Titel: | Bericht über die chemischen Analysen, welche bei den auf Veranlassung des königl. preußischen Ministeriums für Handel etc. im Herbst 1866 zu Cöln angestellten Raffinirungsversuchen mit Rüben-Rohzucker ausgeführt worden sind; von Prof. Dr. Landolt in Bonn. |
Fundstelle: | Band 187, Jahrgang 1868, Nr. LVII., S. 251 |
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LVII.
Bericht über die chemischen Analysen, welche bei
den auf Veranlassung des königl. preußischen Ministeriums für Handel etc. im Herbst 1866
zu Cöln angestellten Raffinirungsversuchen mit
Rüben-RohzuckerDer ausführliche Bericht über diese Raffinirungsversuche, nebst einer Kritik der
Ergebnisse, findet sich in der Zeitschrift des Vereines für die
Rübenzucker-Industrie im Zollverein, Jahrgang 1867. Aprilheft. ausgeführt worden sind; von Prof. Dr. Landolt in Bonn.
Im Auszug aus den
Verhandlungen des Vereines zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen, 1867 S.
103.
Landolt, über die besten bei der Zuckeranalyse anzuwendenden
Methoden.
Wir entnehmen diesem Berichte, unter Weglassung der eigentlichen Analysenresultate,
die äußerst werthvollen und auf ganz speciellen Untersuchungsreihen beruhenden Angaben über die besten bei den Zuckeranalysen anzuwendenden
Methoden und den dabei zu erreichenden Grad der Genauigkeit (die
Fehlergrenzen).
A. Analyse
der Rohzucker und der Farine.
1) Bestimmung des Rohrzuckers und des Invertzuckers mittelst
des Polarisationsinstrumentes. – Bei einem Soleil'schen Instrumente
von Duboscq betrug der mittlere Ablesungsfehler ±
0,2 Scalentheile bei nur wenig gefärbten Flüssigkeiten und frischem Auge, im anderen
Falle stieg der Fehler bis ± 0,4 und ± 0,8 Grad.
Die Inversionsmethode liefert im Durchschnitte den Rohrzuckergehalt bis zu ±
0,2 Proc. genau, doch können auch Schwankungen bis zu ± 0,4 Proc. vorkommen.
Bei dem Ventzke-Soleil'schen Polarisationsinstrumente (von F. Schmidt in Berlin)
ergab sich der mittlere Einstellungsfehler zu ± 0,2 Scalentheilen bei hellen
Lösungen, bis zu ± 0,8 bei solchen gefärbten Flüssigkeiten, die überhaupt
noch zur Beobachtung tauglich waren.
Das Wild'sche Polaristrobometer
Beschrieben im polytechn. Journal Bd.
CLXXIV S. 146; man s. a. Jahresbericht für Zuckerfabrication Bd.
IV S. 213 und 216, Bd. V S. 290. ergab einen mittleren Ablesungsfehler von nur ± 0,03 Grad, welcher
Fehler nicht selten auf 0,02 heruntergieng, bei ermüdeten Augen indessen sich bis zu
0,1 erhöhen konnte.
Die Fehler, welche bei allen optischen saccharimetrischen Bestimmungen durch die
nöthigen Wägungen und Messungen veranlaßt werden können, sind nur höchst gering, wie eine
einfache Berechnung für mögliche Wägungsfehler von 0,01 Grm. und Messungsfehler von
0,2 Kub. Cent. ergibt. Letzteren entspricht z.B. 0,08 Grad Soleil und 0,2° Ventzke.
Die Beziehung zwischen den wie eben zu normirenden Einstellungsfehlern und den
dadurch ermittelten Zuckerprocenten ergibt sich für die verschiedenen Instrumente
aus folgender Uebersicht:
Einstellungsfehler
Saccharimetervon
inScalentheilen.
in Graden derKreistheilung.
EntsprechendeMenge vonGrammen Zuckerin
100 Kub. Cent.Lösung.
Procente Zuckerin
derabgewogenenSubstanz.
Soleil
± 0,2± 0,4± 0,8
0,050,100,20
0,03270,06540,1308
0,20,40,8
Ventzke
± 0,2± 4,0± 0,8
0,080,160,32
0,05210,10420,2084
0,20,40,8
Wild
± 0,02± 0,04±
0,10
0,01510,03010,0753
0,08 0,15 0,38
Die Anzahl der Einstellungen, welche erforderlich und
ausreichend ist, um aus dem Mittel zu einem sicheren Resultate zu gelangen, normirt
der Verfasser auf zehn.
Aus mehreren Reihen Zuckerbestimmungen mit trockenem Melis, welche mit den
verschiedenen Apparaten und unter Benutzung einer hinreichenden Anzahl Beobachtungen mit den verschiedenen Apparaten
ausgeführt wurden, folgt, daß das Resultat bis auf 0,12 Proc. Zucker genau
festgestellt werden kann.
Auch der persönliche Fehler, d.h. der Unterschied zwischen
den Ergebnissen der Ablesung an demselben Apparat, welche durch verschiedene
Personen erhalten werden, wurde bestimmt.
Größere Versuchsreihen haben in dieser Beziehung für die beiden ersteren der
obengenannten Instrumente gezeigt, daß 1) die Einstellungsfehler für verschiedene
Augen ungleich groß sind und daß 2) jedes Auge die Gleichfarbigkeit der beiden
Bildhälften constant an einer etwas anderen Stelle der Scala findet. Der Fehler,
welcher bei fünf Beobachtern als eine Abweichung vom Mittel von ± 0,52
Scalentheilen für die Einstellung des Nullpunktes und von ± 0,34 Proc. in der
Bestimmung des Zuckergehaltes sich darstellte, bleibt an allen Stellen der Scala
gleich, da die zu beobachtende Farbenerscheinung immer dieselbe ist; bei
verschiedenen Beobachtern ist daher die jedesmalige Einstellung des Nullpunktes
nicht außer Acht zu lassen.
Beim Wild'schen Instrumente ist der Natur desselben
entsprechend die Uebereinstimmung zwischen mehreren Beobachtern größer; sie
veranlaßt nur einen, den gewöhnlichen Einstellungsfehler des Instrumentes wenig
überschreitenden von ± 0,19 Proc. im Zuckergehalt der Trockensubstanz. Von
einem individuellen Fehler kann nach den angestellten Beobachtungen bei diesem
Instrumente kaum die Rede seyn.
Die Zuckerproben, welche längere Zeit in 2
Pfund-Flaschen aufbewahrt worden waren, zeigten in den verschiedenen
Schichten geringe Ungleichheiten in der Feuchtigkeitsvertheilung, in deren Folge die
Zuckerbestimmungen möglicherweise mit Fehlern von 0,1 bis 0,3 Proc. behaftet
erscheinen konnten.
In der Regel stellte sich bei der Ausführung der von zwei
Beobachtern und mit verschiedenen Instrumenten vorgenommenen Polarisationen eine
sehr befriedigende Uebereinstimmung heraus, ein Beweis dafür, daß die ermittelten
Fehler sich häufig gegenseitig aufheben. Zieht man aber die Differenzen zwischen der
höchsten und der niedrigsten directen Polarisation jedes Zuckers, und nimmt man das
Mittel aller (im vorliegenden Falle bei 33 Zuckerproben, 33) Werthe, so ergibt sich
die Zahl 0,97. Es läßt sich daher aus allen diesen Versuchen
der Schluß ziehen, daß die Genauigkeit, welche bei den optischen Zuckerbestimmungen überhaupt erreicht werden
kann, verschiedene Beobachter, verschiedene Instrumente und verschiedene Proben inbegriffen, auf ein Procent anzusetzen ist.
Die Inversion hat, wie die vom Verf. mitgetheilte
ausführliche Tabelle zeigt, nur in den wenigsten Fällen ein von der directen
Polarisation erheblich abweichendes Resultat geliefert, ein Beweis, daß die
Rohzucker entweder gar keinen, oder doch nur sehr wenig linksdrehenden Zucker
enthielten. Selbst bei den unreinen Zuckersorten war daraus keinenfalls der
Invertzucker mit Sicherheit zu berechnen.
Endlich zeigen die mitgetheilten betreffenden Zahlen, daß eine Veränderung des Zuckergehaltes – entweder in Folge von
Wasseranziehung oder von Umwandlung von Rohr- in Invertzucker –
wenigstens innerhalb des Zeitraumes von einem halben Jahre nur in sehr unbedeutendem
Grade vor sich geht.
2) Bestimmung des Zuckers durch Titrirung mit der Fehling'schen
Flüssigkeit. – Die Reaction durch das Verschwinden der blauen Farbe
ist stets deutlich zu erkennen, wenn die Zuckerlösung wenig oder gar nicht gefärbt
ist; besitzt sie aber, wie bei Rohzucker meistens, eine gelbliche Farbe, so ist das
Ende der Reaction undeutlich und nur mittelst Ferrocyankalium – auf einer
glasirten Porzellanplatte angewandt – zu erkennen; es ist dabei nur auf die
sofort eintretende braune Färbung zu achten.
Aus den speciell zur Vergleichung der Resultate mit denjenigen der Polarisation
angestellten Versuchen ergab sich Folgendes:
Die Titrirung läßt den Zuckergehalt verdünnter Lösungen
schärfer bestimmen, als die Polarisation, indem der mögliche Fehler von 0,1 Kub.
Cent. 0,03 Gram. Zucker im Liter entspricht, während er bei der letzteren, wie
früher angegeben, 0,15 Gramme beträgt. Bei Prüfung concentrirter Flüssigkeiten oder
fester Substanzen dagegen haben die Fehler bei der Titrirung in Folge der
nothwendigen Verdünnung einen großen Einfluß auf die Berechnung des Zuckergehaltes
in der Trockensubstanz. Indessen können auch hierbei Fälle vorkommen, wo man mit der
Fehling'schen Lösung richtigere Resultate erhält,
wenn nämlich, wie bei Syrupen und Melassen, neben Rohr- und Invertzucker auch
noch erhebliche Mengen anderer, optisch-activer Körper, z.B. Asparaginsäure
u.s.w. vorhanden sind. Es ist alsdann namentlich auch die Titrirung der Clerget'schen Inversion für die Bestimmung des
Invertzuckers vorzuziehen.
3) Bestimmung der Salze in den Rohzuckern. – Um ein
für allemal das Verhältniß zwischen Asche und
eigentlichen, im Zucker vorhandenen Salzen zu ermitteln,
fällte der Verf. 2 Pfund eines aus Rohzucker erhaltenen Syrups mit Bleiessig,
zersetzte den Niederschlag mit Schwefelwasserstoff und erhielt dann nach dem
Neutralisiren mit Kali und Filtriren über Knochenkohle, beim Verdunsten im
Wasserbade eine schwach gelblich gefärbte krystallinische Masse, in welcher sich
Oxalsäure, Weinsäure und Aepfelsäure nachweisen liehen, und welche als die in dem
Syrup vorhanden gewesenen organischen Salze betrachtet werden kann. Das Einäschern
dieses Salzgemisches zeigte, daß
im Durchschnitt die organischen Salze des Rohzuckers und der
Melasse beim Glühen die Hälfte ihres Gewichtes
kohlensaures Kali zurücklassen,
so daß durch die Multiplication der Aschenmenge eines Rohzuckers mit zwei dessen
Gehalt an organischen Salzen mit hinlänglicher
Genauigkeit erhalten werden muß. Dieß ist für die meisten Rohzucker unbedenklich, da
unlösliche unorganische, das Gewicht des Glührückstandes vermehrende Bestandtheile
nur selten darin vorkommen und dann besonders in Rechnung zu stellen sind.
Eine besondere Versuchsreihe ergab als den durch die mögliche Verschiedenheit der Proben entstehenden Fehler die Zahl ± 0,11
Procent für den Glührückstand oder ± 0,22 Proc. organische Salze.
Der Verf. hat ferner den Verlust bestimmt, welcher durch längeres Glühen behufs Aschenbestimmung
bewirkt wird, wenn man das bekannte umständliche Verfahren (Auslaugen des
Verkohlungsrückstandes, Einäscherung der kohligen Masse u.s.w.) nicht anwenden will.
Eine specielle Tabelle gibt den Verdampfungsverlust bei verschiedenen Aschenmengen
und verschiedener Glühdauer an; die daraus sich ergebenden Correctionen sind nicht
unbeträchtlich und zeigen, daß man das umständlichere Verfahren mit kürzestem Glühen
jedenfalls vorziehen sollte.
4) Bestimmung des Wassergehaltes des Rohzuckers. –
Das Austrocknen von 2–3 Grm. Zucker im Luftbade bei 55–60° C.
lieferte nach 2 Stunden ein constantes Resultat; demnach empfiehlt sich eine Dauer
von 4 – 5 Stunden für diese Operation.
Der Fehler durch die Ungleichheit der Proben beträgt ± 0,03 Proc.
Die indirecte Wasserbestimmung, unter Zuhülfenahme des
Aräometers, wie beim Ventzke'schen Instrumente vielfach
gebräuchlich, fiel in allen Fällen zu klein aus, und zwar durchschnittlich um 0,44
Proc.
5) Bestimmung der unlöslichen Bestandtheile des
Rohzuckers. – Diese bestehen aus unorganischen Salzen, Zellstofffasern,
Holzsplittern etc. und werden durch Auflösen in sehr viel Wasser und Filtriren durch
ein bei 100° C. getrocknetes Filter erhalten. Es wurden in allen Proben nur
sehr geringe Mengen gefunden, und zwar zwischen 0,019 und 0,035 Procent; bei
einer der Gesammtmischung aller Zucker entsprechenden Probe 0,0238 Proc.
Die Summe der durch Differenz ermittelten Bestandtheile (Invertzucker, Farbstoffe,
Asparaginsäure und einige nicht näher nachgewiesene organische Substanzen) wurde
selten über 2 Proc. gefunden.
B. Analyse
der Syrupe.
1) Zuckerbestimmung. – Die Polarisation kann bei
Syrupen und Melassen nur annähernd richtige Resultate geben, da in diesen Producten
eine nicht unbeträchtliche Menge anderer optisch activer Substanzen vorhanden ist,
welche durch die bewirkte Linksdrehung den Rohrzuckergehalt zu klein erscheinen
lassen. Noch unzuverlässigere Resultate gibt dabei die Inversion, da durch die
Behandlung mit Salzsäure die Säuren der organischen Salze in Freiheit gesetzt
werden, welche z. Th. rechts, z. Th. links drehen. Es ist daher die Titrirung mit
Kupferoxydlösung vorzuziehen.
Wie groß die Unterschiede zwischen den Resultaten ausfallen, je nachdem man die eine
oder die andere Methode anwendet, ergibt sich aus folgender Tabelle, welche die
Ergebnisse enthält, die auf die eine und die andere Weise bei den untersuchten 6
Syrupen erhalten wurden.
Rohrzuckergehalt.
SyrupNr.
Titrirung.Proc.
Polarisation.Proc.
Differenz.
Durchdirecte TitrirunggefundenerInvert
Zuckergehalt.Proc.
1
61,8
59,2
2,6
1,86
2
61,6
58,8
2,8
1,88
3
59,1
56,8
2,3
2,03
4
58,4
55,7
2,7
2,18
5
60,2
58,0
2,2
2,11
6
54,4
51,6
2,8
1,61
Da die Bestimmung durch Titrirung die richtigere ist, so ergibt sich, daß die
Polarisation bei Syrupen beträchtlich zu niedrige Resultate gibt, und zwar ungefähr
um 2,5 Proc.
2) Salzbestimmung. – Hier gilt das oben Gesagte. Es
wurden durch Verkohlen, Ausziehen der verkohlten Masse u.s.w. zwischen 18,9 und 20,9
organische Salze ermittelt.
3) Wasserbestimmung. – Das Austrocknen der Syrupe
erfordert vorheriges Mischen mit reinem Quarzsand oder gestoßenem Glas. Erwärmt man im Luftbade, so
dauert es, auch wenn man die Temperatur constant einige Grade über 100°
erhält, wochenlang, bis keine weitere Gewichtsverminderung mehr stattfindet. Das
Hinüberleiten eines trockenen Luftstromes über die in einer Röhre befindliche
Substanz hatte keinen befriedigenden Erfolg, und der Verfasser ging daher
schließlich zur Anwendung eines luftverdünnten Raumes mittelst folgenden Apparates
über:
Durch einen horizontalliegenden Cylinder von Kupferblech, 10'' lang und 8'' weit, ist der Länge nach
concentrisch eine 11'' lange und 4'' weite Messingröhre hindurchgeführt. Das eine Ende dieses Cylinders ist
dicht geschlossen, das andere offen, aber am Rande abgeschliffen und mittelst einer
Platte mit Gummiring und Bügel luftdicht verschließbar. Der Zwischenraum beider
Cylinder ist mit Wasser gefüllt und dient als Dampfkessel. In die innere Röhre wird
die zu trocknende Substanz, sowie ein längliches Gefäß mit geschmolzenem
Chlorcalcium geschoben. An den beiden vorstehenden Enden stellen Hähne die
Verbindung mit einer Luftpumpe und mit einem Manometer her. Der Apparat liegt auf
einem kleinen Ofen von Eisenblech und wird durch Gas erhitzt.
Man wiegt die Syrupe in Mengen von 1–2 Grm. zwischen zwei Uhrgläsern ab, in
welchen sich gestoßenes Glas befindet, schiebt das Glas in den Trockenraum, erhitzt
das Wasser zum Sieden und verdünnt die Luft bis auf 1 Zoll Quecksilberdruck.
Ist das Wasser größtentheils entfernt, so ersetzt man das Chlorcalcium durch
geschmolzene Phosphorsäure; dennoch erheischt die vollkommene Trocknung bis zur
Erreichung eines völlig constanten Gewichtes etwa vier Tage Zeit.
Gefunden wurde zwischen 14,24 und 21,00 Procent Wasser.
Die indirecte Wasserbestimmung, durch Bestimmung des specifischen Gewichtes der durch
Auflösen von 26,048 Grm. Syrup zu 100 Kub. Cent. erhaltenen Flüssigkeit, gab hier
natürlich noch unrichtigere Resultate als bei den Rohzuckern. Die Differenz betrug
etwa 4 Procent, welche bei dieser Methode zu wenig gefunden wurden.
(Das Original enthält in ausführlichen Tabellen die Untersuchungsresultate für
sämmtliche bei den in Rede stehenden Versuchen in Arbeit genommene Rohzucker und
erhaltene Producte.)