Titel: | Ueber das Ausrücken der Krempeln; von Benno Nieß, Spinnereidirector in Dorfschellenberg bei Chemnitz. |
Fundstelle: | Band 187, Jahrgang 1868, Nr. VII., S. 37 |
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VII.
Ueber das Ausrücken der Krempeln; von Benno Nieß, Spinnereidirector in
Dorfschellenberg bei Chemnitz.
Aus der deutschen Industriezeitung, 1867, Nr.
40.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Nieß, über das Ausrücken der Krempeln.
In der deutschen Industriezeitung, 1863 Nr. 18, findet sich eine Krempelausrückung
von Platt, Richardson und Holland beschrieben, die in ihrer Ausführung nicht allein complicirt,
sondern auch, in der angegebenen Form wenigstens, für solche Krempeln nicht
anwendbar ist, bei denen der Abzug und Einzug mittelst Ketten und Kettenräder
betrieben wird. Bei den von der Th. Wiede'schen
Maschinenfabrik in Chemnitz construirten Krempeln ist die in Fig. 24 dargestellte
Einrichtung getroffen. Die Abzugswelle a, auf welcher
das Rad b zur Bewegung des Filets und von hier aus des
Einzuges befestigt ist, wird mit Hülfe des Kettenrades d
und der auf a festgekeilten Scheibe c, die durch die an e
befindlichen Stifte 1 und 2 mit d verbunden ist,
getrieben. Die Scheibe c ist auf der Welle a fest, während das Kettenrad d, auf dessen langer Nabe die Stiftenscheibe e
aufgeschoben ist, sich lose auf a dreht, und es ist
daher zum Stehenbleiben der Welle a nur nöthig, daß die
durch die Stifte 1 und 2 bewirkte Verbindung von d und
c durch Herüberziehen der Scheibe e nach der Richtung des Pfeiles gelöst wird. Reißt aber
das Band und wickelt um die Cylinder, so entstehen ganz unvermeidlich Brüche in den
Rädern, wenn nicht sogleich Jemand in der Nähe ist, der das Ausrücken besorgt; ja
bei dem durch das Wickeln entstehenden, ganz bedeutenden Druck in den Rädern ist es oft nur mit Hülfe
irgend eines Werkzeuges möglich, das Herüberziehen von e
zu bewirken.
Um nun diesem Uebelstande abzuhelfen, hat der Verfasser bei einer Wiede'schen Krempel die nachstehend beschriebene
Ausrückung angebracht, mit deren Hülfe bei dem Reißen des Bandes und dem durch die
Tuchwalze A nothwendig erfolgenden Wickeln die Welle a und mit dieser das Filet, der Einzug und der Abzug der
Krempel fast augenblicklich selbstthätig zum Stillstand kommt. Unter den Cylindern
K befindet sich eine Tuchwalze A (Fig. 24 und 26), die, vor
den Cylindern etwas vorstehend, in das gabelförmige Stück B eingelegt ist, welches mit dem um C₁
drehbaren, ungleicharmigen Hebel C in fester Verbindung
steht. Durch die Feder f₁ wird die Tuchwalze A gegen die Cylinder angedrückt. Mit dem Ende des Hebels
C ist der um E₁
drehbare Winkel E verbunden, in dessen Nase ein an dem
Stück F befindlicher Stift eingelegt ist. Auf die
Stiftenscheibe e ist eine Scheide e₁ (Fig. 24a und 24b) aufgesetzt, welche vier allmählich ansteigende Backen hat,
deren Höhe dem Spielraum zwischen der Scheibe e und dem
Stellring f gleich ist. Reißt nun das Band, so muß
sofort ein Wickeln um die Tuchwalze A erfolgen, welche
durch die Reibung in Umdrehung versetzt wird. Dabei wird die Gabel B und mit dieser das hintere Ende von C niedergedrückt, während der vordere Arm dieses Hebels
gehoben und, wie aus Fig. 25 ersichtlich, ein
seitliches Ausschlagen des oberen Armes des Winkels E
hervorgebracht wird; dadurch wird die Verbindung der Nase mit dem an F befindlichen Stifte gelöst und der vordere Theil von
F, der schwerer ist als der hintere, fällt nieder.
Die vordere Kante von F wird nun endlich, an den Backen
von e₁ emporsteigend, die Scheibe e₁, seitlich verschieben und so ein Lösen der
Verbindung zwischen dem Kettenrade d und der auf a festen Scheibe c
herbeiführen. Nachdem die Tuchwalze gereinigt ist, erfolgt das Einrücken durch das
Einlegen des Stiftes in die Nase des Winkels E, worauf
e₁ wieder herüber geschoben, also die Welle
a in Umdrehung versetzt und mithin auch der Abzug
und Einzug wieder in Gang gebracht wird. Der Halter h,
der auf dem Krempeltisch k befestigt ist, hat den Zweck,
den Arm B in seiner gehörigen Lage zu erhalten, und die
Feder f₁ darf nur eben so viel Spannung haben,
daß sie die Tuchwalze A an den Cylinder andrückt und ein
Mitnehmen der Walze bewirkt, da sonst beim Wickeln, statt daß C herunter gedrückt wird, leicht ein Heben des Cylinders erfolgt. Die
Hebelarme von C verhalten sich wie 1 : 2, die des
Winkels E wie 1 : 3, so daß schon eine sehr geringe
Senkung von B ein großes Ausschlagen des Winkels E hervorbringt.
Ebenso leicht läßt sich die Ausrückung der Scheibe e
durch eine Schere S (Fig. 27 und 27a) bewirken, die, um a' drehbar, durch die sehr starke Feder f angezogen wird, sobald die Verbindung des an S befindlichen Stiftes s und
der Nase am Hebel H sich löst, was bei dem Niedergehen
von H' sofort erfolgen muß. Sobald dann die Tuchwalze
gereinigt ist, kommt H mit Hülfe der Feder f₁ wieder in seine gehörige Lage und durch das
Einrücken von e muß sich der Stift wieder in die an H befindliche Nase einlegen. – Diese letztere
Vorrichtung läßt sich, wenn man die Schere horizontal legt und sie so zur Ausrückung
des Filetrades benutzt, an allen den Krempeln leicht verwerthen, die mit Hülfe von
Stirnrädern von der Trommel aus das Filet und den Abzug treiben, wie dieß bei den
meisten Krempeln geschieht.
Bei beiden Vorrichtungen läßt sich auch das Wickeln der Ober- oder
Ledercylinder auf einfache Weise dadurch verhüten, daß man die Druckstangen der
Cylinder mit einem Hebel in Verbindung bringt, dessen einer Arm den Tuchwalzenhalter
niederdrückt und somit ein Ausrücken der Krempel bewirkt, sobald in Folge des
beginnenden Wickelns der Obercylinder, die Druckstangen und somit der zweite Arm des
Hebels in die Höhe gehen.