Titel: | Gatling's Butteriegeschütz (Repetirkanone). |
Autor: | Darapsky |
Fundstelle: | Band 187, Jahrgang 1868, Nr. XLIV., S. 200 |
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XLIV.
Gatling's Butteriegeschütz (Repetirkanone).
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Gatling's Batteriegeschütz.
Nach der in Dr. J. Hirtenfeld's Militärzeitung vom 19. Juni 1867 mitgetheilten Ansicht des
Genie-Lieutenants J. Trauzl entspricht das, nach
Empfehlung durch das Bureau of Ordnance von der
amerikanischen Regierung zur Bewaffnung der Vereinigten Staaten-Armee
adoptirte Batterie-Geschütz des Amerikaners Gatling allen an ein gutes Grabengeschütz zu stellenden Anforderungen:
„rasches Feuer, starke Wirksamkeit bereits in der Nähe der Mündung und
geringer Rücklauf,“ daher es wenigstens für die Vertheidigung von
Festungen als Repetirgeschütz volle Beachtung verdient. Dasselbe besteht aus sechs
Stahlläufen von 1 Zoll Bohrungs-Durchmesser, welche durch vorn und rückwärts
befindliche Metallplatten in ihrer gegenseitigen Lage fixirt werden.
Die Patronen befinden sich rückwärts in einem Magazin aus Eisenblech und gleiten,
während die Laufbatterie mittelst einer Kurbel gedreht wird, von selbst nach
vorwärts, so daß die Ladung, so lange das Magazin Patronen enthält, von selbst
erfolgt. – Die Patronen haben Kupferhülsen; die Entzündung geschieht central
durch den Schlag eines Stiftes und die nach dem Schusse zurückbleibenden Hülsen
werden durch einen Extractor entfernt. Die Ladung der Patrone beträgt 1 1/2 Loth
Pulver. – Die Geschosse sind von zweierlei Art: entweder 2 1/2 Zoll lange und
15 Loth schwere Blei-Vollgeschosse, oder ein an der Spitze der Patrone
angebrachtes 4 Loth schweres Bleigeschoß mit zwischen diesem und dem Pulver
liegenden 15 Bleikugeln, deren 31 auf's Pfund gehen.
Zu Shoeburyneß vom Artillerie-Comité
angestellte Parallel-Schießversuche mit diesem
Batteriegeschütz und einem mit Kartätschgeschossen nach der Construction des
Lieutenants Reeve ausgerüsteten 9pfundigen Armstrong-Hinterladungs-Feldgeschütze
ergaben auf 150 Yards Zielentfernung ein Uebergewicht des ersteren, und auf 800
Yards Zielentfernung ein Uebergewicht des letzteren Geschützes; als Resultat dieser
Versuche wird angeführt:
„Das Gatling-Batteriegeschütz ist eine
furchtbare Waffe, welche in Laufgräben, auf Breschen, sowie in Straßenkämpfen
ihre Wirksamkeit bewähren wird. Der geringe Rücklauf und der daraus sich
ergebende Vortheil, das Geschütz, wenn es einmal gerichtet ist, dann leicht in
der gewählten Direction erhalten zu können, geben ihm in gewissen Fällen
(Grabenvertheidigung etc.) eine Ueberlegenheit über Geschütze, die nach jedem
Schusse gerichtet werden müssen.“
Die Zeitschrift Engineering vom 22. März 1867 liefert
Zeichnungen zu Gatling's Batteriegeschütz, welche wir in
Fig.
24–39 reproduciren.
Fig. 24 und
25
stellen die obenerwähnten Geschosse dieses Geschützes dar, mit zugehörigen
Kupferhülsenpatronen und Zündung central in einem Balkenkreuze am Boden der
letzteren liegend.
Die Figuren 26
bis 39
erläutern ein Gatling'sches Batteriegeschütz mit vier anstatt sechs Rohren, und mit Randzündung der Patrone, anstatt centraler Zündung derselben.
Von letzteren Figuren stellt Fig. 26 eine
Darauf-Ansicht des Geschützes dar; Fig. 27 liefert einen
verticalen Längendurchschnitt durch die Achse desselben; Fig. 28 gibt eine
perspectivische Ansicht des Ringes, welcher die Vor- und Rückwärtsbewegung
des mit Schlagstift versehenen Verschlußstempels bewirkt; Fig. 29 zeigt den zum
Spannen und Loslassen der Schlagstift-Feder dienenden Ring; Fig. 30 stellt einen
senkrechten Durchschnitt des Geschützes nach der Linie XX von Fig. 26, nämlich den mit der Welle N sich
umdrehenden Patronenbringer Q dar, welcher zur Aufnahme
der Patronen mit Rinnen R, und zum Festhalten der
Patronen mit einem Mantel A (Fig. 27) versehen ist,
welcher letztere an dem mit Schildzapfen F versehenen
Rahmen H befestigt, sich nicht mit der Achse N dreht, eine Oeffnung zum Einlassen der Patrone, sowie
eine zum Auslassen der Hülsen hat, und in der Figur auch die aufgesetzte
Patronenbüchse Y zeigt, die in Fig. 33 und 34 in
Durchschnitt und Seitenansicht dargestellt ist.
Fig. 31 und
32
versinnlichen die hintere und die Seitenansicht des mit der Welle N (Fig. 27) beweglichen
Verschlußcylinders P, welcher mit Durchbohrungen m, m, m, m für die Verschlußstempel b
Fig. 35 und
mit Laufrinnen n, n für den Ansatz a' des Kolbens a vom
Verschlußstempel b versehen ist. Fig. 35 und 36 stellen
letzteren im Durchschnitt und beziehungsweise in Seitenansicht, mit seinem federnden
Patronenauszieher-Haken e, e' und dem
Schlagstifte d dar, dessen auf dem Verschlußstempel b bewegliche und mit der Nase c' versehene Ansatzscheibe
c zum Spannen der Schlagfeder f dient. Fig. 37 zeigt in der hinteren Ansicht des Geschützes dessen
Rotationsapparat, welcher für gewöhnlich durch den Aufschraubdeckel B', O (Fig. 27) dem Auge
entzogen ist. Fig.
38 und 39 endlich stellen die Ansichten einer zum Verschlusse des
Patronenbringers bei momentanem Nichtgebrauch desselben dienende Klappe dar.
Vermittelst eines dieses ganze System von Rohren und Verschlüssen umgebenden, vorn
auch mit dem Korn
B''
Fig. 27
versehenen Rahmens H
Fig. 26, an
dem die Schildzapfen F angebracht sind, ruht dasselbe
auf einer gewöhnlichen Geschützlaffette, deren Richtmaschine hierbei unter dem
Verschluß-Cylinder der Batteriegeschütz-Rohre liegt und zum Eleviren
etc. der letzteren dient, welche vermittelst der beiden durchlochten Scheiben S, S
Fig. 26 und
27 zu
einem Ganzen verbunden, durch Nuth und Feder so auf der Hauptwelle festsitzen, daß
sie sich, wie auch der Patronenbringer Q und der
Verschlußcylinder P, mit ihr umdrehen müssen, sobald das
durch Fig. 26
und 37
dargestellte Räderwerk vermittelst der Kurbel K in
Bewegung gesetzt wird. – Feststehend, d.h. unabhängig von dieser
Achsumdrehung der Hauptwelle oder des Hauptschaftes N
(Fig. 27)
aber bleiben außer dem Rahmen noch: 1) die als hinterer Stützpunkt dieser Welle
dienende Scheibe I (Fig. 27); 2) der vorn an
dieser Scheibe befestigte Verschluß-Bewegungsring W mit einem daumenartigen Kamme W' zum Vorschieben und einem scharfen Einschnitte W'' zum Zurückschieben der
Verschlußcylinder b, b, welche letztere zu diesem Ende
für die Daumenbahn W' des
Verschluß-Bewegungsringes W an der hinteren
Fläche ihres Kolbens a
Fig. 26
concav ausgearbeitet, zum Eingreifen in den Einschnitt W'' dieses Bewegungsringes aber mit der Nase a' versehen sind; endlich 3) der Spannring
X (Fig. 26 und 29), welcher
mit seiner ebenen Basis nach vorn, mit seiner spiralen Kammfläche k
Fig. 29 aber
gegen die Nasen c', c' der
Schlagstift-Ansatzscheiben c, c gerichtet
ist.
Die zum Laden und Abschießen
der, zum anfänglichen Festhalten des Geschosses hinten mit einer nach vorn hin
scharf abgesetzten Ladungskammer versehenen Rohre des Gatling'schen Batteriegeschützes dienenden
Vorrichtungen sind für jedes seiner einzelnen
Rohre hiernach folgende:
Nachdem das Geschütz gerichtet und die Patronenbüchse Y
mit unten offener Oeffnung Fig. 30 auf die obere
Oeffnung der Mantelhülse A des Patronenbringers Q (Fig. 26) aufgesetzt
worden ist, so daß eine Patrone vermöge ihrer Schwere in letztere eingeführt wird,
hat der das Geschütz bedienende Mann vermittelst der Kurbel K den Rotationsapparat desselben in Bewegung zu setzen, wodurch die eben
eingeführte Patrone hinter das nächste Rohr und gleichzeitig der betreffende
Verschlußstempel vermittelst der Kammfläche W' des
Bewegungsringes W soweit vor geschoben wird, daß dadurch
das Einrammen der Kugel in ihren Ladungsraum und zugleich das Uebergreifen des
Patronen-Auszieher-Federhakens e
Fig. 36 über
den Kupferhülsenrand der Patrone eintritt, wobei die sichere Führung dieses mit der
Schlagfeder f und dem Ansatzkolben a versehenen Verschlußbolzens b durch einen in der Nuth n des
Verschlußcylinders P (Fig. 26 und 32) laufenden
Ansatz c' (Fig. 35 und 36) dieses
Kolbens a bewirkt und gleichzeitig die Schlagfeder f dadurch allmählich gespannt wird, daß die Nase c' der auf dem Verschlußbolzen b nach vorwärts und nach rückwärts hin beweglichen Schlagstiftscheibe c
(Fig.
35), an der ihr entgegenstehenden schiefen Kammfläche des Spannringes X (Fig. 26 und 29) ansteigt
und so eine Zurückdrängung erfährt. – Nachdem auf diese Weise der Kolben a des Verschlußbolzens b den
ebenen Theil des Bewegungsringes W erreicht hat, was
eintritt sobald die Patrone gehörig angesetzt ist, wird die Feder f bis zum Erreichen des Höhenpunktes h (Fig. 29) der schiefen
Ebene des hinteren Spannringrandes immer mehr gespannt und schnellt, nach Passirung
dieses Punktes, den Nasenstollen c' der Ansatzscheibe
c vom Schlagstift b
(Fig. 36)
und somit auch letzteren mit solcher Heftigkeit gegen den mit Zündsatz gefüllten
Kupferhülsenpatronen-Rand vor, daß dadurch ein Schutz abgegeben wird.
– In demselben Momente faßt dann aber die scharfe Rinnenkante W'' (Fig. 28) des
Bewegungsringes W den Vorstand a' (Fig.
35 und 36) des Kolbens a vom Verschlußbolzen b und zieht denselben bei fortgesetzter Rotation um die
Hauptachse N (Fig. 30) dadurch mit der
von Federhaken e' festgehaltenen Patronenhülse soweit
zurück, daß letztere zur Erde fallen kann, sobald sie den unteren Schlitz des
Cylindermantels A vom Patronenbringer Q (Fig. 26) erreicht hat,
wornach dasselbe Spiel wieder von Neuem beginnen kann.
Ein mit sechs Rohren von 1 Zoll Kaliberdurchmesser
versehenes Gatling-Geschütz ergab bei
Vergleichsschießversuchen, welche unter Leitung des Hauptmanns T. G. Baylor mit ihm und einer 24pfündigen Haubitze von 1510
Pfd. Gewicht, 5,82 Zoll Kaliberdurchmesser und je 48 Kartätschkugeln pro Schuß zu Fort Monroe angestellt wurden,
Folgendes:
Gegen eine 40 Fuß lange und 6 Fuß hohe, 200 Yards entfernte Scheibe lieferte die
Haubitze in 1 1/2 Minuten vier Kartätsch-Schüsse mit beim ersten Versuche 52
und bei einem zweiten Versuche 66 Treffern; das Gatling-Geschütz in derselben Zeit aber beim ersten Versuche 73 Schüsse mit 278
Treffern und beim zweiten Versuche 74 Schüsse mit 322 Treffern.
Hiernach auf 1000 Yards Entfernung, auch noch mit dem Vollgeschosse des Gatling-Batteriegeschützes angestellte
Schießversuche ergaben gegen eine 24 Fuß lange und 6 Fuß hohe Scheibe in 1 Minute 23
Secunden 110 Schüsse mit 49 Treffern, und gegen eine 12 Fuß in's Quadrat haltende
Scheibe in einer Minute 92 Schüsse mit 50 Treffern.
Gatling's Batteriegeschütz wird in Amerika von Colt's
Firearms Manufacturing Company, of Hartford, Connecticut, U.
S., angefertigt.
Darapsky,Major.