angenommen
und außerdem eine sehr große Anzahl Privatgebäude in England, Frankreich und
Rußland; die günstigsten Zeugnisse über die Wirkung liegen vor. Der wesentlichste
Vortheil besteht darin, daß mit der wachsenden Wärme auch die Menge des
Wasserdampfes in der geheizten Luft wächst. Der aufsteigende, mit Wasserdampf
gesättigte erhitzte Luftstrom verhindert einmal den Ofen sich zu stark zu erhitzen
und dann die Luft in den Wohnräumen zu heiß und zu trocken zu werden. Dabei gewähren
die Gurneyöfen 50 Proc. Ersparniß an Heizstoff und auch Anschaffungskosten.
Reparaturen haben sie nicht nöthig. Sie können ebenso gut in den Keller oder sonst
einen Seitenraum, als in die Wohnungsräume selbst gestellt werden. Weder Explosionen
noch Feuersbrunst ist bei ihnen möglich.
Sie werden in fünf verschiedenen Größen angefertigt.
A.
B.
C.
D.
E.
Höhe
1,60 Met.
1,40 Met.
1,25 Met.
90 Centim.
80 Centim.
Aeußerer Durchmesser
1,10 Met.
90 Centim.
60 Centim.
45 Centim.
40 Centim.
Heizt Kub.-Meter Luft
4500.
2500.
1200.
600.
200.
Preis in Thalern
233 1/3.
176 1/2
106 2/3
60.
33 1/3.
Diese Oefen sind in wenig veränderter Construction auch in der Form auf der
Ausstellung vertreten, daß der massive gerippte Ofenkörper in einem Blechkasten
steht, der Wasser enthält und auf Füßen ruht, so daß die Luft von unten zuströmen kann. Der
Feuerraum selbst ist mit Chamotte ausgefüttert und setzt sich nach oben in eine
Eisensäule fort, von welcher das Ofenrohr abzweigt.
E. GenanteFils und Herscher
Frères, 34 Rue de Chemin
Vert, Propincourt, Paris, haben das angegebene System in der Art
umgeändert, daß sie den massiven Eisenkörper mit einem Blechmantel umgeben und
diesen säulenartig aufstreben lassen.
Der Architekt Anez hat sein System der Sättigung der Luft
mit Wasserdampf besonders für Kamine ausgebildet, aber auch auf Zimmeröfen
angewendet. So vollkommen erstere ist, so mangelhaft muß bei unseren jetzigen
Ofeneinrichtungen diese Einrichtung bleiben, denn entweder wird Wärme bei der
Heizung verloren oder bei möglichster Ausnutzung derselben tritt sie mit geringem
Wassergehalt in's Zimmer und trocknet aus.
Der Ofen des Architekten Anez ist aus der Zeichnung Fig. 19
verständlich. Der Feuerungsraum G ist von einem
Luftbehälter umschlossen, in dessen oberstem Theil ein Wasserbehälter H sich befindet. Die erhitzte Luft streicht darüber und
entweicht bei C; von unten tritt bei A kalte Luft in die Luftkammer, bei D und F in den Feuerraum.
Die Verbrennungsgase entweichen, allerdings nicht vollkommen ausgenutzt, bei E in den Schornstein. (Gewerbeblatt für das Großherzogthum
Hessen, 1867, Nr. 40.)