Titel: | Ueber die Fabrication unschädlicher Perlmutter- oder Eispapiere (papiers de nacre) und über Anfertigung unnachahmbarer Papiere für Banknoten, Staatspapiere etc.; von C. Puscher in Nürnberg. |
Fundstelle: | Band 187, Jahrgang 1868, Nr. LIX., S. 258 |
Download: | XML |
LIX.
Ueber die Fabrication unschädlicher
Perlmutter- oder Eispapiere (papiers de nacre) und über Anfertigung
unnachahmbarer Papiere für Banknoten, Staatspapiere etc.; von C. Puscher in
Nürnberg.
Vorgetragen in den 5ten Plenarversammlung des
Nürnberger Gewerbevereins.
Puscher, über Darstellung unschädlicher Perlmutterpapiere
etc.
Im vorigen Jahre veröffentlichte ich (polytechnisches Journal Band CLXXIII S. 475) ein Verfahren zur
Anfertigung des zuerst von Richter in Paris fabricirten
Perlmutter- oder Eispapieres. Die Verwendung des giftigen Bleizuckers dazu
ließ wenig Hoffnung für seine Anwendung in der Industrie zu. Dennoch hat dasselbe
durch sein schönes Aeußere sich Eingang zu verschaffen gewußt und namentlich werden
jetzt Visitenkarten daraus gefertigt, welche in den Händen von Kindern, da der
Bleizucker bekanntlich süß schmeckt, leicht Veranlassung zu gefährlichen
Erkrankungen geben können.Man s. die Mittheilung im polytechn. Journal Bd. CLXXXVI S. 492.
Um diese Papiere weniger gefährlich und haltbarer an der Luft zu machen, hat der
Fabrikant Hr. Conrad Müller hier dieselben mit einem
Lacke nach meiner Angabe überzogen. Allein sollte dabei der schöne Seidenglanz
dieser Papiere nicht verloren gehen, so mußte die Bleizuckerlösung sehr dick
aufgetragen werden; dadurch wurden die Papiere aber sehr spröde und die Krystalle
bröckelten sich beim Biegen desselben ab; hierdurch war die Gefährlichkeit solchen
Papieres als Kinderspielzeug nicht beseitigt.
Es ist mir nun gelungen, ein anderes unschädliches Salz dem Bleizucker zu
substituiren, welches die ausgedehnteste Verwendung dieses herrlichen Papieres
zuläßt.
Man löst 6 Loth Bittersalz in 6 Loth Wasser und 6 Loth Dextringummischleim, dem noch
ein Quentchen Glycerin zugefügt ist, durch einmaliges Aufkochen auf. Man entfernt
sofort die klare Lösung vom Feuer und läßt sie etwas erkalten. Nun bestreicht man
mit dieser Lösung mittelst eines Haarpinsels vorher mit dünner Leim- oder
Gelatinelösung überzogene trockene Papiere ganz gleichmäßig, so daß der Ueberzug
einem glänzenden Lackanstriche gleicht und breitet dieselben in einem warmen Zimmer
auf einer Tischplatte aus. Nach 10–15 Minuten sind die Papiere mit einer
schönen gleichmäßigen Krystalldecke überzogen, deren Krystalle größer oder kleiner
sind, je nachdem man die Krystallisationsflüssigkeit dünner oder dicker, warm oder
kalt aufgetragen und die Papiere nachher verschiedenen Temperaturen ausgesetzt
hat.
Zur Fabrication von farbigen Perlmutterpapieren eignen sich die Lösungen von den
verschiedenen Anilinfarben ganz vortrefflich. Man überzieht damit die mit halb
Eiweiß, halb Wasser vorher grundirten Papiere, welche dann nach dem Trocknen mit
erwähnter Krystallisationsflüssigkeit überstrichen werden.
Um den Papieren noch mehr Glanz zu geben, damit man gut mit Tinte darauf schreiben
kann, müssen dieselben zwischen Walzen oder in einer Presse geglättet werden.
Die auf diese Weise hergestellten Eispapiere besitzen nicht den hohen Glanz wie die
mit Bleizucker bereiteten, dennoch sind sie in der Praxis viel verwendbarer, weil
sie sich biegen und salzen lassen, ohne daß dadurch ihre Krystallisation leidet.
Auch zeichnen sie sich vor den Bleizuckerpapieren durch ihre Haltbarkeit an der Luft
und in Schwefelwasserstoffdünsten, ihre höchst billige und leichte Bereitungsweise
und ihre Unschädlichkeit aus. Der Gehalt an Glycerin läßt die Pariere nie ganz
austrocknen und ist die Ursache, daß sie ohne vorheriges Anfeuchten leicht
lithographischen, Bronze- und Buchdruck annehmen.
Durch eine Anzahl weißer und anilinfarbiger Muster von Eispapieren, sowie durch
Vorlegen solcher Papiere mit Stein-, Bronze- und Buchdruckerarbeiten
bestätigte der Verfasser seine obigen Mittheilungen im Nürnberger
Gewerbeverein.Derselbe hatte die Gefälligkeit uns solche zuzusenden.A. d. Red.
Eine vorzügliche Verwendung dieser herrlichen Erscheinung dürfte für Briefcouverte,
Preiscourante, Speise-, Muster- und Visitenkarten, beim Einband von
Büchern, zum Ueberziehen von Canons für Spiele, zu Etiquetten aller Art, namentlich
für Wein (da dieselben wohl schwerlich im Keller wegen ihres großen Salzgehaltes
schimmeln werden) etc. gemacht werden können.
Läßt man auf frisch farbig grundirte Papiere mittelst einer dazu geeigneten
Vorrichtung Tropfen obiger Bittersalzlösung fallen, so zertheilen sich dieselben und
nehmen nach dem Trocknen die Gestalt eines Schneeflockens an.
Wird der Bittelsalzlösung nur ein Drittel des vorgeschriebenen Gummischleims ohne
Glycerinzusatz zugegeben, so erhält man durch Auftragen derselben auf einem
Lithographiestein eine kräftigere normale Krystallisation. Diese kann man leicht
nach lithographischer Manier auf einen anderen Stein übertragen, von welchem
Muttersteine man dann noch 2 bis 3 Arbeitssteine fertigt, mit welchen man im Staude
ist viele Tausende von Krystallabdrücken zu erzeugen. Der Verfasser zeigte solche in
gelbem Farbendruck ausgeführte Abdrücke vor, die als unnachahmbares Papier für
Documente, Banknoten, Staatspapiere etc. sich vortrefflich eignen würden. Da niemals
sich eine gleiche Krystallisation erzeugen läßt, so ist eine genaue Nachahmung
dieser Papiere unmöglich. Der gelbe Farbendruck schützt sie gegen photographischen
Nachdruck und auch der Kupferstecher würde sich vergeblich bemühen sie
nachzustechen, da der Druck dieser Papiere aus lauter kleinen Punkten besteht, wovon
man sich leicht durch
die Loupe überzeugen kann. Vor ähnlichen Fabricaten schützt die vieltausendfache
Kontrolle, der sie als Werthpapiere im Verkehr beständig ausgesetzt sind, da sie
Jeder leicht durch irgend einen an einer bestimmten Stelle befindlichen
Krystallabdruck, als Kennzeichen ihrer Aechtheit, zu prüfen vermag. Auch durch das
Buchdruckverfahren lassen sich gleiche Fabricate herstellen, wenn man sich von dem
erwähnten Krystallisationssteine mittelst einer Masse aus Wachs, Terpenthin, Stearin
und Graphit einen Abdruck macht und sich damit auf galvanoplastischem Wege eine
Kupferdruckplatte fertigt, mit welcher dann beliebige Mengen von Abdrücken
hergestellt werden können.
Der erwähnte Dextringummischleim wird bereitet, indem man 4 Loth Dextringummi mit 12
Loth kaltem Wasser übergießt, durch Umrühren die Auflösung befördert und das im
käuflichen Dextrin stets vorhandene unlösliche Stärkegummi sich absetzen läßt, oder
die Lösung durch Flanell filtrirt und nur die klare Flüssigkeit verwendet.