Titel: | Alkohol-Meßapparat von Siemens und Halske in Berlin. |
Autor: | W. Siemens |
Fundstelle: | Band 187, Jahrgang 1868, Nr. LXIX., S. 295 |
Download: | XML |
LXIX.
Alkohol-Meßapparat von Siemens und Halske in
Berlin.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Siemens und Halske's Alkohol-Meßapparat.
Der in Fig. 1
und 2
dargestellte Apparat hat den Zweck, in landesüblichem Maaße anzugeben: einmal wie
viel Spiritus seit einer letzten Beobachtung durch ihn geflossen ist; dann wie viel
absoluter Alkohol in diesem enthalten war.
Die Aufgabe des Apparates ist demnach eine doppelte. Die erste, die Messung und
Registrirung der Quantität der durchgeführten Flüssigkeit ist in folgender Weise
gelöst:
Der Spiritus tritt aus der Röhre i, Fig. 1, in den inneren
cylindrischen Raum D einer dreitheiligen, aus verzinntem
Kupferblech hergestellten Meßtrommel B, welche um die
Achse F drehbar ist. Das Zuleitungsrohr endigt in einem
die Achse der Trommel ringförmig umgebenden, sie aber nicht berührenden, unten
offenen Gefäße, welches so eingerichtet und angebracht ist, daß es die Trommel nicht
durch Reibung zurückhält und das Niveau der Flüssigkeit im Cylinder D ruhig erhält.
Die drei Fächer I, II, III sind durch radial stehende Zwischenwände gebildet und
fassen genau ein bestimmtes Flüssigkeitsmaaß, z.B. 4 preuß. Quart jedes. Sie stehen
durch drei schmale, zur Achse F parallele Schlitze r¹, r², r³ mit dem cylindrischen Raum D in
Verbindung. Durch drei flache Canäle, welche in ähnlichen Schlitzen s¹, s², s³ enden, münden sie nach Außen.
Die drei Röhrchen p¹, p², p³ dienen zur Abführung der
Luft aus dem sich füllenden Fache. Da sie immer das Niveau in D überragen, so kann kein Spiritus durch sie einströmen.
Bei der Stellung, welche die Figur zeigt, fließt Spiritus durch den Schlitz r¹ in das Fach I. Da die Mitte dieses Faches
ungefähr unter der Drehachse der Trommel liegt, so wird dieselbe durch allmähliche
Füllung des Faches nicht wesentlich gedreht. Gegen Ende der Füllung, wenn der
Schlitz r¹ den zuströmenden Spiritus nicht mehr
abzuführen vermag, hebt sich das Niveau im Cylinder D.
Kurz nachdem die letzte Luftblase aus Fach I durch das
Rohr p¹ entwichen – Fach I also vollständig gefüllt ist – erreicht es den
Zuflußschlitz r² des nächsten Faches. Der
Spiritus fließt nun in dieses ein und bewirkt so ein seitliches Uebergewicht, durch
welches eine Drehung der Trommel im Sinne des Pfeiles hervorgebracht wird. Bei
dieser Drehung geht der Schlitz r² und mit diesem
das Niveau im Cylinder
D nieder, der Zuflußschlitz r¹ des vollen Faches dagegen steigt und wird hierdurch über das
Niveau in D gehoben. Beginnt nun die Entleerung des
vollen Faches I durch den sich senkenden Ausflußcanal
s¹, so kann durch r¹ nur Luft für den ausfließenden Spiritus eintreten, und aller, während der Entleerung von Fach I in D einlaufende Spiritus
muß in das nächste Fach II abfließen. Die Messung ist daher ganz unabhängig von der
Geschwindigkeit, mit welcher der Spiritus einströmt, sowie von der Größe der Reibung
im Achsenlager.
Da der Ausfluß durch s¹ eine Verminderung des
Gewichtes auf der entgegengesetzten Seite der Trommel zur Folge hat, so beschleunigt
er seinerseits die Drehung derselben. Die Entleerung des gefüllten Faches geschieht
also, nachdem sie einmal begonnen, schnell und kräftig. Sie bringt das folgende Fach
II an die Stelle des ersteren und es erneuert sich nun mit diesem dasselbe
Spiel.
Die Function der Trommel entspricht hiernach einem wiederholten getrennten Füllen und Wiederentleeren einer weiten Maaßflasche mit engem
Halse. Die kräftige, sprungweise Bewegung der Trommel kann unbeschadet der genauen
Messung zu einer Arbeit wie zum Ueberwinden von Reibungen und zum Treiben von
Zählwerken benutzt werden.
Ein an der Vorderseite des Apparates angebrachtes Zählwerk wird durch ein, auf die
Achse F der Trommel aufgesetztes Getriebe bewegt, und
zählt direct das Quantum des durchgelaufenen Spiritus in Einheiten des gewählten
Maaßes.
Die zweite Aufgabe des Apparates – die Messung und Registrirung der Quantität
des absoluten Alkohols, welcher in dem durch den Apparat geflossenen Spiritus
enthalten war – ist dadurch gelöst, daß die Bewegung eines zweiten, von der
Trommel getriebenen Zählwerkes durch die jedesmalige Stellung eines zweckmäßig
construirten Alkoholometers derart begrenzt wird, daß es diese Quantität unmittelbar
angibt.
Das Alkoholometer, Fig. 2, besteht aus einem von dem durchfließenden Spiritus umgebenen, an
der Feder Q aufgehängten Körper P von später zu beschreibender Form.
Derselbe verliert durch das Eintauchen mehr oder weniger von seinem Gewichte; je
nachdem im Gefäße A, worin er spielt, Spiritus von
geringerem oder größerem Alkoholgehalte sich befindet, wird also die Feder Q verschieden stark durchbiegen und dem entsprechend
eine höhere oder tiefere Stellung einnehmen. Diese Bewegung theilt sich durch die
Stange r und den Hebel T dem
um die Achse y drehbaren Zeiger S in der Weise mit, daß dessen Spitze x durch
höheren oder tieferen Stand einen stärkeren oder schwächeren Spiritus im Gefäße A anzeigt.
Auf der Achse der Trommel ist außer dem Getriebe, welches den Spirituszähler treibt,
noch die runde Scheibe M befestigt. Diese hat drei tiefe
Ausschnitte, in deren einen der mit der Rolle v auf
ihrer Peripherie aufliegende, um m drehbare Hebel H jedesmal einfällt, wenn sich die Trommel bei
Entleerung eines Faches um 120 Grad dreht, jedoch nur um sofort wieder von dem
nächsten, stehen gebliebenen Theile der Scheibe M auf
die ursprüngliche Höhe gehoben zu werden. Bei dieser aufsteigenden Bewegung nimmt
der Hebel durch einen der sechs bei w an ihm befestigten
Sperrhaken das fein gezahnte Rad R mit, welches sammt
dem an ihm befestigten Getriebe K auf die Achse des
Hebels H drehbar aufgeschoben ist. Dieses Getriebe
überträgt die Drehung des Rades R in geeigneter Weise
auf das Zählwerk N. Beim Niederfallen des Hebels H ist das Rad R durch ein
zweites Sperrhakensystem, das hinter dem Spirituszählwerke festliegt, vor
rückgängiger Bewegung geschützt.
Offenbar dreht sich nun das Rad R um so mehr, je größer
die Hubhöhe des Hebels H ist, d.h. je tiefer er in die
Einschnitte der Scheibe M einfällt. Die Folge davon ist,
daß auch das Zählwerk N in demselben Verhältniß mehr
zählt. Die Tiefe dieses Einfallens wird aber jedesmal begrenzt durch Anschlagen der
mit dem Hebel H fest verbundenen Curve X an die erwähnte Spitze x
des Alkoholometerzeigers.
Durch eine passende Form der Curve X kann man daher dem
Alkoholzähler eine von der Stellung des Zeigers x,
mithin von dem specifischen Gewichte der durchfließenden Flüssigkeit abhängige,
derartige Drehung ertheilen, daß die Angaben dieses Zählers dem Gehalte an absolutem
Alkohol genau entsprechen. Zu dem Ende muß die Curve X
so construirt werden, daß bei einer bestimmten Stellung der Zeigerspitze x – also bei einer bestimmten Stärke des
durchfließenden Spiritus – das Zählwerk N
jedesmal genau um so viel vorrückt, als absoluter Alkohol in dem Spiritus des Faches
enthalten war.
Um dieß zu erzielen, ist erforderlich, daß das Alkoholometer in jedem Momente das
richtige mittlere specifische Gewicht des durchfließenden Alkohols anzeigt. Würde
der Spiritus mit Hülfe einfacher Zu- und Abflußrohren durch das Gefäß A geführt, so wäre es unvermeidlich, daß er sich bei
wechselndem Gehalte in Schichten von verschiedenem spec. Gewichte ablagerte. Der
Schwimmkörper würde mithin in Spiritus von anderem mittleren Gehalte spielen, als
dem wirklich durch die Trommel fließenden entspräche. Um die hierin liegende
Fehlerquelle zu beseitigen, mußte der Durchfluß des Spiritus in einer Weise geregelt
werden, daß er sich in geeigneter Weise im Alkoholometergefäße mischt.
Zu dem Zwecke tritt derselbe zunächst in das tiefer liegende Gefäß E, welches durch zwei Röhren mit dem Gefäße A in Verbindung steht. Die eine (b) beginnt am Boden des kleinen Gefäßes E und
endet in einem, im oberen Theile des Gefäßes A
befindlichen durchlochten Ringe d, Fig. 1; die andere (a, c) beginnt im oberen Ende von E, erhebt sich bis zum Niveau der Flüssigkeit im Gefäß A und mündet in gleicher Weise bei c am Boden des letzteren. Hierdurch wird bewirkt, daß in
E eintretender ärmerer, mithin schwererer Spiritus
durch das im oberen Theile des Gefäßes A mündende Rohr
b, der leichtere dagegen durch das unten mündende
Rohr a, c fortgeleitet wird. Da hierdurch die schwerere
Flüssigkeit immer oberhalb, die leichtere immer unterhalb des Schwimmkörpers
eintritt, so findet eine fortlaufende Mischung des neu eintretenden mit dem im
Gefäße vorhandenen Spiritus statt.
Der Abfluß zur Trommel geschieht durch die Röhren f, g, h,
i (Fig.
1).
Der bisher beschriebene Apparat würde den Alkoholgehalt nur dann richtig registriren,
wenn die Temperatur des durchfließenden Spiritus constant und stets die bei
Alkoholmessung gebräuchliche Normaltemperatur von 12 1/2° R. wäre. Um seine
Angaben auch für andere und wechselnde Temperaturen richtig zu machen, mußte eine
Einrichtung getroffen werden, welche die Stellung des Zeigers x (Fig.
2) unabhängig von der Temperatur des durchfließenden Spiritus macht. Es
ist dieß dadurch bewirkt, daß der Schwimmkörper P aus
dünnem Blech angefertigt und mit Alkohol vollständig luftfrei gefüllt ist. Da der
Schwimmer eine Form hat, welche die ungehinderte Ausdehnung der eingeschlossenen
Flüssigkeit gestattet, so erleidet derselbe im Mittel durch Temperaturänderungen
dieselben Volumenveränderungen wie der umgebende Spiritus; seine Stellung und die
des Zeigers x wird also unabhängig von der Temperatur
desselben. Bei richtiger Wahl des Ausdehnungscoefficienten der Füllungsflüssigkeit
kann man durch eine entsprechende Uebercompensation der Temperatur auch noch die in
Folge der veränderten Temperatur unrichtige Volumenmessung der Trommel bei den
Angaben des Alkoholzählers corrigiren.
Der Apparat vermeidet dann einen nicht unbedeutenden Fehler der Alkoholbestimmung,
den man in der Praxis bisher zu vernachlässigen pflegt. Derselbe besteht darin, daß
man ein bei gerade obwaltender, von der Normaltemperatur abweichender Temperatur
gemessenes – also unrichtiges – Volumen später der Alkoholbestimmung
zu Grunde legt. Die Größe dieses Fehlers zeigt sich in folgendem Beispiele:
Gesetzt, man habe bei einer Temperatur von 5° C. ein Spiritusvolumen von 100
Quart gemessen, so würde sich dieses Volumen durch die Erhöhung auf die
Normaltemperatur (15,5° C.) um 0,01, also auf 101 Quart vergrößern. Fände man
nun durch das Alkoholometer nach Anbringung der Temperaturcorrection für diese
Beobachtung 80 Proc. Alkoholgehalt, so entspräche dieß 80 Quart Alkohol nach
bisheriger Messung. In Wirklichkeit sind aber 80/100. 101 also 80,8 Quart, bei der
Normaltemperatur gemessen, darin enthalten. Der Apparat vermeidet diesen Fehler, wie
schon erwähnt, durch Uebercompensation der Temperatur, was bei einer Controlmessung
der Angaben desselben zu berücksichtigen ist.
Schließlich sey bemerkt, daß an dem Einspielen des Zeigers x, Fig.
2, auf der Scala X der Curve, jederzeit
controllirt werden kann, ob der Alkoholometer richtig arbeitet. Um jedoch zu diesem
Behufe das Alkoholometergefäß nicht jedesmal mit Spiritus von bekanntem Gehalte und
bestimmter Temperatur füllen zu müssen, sind dem Apparate genau abgeglichene
Gewichte beigegeben, die den Gewichten des Schwimmkörpers in Spiritus von
verschiedenen Stärken entsprechen. Dieselben werden nach Abnahme des Körpers statt
seiner an die Feder bei o (paarweise zu beiden Seiten)
angehängt und müssen dann den Zeiger x genau auf den
entsprechenden Strich der Scala der Curve einstellen. Sollten sich hierin
Differenzen zeigen, so können dieselben leicht durch Correctur der Feder mittelst
Drehung der Schrauben l und n corrigirt und die Uebereinstimmung der Scala mit den, auf den
betreffenden Gewichten eingeschlagenen Procentgehalten dadurch hergestellt werden.
Die Schrauben l corrigiren die Feder in ihrer Richtung;
eine Drehung der Mutter n, welche nach Lösung der
Klemmschrauben p stattfinden kann, verändert die Länge
der Feder. Durch eine entsprechende Drehung der Doppelmutter u, an welcher der Körper P in einer Schneide
hängt, muß jedoch diese stets wieder in die ursprüngliche Lage zum Hebelende v gebracht werden.
Derartige Apparate haben bereits längere Zeit unter Controlle der Steuerbehörden
verschiedener Länder zur fortlaufenden Bestimmung der Alkoholproduction von
Brennereien gedient. Es ergab sich dabei, daß die Angaben des Apparates durchaus
sicher und ebenso genau wie die schärfsten directen Bestimmungen sind.
Soll der Apparat dazu dienen, die Grundlage zu der von den Fabrikanten zu
entrichtenden Productsteuer zu geben, so sind natürlich besondere
Sicherheitsmaßregeln zu ergreifen, welche eine absichtliche, nicht nachweisbare
Störung des Apparates unmöglich machen. Ist dieß in entsprechender Weise ausgeführt,
so genügt eine Ablesung des Alkoholzählers bei Beginn und am Schluß jeder
Brenncampagne, um den genauen
Betrag des zu
besteuernden Objectes zu erfahren. Diese Angabe wird durch den Spirituszähler
controllirt, welcher unter Berücksichtigung des durch öfteren Vergleich der Angaben
beider Zähler ermittelten mittleren Gehaltes des fabricirten Spiritus nahe denselben
Alkoholbetrag angeben muß, wie der Alkoholzähler.
Soll auch controllirt werden, wenn der Destillirapparat während der Brennperiode im
Betriebe gewesen ist, und wie stark er jederzeit gearbeitet hat, so wird der
Controllapparat noch mit einem Uhrwerke combinirt, welches auf einem continuirlich
fortschreitenden Papierstreifen eine Marke bei Ablauf jeder Stunde und eine andere
bei Vollendung jeder Trommelumdrehung macht. Das Uhrwerk muß im Laufe jedes Monats
einmal aufgezogen werden.
Wird es dagegen als ausreichend befunden, daß nur das Volumen des fabricirten
Spiritus genau registrirt und eine abgemessene Probe von jeder Trommelfachfüllung
zur nachträglichen Feststellung des mittleren Gehaltes desselben zurückbehalten
wird, so wird die beschriebene dreitheilige Trommel mit springender Bewegung mit
einer passenden Probeschöpfvorrichtung versehen und bildet mit dieser unter Wegfall
des Alkoholometers und des Zählwerkes für die Alkoholregistrirung einen ebenfalls
ganz zuverlässigen und weit einfacheren Controllapparat für die Productsteuer. Dem
oben beschriebenen Alkoholmeßapparat gegenüber hat er aber die Mängel, daß einmal
die Controlle der Angabe des Apparates fehlt, daß ferner die schließliche
Feststellung des zu besteuernden Productes von dem mit der Bestimmung des Gehaltes
der Probe betrauten Beamten abhängig bleibt, und daß endlich die Alkoholbestimmung
selbst weniger genau ist, da die Fehler, welche durch wechselnde Temperatur und die
bei der Vermischung von Proben verschiedener Stärke stattfindende Contraction
entstehen, nicht compensirt werden können. Während der Alkoholmeßapparat den
durchgeflossenen Alkohol bis auf 0,1 Proc. genau angibt, muß man sich bei dem
Spiritusmesser mit Probenahme mit einer Genauigkeit von 1/2 Proc. begnügen.
Die Einfachheit der beschriebenen dreitheiligen Meßtrommel und die große Genauigkeit
mit welcher sie das durchfließende Flüssigkeitsvolumen registrirt, hat ihr auch
bereits Anwendung auf anderen Gebieten der Technik verschafft, wie z.B. zur Messung
des Inhaltes zu aichender Gefäße, als Milchmesser, Biermesser etc.
Dr. W. Siemens.