Titel: | Die Gasmaschinen auf der allgemeinen Industrie-Ausstellung zu Paris im Jahre 1867; von G. Delabar. |
Autor: | Gangolf Delabar [GND] |
Fundstelle: | Band 187, Jahrgang 1868, Nr. I., S. 1 |
Download: | XML |
I.
Die Gasmaschinen auf der allgemeinen
Industrie-Ausstellung zu Paris im Jahre 1867; von
G. Delabar.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Delabar, über die Gasmaschinen auf der allgemeinen
Industrie-Ausstellung zu Paris.
Die Gasmaschinen auf der Pariser Industrie-Ausstellung von 1867 waren, außer
einer einzigen, einer deutschen, französischen Ursprungs. Als Aussteller solcher
Maschinen hatten sich nämlich betheiligt: die Pariser
Gasgesellschaft mit 5, die Gesellschaft der
Lenoir'schen Gasmotoren in Paris mit 2 und G.
Lefebvre, Ingenieur in Paris, als Constructeur und
Erbauer der Lenoir'schen Gasmaschinen, noch besonders mit
1, sodann P. Hugon und Comp in Paris mit 6 und endlich N.
A. Otto und E. Langen in Cöln
mit 1.
Diese verschiedenen Gasmaschinen können nach ihren Erfindern und ihren wesentlichen Eigenthümlichkeiten
in drei Systeme abgetheilt werden, nämlich:
1) in die Gasmaschinen nach dem System
von Lenoir;
2) in die Gasmaschinen nach dem System
von Hugon, und
3) in die Gasmaschinen nach dem System
von Otto und Langen.
Ihrer Wirkungsweise nach sind die Gasmaschinen der beiden
ersten Systeme, also sämmtliche französische Gasmaschinen, doppeltwirkend, während die Gasmaschine des dritten Systems, also die
deutsche Gasmaschine, nur einfachwirkend ist.
Bei jenen wird nämlich die Gasmischung abwechselnd hinter
und vor den Betriebskolben geleitet und entzündet, und dieser daher sowohl
vor- als rückwärts durch die directe Wirkung der
bei der Explosion entstehenden motorischen Kraft bewegt; bei dieser wird hingegen
die Gasmischung immer nur auf derselben Seite des Kolbens
zugeführt und zum Explodiren gebracht, und die Gasexplosion zunächst nur indirect zur Hervorbringung eines lüftverdünnten Raumes
benutzt, in Folge dessen dann der äußere atmosphärische Luftdruck zur Wirkung kommt und den Kolben rückwärts treibt.
Die deutsche Gasmaschine ist somit eine einfachwirkende atmosphärische Gasmaschine, ähnlich der
früheren Dampfmaschine von Newcomen.
Die französischen Gasmaschinen sind dagegen, wie gesagt,
doppelt- und directwirkende, analog den jetzt allgemein gebräuchlichen doppelt-
und directwirkenden Dampfmaschinen, welche, wie diese, stehend oder liegend
angeordnet seyn können.
Die ausgestellten Hugon'schen Maschinen sind auch wirklich
theils vertical, theils horizontal, die ausgestellten Lenoir'schen Maschinen dagegen alle liegend angeordnet, während bei der
Gasmaschine von Otto und Langen begreiflich die verticale Anordnung vorgezogen worden ist.
Was die Entzündung des Gasgemisches im Betriebscylinder
betrifft, so wird dieselbe bei den Lenoir'schen
Gasmaschinen auch jetzt noch wie von Anfang an durch die elektrischen Funken eines
Ruhmkorff'schen Inductionsapparates, bei den
Gasmaschinen von Hugon und von Otto und Langen hingegen durch gewöhnliche
Gasflammen bewirkt.
Diese letztere, zuerst von Hugon eingeführte und von Langen bald nachgeahmte Neuerung verdient als ein sehr
bedeutender Fortschritt im Betriebe der Gasmaschinen hervorgehoben zu werden, weil
dadurch die galvanische Batterie und der Inductionsapparat, also gerade die für die
Bedienung und Beaufsichtigung schwierigsten Theile der Maschine, ganz überflüssig
gemacht und beseitigt worden sind.
Die ausgestellten Lenoir'schen Maschinen zeigten indessen
gegen früher eine wesentliche Aenderung in der Einrichtung zum Schließen und Oeffnen des galvanischen Stromes.
Bei der früheren ConstructionSiehe polytechn. Journal Bd. CLVII S.
323 und Bd. CLXIII S.
161. war diese Einrichtung an der Führung, d.h. am Schlitten und der Kolbenstange
der horizontal angeordneten Maschine angebracht, wie sie zur Vergleichung mit der
neuen Einrichtung hier nochmals kurz beschrieben und in Fig. 1 übersichtlich
angedeutet werden soll.
Auf dem Schlittengestell der horizontal angeordneten Maschine waren nämlich bei der
alten Einrichtung drei eiserne oder sonst metallene Schienen a, b, c, d, und e, f befestigt, welche durch
eine Unterlage von Elfenbein oder einem anderen die Elektricität nicht leitenden
Stoff von dem eisernen Schlittengestell und von einander isolirt waren. Zwischen c, d und e, f lag eine
Elfenbeinplatte in gleicher Ebene. a, b stand mit dem
positiven oder Kohlenpole
der Batterie, c, d und e, f
dagegen standen mit dem negativen oder Zinkpole der Batterie und unter einander in
leitender Verbindung. An dem Gleitkopf der Kolbenstange waren zwei ungleich lange
Stifte oder Federn befestigt, wovon die eine, die längere, auf der Metallschiene a, b und die andere, die kürzere, auf den Schienen c, d und e, f und zwischen
denselben auf der in gleicher Ebene befindlichen Elfenbeinplatte hinglitt.
Bei der Bewegung des Kolbens im Betriebscylinder von links nach rechts oder umgekehrt
von rechts nach links kam nun jedesmal, kurz nach der Umkehrung des Kolbenhubes, die
kürzere Feder von c, d, resp. von e, f auf das Elfenbeinstück, und dadurch wurde der galvanische Strom (der
Strom des Batteriedrahtes) abwechselnd unterbrochen und sofort auch wieder, wenn der
Stift mit der Schiene e, f resp. c, d in Berührung trat, geschlossen. Gleichzeitig entstand bei jeder
Unterbrechung im Inductionsdraht (des Inductionsapparates) ein Inductionsstrom,
welcher an den in den Betriebscylinder einmündenden und dort unterbrochenen Enden
desselben elektrische Funken hervorbrachte, wodurch alsdann die gerade vorhandene
Gasmischung entzündet und zur Explosion gebracht wurde.
Diese Einrichtung ist nun an den ausgestellten neueren
Maschinen derart abgeändert, wie es in den Figuren 2, 3 und 4 dargestellt ist. Dabei
sind die Federn und Schienen mit dem isolirenden Gleitstück durch einen mit der
Treibwelle a in Verbindung stehenden Uebertrager von folgender Einrichtung ersetzt.
Auf der Treibwelle a ist ein eiserner Arm b befestigt, der mit einem unterlegten Elfenbeinstück
b₁, versehen und dadurch von dem Messingstück
b₂ isolirt ist, welches bei der Drehung der
Achse über die vorstehenden Ränder c₁, und c₂ der in der Mitte ausgehöhlten messingenen
Rolle c hingleitet und bei jeder Umdrehung zweimal das
Schließen und Oeffnen des galvanischen Stromes bewirkt. Dazu ist die Messingscheibe
c an zwei entgegengesetzten Stellen mit zwei
eisernen Bogen d₁ und d₂ versehen, die ihrerseits wieder auf den isolirenden
Segmentstücken c₁ und c₂ aus Elfenbein oder eitlem anderen die Elektricität nicht
leitenden Stoff befestigt und bei e', e' und e'', e'' in Bezug auf den äußeren Rand c₁ der messingenen Scheibe c unterbrochen sind. Bei f₁ und f₂ sind die Klemmschrauben für den von dem
positiven Pole der Batterie herkommenden und durch den Inductionsapparat gehenden
Batteriedraht an den Eisenbogen d₁, und d₂, und bei g ist
eine solche für den zum negativen Pole der Batterie zurücklaufenden Batteriedraht an
dem äußeren Umfang der Messingrolle c angebracht. Durch
den Ansatz h, h ist die ganze Uebertragsrolle mit der
Lagerplatte des Lagers i, i fest verbunden, aber zugleich durch eine die
Elektricität nicht leitende Zwischenschicht isolirt.
Das Schließen und Oeffnen des galvanischen Stromes und das
Erzeugen der elektrischen Funken durch den inducirten Strom geschieht nun
wie folgt: Hat der Arm b eine Stellung wie in Fig. 2 und 3, so daß er,
außer dem inneren Rand c₂ zugleich auch den
äußeren Rand c₁ der Messingrolle c berührt, so ist der galvanische Strom unterbrochen,
weil dann der von der Batterie herkommende und nach f₁, und f₂ hinlaufende Draht in
keiner leitenden Verbindung mit dem von g zur Batterie
zurücklaufenden Draht steht. Hat aber der Arm b eine
solche Lage, daß er das Eisenstück d₁, oder d₂ berührt, siehe Fig. 4, so ist der
galvanische Strom geschlossen, weil alsdann der von der Batterie herkommende Draht
mittelst der Klemmschraube f₁, oder f₂, des Eisenstückes d₁, oder d₂, des mit letzterem
in Berührung stehenden Messingstückes b₂, des
inneren Randes c₂, und der Rolle c selbst mit dem zur Batterie zurücklaufenden Draht g in leitender Verbindung ist.
Bei jeder Umdrehung der Betriebswelle a und des damit
fest verbundenen Armes b wird also auch bei dieser neuen
Einrichtung, wie man sieht, der galvanische Strom zweimal unterbrochen, und
gleichzeitig der inducirte Strom im Inductionsdraht erzeugt, welcher sofort an den
beiden Enden des Betriebscylinders als elektrische Funken überspringt, wodurch die
in dem einen Cylinderraum jedesmal vorhandene Gasmischung entzündet und zum
Explodiren gebracht wird.
Im Uebrigen ist die Einrichtung dieser Lenoir'schen
Gasmaschine der Hauptsache nach dieselbe, wie sie in den oben erwähnten Abhandlungen
nach beigegebenen Abbildungen beschrieben ist, auf welche wir daher die Leser des
Journals verweisen müssen.
Die Gasmaschinen von Hugon arbeiten, wie bereits bemerkt,
mit einer gewöhnlichen Gasflamme, ohne galvanische Batterie und ohne
Inductionsapparat. Nach einer während der Ausstellung uns zugekommenen Mittheilung
ist dieser Mechaniker seit mehr als 13 Jahren unablässig mit der Verbesserung und
Vervollkommnung dieses Motors beschäftigt, und hat zur Sicherung seiner
Prioritätsrechte nicht weniger als 12 Erfindungspatente darauf genommen. Eine der
neuesten und wichtigsten Verbesserungen betrifft nun eben die Entzündung der Gasmischung im Betriebscylinder durch kleine Gasflämmchen
statt durch elektrische Funken. Von sehr günstigem Erfolge hat sich auch die von ihm eingeführte Neuerung erwiesen, wornach in den Betriebscylinder für jede Gasfüllung etwas
Wasser eingespritzt wird, welches dann, indem es theilweise verdampft,
nicht nur durch den erzeugten Wasserdampf die Betriebskraft erhöht, sondern zugleich auch zur
Abkühlung und zur besseren Erhaltung der beweglichen Maschinentheile dient.
In Folge dieser Verbesserungen sey noch überdieß der
Vortheil erreicht worden, daß die Maschine keinen
beständigen Wärter mehr nöthig habe, indem eine
Stunde Zeit
per Arbeitstag für den Wärter zur Bedienung, d.h. zur
Reinigung und Einölung, vollkommen genüge.
Eine solche Hugon'sche Gasmaschine mit stehender Anordnung
ist in Figur 5
und 6 im
verticalen Längenschnitt und in der Seitenansicht dargestellt. Darin zeigt A den Betriebscylinder mit seiner Umhüllung a für die Circulation des Wassers, welches zur Abkühlung
des Gascylinders nöthig ist; B den Betriebskolben mit
seiner Kolbenstange b und der Führung b': C die Treibstange, welche einerseits mit der
Kolbenstange b und andererseits mit der Kurbel c verbunden ist; D die
Treibwelle, auf welcher, außer der Kurbel c, die
Treibrolle d und das Schwungrad V, sowie die beiden Excenter e und g für die Steuerung, und das Gebläse für die Gasmischung
aufgesetzt sind; E den Vertheilungsschieber und F den Zulaßschieber für die Gasmischung, welche beide
durch das Excenter e auf- und abbewegt werden;
G das Gebläse zur Mischung des Leuchtgases mit der
atmosphärischen Luft, welches vom Excenter g aus
mechanisch betrieben wird; H ein Gasreservoir, welches
mittelst einer (in der Zeichnung nicht sichtbaren) hinter dem Gebläse G angebrachten kleinen Handpumpe von Zeit zu Zeit vom
Gaszuleitungsrohr aus gefüllt wird und von welchem aus unter geeignetem Druck die
festen, permanenten Entzündungsbrenner J₁, J₂ gespeist werden, welche oben und unten außen
am Cylinder angebracht und bestimmt sind, bei der hin- und hergehenden
Bewegung des Schiebers E die beweglichen
interimistischen Brenner k₁, k₂ nach jedem Hube wieder anzuzünden, die
ihrerseits dazu dienen, die in den Cylinderraum über und unter den Kolben bei l₁ und l₂
eingeführte Gasmischung zu entzünden und dadurch zur Explosion zu bringen; M, M das Maschinengestell mit den Längenstreben N und den Querstreben O₁,
O₂: p die mit dem Excenter e in
Verbindung stehende Vorrichtung, wodurch bei jedem Hub eine kleine Menge Wasser
durch die Röhren q₁, q₂ in den Cylinder über oder unter den Kolben zugeleitet wird; R den Centrifugalregulator, wodurch der Zutritt der
Gasmischung entsprechend der Geschwindigkeit der Maschine regulirt wird, und endlich
bemerkt man bei s auch noch die Ausflußöffnung und bei
T das Abzugsrohr für die verbrauchten Gase.
Genügen diese Angaben, um sich über die Construction der
Maschine im Allgemeinen zu orientiren, so verlangt die Einrichtung zur
Entzündung der Gasmischung im Betriebscylinder durch die Gasflämmchen der oben
erwähnten festen und beweglichen Brenner jedoch noch eine besondere
Erläuterung.
Dazu bemerke man, daß der Vertheilungsschieber E, außer
den gewöhnlichen Canälen k₁, k₂ zur Einströmung des Gases in den Cylinder,
noch zwei andere kleine Höhlungen besitzt, in welche die Brenner K₁, K₂
einmünden und welche im geeigneten Moment, und zwar immer bald nach Beginn des
Hubes, mit den Vertheilungswegen l₁, l₂ des Gascylinders in Communication kommen. In
Fig. 5
ist, wie man sieht, der Fall gezeichnet, wo die obere Höhlung des Brenners K₁ mit dem oberen Vertheilungswege l₁ des Cylinders communicirt und entsprechend der
Kolben im Abwärtsbewegen begriffen ist. Die Brenner K₁, K₂ werden mit Gas von ziemlich
starkem Druck gespeist, der, bis zu einer 60 bis 70 Centimeter hohen Wassersäule
äquilibrirt, mittelst eines kleinen, durch die Maschine selbst in Bewegung gesetzten
Gebläses erzeugt wird.
Dadurch dringt die Flamme dieser Brenner durch die Seitenöffnungen gegen die
Vertheilungswege des Cylinders und entzündet im Moment, wo ihre Communication
eintritt, die Gasmischung im entsprechenden Cylinderraum. In Folge der bei der
Explosion entstehenden motorischen Kraft wird sodann der Kolben abwärts getrieben
und die unter demselben befindlichen Verbrennungsgase des vorausgegangenen Hubes
werden durch die Oeffnung s und das Rohr T ausgetrieben.
Währenddem bewegt sich der Schieber E in die Höhe und es
wird nun die obere Verbindung zwischen den Canälen k₁, k₂ und l₁ aufgehoben und die untere zwischen k₂, k₂ und l₂ hergestellt, wobei nämlich der untere Canal k₂ und bald auch der untere Brenner K₂ mit dem unteren Vertheilungsweg l₂ in Verbindung tritt und die Gasmischung im
unteren Cylinderraum entzündet, und der Kolben in Folge der bei der Explosion
entstehenden bewegenden Kraft in die Höhe getrieben wird.
Bei dieser sich nun auf gleiche Weise wiederholenden hin- und hergehenden
Bewegung des Schiebers E werden die Flammen der Brenner
K₁, K₂, nachdem sie bei jedem Hub die
entsprechende Gasmischung im Betriebscylinder entzündet und zur Explosion gebracht
haben, ausgelöscht, von den außen am Cylinder angebrachten, fortwährend unter
schwachem Druck brennenden und von H aus genährten
Gasflämmchen J₁ und J₂ im Vorbeigehen sofort wieder angezündet, und zwar ganz regelmäßig
und sicher, wie wir uns durch eigene wiederholte Beobachtungen überzeugen
konnten.
Was nun die Einrichtung der Gasmaschine von Otto und
Langen betrifft, so findet sich dieselbe bereits in einem
früheren ArtikelPolytechn. Journal Bd. CLXXXVI S. 90;
zweites Octoberheft 1867. beschrieben und abgebildet, weßhalb wir uns in dieser Beziehung darauf
beschränken, die Leser des Journals auf jenen Artikel zu verweisen. Wohl aber möge
hier nochmals auf die principielle Eigenthümlichkeit hinsichtlich ihrer indirecten
Wirkungsweise Bezug genommen werden. Da nämlich bei dieser Maschine die
Kolbenstange, während der Kolben sich nach oben bewegt, von der Treibachse
ausgelöst, während der Kolben sich abwärts bewegt, aber mit der Treibachse wieder in
Verbindung seyn muß, um die in dieser zweiten Periode der Umdrehung auf ihn
ausgeübte Arbeit auf dieselbe übertragen zu können, so hatten die Erfinder bei
dieser dem Princip nach wohl motivirten Neuerung vor Allem einen hierzu geeigneten
Uebertragungsmechanismus auszudenken. Es war dieß für
sie, wie wir schon früher einmal hervorgehoben haben,Siehe unsere Notizen im polytechn. Journal Bd. CLXXXIII S. 106. keine leichte Aufgabe. Die Lösung, wie sie die in Paris ausgestellte
Maschine zeigte und wie sie in dem oben angeführten Artikel (Bd. CLXXXVI S. 90
dieses Journals) näher beschrieben und in den beigegebenen Zeichnungen dargestellt
ist, scheint uns nun aber noch nicht in der Vollkommenheit gelungen zu seyn, wie es
bei den übrigen Vorzügen der Maschine zu wünschen wäre. Denn nicht nur verursacht
dieser Uebertragungsmechanismus oder das sogen. Schaltwerk der Erfinder mit dem sich
fliegend schnell auf- und abbewegenden Kolben einen nicht besonders
angenehmen Lärm, sondern die dabei entstehenden Erschütterungen und Rückstöße üben
natürlich auch ihren nachtheiligen Einfluß auf die Erhaltung und Dauerhaftigkeit der
Maschine und ihrer Unterlage aus. Aus diesem Grunde müssen wir daher auch
befürchten, daß die einzelnen Theile des Schaltwerkes und insbesondere der in die
Zahnstange des Kolbens eingreifende Zahnkranz mit seinen inneren Keilbahnen, sowie
die innere auf die Treibwelle festgekeilte Scheibe mit den zwischenliegenden
Metallrollen sich bald so ausgenutzt haben werden, daß das Ganze, wenn auch nicht
gerade seinen Dienst versagen, so doch nicht mehr regelmäßig und sicher gehen und
daher bald Unterbrechungen und Reparaturen nöthig machen werde.Bei dieser Gelegenheit müssen wir überdieß auf einen Fehler aufmerksam
machen, der sich in dem oben erwähnten Artikel bezüglich der Beschreibung
des Schaltwerkes vorfindet. Es heißt nämlich dort, daß die zwischen den
Keilflächen des Zahnkranzes und der auf der Betriebswelle festsitzenden
Scheibe befindlichen Metallrollen bei einer Drehung des ersteren
„in der Richtung des Pfeiles,“ der in den
betreffenden Figuren (siehe Fig. 1, 5 und
6
jenes Artikels) von rechts gegen links zeigt, keine
Reibung auf der letzteren verursachen, daß dieselben dagegen bei
der „entgegengesetzten“
Bewegungsrichtung sich zwischen die Keilflächen des Zahnkranzes und der auf
der Treibwelle festsitzenden Scheibe festrollen, so daß die erzeugte Reibung ein Gleiten und Voreilen des
Zahnkranzes nicht mehr zulasse und dieser in Folge dessen mit der Scheibe
und damit auch mit der Treibwelle verkuppelt werde.Diese Erklärung paßt nun aber keineswegs zu der in jenen Figuren angegebenen
Pfeilrichtung. Denn sonst wäre ja das Schaltwerk in der aufwärts gerichteten
Bewegung des Kolbens mit der Treibwelle gekuppelt und bei der abwärts
gerichteten Bewegung desselben ausgelöst, während dieß in Wirklichkeit
gerade im umgekehrten Sinne stattfindet, weßhalb die Pfeilrichtung in den
erwähnten Figuren offenbar nach der entgegengesetzten Seite von links nach
rechts zeigen sollte. Denn dann wird beim Aufwärtsbewegen des Kolbens und
der mit ihm befestigten Zahnstange der in diese eingreifende Zahnkranz die
innere Scheibe mit der Treibwelle in der That, wie es seyn soll, nicht
mitnehmen, während beim Abwärtsbewegen des Kolbens die Metallrollen sich
zwischen die Keilflächen des Zahnkranzes und der inneren Scheibe nothwendig
festrollen, in Folge dessen diese mitgenommen und die Bewegung des ersteren
auch auf diese und damit auch auf die Treibwelle übertragen wird.
Für diesen Uebertragungsmechanismus erhielten die Erfinder jedenfalls nicht die goldene Medaille, welche ihnen von der Jury für ihre
ausgestellte Maschine zuerkannt worden ist. Dieß geschah zweifelsohne mehr für das darin verwirklichte Princip, wornach die bei der Explosion
der Gasmischung entstehende motorische Kraft nicht direct auf die Treibwelle
übertragen, sondern zunächst nur zur Herstellung eines unter dem Betriebskolben
stattfindenden sehr verdünnten Raumes und erst indirect durch den hierauf zur
Wirkung kommenden äußeren atmosphärischen Luftdruck zur Umdrehung derselben
benutzt wird, sowie und ganz vorzüglich auf Grund der mit der Maschine
angestellten Versuche, nach welchen sich der Gasverbrauch beträchtlich geringer,
die Leistungsfähigkeit also entsprechend größer als bei den anderen
französischen Gasmaschinen herausgestellt hat, die deßhalb auch nur mit der
silbernen Medaille ausgezeichnet worden sind.
Bei den Versuchen, welche von den Ingenieuren der Pariser Gasgesellschaft in
Gegenwart einzelner Jurymitglieder mit der von Otto und
Langen ausgestellten Maschine angestellt worden sind,
haben sich nämlich folgende Resultate ergeben.
Bei einer ersten Versuchsreihe stellte sich der
GasverbrauchperStunde und Pferdekraft auf 1,102 Kubikmet., bei einer zweiten auf 1,038 Kubikmeter, bei einer dritten auf 0,896 Kubikmeter, im Mittel also auf 1,013 oder in runder Zahl auf 1 Kubikmeter.Dabei betrug im ersten Falle die Belastung des Bremshebels 4 Kil., die
Geschwindigkeit der Treibwelle 112 Umdrehungen per Minute und der entsprechende Nutzeffect 46,89
Kil.-Meter; im zweiten Falle hingegen war der Bremshebel mit 4,5
Kil.
belastet, machte die Treibwelle 88 Umdrehungen per Minute und war der Nutzeffect 41,4 Kil. Met.; im dritten Falle
war endlich die Belastung des Bremshebels 5,5 Kil., die Anzahl der
Umdrehungen 66 und der Nutzeffect 37,95 Kil.-Mer.
Da dieses überraschend günstige Resultat von vielen Seiten, namentlich von den
französischen Concurrenten, nicht ohne einiges Mißtrauen betrachtet worden ist, so
wurden die Versuche unter Zuziehung gewichtiger Autoritäten zur völligen Beseitigung
der entstandenen Zweifel am 12. August in der preußischen Abtheilung des
Ausstellungsgebäudes wiederholt, welche dann das Ergebniß lieferten, daß die Gasmaschine von Otto und Langen
per
Stunde und Pferdekraft 1367 Liter
oder 1,367 Kubikmeter oder circa
50 schweizerische Kubikfuß Leuchtgas consumirte und
dabei äußerst wenig Kühlwasser bedurfte, dessen Temperatur kaum höher als die
der äußeren atmosphärischen Luft stieg.
Stellt sich nach diesen letzteren Versuchen der
Gasverbrauch der Maschine von Otto und Langen auch
wirklich etwas höher als nach den ersteren, so ist
derselbe doch immerhin noch bedeutend kleiner als bei den
französischen Gasmaschinen.
Was in dieser Beziehung die Lenoir'schen Gasmaschinen
betrifft, so wurden damit bezüglich ihrer Leistungsfähigkeit und ihres
Gasverbrauches wiederholt Versuche angestellt. So fand Tresca
Siehe polytechn. Journal Bd. CLXIII S.
161. als Ergebniß einer ersten Versuchsreihe den Gasverbrauch derselben per Stunde und Pferdekraft zu 2712 Liter und als
Ergebniß einer zweiten Versuchsreihe zu 2878 Liter, also im Mittel zu 2795 Liter
oder 2,795 Kubikmeter oder circa 100 Kubikfuß, und Le Bleu
Siehe polytechn. Journal Bd. CLXXX S. als Mittel von fünf Versuchsreihen 2984 Liter oder 2,984 Kubikmeter oder circa 110 Kubf.
Die Gasmaschinen von Hugon anbelangend hat Tresca in neuester Zeit damit ebenfalls sorgfältige
Versuche angestellt,Siehe den folgenden Artikel dieses Heftes. und darnach stellt sich der Gasverbrauch dieser Maschine per Stunde und Pferdekraft im Mittel auf 2606,6 Liter
oder 2,6066 Kubikmeter oder circa 96 Kubf.
Hieraus ersieht man zugleich, daß der Gasconsum bei der Hugon'schen Maschine zwar etwas geringer als
bei der Lenoir'schen Maschine, aber immerhin noch beträchtlich stärker als bei der Maschine von Otto und Langen ist.
Aehnlich verhält es sich auch bezüglich des Verbrauches an
Kühlwasser.
Nach den obigen Versuchen von Tresca wurden nämlich bei einer Lenoir'schen Gasmaschine von 1,02 Pferdekräften Nutzeffect in der Stunde 800 Liter Kühlwasser bei einer anfänglichen Temperatur
von 18° und einer Endtemperatur von 40° C., dagegen bei einer Hugon'schen Gasmaschine von 2,07 Pferdekräften Nutzeffect während der Versuchszeit von 5 Stunden 1286 Liter oder also in einer
Stunde durchschnittlich 257 Liter bei einer Anfangstemperatur von 19° und einer Endtemperatur von 44° C. verbraucht.
Hugon selbst rechnet für seine Maschine im regelmäßigen Betrieb per Stunde und Pferdekraft 500 Liter Kühlwasser und noch besonders 50 Liter Einspritzwasser.
Vergleichen wir endlich auch noch den Ankaufspreis um welchen die Maschinen dieser drei verschiedenen Systeme geliefert werden, so stellt sich derselbe nach den uns vorliegenden
Publicationen folgendermaßen heraus:
Lefebvre liefert die Lenoir'sche Maschine rei ab Paris
zu„„„
½123
Pferdekraft„„„
für„„„
800130020002500
Frc.„„„
Hugon berechnet seine Maschinefrei ab Paris
von„„„
½123
„„„„
„„„„
1400180024003000
„„„„
Otto und Langen liefern ihre Maschinefrei ab Cöln
von„„
„12
„„„
„„„
131216872175
„„„
Aus diesen Angaben folgt daher, daß die Lenoir'schen Maschinen bie billigsten und die Hugon'schen Maschinen die theuersten sind. Bezüglich der Maschine von Otto und Langen ist noch zu bemerken, daß die kleinste Sorte von ½ Pferdekraft ohne Regulator verstanden ist. Zugleich sieht man aber, daß
der Ankaufspreis bei allen Gasmaschinen ungefähr derselbe oder doch nicht viel niedriger als bei den Dampfmaschinen von gleichem
Effect ist.
Anders stellen sich freilich die Unterhaltungskosten dieser verschiedenen Motoren.
Angenommen, eine kleine Dampfmaschine consumire per Stunde und Pferdekraft 5 Kil. oder 10 Pfd. Steinkohlen, was jedoch nur im ungünstigsten Falle stattfinden wird, so macht
dieß, den Centner Steinkohlen zu 1½ Frc. gerechnet, erst eine Auslage von 15 Centimes.
Nun verbraucht aber nach obigen Angaben eine Gasmaschine von Otto und Langen per Stunde und Pferdekraft noch immer 1,367
Kubikmeter
oder circa 50 Kubikfuß Gas. Rechnen wir daher den
Kubikmeter Leuchtgas auch nur wie in Paris zu 30 Centimes, was mit dem Preis des
Leuchtgases in Cöln so ziemlich übereinstimmt, da dort 1000 Kubikfuß engl. 50 Ngr.
kosten,In St. Gallen ist das Leuchtgas mehr als doppelt so theuer, da daselbst 1000
Kubikfuß schweiz. noch immer, wie seit Anfang an, 14 Frc. kosten!
so beträgt die Auslage für den Gasverbrauch einer Maschine von
Otto und Langen per Stunde und Pferdekraft
gleichwohl nicht weniger denn 41,01, also etwas
über 40 Centimes, folglich 2 2/3mal mehr als bei einer einpferdigen Dampfmaschine.
Bei den beiden anderen Systemen stellt sich aber das Verhältniß noch viel
ungünstiger. Denn nach obigen Angaben consumirt eine Hugon'sche Gasmaschine per Stunde und
Pferdekraft durchschnittlich 2,6 Kubikmeter, was, bei dem angegebenen Preise von 30
Centimes per Kubikmeter, eine Auslage von 78 Centimes,
also über 5mal mehr als bei der einpferdigen Dampfmaschine ausmacht. Da die Lenoir'sche Maschine per
Stunde und Pferdekraft durchschnittlich 2795 Liter oder 2,8 Kubikmeter Leuchtgas
verbraucht, so macht dieß sogar eine Auslage von 84 Centimes, also 5 3/5mal mehr als
bei der einpferdigen Dampfmaschine.
Die Unterhaltungskosten für eine Gasmaschine kommen also im
günstigsten Falle zur Zeit noch über 2 1/2mal so hoch
zu stehen, als bei einer Dampfmaschine von gleicher Leistungsfähigkeit,
wenn auch die übrigen Kosten für die Schmierung und Bedienung für beide Motoren
gleich angenommen werden, welche bis jetzt aber, vom Dampfkessel abgesehen,
ebenfalls für die Gasmaschine eher höher als für die Dampfmaschine ausfallen.
Vom rein ökonomischen Standpunkt aus können daher die
Gasmaschinen selbst für kleine Kräfte noch immer nicht mit den Dampfmaschinen
concurriren. Wohl aber gibt es eine Menge Fälle, wo die Gasmaschine
gleichwohl mit Vortheil statt der Dampfmaschine verwendet werden kann. Dieß ist
namentlich überall da der Fall, wo man kleine Betriebskräfte nur während kurzer
Zeitabschnitte bedarf, oder wo in einem Local die Aufstellung einer Dampfmaschine
nicht zulässig oder gar polizeilich verboten ist.
Aus diesem Grunde haben sich auch die Gasmaschinen in den
letzten Jahren immer mehr verbreitet, und finden sich dieselben bereits in großer
Anzahl in den Kleingewerben wirklich praktisch angewendet, namentlich statt des
sonst viel gebrauchten Kurbelrades, zum Theil aber auch, wenigstens für kleine
Effecte von 1/2 bis 2 und 3 Pferdekräften,
statt der Dampfmaschinen, die bekanntlich wegen der mit
denselben verbundenen Gefahren hinsichtlich der möglichen Dampfkesselexplosionen
in gewöhnlichen Wohnhäusern und Arbeitswerkstätten nicht wohl anwendbar
sind.
Dazu kommt noch der weitere Vortheil, daß die Gasmaschinen in jedem Augenblick nach Belieben und
Bedürfniß in und außer Gang gesetzt werden können und zwar ohne alle
Vorbereitung und den geringsten Gasaufwand, während die Dampfmaschinen, bevor
sie in Betrieb gesetzt werden können, immer längere Zeit, wenigstens eine halbe
Stunde lang, vorher zur Entwickelung des nöthigen Wasserdampfes angeheizt und auch während des Stillstandes, falls sie
später wieder in Gang gesetzt werden sollen, fortgeheizt werden müssen.
Nach einer mir vorliegenden Publication von Lefebvre
befanden sich schon zur Zeit der Ausstellung nicht weniger als circa 140 bloß Lenoir'sche
Maschinen von 1/2 bis 2 und 3 Pferdekräften allein in Paris und wenigens ebenso
viele im übrigen Frankreich und im Ausland, und zwar in den meisten Ländern Europa's
sowie in Nord- und Südamerika. Davon kommen 9 Exemplare auf Deutschland und
zwar 3 auf Wiesbaden, 2 auf Hannover, 1 auf Berlin, 1 auf Augsburg, 1 auf München
und 1 auf Wien.
Wie viele Gasmaschinen von Hugon, sowie von Otto und Langen bis jetzt zur
praktischen Anwendung gelangt sind, wissen wir nicht; aber jedenfalls ist die Zahl
derselben, wenigstens nach dem ersteren System, nicht unbeträchtlich, da sie, wie
wir gesehen, ja noch ökonomischer als die Lenoir'schen
Maschinen sind.
Am meisten trifft man diese verschiedenen Gasmaschinen in Paris in Lithographien und
Druckereien, für den Betrieb von Pumpen zur Wasserversorgung, in Bäckereien ganz
besonders zum Betriebe der Knetmaschinen, für Ebenisten, Tischler und Dreher, in
Selterswasser-Fabriken, in Chokolate- und Farbemühlen, zum Betriebe
von Zuckersägen, in Wurstereien und Gießereien, in Bijouterie- und
Stecknadelfabriken, in Seidenzwirnereien u.s.w. verwendet.
Nach den jetzt vorliegenden Erfahrungen und den darauf basirten Mittheilungen dürfen
wir wohl hoffen, daß die Gasmaschinen unter den angegebenen Gesichtspunkten auch bei
uns in Deutschland und der Schweiz immer mehr Aufnahme finden werden.