Titel: | Die elektrische Telegraphie auf der Pariser allgemeinen Industrie-Ausstellung im Jahre 1867. |
Autor: | C. K. |
Fundstelle: | Band 186, Jahrgang 1867, Nr. XCIII., S. 425 |
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XCIII.
Die elektrische Telegraphie auf der Pariser
allgemeinen Industrie-Ausstellung im Jahre 1867.
Nachtrag zu dem
Aufsatze im zweiten Novemberheft, S. 249 dieses Bandes.
Die elektrische Telegraphie auf der allgemeinen
Industrie-Ausstellung zu Paris.
Als Ergänzung zu unseren früheren Besprechungen mag zunächst ein vom Grafen Th. du Moncel in einem Supplement (Études sur l'exposition de 1867, 7. et
8. fascicules p. 136) beschriebener Copir- oder autographischer
Telegraph von Capron zur Erwähnung kommen.
Aus der uns vorliegenden – nicht genügend klaren – Beschreibung ersehen
wir, daß der synchronistische Gang der Apparate der correspondirenden Stationen bei
dem Telegraphen von Capron in ähnlicher Weise zu erlangen
gesucht wird, wie dieß bei dem Caselli'schen
PantelegraphenPolytechn. Journal Bd. CLXXVII S.
1. geschieht, während das Abdrucken der Depesche nach einem Principe
bewerkstelligt werden soll, welches Digney
Allgemeine Encyklopädie der Physik Bd. XX S. 954 und 988, und polytechn.
Journal Bd. CLXXXVI S. 253 und 255. bei seinen Telegraphen zur Anwendung bringt.
Vor Allem finden wir also zum Zwecke der Transmission der Depeschen und der
Regulirung der Apparate als Hauptbestandtheil ein langes und schweres Pendel,
welches, wie bei den elektromagnetischen Uhren, seine Schwingungen andauernd in
selbstständiger Weise zu vollführen hat. Das Pendel erhält durch den Fall von
starken Gewichten aus einer constanten Höhe, sowie auch theilweise in Folge der von
zweien Elektromagneten am Ende einer jeden Schwingung ausgeübten Anziehung und
Abstoßung immer von Neuem den nöthigen Impuls zur Fortsetzung seiner schwingenden
Bewegung. Um diesen zweifachen Effect hervorzubringen, trägt die Pendelstange an
ihrem oberen Ende, nahe an der Drehungsachse, zwei Arme, gegen welche die Gewichte
wirken, an seinem unteren Ende aber einen permanenten Hufeisenmagneten, welcher
hinreichende Kraft besitzen soll. Ein oberhalb des Pendels angebrachtes elektromagnetisches System kann
unter Einwirkung des elektrischen Stromes, welche durch die Pendelbewegung selbst
regulirt wird, die Gewichte heben oder während eines geeigneten Zeitintervalles sich
selbst überlassen. Die beiden an den Enden des Schwingungsbogens des Pendels
angebrachten Elektromagnete haben nicht bloß den Zweck mitzuwirken, daß die
Schwingungsamplitude sich nicht ändere, sondern dienen insbesondere dazu, das Pendel
an jedem Ende des Schwingungsbogens so lange durch anziehende Einwirkung gegen die
Polflächen des Stahlmagneten anzuhalten, bis, die gleichzeitige Wirkung der Gewichte
an beiden Stationen auftreten kann. Sollen nämlich die Gewichte zur Thätigkeit
kommen, so müssen dieselben zuerst durch das oberhalb des Pendels angebrachte
elektromagnetische System aufgezogen werden; durch einen an her Pendelstange
angebrachten Contact wird aber, jedesmal wenn das Pendel eine seiner äußersten Lagen
annimmt, dieses System zur Thätigkeit gebracht, und da diese Contacte auf beiden
Stationen gleichzeitig erfolgen müssen (und vermuthlich erst nach geschehener
Herstellung derselben der Strom für die unteren Elektromagnete unterbrochen und
gewechselt wird), so müssen die Pendel der beiden correspondirenden Stationen
beständig ihren übereinstimmenden Gang beibehalten, oder es muß letzterer, wenn
eines der Pendel voreilen würde, auf genanntem automatischem Wege wieder hergestellt
werden.
Ueber die Anordnung des eigentlichen Telegraphensystemes erwähnt unsere Quelle
beiläufig Folgendes: Alle Organe des Recepteurs und Transmetteurs werden auf
mittelbare Weise durch das Pendel selbst in Thätigkeit versetzt, und zwar mittelst
zweier großen Sperrräder, von denen jedes mit 5 Zwischenrädern in Eingriff steht,
und wobei das System des einen Sperrrades für den Transmetteur, jenes des anderen
zum Recepteur gehört. Das Schreib- oder Druckrädchen des Digney'schen Apparates ist dabei durch eine stählerne
Schraube mit einem einzigen Gang von 35 Millimetern Länge ersetzt, wornach sich also
die Breite des Druckmeißels (?) und jene des Papierstreifens, sowie die Länge des
von der Papierrolle abzuwickelnden Papierstreifens richten müsse. Die
schraubenartige Druckscheibe oder das Schraubenrädchen (hélice molette), die Papierrolle, sowie die Druckwalze werden mit
Hülfe eines Räderwerkes in Bewegung gesetzt, auf welches das eine der gedachten
Sperrräder einwirkt, während das andere Räderwerk zum Transmetteur gehört, der neben
dem Recepteur angebracht sich befindet. Mit Hülfe einer Art Schwungpendel wird die
vom Pendel herrührende Bewegung eines jeden dieser Systeme in eine gleichförmige
verwandelt.
Der Transmetteur besteht auch bei diesem Systeme in einem Metallcylinder, welcher mit der Metallfolie
bedeckt ist, auf welche vorher die Depesche geschrieben wurde, und der genau mit
derselben Geschwindigkeit rotiren muß, wie die Schraube am Recepteur (nämlich mit 3
Umdrehungen für jede Pendelschwingung). Ein an einer Schraube ohne Ende angebrachter
Schieber trägt eine Platinspitze, die wie bei den älteren Copirtelegraphen parallel
zur Achse des Cylinders fortgeschoben wird, während letzterer rotirt, und berührt so
alle oder vielmehr eine große Anzahl von Stellen der Schrift, welche zur Beförderung
aufgegeben wurde. Die auf diese Weise entstehenden Unterbrechungen und Schließungen
des Telegraphirstromes bringen den Ankerhebel des Elektromagnetes des Recepteurs in
Thätigkeit, so daß das Schraubenrädchen, welches die Copirspitze des gewöhnlichen
Morse'schen Telegraphen u. dgl. ersetzt, einen Gang
annimmt, welcher den am Transmetteur stattgehabten Stromunterbrechungen genau
entspricht. Wenn daher der Umfang des zum Transmetteur gehörenden Cylinders der
Breite des Papierstreifens oder der Länge des Ganges des Schraubenrädchens gleich
sey, und wenn ferner die Bewegungen der Spitze des Transmetteurs in entsprechendem
Verhältnisse mit der Länge des am Recepteur von der Papierrolle dargebotenen
Papierstreifens stehen, so daß das Schraubenrädchen dieselben Marken und diese in
den gleichen Entfernungen auf dem. Papierstreifen signalisiren kann, wie sie auf dem
Cylinder des Transmetteurs von der Platinspitze auf der Schrift durchlaufen werden,
so sey es auf diese Weise möglich, an dem Recepteur die Depesche in ähnlicher Weise
zu reproduciren, wie diese am Transmetteur angebracht wurde.
„Einige Erläuterungen (bemerkt unsere Quelle selbst) dürften jedoch noch
nöthig seyn, da es sich darum handelt zu zeigen, wie das Copiren der Depesche
stattfindet. Nehmen wir zunächst an, der Papierstreifen bleibe unverrückt,
während das Schraubenrädchen sich drehe, und der Druckmeißel (?) beständig
angedrückt bleibe, so wird eine Reihe von Marken entstehen, die (vorausgesetzt
daß der Papierstreifen im unverrückten Zustande aufgerollt war) beim Abwickeln
des Papierstreifens in einer geraden Transversallinie zu liegen kommen müssen,
ebenso wie jede auf einem geraden Cylinder beschriebene einfache Schraubenlinie,
beim Entfalten der Mantelfläche des Cylinders eine Gerade bildet etc.; wird aber
das Papier, während der Meißel beständig angedrückt bleibt, fortgeführt, so
zeichnet letzterer eine Reihe gleich weit von einander entfernter Linien, deren
Entfernung mit der Geschwindigkeit in bestimmtem Verhältnisse, steht, mit
welcher der Papiercylinder gedreht wird. Bei dem Apparate von Capron sind diese Zeilen um 7/32 Millimet., also
beiläufig um 1/5 Millimet. von einander entfernt, und dieses Intervall stellt
nahezu die
Breite des Schraubenganges vor, der von der Spitze des Transmetteurs beschrieben
wird. Hieraus gehe also hervor, daß bei vollkommen synchronistischer Bewegung
der Apparate beider Stationen, alle Stromunterbrechungen, welche bei der
Berührung der Platinspitze mit der (nicht leitenden) Schrift des Transmetteurs zu Stande kommen, auf dem Papierstreifen des
Recepteurs in derselben gegenseitigen Lage zum Vorschein kommen müssen, wie dieß
die Schriftzeichen auf der Metallfolie am Transmetteur erfordern, und daß sohin
jene Markensysteme auf dem Papierstreifen eine exacte Copie der Depesche
darzustellen vermögen.“
Die weiteren Besprechungen, welche unsere Quelle in ihrem Supplemente gibt, beziehen
sich auf das künstliche unterseeische Kabel von Varley, wofür von letzterem unter Anderem ein
vollständiger Apparat zur Ausstellung kam, dann auf das von Hooper construirte Kabel. Da wir über den genannten Apparat Varley's bei einer früheren
GelegenheitPolytechn. Journal Bd. CLXXXV S. 1;
erstes Juliheft 1867., über den letzten Gegenstand aber erst vor KurzemPolytechn. Journal Bd. CLXXXVI S.
268; zweites Novemberheft 1867. schon Bericht erstattet haben, so fügen wir hier nur mehr einige weitere
Bemerkungen über die besonderen Eigenthümlichkeiten des Hooper'schen Kabels an, welche das, was wir zuletzt hierüber erwähnten, zu
ergänzen haben.
Vor Allem finden wir nahezu übereinstimmend mit den früher bekannt gewordenen
Angaben, daß – wie du Moncel anführt – bei
dem Kabel von Hooper der Conductor zunächst von einer
ziemlich dünnen Schichte sehr reinen Kautschuks umpreßt ist; diese isolirende Hülle
ist dann von einem Separator umgeben, der in
Metallfolien, Eisendrähten, Zinkoxyd oder (?) Firniß bestehen soll. Hierauf werde
Kautschuk, der mit Schwefel vermengt ist, aufgetragen, und sodann das Kabelstück
vier Stunden lang einer Temperatur von 180° C. ausgesetzt, um die äußere
Umhüllung zu vulcanisiren. Bei dieser Temperatur würde der reine Kautschuk, wenn er
nicht geschützt wäre, in eine erweichte Masse übergehen; in Folge der Umhüllung
aber, welche beide Schichten von einander trennt, soll jedoch die erste Schichte
eine compacte Masse bilden, welche keine Spur der ursprünglichen Vereinigung mehr
erkennen lassen soll. Die Anwendung des Separators soll den Zweck haben, die
Einwirkung des Schwefels auf die innere Isolationshülle zu verhindern.Der Separator bildet somit keine isolirende Hülle,
wornach also unsere frühere Angabe (S. 269 dieses Bandes) zu berichten
ist.
Aus einem Berichte, den W. Hooper der British Association über die Ladungserscheinungen in
unterseeischen Kabeln erstattete, können wir, da die uns hierüber zugänglich
gewordenen AuszügeEngineer, September 1867, S. 276; Mechanics' Magazine, September 1867, S. 214 und
Chemical News, September 1867, S. 169. einer klaren physikalischen Ausdrucksweise entbehren, bloß entnehmen, daß
nach Hooper die eigentliche Ladung des Kabels (nach
hergestellter Verbindung mit der Batterie) unterschieden werden müsse von der sogen.
residuellen Ladung, welche bei verschiedenen Isolatoren der specifischen
Vertheilungsfähigkeit der letzteren direct proportional sey, und bei einem und
demselben Isolator in gleicher Weise variire, wie die äußere Ladung und Entladung.
Die Wirkungen des continuirlichen Stromes nehmen in gleichem Verhältnisse zu, wie
die innere Inductionsfähigkeit des Kabels abnehme. „Die
Untersuchungsresultate machen es wahrscheinlich, daß bei rascher Signalisirung
in langen Ketten, durch sogen. elektrische Wellen, die
Transmissionsgeschwindigkeit nicht vermehrt oder vermindert werde nach einem
einfachen Verhältnisse der specifischen Vertheilungsfähigkeit, sondern daß
dieselbe mit dieser und dem inneren Vertheilungswiderstand in einer
zusammengesetzten Beziehung stehe. Dieses Resultat sey um so wichtiger als der
innere Vertheilungswiderstand durch Veränderung des Durchmessers der
Isolationshülle keine Veränderung erleide. Gerade hierin liege ein Hauptvortheil
des von Hooper angewendeten Isolators.“
– Letzterer soll die Gutta-percha-Umhüllung in der Art
übertreffen, daß, wie dieß bei dem Telegraphenkabel zwischen Ceylon und Indien
gezeigt worden sey, unter sonst gleichen Umständen eine
Gutta-percha-Hülle von 2 engl. Fuß Durchmesser dem Hooper'schen Isolator von 0,38 Zoll äquivalent sey,
wornach also 200 Pfund des Hooper'schen Materiales nicht
weniger als 576000 Pfd. Guttapercha ersetzen würden.Auf der Ausstellung befanden sich 15 verschiedene Sorten als Muster des Hooper'schen patentirten Kabels. Bei den meisten
besteht der kupferne Leitungsdraht aus 7 einzelnen Drähten; nur bei vier
Sorten wurden drei- oder vierfache Drähte angewendet. Den größten
Isolationswiderstand hat Nr. 353, den geringsten Nr. 351; jener beträgt 9200
Millionen, dieser 3500 Millionen Einheiten der von der British Association adoptirten
Widerstandseinheit per Knoten bei 24°
Cels.
C. K.