Titel: | Ueber die fabrikmäßige Darstellung von Krappextracten für den Zeugdruck; von E. Kopp in Zabern. |
Fundstelle: | Band 187, Jahrgang 1868, Nr. LXXIX., S. 329 |
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LXXIX.
Ueber die fabrikmäßige Darstellung von
Krappextracten für den Zeugdruck; von E. Kopp in Zabern.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhouse, t. XXXVII p. 437; October 1867.
Mit einer Abbildung.
Kopp, über Darstellung von Krappextracten für den
Zeugdruck.
Da der Krappfarben-Tafeldruck nur mittelst der Krappextracte möglich ist,Mittelst des Pernod'schen Krappextractes erzeugt
man jetzt – durch Aufdrucken desselben in Vermischung mit essigsaurer
Thonerde oder essigsaurem Eisen, und nachheriges Dämpfen der Baumwollzeuge
– alle Nüancen vom dunkelsten Roth bis zum Rosenroth, und
vom Schwarz bis zum Violett; diese Tafelfarben kommen nicht nur hinsichtlich
der Lebhaftigkeit, sondern auch hinsichtlich der Aechtheit den durch das
Färbeverfahren erzielten nahezu gleich. Man sehe die betreffenden
Mittheilungen im polytechn. Journal Bd.
CLXXXV S. 304 und 306.A. d. Red. so wird voraussichtlich die Fabrication dieser Extracte eine immer größere Wichtigkeit und
Ausdehnung erlangen, dagegen die Anwendung des Garancins und der Krappblumen sich in
entsprechendem Verhältniß vermindern.
Diese Erwägung veranlaßte mich zur Wiederaufnahme meiner Untersuchungen über den
Krapp, hauptsächlich in Bezug auf die Darstellung der Extracte. Das erste Ergebniß
dieser Versuche war die Vervollständigung meiner Arbeit über den elsasser Krapp
(polytechn. Journal, 1864, Bd. CLXXII S. 296). Das in dieser Arbeit von mir
angegebene Verfahren, welches auf der Behandlung des Krapps mit wässeriger
Schwefligsäurelösung basirt und mittelst dessen sich die Abscheidung des Purpurins
(wie es im Handel vorkommt) und des grünen Alizarins in
isolirtem Zustande leicht bewerkstelligen läßt, bot hinsichtlich der neuen Anwendung
der Extracte im Zeugdruck einen Uebelstand dar, der sich immer fühlbarer machte und
darin bestand, daß die mittelst schwefligsäurehaltigen Wassers erschöpften
Rückstände eine Quantität von (als schwaches Garancin) verwerthbarem Farbstoff
enthalten, welche nicht vernachlässigt werden darf.
Jetzt wird diesen Rückständen durch das weiter unten beschriebene Verfahren der
Farbstoff vollständig entzogen und letzterer in einem sehr reinen Zustande
dargestellt, so daß er für den Krappfarben-Tafeldruck, namentlich von rothen,
rosenrothen und braunen Nüancen, mit Vortheil verwendet werden kann.
Demnach sind wir jetzt im Besitz eines wohlfeilen Verfahrens zur fabrikmäßigen
Verarbeitung des elsasser und des holländischen Krapps, mittelst dessen sich deren
Farbstoffgehalt in Form von Purpurin, von grünem Alizarin – von dem das gelbe
Alizarin ein Abkömmling ist – und von gereinigtem Extracte gewinnen läßt.
Dieses gereinigte Extract, welches viel Alizarin, etwas
Purpurin, Xanthopurpurin und einen orangegelben Farbstoff enthält, ist besonders zur
Erzeugung eines lebhaften, satten, in Ponceau ziehenden Roths geeignet, während das
gelbe Alizarin mit Vortheil zu Lila oder Violett
verwendet wird. Im Folgenden beschäftige ich mich nur mit dem elsasser und dem
holländischen Krapp und behalte mir die Veröffentlichung meiner mit avignoner Krapp
erzielten Resultate für eine spätere Abhandlung vor. Bei dieser Gelegenheit will ich
jedoch darauf aufmerksam machen, daß die Ansicht, der Krapp von Avignon enthalte gar kein oder
beinahe kein Purpurin, durchaus irrig ist. Auch bei dieser Krappsorte läßt sich die
Behandlung mit schwefligsäurehaltigem Wasser, wenn auch mit einer geringen
Abänderung, anwenden; man erhält dadurch sehr leicht Purpurin und grünes Alizarin;
indessen ist in dem aus avignoner Krapp dargestellten Purpurin des Handels
verhältnißmäßig mehr eigentliches Purpurin und weniger Pseudopurpurin enthalten, als
in dem aus elsasser und holländischem Krapp gewonnenen Producte.
Die verschiedenen, zur Darstellung von Krappextracten bereits angewendeten Methoden,
lassen sich in folgende vier Kategorien eintheilen:
1) Extraction der Farbstoffe durch spirituöse Flüssigkeiten, wie Alkohol, Holzgeist,
Aceton;
2) Extraction durch flüssige Hydrocarbüre (Kohlenwasserstoffe) oder
Schwefelkohlenstoff;
3) Extraction durch eine kochende Alaunlösung;
4) Extraction durch ätzende oder kohlensaure Alkalien, oder durch Lösungen von
alkalisch reagirenden Salzen, z.B. von phosphorsaurem, pyrophosphorsaurem,
borsaurem, kieselsaurem Natron oder Kali.
Dazu kommt noch die Extraction durch ziemlich concentrirte Schwefelsäure, durch
Essigsäure, fette Oele, Glycerin etc.
Wir wollen diese verschiedenen Methoden einer kurzen Prüfung unterwerfen, nur um auf
die erwiesenen Uebelstände derselben aufmerksam zu machen.
Man ist sehr bald davon abgekommen, mit dem Krapp selbst
zu operiren, und zwar wegen seines großen Gehaltes an fremdartigen Beimengungen, an
Zucker, Gummi, fahlem Farbstoff etc.
Gewöhnlich verwendet man zur Extraction das Garancin, die
Schwefelsäurekohle (Krappkohle) und die Krappblumen, d.h. ein bereits gereinigtes Krappproduct,
in welchem die nutzbaren Farbstoffe schon in gewissem Grade concentrirt sind.
Die Umwandlung des Krapps in diese Producte ist indessen mit Kosten verknüpft, zumal
da sie zur Vorbereitung für gewisse Behandlungsmethoden erst getrocknet und gemahlen
werden müssen. Die Behandlung mit einer wässerigen Lösung von Schwefligsäure ist,
abgesehen von einer geringen Vermehrung der Handarbeit, nicht viel
kostspieliger.
1. Gegen die Extraction durch spirituöse Flüssigkeiten
spricht nicht allein der hohe Preis des Lösungsmittels, sondern auch die poröse
Beschaffenheit der zu extrahirenden Substanz. Da eine gänzliche Vermeidung des
Luftzutrittes unmöglich ist, so findet eine theilweise Umwandlung des Alkohols in
Essigsäure, des Holzgeistes in Ameisensäure statt, und man erhält sehr saure Extracte. Ueberdieß
vermögen die spirituösen Flüssigkeiten nur wenig mehr als die Hälfte des vorhandenen
Farbstoffes zu lösen; zur Gewinnung des übrigen Antheiles muß man den Aether oder
den Methylalkohol von dem Krapprückstand verjagen, letzteren mit angesäuertem Wasser
kochen, dann auswaschen und trocknen, und darauf nochmals mit alkoholischen
Lösungsmitteln behandeln; oder man versetzt auch wohl den Alkohol selbst mit der
Säure, wodurch Nachtheile anderer Art und Verluste verursacht werden, indem die zum
Ansäuren benutzte Schwefelsäure, Salzsäure oder Essigsäure auf den Alkohol
reagirt.
Wegen dieser Schwierigkeiten haben Gerber und Köchlin die Fabrication des Azaleïns aufgegeben. Wir wollen überdieß bemerken, daß ein auf
diese Weise erhaltenes alkoholisches Extract, abgesehen von seinem sauren Zustande
und von seinem zu hohen Gestehungspreise, noch zu unrein ist, um zum Zeugdruck
verwendet werden zu können. Es enthält nämlich noch harzige, fette und mißfarbige
Extractivstoffe, welche die Reinheit der zu erzeugenden Nüancen beeinträchtigen,
daher es einer nachträglichen Reinigung bedürfen würde.
2. Die Extraction durch flüssige Kohlenwasserstoffe (deren
Anwendung zur Darstellung des gelben Alizarins aus dem grünen von uns zuerst
empfohlen wurde) ist ebenfalls mit bedeutenden Uebelständen verknüpft, wenn man sie
zur Behandlung der Krappblumen oder des Garancins benutzen will. Zahlreiche nach
dieser Richtung hin abgeführte Versuche haben den Beweis geliefert, daß durch die
Hydrocarbüre bei weitem nicht der ganze Gehalt an nutzbarem Farbstoff ausgezogen
wird. Außerdem besitzt die zu extrahirende Substanz so bedeutende Porosität und hält
den benutzten Kohlenwasserstoff mit solcher Hartnäckigkeit zurück, daß seine
Entfernung mit sehr großen Schwierigkeiten verbunden ist.
Und doch ist die Beseitigung des Lösungsmittels unerläßlich, nicht allein um dasselbe
wiederzugewinnen, sondern auch um den Rückstand mit einer sauren Flüssigkeit
behandeln und auf diefe Weise die noch vorhandenen Farbstoffe frei und der
Einwirkung des Lösungsmittels zugänglich machen zu können. Bei diesen Operationen
sind bedeutende Verluste nur schwierig zu vermeiden.
Diese Methode ist aber noch mit einem anderen sehr bedeutenden Uebelstande behaftet.
Das angewendete Hydrocarbür (z.B. Schieferöl) nimmt beim Kochen mit dem Garancin
etc. nicht allein Farbstoff, sondern auch fette und harzige Stoffe auf; behandelt
man es dann, um ihm die färbenden Substanzen zu entziehen, mit Aetznatronlauge, so
verbindet sich diese mit den harzigen und fetten Stoffen zu einer Seife, so daß die
Flüssigkeiten eine
emulsionsartige Consistenz annehmen, wodurch ein unüberwindliches Hinderniß für die
Trennung des Kohlenwasserstoffes von der wässerigen alkalischen Flüssigkeit
erwächst, denn ein beträchtlicher Antheil des Gemisches bleibt im Zustande eines
ziemlich dicken gallertartigen Magmas.
Diese Erscheinung ist zugleich ein sicheres Anzeichen, daß das auf die angegebene
Weise dargestellte Extract den für seine Anwendung zum Zeugdruck erforderlichen Grad
von Reinheit nicht besitzt.
3. Die Extraction durch eine kochende Alaunlösung ist mit
Schwierigkeiten verknüpft, welche ganz anderer Art wie die im Vorstehenden angegeben
sind, die aber ebenso schwer in's Gewicht fallen. Der in Lösung gegangene Farbstoff
ist allerdings sehr rein, frei von harzigen, fetten und Pektinsubstanzen; da er sich
aber durch bloßes Erkaltenlassen in zu geringer Quantität ausscheidet (das Purpurin
bleibt sogar zum größeren Theile in Lösung), so wurde empfohlen, die Lösung mit
Schwefelsäure in solcher Menge zu versetzen, daß sich der Farbstoff in schön
orangegelb gefärbten Flocken absetzt.
Da die auf diese Weise sauer gemachte Alaunlösung zu einer zweiten Operation nicht
wieder verwendet werden kann, so mußte man sie, um sie nochmals benutzen zu können,
in Bleigefäßen stark eindampfen, um beim Erkalten Alaunkrystalle zu erhalten,
während Schwefelsäure zurückblieb, worauf man den Alaun mit wenig kaltem Wasser
abwusch und von Neuem anwendete. Auch die stark sauren Mutterlaugen konnten zu einer
neuen Fällung des Farbstoffes aus der kochenden Alaunlösung verwerthet werden.
Insofern würde die mit dem Verfahren verbundene Schwierigkeit nicht unüberwindlich
und die Extraction des Farbstoffes mittelst kochender Alaunlösung würde sogar
ökonomisch seyn; allein es steht dieser Methode noch ein anderes, weit bedeutenderes
Hinderniß entgegen.
In Folge der Einwirkung der fetten und harzigen Substanzen beizt sich nämlich die
Holzfaser und zieht den nutzbaren Farbstoff an, indem sie mit demselben eine
Verbindung von außerordentlicher Stabilität bildet, welche der auflösenden Wirkung
des Alauns widersteht.
Auf diese Weise geht ein bedeutender Antheil des Farbstoffes in die Rückstände und
bleibt in denselben. Die eben erwähnte unlösliche Verbindung ist, wie schon bemerkt,
so stabil, daß wiederholtes und längere Zeit fortgesetztes Auskochen der Rückstände
mit schwefelsäure- oder salzsäurehaltigem Wasser erforderlich ist, um den
Farbstoff wieder frei zu machen. Wir haben übrigens die Beobachtung gemacht, daß
eine dem Kochen mit saurem Wasser vorhergehende Behandlung mit einer schwachen, heißen Alkalilauge die
Zersetzung der in Rede stehenden Verbindung sehr erleichtert.
Das mit Alaun dargestellte Extract hält trotz seiner Fällung aus einer sehr sauren
Flüssigkeit eine gewisse Menge Thonerde zurück, die sich selbst durch wiederholtes
Auskochen mit schwefelsäurehaltigem Wasser nur schwierig entfernen läßt.
Bei dem zur Erzeugung von Roth, Rosenroth und Braun bestimmten Extracte ist ein
geringer Thonerdegehalt nicht schädlich; soll aber dieses Extract zum Drucken von
Lila dienen, so übt die Gegenwart einer nur geringen Thonerdemenge einen
nachtheiligen Einfluß auf die bei Krappviolett so beliebte bläuliche Nüance aus.
Die Behandlung mit Alaun liefert somit ein Extract von genügender Reinheit; ihr
Ertrag ist aber viel zu gering, wenn man nicht zu langwierigen und wiederholten,
somit kostspieligen Hülfsoperationen seine Zuflucht nimmt.
4. Die Extraction durch ätzende oder kohlensaure Alkalien oder durch alkalische
Salze ist das einfachste und billigste Verfahren, besonders bei Anwendung
von Aetznatron oder Soda. Schon in der Kälte, besonders aber durch Erhitzen bis zum
Kochen, erhält man stark gefärbte und sehr farbstoffreiche Flüssigkeiten, deren
Filtration, namentlich bei höherer Temperatur, einige Schwierigkeiten darbietet. Auf
Zusatz einer Säure zu diesen Flüssigkeiten entsteht ein reichlicher, leicht zu
sammelnder, aber etwas weniger leicht auszuwaschender Niederschlag. Zwar läßt das
Alkali ebenfalls eine beträchtliche Quantität Farbstoff in dem Rückstande zurück;
allein dieselbe wird, wenn man letzteren mit angesäuertem kochendem Wasser
behandelt, vom Alkali wieder aufnehmbar. Daher wird der Rückstand nach seiner
Behandlung mit Säure gewaschen und dann nochmals der Einwirkung des alkalischen
Lösungsmittels unterworfen; dieses nimmt wiederum Farbstoff auf und gibt beim
Uebersättigen mit einer Säure einen zweiten Niederschlag von Extract. Dieselbe
Behandlung kann noch zum drittenmale nöthig werden, um den gesammten nutzbaren
Gehalt an Farbstoff gewinnen und den Rückstand wegwerfen zu können.
Wenn man indessen ganz klare und heiße alkalische Lösungen anwendet, ferner nach dem
Auswaschen stark auspreßt und wenn man bei der Behandlung mit Säure mit der
gehörigen Sorgfalt verfährt, so wird es mit einmaliger Wiederholung des Verfahrens
gelingen, den Rückstand so zu extrahiren, daß derselbe nur eine fast unmerkliche
Menge Farbstoff zurückhält. Dieses Verfahren ist an sich wenig kostspielig, da die
Substanz nicht getrocknet und nicht gemahlen zu werden braucht, und weil man nur verdünnter Alkalilaugen
und Säuren bedarf. Bei rationellen, Handarbeit ersparenden Einrichtungen ist diese
Extractionsmethode wirklich praktisch und zur Anwendung im großen Maaßstabe
geeignet.
Das mittelst dieses Verfahrens erhaltene Extract, welches wir als pektinöses oder pektinhaltiges
bezeichnen wollen, ist aber für den Zeugdruck ganz ungeeignet, obgleich es, bei
Beobachtung gewisser Vorsichtsmaßregeln (z.B. mit Zusatz einer passenden Quantität
von Kreide), zum Färben sehr
wohl angewendet werden kann. Gut dargestellt und getrocknet, bildet es eine nicht
schwierig zu pulverisirende schmutziggelbe Masse, welche sich in einer heißen,
verdünnten Aetznatronlauge beinahe vollständig zu einer sehr dunkelgefärbten,
bräunlich roth-violetten Flüssigkeit lösen muß.
Das pektinöse Extract gibt beim Drucken nur matte und unreine Farbentöne, weil der
Farbstoff darin von einer Masse schleimiger, pektinöser, fetter und harziger
Substanzen nebst falben Pigmenten begleitet ist.
Wenn man aber dieses pektinhaltige Extract als ein Zwischenproduct, gewissermaßen als
das Rohmaterial betrachtet, welches noch einer zweiten Reihe von Operationen zum
Behufe seiner Concentration und Reinigung unterworfen werden muß, dann gelangt man
zu sehr befriedigenden Resultaten. Denn dieses von Holzfaser freie und in Folge
davon keine poröse Structur zeigende pektinöse Extract, in welchem die benutzbaren
Farbstoffe bereits in sehr concentrirtem Zustande und von zuckerigen, sowie von
gummigen Substanzen und löslichen Extractivstoffen befreit sind, läßt sich mittelst
Verfahrungsweisen behandeln und extrahiren, welche bisher im Großen weder bei dem
Krapp selbst anwendbar waren, noch bei den Abkömmlingen desselben, welche zur
Darstellung dieses pektinhaltigen Extractes dienten.
In Folge des Krappfarben-Tafeldrucks ist die Krapp-Industrie in ein
neues Stadium getreten. Eine rationelle Behandlung des Krapps wird heutzutage
nachstehenden Bedingungen entsprechen müssen. Zunächst muß sie eine wohlfeile und
fabriksmäßige Darstellung aller benutzbaren Farbstoffe gestatten, so daß von
letzteren in den Rückständen nichts zurückbleibt; dann muß sie diese Farbstoffe in
einer Form liefern, welche deren Umwandlung in direct zum Zeugdrucke anwendbare
Krappextracte gestattet, und dieselben nicht zu sehr vertheuert; endlich muß diese
Behandlung eine möglichst vortheilhafte Verwerthung der die Farbstoffe in der
Krappwurzel begleitenden fremden Substanzen ermöglichen.
Diesen Bedingungen entspricht nach unserer Ansicht eine Behandlungsweise, durch
welche der Krapp zersetzt wird:
1) Zu Purpurin des Handels (purpurine commerciale), welches schon jetzt in der Seiden- und
Wollenfärberei, sowie zur Darstellung von rothen und rosenrothen Krapplacken benutzt
wird.
Wir glauben übrigens, daß es bald gelingen wird, nicht allein das Pseudopurpurin in eigentliches
Purpurin, welches auf Baumwolle schöne, reine, der Einwirkung der Seife und
des Lichtes hinreichend widerstehende Farben liefert, sondern sogar das Purpurin in Alizarin
umzuwandeln.
Denn aus den neueren Untersuchungen von Schützenberger und
Schiffert
Polytechn. Journal Bd. CLXXVI S.
48. über das Purpurin des Handels ergibt sich, daß das Purpurin = C²⁰H¹²O⁷,
Oxyalizarin oder durch Aufnahme von 1 Aequiv. Sauerstoff
oxydirtes Alizarin =
C²⁰H¹²O⁶ + O, ist,
und daß das Pseudopurpurin =
C²⁰H¹²O⁹, Oxypurpurin
oder Trioxyalizarin =
C²⁰H¹²O⁶ + O³ ist.
Dem Alizarin selbst kommt die Formel C²⁰H¹²O⁶
zu.
2) Zu grünem Alizarin, welches als Rohmaterial für die
Darstellung eines reinen Alizarinextractes für violette und
lila Druckfarben dienen wird. Dieses Extract wird so zu sagen nur reines, von allen fremdartigen Substanzen freies Alizarin enthalten.
3) Zu pektinhaltigem Extract, welches das Rohmaterial zur
Darstellung eines zusammengesetzten Alizarinextractes für
rothe, rosenrothe und braune Druckfarben bildet.
Dieses Extract wird außer dem in ihm vorwaltenden reinen Alizarin eine gewisse Menge Purpurin,
Xanthopurpurin und orangegelben Farbstoff
enthalten.
4) Außerdem muß man erforderlichen Falles den größeren Theil des in der Krappwurzel
vorhandenen Zuckers mit Hülfe des Gährungsprocesses und
der Destillation der gegohrenen Flüssigkeiten zur Verwerthung bringen können.
Die Unterscheidung der zum Zeugdrucke bestimmten Krappextracte in Extracte für
violette und lila und in solche für rothe, rosenrothe und braune Farben ist sehr
wichtig.
Camille Köchlin hat nämlich nachgewiesen, daß die rothen
Krappfarben, um lebhaft und satt zu erscheinen, vielmehr eine Beimischung von Gelb haben müssen, wodurch ihnen ein Stich in's
Ponceau- oder Scharlachrothe ertheilt wird, als daß sie in's Bläuliche
stechen, wodurch sie einen violetten oder weinrothen Ton erhalten. Dagegen übt
andererseits die geringste gelbliche Nüance einen nachtheiligen Einfluß auf die Reinheit der lila
und violetten Farben aus, so daß dieselben bräunlich und matt erscheinen.
Es ist ferner erwiesene Thatsache, daß sich mit grünem Alizarin, wenn dasselbe gut
dargestellt, d.h. wenn es frei von Purpurin (des Handels) ist und wenn ihm durch
sorgfältiges Auswaschen jede Spur von Säure und von gelbem und fahlem Farbstoffe
entzogen worden ist, der Kattun mittelst besonderer Eisenbeizen (gehörig verdünntem
phosphorsaurem, arsen-, kiesel-, borsaurem etc. Eisen) schön lila und
violett färben läßt, und daß die Reinheit und Dauerhaftigkeit dieser Farben nichts
zu wünschen übrig läßt.
Damit ist aber die Anwendung des grünen Alizarins zur Darstellung der für lila
Druckfarben bestimmten Extracte klar angezeigt.
Ebenso wahr ist es jedoch, daß das zur Erzeugung von rothen, rosenrothen und braunen
Farben (das aus reinem Alizarin dargestellte Braun zeigt gern einen Stich in's
Carmoisinrothe) bestimmte Extract, sofern es alle wünschenswerthen Vortheile
besitzen soll, gewissermaßen der Inbegriff der verschiedenen, im Krapp enthaltenen
ächten Farbstoffe seyn muß, und da dieser Bedingung das pektinhaltige Extract entspricht, so dient letzteres natürlich als
Ausgangspunkt für die Darstellung des reinen, für rothe, rosenrothe und braune
Druckfarben bestimmten Extractes.
Behandlung des elsasser und
holländischen Krapps.
Im Nachstehenden geben wir eine kurze Darstellung der für die Praxis wichtigen
Abänderungen des in unserer früheren Arbeit über den elsasser und holländischen
KrappPolytechn. Journal Bd. CLXXII S.
296. beschriebenen Verfahrens.
Der gemahlene Krapp wird mit der 3 1/2 bis 4 fachen Gewichtsmenge einer starken
wässerigen Lösung von Schwefligsäure, welche etwa 1/400 ihres Volums an
Schwefelsäure enthält, in einen Holzbottich gebracht, welcher mit einem mechanischen
Rührer versehen ist, ähnlich dem in den Brennereien zum Mengen der gekeimten Gerste
mit den gekochten und zerquetschten Kartoffeln gebräuchlichen. Auf 200 Kilogr. Krapp
nimmt man 7 bis 8 Hektoliter wässerige Schwefligsäure, die mit 1,75 bis 2 Liter
concentrirter Schwefelsäure versetzt ist.
Zunächst läßt man die Schwefligsäure durch ein bis zum Boden des Bottichs
hinabreichendes Rohr in diesen eintreten, damit die Säure auf ihrem Wege durch die
Luft, beim Fallen von einer gewissen Höhe herab, nicht schwächer wird. Dann wird das Krapppulver in
einzelnen Portionen eingerührt, worauf man das Ganze mindestens zwölf Stunden lang
sich selbst überläßt, nachdem man den Bottich mit einem Deckel verschlossen hat. Der
Geruch nach Schwefligsäure muß immer deutlich wahrzunehmen, darf aber nicht zu stark
seyn. Nach Verlauf von zwölf bis achtzehn Stunden öffnet man die Hähne zweier, am
tiefsten Theile des Bottichs angebrachter Abflußröhren und läßt die Flüssigkeit
durch wollene Filter laufen, welche, die mitgerissenen Krapptheilchen zurückhalten.
Nachdem das Abtropfen aufgehört hat, macht man eine ziemlich große, im Niveau des
Bottichbodens angebrachte Oeffnung frei, zieht den Rückstand aus und füllt denselben
in Preßsäcke, welche mittelst einer hydraulischen Presse einem sehr starken Drucke
unterworfen werden.
Die auf diese Weise erhaltene saure Flüssigkeit enthält den größeren Theil vom
Zuckergehalte des Krapps; wir wollen dieselbe zuckerhaltige
Einweichflüssigkeit nennen und werden später angeben, in welcher Art
dieselbe weiter behandelt werden muß.
Der stark ausgepreßte Rückstand wird zerkleinert, in einen zweiten, mit einem
mechanischen Rührer versehenen Einweichbottich gebracht und in diesem mit einer
schwachen, lauwarmen wässerigen Lösung von Schwefligsäure übergossen. Das möglichst
gleichmäßige und halbflüssige Gemisch läßt man in einen zum methodischen Auslaugen
bestimmten Apparat treten, welcher nach denselben Principien construirt ist, wie der
zum Auslaugen der Rohsoda gebräuchliche Apparat.
Einer der geeignetsten Apparate zum Auslaugen des Krapps ist in der untenstehenden
Zeichnung abgebildet. Er besteht entweder aus einem einzigen, sehr großen, mit Blei
ausgefütterten und durch vertical stehende, steife Scheidewände in sechs
Abtheilungen (Kammern) getheilten Holzkasten, oder aus sechs einzelnen, in derselben
Horizontaleben neben einander oder in zwei Reihen zu je drei aufgestellten hölzernen
Bottichen. In jeder Abtheilung oder jedem Bottich befindet sich ein in 10 Centimeter
Höhe über dem eigentlichen Boden liegender, mit zahlreichen Löchern versehener
falscher Boden, welcher mit einem aus Wolle, Matten etc. angefertigten Seihetuche
bedeckt ist. Ein aus Holz, Steinzeug, Kupfer oder Blei bestehendes, auf dem Boden
ruhendes, aber behufs Zulassung der Flüssigkeit an seiner Basis ausgeschweiftes Rohr
geht durch den falschen Boden hindurch, steigt dann an der verticalen Wand des
Bottichs auf, bildet, etwa 20 Centim. unterhalb des oberen Randes vom letzterem,
einen rechten Winkel, tritt durch die Bottichwand hindurch, und leitet die
Flüssigkeit in die zunächststehende Kufe, in welche das Rohr durch eine ähnliche, in
derselben Höhe der Wand angebrachte Oeffnung mündet.
Textabbildung Bd. 187, S. 339
Auf diese Weise stehen die einzelnen Bottiche so mit einander in Verbindung, daß
jeder derselben zum ersten, zweiten, dritten etc. und sechsten, darnach aber von
Neuem zum ersten werden und somit seinen Inhalt successiv an alle übrigen Bottiche
oder Kammern abgeben kann.
Nehmen wir an, der Auslaugapparat stehe in regelmäßigem Betriebe. Der gehörig
beschickte Bottich Nr. 1 enthält Krapp, welcher an Wasser nichts mehr abgibt; der
Inhalt des zum zweiten Male beschickten Bottichs Nr. 2 ist nahezu erschöpft; der des
Gefäßes Nr. 3 ist dieß in geringerem Grade u.s.f.; der Bottich Nr. 6 endlich wurde
so eben mit Krapp beschickt, welcher ausgepreßt und dann mit lauwarmem,
schwefligsäurehaltigem Wasser von Neuem angerührt worden ist.
In sämmtlichen Gefäßen darf der Inhalt nur bis zu zwei Dritteln ihrer Höhe stehen.
Ueber den Bottichen circuliren zwei Röhrensysteme; das eine, ziemlich weite, leitet
kochendes Wasser, das andere, engere hingegen Schwefligsäurelösung von mittlerem
Concentrationsgrade zu. Von den weiteren Röhren aus führen kleinere, je mit einem
Hahne versehene Röhren bis beinahe zum oberen Niveau jedes Bottichs, so daß man in
letztere nach Belieben heißes Wasser oder Schwefligsäurelösung eintreten lassen
kann. Bei diesem Auslaugverfahren braucht man dem heißen Wasser nur 1/15, gegen Ende
des Processes sogar nur 1/20 Schwefligsäurelösung zuzusetzen. Dieses Verhältniß läßt
sich durch entsprechendes Oeffnen oder Schließen der betreffenden Hähne leicht
reguliren; selbstverständlich müssen die das heiße Wasser zuführenden Hähne und
Röhren mehr davon
liefern als die für den Zufluß der Schwefligsäure bestimmten.
Sobald (in dem hier als Beispiel gewählten Falle) der Zufluß von Wasser und der
geringsten zur Anwendung kommenden Schwefligsäuremenge bei dem Bottiche Nr. 1
abgesperrt worden, läßt man beide Flüssigkeiten in Nr. 2 eintreten und dann aus Nr.
1 durch das Abflußrohr die sehr schwache Flüssigkeit von dem in diesem Gefäße
enthaltenen Krapp ablaufen und abtropfen, läßt sie aber nicht weglaufen, sondern
fängt sie in einem besonderen kleineren Bottiche auf, aus dem sie mittelst einer
Pumpe in das Gefäß Nr. 2 übergehoben wird. Den Krapprückstand in Nr. 1 krückt man
nach gehörigem Abtropfen aus dem Gefäße heraus, und füllt letzteres mit ausgepreßtem
und im zweiten Bottich wieder mit der säurehaltigen Flüssigkeit angerührtem Krapp;
dann gießt man die aus Nr. 6 kommende Flüssigkeit, welche successive die Gefäße Nr.
2, 3, 4, 5 und 6 durchlaufen hat, in Nr. 1 auf.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß bei Anwendung dieses Verfahrens der Krapp,
obgleich eine vollständige Auslaugung desselben stattfindet, doch sehr reiche und
concentrirte Flüssigkeiten liefert. Je weiter der Auslaugproceß vorschreitet, desto
heißer muß die zu demselben verwendete Säure seyn, so daß in den Bottichen von Nr. 6
bis zu Nr. 1 die Temperatur von 40° auf 50°, von 50° auf
60°, von 60° auf 70°, von 70° auf 80° und von
80° auf 90° C. gesteigert wird.
Diese Extractionsmethode ist sehr einfach und regelmäßig; sie erfordert weniger
Handarbeit als alle übrigen Methoden und liefert an Farbstoff sehr reiche
Flüssigkeiten. Das aus letzteren dargestellte Purpurin fällt um so schöner und das
mit ihnen erhaltene grüne Alizarin fällt um so reicher aus, je vollständiger die
Flüssigkeiten von Zucker, Gummi und falben Extractivstoffen befreit sind.
Außerdem ist der physikalische Zustand des auf die beschriebene Weise ausgelaugten
Krapprückstandes ein sehr günstiger für die folgenden, zur Extraction der in ihm
vorhandenen verwerthbaren Substanzen erforderlichen Operationen.
Die mittelst dieses methodischen Auslaugens erhaltenen Flüssigkeiten werden mit 3 1/2
bis 4 Proc. concentrirter Schwefelsäure versetzt und falls sie bei ihrem Austritt
aus dem Auslaugapparate diese Temperatur noch nicht besitzen – auf 35°
bis 40° C. erhitzt, um das in ihnen enthaltene Purpurin niederzuschlagen;
dann werden sie, behufs der Gewinnung des grünen Alizarins, stärker erhitzt und eine
Zeit lang im Kochen erhalten.
Die von der Fällung des grünen Alizarins herrührenden Mutterlaugen läßt man keineswegs weglaufen,
sondern dieselben werden als Zusatz bei der Darstellung der pektinhaltigen Extracte
verwerthet.
Der durch sehr schwache Schwefligsäurelösung erschöpfte Krapprückstand wird, nachdem
er gehörig abgetropft ist, in einem zweiten, dem beschriebenen ganz gleich
eingerichteten Apparat zum methodischen Auslaugen gebracht und in demselben mittelst
einer sehr schwachen, aber ganz klaren, vorher auf 50° bis 60° C.,
gegen Ende des Processes aber zum Kochen erhitzten Sodalösung (die nur 1 bis 1 1/2
Proc. kohlensaures Natron zu enthalten braucht) ausgezogen. Zuletzt wäscht man, um
alles Natronsalz zu entfernen, mit kochendem Wasser allein aus. Der zu dieser
Operation erforderliche Apparat braucht in nur vier Stück hölzernen oder auch aus
Eisenblech angefertigten Bottichen zu bestehen.
Zur Ersparung von Kosten und Handarbeit dürfte es vorzuziehen seyn, den
Krapprückstand in tragbare, oben offene und am Boden, sowie an den Seitenwänden (an
letzteren nur bis zu einer gewissen Höhe) mit feinen Löchern durchbrochene, aus
Eisenblech bestehende Kästen zu füllen. Ein solcher Kasten kommt auf den, mit einem
aus Hanf, Flachs, Mattengeflecht oder auch nur aus Stroh bestehenden Seihetuche
bedeckten falschen Boden des Bottichs, beziehungsweise der Kammer, zu stehen. Gibt
der Krapprückstand an die Alkalilösung und an das kochende Wasser nichts mehr ab, so
hebt man den Kasten mittelst einer mechanischen Vorrichtung aus dem Bottiche heraus,
und läßt ihn über dem folgenden Gefäße oder der folgenden Kammer abtropfen. Nach dem
Abtropfen wird der Kasten auf die Kufe geführt, in welcher nun der Krapp mit der von
der Bereitung des grünen Alizarins herrührenden Mutterlauge zum Sieden erhitzt
werden muß, um sich in schwaches Garancin zu verwandeln; dadurch, daß man den Kasten
umkehrt, fällt sein ganzer Inhalt sofort in das Gefäß oder die Kammer hinab.
Die alkalische, mit pektinhaltigen, harzigen etc. Farbstoffen beladene Flüssigkeit
wird in große hölzerne Kufen abgelassen, welche sie nur bis zur Hälfte, höchstens zu
3/5, anfüllen darf; in denselben wird sie mit noch heißer Mutterlauge des grünen
Alizarins versetzt, bis deutlich saure Reaction eintritt.
Es entsteht alsdann ein sehr reichlicher, anfänglich außerordentlich voluminöser
Niederschlag, welcher sich in Folge der gleichzeitigen Entwicklung von Kohlensäure
zunächst an der Oberfläche der Flüssigkeit ansammelt, und zum größeren Theile
mittelst eines Schaumlöffels abgenommen werden kann. Nach und nach wird dieser
Niederschlag aber dichter und sinkt zu Boden, worauf man die Flüssigkeit vollständig
erkalten läßt. Man rührt dann recht oft um, damit der Niederschlag sich wieder suspendirt; in Folge
davon vereinigen sich in demselben alle flockigen Farbstofftheilchen, sowie die aus
der alkalischen Flüssigkeit, als auch die aus der vom grünen Alizarin abstammenden
Mutterlauge herrührenden.
Endlich überläßt man das Ganze mehrere Stunden lang ruhig sich selbst; dann decantirt
man die klare fahlgelbe Flüssigkeit und sammelt den gelblichbraunen Niederschlag auf
einem Filter mit den gleich Anfangs abgeschöpften Antheilen des ausgeschiedenen
Farbstoffes.
Die mittelst dieses Verfahrens dargestellte Substanz, welche außer den nutzbaren
Farbstoffen des Krapps eine Menge von fremdartigen, pektinösen, schleimigen,
harzigen und fetten Materien und unächten Farbstoffen enthält, bildet das pektinöse oder pektinhaltige
Extract (A). Man kann es austrocknen lassen und
pulverisiren; in diesem Zustande stellt es ein mattes gelbes, etwas bräunliches
Pulver dar, welches sich wie ein extrastarkes Garancin verhält und beim Färben mit
Zusatz einer geeigneten Menge Kreide sehr satte und ziemlich ächte Nüancen
liefert.
Der mit der Alkalilösung erschöpfte Krapprückstand enthält noch eine ziemlich
beträchtliche Menge von nutzbarem Farbstoff, aber in Form einer Verbindung, auf
welche das kohlensaure Natron nicht wirkt. Ein Theil dieses Farbstoffes könnte zwar
in Lösung gebracht und gewonnen werden, wenn man anstatt des Kohlensäuresalzes eine
heiße Lösung von Aetznatron nähme; diese veranlaßt aber, wenn sie von vorn herein
angewendet wird, eine so starke Anschwellung des Krapps und versetzt ihn in einen so
gelatinösen Zustand, daß das Auswaschen fast unmöglich wird. Aus diesem Grunde,
sowie auch deßhalb, weil selbst die Aetznatronlauge nicht allen Farbstoff
auszuziehen vermag, ist es vorzuziehen, im Anfange mit kohlensaurem Natron zu
arbeiten und das Aetznatron erst zuletzt zu benutzen.
Damit der Krapprückstand einen weiteren Antheil des in ihm enthaltenen Farbstoffes
abgeben kann, muß er durch Behandlung mit Säure in einen anderen Zustand versetzt
werden; man verwandelt ihn daher durch Kochen mit der vom grünen Alizarin
herrührenden Mutterlauge in schwaches Garancin.
Man verfährt zu diesem Zwecke genau so, wie wenn es sich um die Darstellung des
gewöhnlichen Garancins handelte; nur braucht das Kochen nicht so lang fortgesetzt zu
werden und die Extractionsflüssigkeit braucht nicht so sauer zu seyn.
Das so erhaltene schwache Garancin wird sorgfältig ausgewaschen. Zu diesem Behufe
übergießt man es mit einem gleichen Volum kalten Wassers, um es abzukühlen; hierauf
bringt man es in einen dritten Apparat zum methodischen Auslaugen.
Bei der Darstellung des käuflichen Garancins würde die
Anwendung eines zum methodischen Auslaugen dienenden Apparates einen bedeutenden
Fortschritt bilden und ein solcher sollte überall eingeführt werden. Dadurch würde
man sich zwei höchst beachtenswerthe Vortheile sichern, nämlich:
1) würde man das erhaltene Garancin weit vollständiger auswaschen und sorgfältiger
von Säure befreien können; hierdurch würde man, ohne Vermehrung der Handarbeit, ein
Garancin darzustellen im Stande seyn, welches den Krappblumen näher stände und
schönere, namentlich ächtere Farben liefern würde;
2) wenn man bei dem gewöhnlichen Fabricationsverfahren das Auswaschen nicht länger
fortsetzt, so geschieht dieß, um merkliche Verluste an nutzbarem Farbstoff zu
verhüten. Denn während säurehaltiges Wasser nur Spuren von Purpurin und Alizarin zu
lösen vermag, löst reines Wasser merkliche Mengen von denselben. Setzt man demnach
das Auswaschen bis zum Verschwinden jeder sauren Reaction fort, so entzieht man dem
Garancin eine ziemlich beträchtliche Quantität Farbstoff, so daß es mit zunehmender
Reinheit auch schwächer wird.
Bei Anwendung des Apparates zum methodischen Auslaugen ist dieser Uebelstand nicht zu
fürchten. Zwar gibt das Garancin zuletzt an das reine Wasser gleichfalls eine
gewisse Menge Farbstoffe ab, welche in Lösung gehen; allein diese Lösung muß
hierbei, bevor sie abfließt, stets frisch bereitetes und noch sehr saures Garancin
durchdringen; bei Gegenwart von Säure aber schlagen sich die Farbstoffe auf das
saure Garancin nieder und reichern dasselbe an. Mit anderen Worten: da die aus dem
Apparate austretende Flüssigkeit immer saurer ist (und zwar saurer als die meisten
Waschwässer, welche man bei dem gewöhnlichen Auswaschen des Garancins weglaufen
läßt), so erleidet man keinen merkbaren Verlust an Farbstoff und das methodisch
ausgewaschene Garancin muß zuletzt nicht allein besser ausgewaschen und weniger
sauer, sondern auch gehaltreicher seyn, als das auf die bisher übliche Weise
ausgewaschene Product.
Dieselben Betrachtungen gelten bis zu einem gewissen Punkte auch für die Fabrication
der Krappblumen. Ein methodisches Auswaschen dieses
Productes, mit nachfolgendem starken Auspressen verbunden, würde einerseits
zuckerhaltige, zur Gewinnung von Krappspiritus mit größerem Vortheile anzuwendende
Flüssigkeiten, andererseits fast vollkommen neutrale Krappblumen liefern.
Wir kommen nun auf das schwache Garancin zurück. Dasselbe wird gut ausgewaschen und
hernach wie beim ersten Male extrahirt, zunächst mit einer heißen, aber sehr
schwachen Lösung von kohlensaurem Natron, dann mit einer gleichfalls heißen und ganz
schwachen Lösung von Aetznatron, zuletzt mit kochendem Wasser. Dazu wird wiederum
der Apparat zum methodischen Auslaugen benutzt.
Die bei diesem Auslaugen erhaltenen, noch ziemlich stark gefärbten alkalischen
Flüssigkeiten werden durch Mutterlauge von der Darstellung des grünen Alizarins
gefällt. Der entstandene, an schleimigen Theilen reichere, dagegen an Farbstoff
ärmere Niederschlag wird auf einem Filter gesammelt, und nach dem Abtropfen ein oder
zweimal mit reinem Wasser gewaschen; er bildet dann das pektinöse oder pektinhaltige Extract (B) und kann gleichfalls getrocknet und pulverisirt
werden.
Hinsichtlich seiner Natur stimmt dieses Extract mit dem pektinhaltigen Extracte (A) überein; nur ist es noch unreiner und enthält
verhältnißmäßig weniger von nutzbaren Farbstoffen. Bei sorgfältiger Leitung des
Processes ist der Krapprückstand nun beinahe vollständig erschöpft und man kann ihn
(selbst ohne ihn vorher auszupressen) wegwerfen.
Es ist indessen immer räthlich, sich zu überzeugen, ob dieser Rückstand nicht noch
eine merkliche Quantität von Farbstoffen enthält. Zu diesem Zwecke kocht man ihn mit
Wasser, welches mit Schwefelsäure angesäuert worden ist und wäscht ihn dann aus;
kurz, man behandelt ihn als ob man ihn in schwaches Garancin umwandeln wollte. Das
Product dieses Verfahrens probirt man, indem man mit demselben einen gebeizten
Kattun färbt.
Sollten die Beizen sich noch ziemlich kräftig färben, so muß man die Behandlung mit
Mutterlauge vom grünen Alizarin, mit darauf folgendem Auswaschen wiederholen und
schließlich ein neues Auslaugen – dießmal aber nur mit einer sehr schwachen,
kochenden Aetznatronlauge – vornehmen.
Die dadurch erhaltenen gefärbten alkalischen Flüssigkeiten werden wiederum mit
Mutterlauge vom grünen Alizarin niedergeschlagen, wodurch man eine geringe Menge
eines dritten pektinösen Extractes (C) erhält. Der Krapprückstand wäre nun gänzlich
erschöpft.
Beim Auslaugen mit einer alkalischen Flüssigkeit muß man stets besorgt seyn, nur mit
vollkommen klaren und durchsichtigen Lösungen zu arbeiten.
Hat man über kalkfreies Wasser zu verfügen, so gewährt dieß einen großen Vortheil.
Ist man indessen genöthigt, zur Darstellung der alkalischen Flüssigkeiten ein
kalk- und magnesiahaltiges Wasser zu verwenden, so muß man zunächst das
Kalkbicarbonat und die Magnesia mittelst einer geeigneten Menge Kalkmilch fällen und
dann erst das kohlensaure und das Aetznatron in dem so theilweise gereinigten Wasser lösen. Man
rührt darauf gut um, läßt die Lauge vierundzwanzig Stunden absetzen und benutzt nur
den von dem gefällten Kalk etc. decantirten klaren Antheil der Alkalilösung.
Auch zum Auswaschen mit bloßem Wasser, welches auf das Auslaugen folgt, muß man
jedesmal ein von Kalk- und Magnesiasalzen auf die angegebene Weise befreites
Wasser benutzen.
(Die Fortsetzung folgt im nächsten Heft.)