Titel: | Ueber Saxby's Methode, das Eisen durch Magnetismus auf Unterbrechung seiner Continuität durch Poren, Adern etc. zu prüfen; von F. A. Paget. |
Fundstelle: | Band 187, Jahrgang 1868, Nr. X., S. 43 |
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X.
Ueber Saxby's Methode, das Eisen durch Magnetismus auf
Unterbrechung seiner Continuität durch Poren, Adern etc. zu prüfen; von F. A. Paget.
Im Auszuge aus dem Engineer, November 1867, S. 463, nebst
Anmerkung des Referenten.
Ueber Saxby's Methode, das Eisen durch Magnetismus zu
prüfen.
Bekanntlich ist es mit sehr großen Schwierigkeiten verbunden, in einer gegossenen
Eisen- oder Stahlmasse, Stellen, an welchen die Dichte und Gleichartigkeit
plötzlich sich ändert, also Poren, Adern u. dgl. zu entdecken, und es ist überhaupt
die Aufgabe, die Homogenität eines Gußstückes in genauer Weise zu untersuchen, bis
jetzt noch nicht sicher gelöst. Daß die gleichen Schwierigkeiten beim gehämmerten
und gewalzten Eisen in bedeutendem Maaße hervortreten, zeigen die eisernen
Constructionstheile schwerer Maschinen u.s.w., sowie nicht minder die Panzerplatten
durch die eigenthümlichen Aenderungen, welche sie erfahren können, wenn sie von
Projectilen getroffen oder durchbohrt werden; auf diese Umstände ist namentlich erst
in der letzten Zeit in diesem Journale aufmerksam gemacht worden.Polytechn. Journal Bd. CLXXXV S. 375;
erstes Septemberheft 1867. Das einzige Mittel, welches man bis jetzt bei Constructionstheilen von
prismatischer oder cylindrischer Form u. dgl. anwendet, besteht in der Untersuchung
der Festigkeit des Stückes in dem Sinne, in welchem es
bei der Anwendung belastet wird oder Druck erfährt; daß dieses Verfahren in manchen
Fällen gar nicht benutzt werden kann, und namentlich da, wo die sogen.
Stoßfestigkeit in Anspruch genommen wird und der Widerstand durch die Einwirkung von
sogen. momentanen oder Stoß-Explosionskräften u.s.w. an allen Stellen der
gleiche seyn soll, zu gar keinem praktischen Resultate führen würde, ist ohnehin
bekannt. „Eine einfache Methode – sagt unsere Quelle – durch
welche die Unterbrechung der Continuität in Constructionstheilen sicher entdeckt
werden kann, würde daher von sehr großer Wichtigkeit seyn. Eine solche Methode
hat unzweifelhaft S. M. Saxby, der im Laufe des
Jahres mit den bezüglichen Experimenten in den königlichen Schiffswerften unter
Genehmigung der Admiralität sich beschäftigte, entdeckt. Die Untersuchungen sind
zwar noch nicht vollendet, das Verfahren wird auch vermuthlich noch weiterer
Vervollkommnung bedürfen, dasselbe gestattet aber die Möglichkeit, die
mechanischen Fehler im Schmiedeeisen, im Gußeisen, sowie im Stahl
aufzufinden.“
Das von Saxby angewendete Verfahren beruht auf bekannten
Principien: auf dem sogen. Magnetismus der Lage. Wird ein weicher Eisenstab in die
Richtung der magnetischen Inclination versetzt, so nimmt er bekanntlich magnetische
Polarität an, und zwar wird sein unteres Ende nord-, sein oberes
südpolarisch; diese temporäre magnetische Vertheilung verschwindet und wird gerade
die entgegengesetzte, wenn man ihn umkehrt und wieder parallel zur Inclinationsnadel
bringt, es wird nämlich wieder das abwärtsgeneigte Ende nord-, das andere
südpolarisch. In dieser Lage wird der durch Influenz vom Erdmagnetismus erzeugte
temporäre Magnet am stärksten; wird der Stab in verticale Lage gebracht, so nimmt er
eine ähnliche magnetische Vertheilung an, wie vorher, aber sein magnetisches Moment
wird geringer seyn, da in dieser Lage bloß die verticale Seitenkraft der
erdmagnetischen zur Thätigkeit kommt. Ebenso kann der Stab in jeder anderen Lage
temporär magnetisch werden durch alleinige Einwirkung der erdmagnetischen Kraft;
wird derselbe in einer zur Inclinationsnadel senkrecht stehenden Ebene (den sogen.
magnet. Aequator), also so angebracht, daß er die Ost-Westrichtung annimmt,
so wird er wieder lediglich von der Vertical-Intensität des Erdmagnetismus
afficirt, so daß also der südliche Magnetismus an dem oberen Theile längs des ganzen
Stabes, der nördliche an dem unteren sich anhäufen muß, während um seine Achse herum
längs seiner ganzen Länge die indifferente Stelle eintreten müßte, an welcher gar
keine magnetische Außenwirkung stattfindet.
Diese letztere Lage nun ist es, welche Saxby vorzugsweise
den zu untersuchenden Stäben gibt, um die Stellen innerhalb eines solchen Stabes zu
entdecken, wo die Homogenität unterbrochen wird. Saxby
geht nämlich, wie wir nach den Mittheilungen in der vorliegenden Quelle vermuthen,
von der Ansicht aus, daß, wenn man z.B. einen cylindrischen und vollkommen homogenen
Stab aus weichem Eisen in die genannte Ost-Westrichtung bringt, die
magnetische Vertheilung in der Art entstehen müsse, daß in allen Molecülen, die in
einer und derselben Verticalen liegen, der Magnetismus so angeordnet sey, wie in
einer gleichartig magnetisirten idealen Linie, die der Achse eines Stabmagneten
angehört; vermöge dieser Annahme müßte also in einem jeden Querschnitte des Stabes
der verticale Durchmesser und jede zu diesem parallele Sehne einen vollkommen
homogenen Magneten repräsentiren, dessen Nordpol am unteren, der Südpol am oberen
Ende sich befindet, während der Indifferenzpunkt in der Mitte seyn müßte. Wenn man
daher eine Compaßnadel genau in die Ebene versetzen könnte, welche mit der
indifferenten Fläche des temporären Stabmagneten zusammenfällt, so müßte diese
Nadel, wenn ihre Achse parallel zur Längenachse des Stabes von einem Ende des letzteren bis zum
anderen fortgeführt wird, beständig ihre Lage unverändert beibehalten, da dieselbe
von Kräften afficirt wird, deren Gesammtwirkung in jedem einzelnen Querschnitte
gegen die Nadel sich aufheben würde. Von dieser Hypothese ausgehend, nimmt nun Saxby an, daß, wenn im Verlaufe einer derartigen
Untersuchung die Probenadel ihre Lage ändert, d.h. nicht mehr rechtwinkelig gegen
die Achse des Stabes liegt, in dem betreffenden Querschnitte eine Unterbrechung der
Continuität stattfinden müsse, und daß sich die fehlerhafte Stelle durch wiederholte
Versuche u. dgl. aus der Größe und dem Sinne der Ablenkung u.s.w. mit Bestimmtheit
angeben lasse. – Unsere Quelle führt nun eine große Anzahl von Beispielen
auf, in welchen sich die Methode sicher bewährt haben soll, die jedoch einzeln hier
aufzuzählen zu unnöthigen Weitläufigkeiten führen würde. Es wurden unter Anderem
cylindrische Stäbe aus verschiedenen Sorten weichen Eisens von verschiedenem
Durchmesser in Gegenwart einer gemischten Commission, bei der auch die Schmiede der
„Royal Dockyards“ waren, der Untersuchung unterworfen; Saxby zeigte mittelst seiner Prüfungsnadeln die von ihm
aufgefundenen fehlerhaften Stellen an, und als der Stab an einer solchen Stelle
abgebrochen oder durchsägt worden war, entdeckte man an der Bruchfläche entweder
eine eigenthümliche Structur oder Krystallbildungen u. dgl. Ferner wurden eigens zu
diesem Zwecke ohne Wissen Saxby's, Stäbe aus weichem
Eisen angefertigt und dabei Stücke aus anderen Eisensorten eingeschweißt; bei
anderen Stäben wurden Stahlprismen, wieder bei anderen magnetisirtes Eisen beim
Schweißen eingesetzt u.s.w. In allen diesen und vielen anderen Fällen konnte Saxby jedesmal die Stelle, wo die Homogenität sich
änderte, aus den Ablenkungen und zuweilen sogleich aus den Oscillationen der
Prüfungsnadeln den Mitgliedern der Commission angeben.
Unsere Quelle erörtert nun die bedeutenden Vortheile, welche Saxby's Entdeckung zur Folge haben werde, wie man unter Anwendung
derselben auf die Elasticitäts- und Festigkeitsverhältnisse der eisernen
Constructionstheile von vornherein mit Sicherheit schließen könne, wie man die
Fehler beim Schweißen und Bearbeiten des Eisens aufzusuchen und zu beseitigen im
Stande sey, wie man die physikalischen Eigenschaften eines jeden Querschnittes,
sowie nicht minder die chemische Constitution einer Eisensorte zu beherrschen im
Stande sey, wenn die Untersuchungsmethode ihre Vollkommenheit erlangt haben
werde.
––––––––––
Die vom Verfasser vorgeführten Erörterungen würden sicherlich ihrer ganzen Ausdehnung
nach als richtig aufgenommen werden dürfen, wenn die Voraussetzungen, von welchen Saxby ausging, als physikalisch begründet angesehen
werden dürften. Letzterer geht nämlich stillschweigend unter Anderem von folgenden
Annahmen aus: 1) Jeder Stab aus weichem Eisen besitze für sich keinen permanenten
Magnetismus, sondern werde erst durch Influenz (Induction oder Vertheilung), durch
Einwirkung eines permanenten Magneten oder unter dem Einflüsse des Erdmagnetismus in
den temporär magnetischen Zustand verwandelt. 2) Wenn ein vollkommen homogener
Eisenstab in die äquatoriale Lage gebracht wird, so werde derselbe vollkommen
gleichartig magnetisirt, so daß in jedem Querschnitte genau im horizontalen
Durchmesser oder in der horizontalen Mittellinie nur unmagnetisch wirkende Partikel
sich befinden, während alle Partikel, welche gleichweit von dieser Mittellinie
entfernt sind und auf einer und derselben Seite liegen, gleich stark magnetisch
seyen und die symmetrisch gegen die Mittellinie lagernden Molecüle gleiche Polarität
in entgegengesetztem Sinne haben. – Was nun zunächst diese letztere
Voraussetzung betrifft, so muß, ganz abgesehen davon, daß es mit sehr bedeutenden
Schwierigkeiten verbunden seyn mag, eine Compaßnadel so anzuordnen, daß dieselbe
genau in der Halbirungsebene des Stabes fortgeführt werde, und daß ferner bei der
großen Annäherung der Nadel an den Stab nicht selbst wieder eine magnetische
Influenz in letzterem zu Stande kommen kann etc., welche zu Täuschungen Veranlassung
geben könnte, dieselbe (gelinde gesagt) als ungenau bezeichnet werden. Die
Erfahrungen, welche in dieser Beziehung bekannt geworden sind, und nicht minder die
exacten Untersuchungen hierüber, zeigen nämlich, daß eine derartige Vertheilung des
Influenzmagnetismus im weichen Eisen, wie sie von Saxby
vorausgesetzt wird, in der Wirklichkeit äußerst selten vorkomme, und deßhalb eine
ideale genannt werden dürfte. Wenn man einen als vollkommen homogen sich
darstellenden Querschnitt eines solchen temporären Magnetes, z.B. die Grundfläche,
nämlich eine der beiden Endflächen desselben in exacter Weise untersucht, so kann
man, ohne daß irgend eine Stelle dieser Fläche eine Ungleichartigkeit erkennen läßt,
wahrnehmen, daß eine ganz gleichartige Vertheilung des Magnetismus in einem solchen
offen liegenden Querschnitte nicht stattfindet; daß es überhaupt schwierig ist, das
Gesetz der Vertheilung des Magnetismus in einem solchen Querschnitte präcis
darzustellen, ist ohnehin bekannt. Daß dieser Umstand bei der Untersuchung, wie sie
von Saxby benutzt wird, zu Täuschungen Veranlassung geben
kann, können wir nicht in Zweifel ziehen; noch größere Täuschungen kann aber der
erste der vorher berührten Umstände veranlassen. Es gibt nämlich keine Eisensorte,
welche nicht schon entweder von Natur aus oder in Folge ihrer Behandlung u.s.w. in geringerem
oder höherem Grade permanent magnetisch ist, und es kann sogar als ausgemacht
angesehen werden, daß ein Eisenstab in Folge der influenzirenden Wirkung des
Erdmagnetismus unter Einwirkung der sogen. Atmosphärilien u.s.w. bis zu einer
gewissen Grenze einen immer höheren Grad von permanentem Magnetismus annehmen und
behalten kann. Dieser permanente Magnetismus hängt zuweilen von der Art und Weise
der Bearbeitung des Eisens, von der Behandlung desselben u.s.w. ab,Daß gewalzte Eisenplatten, wie sie im Handel vorkommen, einen hohen Grad von
permanentem Magnetismus besitzen können, hat Hr. Prof. v. Lamont in präciser Weise gezeigt. Zwei dünne
Eisenplatten, die eben zum Dachdecken verwendet werden sollten, wurden
untersucht und dabei gefunden, daß die eine einem 4pfündigen Magnetstabe von
Mayerstein gleich kam, die andere wenig
dahinter zurückblieb. Die Platten wurden südlich von einer freien Nadel in
12 Fuß Entfernung hingelegt und bezüglich auf den transversalen und
longitudinalen Magnetismus untersucht, die sich ungefähr wie 1 zu 4
verhielten. (Handbuch des Magnetismus von Dr. J.
Lamont, Leipzig 1867, S. 415; Allgemeine
Encyklopädie der Physik Bd. XV §. 87.) und es dürfte daher gewagt werden, hier auszusprechen, daß die homogen
scheinenden Eisenstäbe, mit denen Saxby experimentirte,
weit stärker in der gewöhnlichen oder längs einer anderen Richtung als permanente
Magnete angesehen werden konnten, als dieselben in dem vorher angegebenen Sinne
temporär magnetisirt waren. Der Anblick einiger der Abbildungen in unserer Quelle
läßt unmittelbar erkennen, daß z.B. ein Eisenstab von 12 Zoll Länge und 5/8 Zoll
Durchmesser, welcher einer derartigen Untersuchung unterworfen wurde, ein
permanenter Magnet schon vorher war, und ebenso jeder der übrigen, welche Saxby der Untersuchung unterstellte. Unserem Einwurfe
gegen die Sicherheit des Saxby'schen Verfahrens könnte
allerdings einmal der Umstand entgegengehalten werden, daß bei den in Rede stehenden
Versuchen gerade an solchen Stellen, wo die Probenadel anomale Erscheinungen zeigte,
der Stab beim Trennen an einem solchen Querschnitte auch jedesmal eine Heterogenität
an der Bruchfläche erkennen ließ. Nach unserer Ueberzeugung dürfte aber hieraus
nicht die Folgerung gezogen werden, daß an allen anderen Stellen des Stabes, wo die
Probenadel ihre Richtung nicht änderte, derselbe als vollkommen homogen und
fehlerfrei betrachtet werden konnte; man hätte vielmehr durch Controlversuche
nachweisen müssen, daß die Beschaffenheit mehrerer solcher tadelfrei scheinenden
Querschnitte an ihrer Bruchfläche auch wirklich dieses Verhalten zeige. Von
derartigen Gegenversuchen aber ist in unserer Quelle nicht die Rede, und sie
scheinen daher auch nicht angestellt worden zu seyn. Es könnte ferner die Einwendung
gemacht werden, daß an vielen Stellen mancher der untersuchten Stäbe die Nadel ihre
Richtung nicht änderte, und daß deßhalb auch diese Stäbe keinen permanenten Magnetismus hatten, die
anomalen Erscheinungen der Prüfungsnadel an anderen Stellen deßhalb der
Heterogenität des Stabes allein zugeschrieben werden mühten. Wenn man aber die
Schwierigkeiten erwägt, welche bei allen exacten magnetischen Untersuchungen
auftreten, so muß man erkennen, daß sich nur durch ganz präcise Methoden und unter
Anwendung von sehr empfindlich angeordneten eigentlichen magnetischen Meßapparaten
richtige Aufschlüsse über die wahre Vertheilung des Magnetismus in einem Eisenstabe
erlangen lassen, für welche eine gewöhnliche Compaßnadel nicht bloß viel zu
unempfindlich ist, sondern vielmehr zu Täuschungen führen kann.
Ob die von Saxby vorgeschlagene Methode auch bei
wirklicher Vervollkommnung derselben zu den angestrebten Resultaten jemals führen
werde, läßt sich von vornherein weder bejahen noch verneinen. Jedenfalls müßte man,
wenn man dieselbe mit präcisen Apparaten in der exactesten Weise in Anwendung
bringen wollte, vorher einen jeden der Eisenstäbe, Eisenplatten u. dgl., bezüglich
der Vertheilung des permanenten Magnetismus genau untersuchen, um den Einfluß des
letzteren gehörig in Rücksicht bringen zu können.
Was die übrigen Versuche betrifft, welche unsere Quelle erwähnt, und bei denen Stäbe
aus verschiedenen Eisensorten u. dgl. in auffallender Weise an einer oder der
anderen Stelle heterogen gemacht wurden, so kann man allerdings es nicht in Zweifel
stellen, daß in derartigen Fällen, wo eine plötzliche Aenderung der Kontinuität in
so beträchtlichem Maaße auftritt, schon eine gewöhnliche Compaßnadel auf anomale
Erscheinungen im Stabe selbst allerdings führen kann.
C. K.