Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 187, Jahrgang 1868, Nr. , S. 82 |
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Miscellen.
Miscellen.
Die Hängebrücke zu Kiew.
Eines der werthvollsten und unersetzlichsten Objecte, welche im vorigen Winter bei
dem Brande des Krystallpalastes in Sydenham verloren giengen, ist das Modell der
Hängebrücke in Kiew über den Dniepr, welche vor 14 Jahren nach dem Entwurfe des
englischen Ingenieurs Vignoles errichtet wurde. Die
Großartigkeit des Bauwerkes verdient wohl eine kurze Beschreibung, die wir nach dem
Mechanics' Magazine folgen lassen. Obwohl die Brücke
über den engsten Theil des Dniepr in dieser Gegend geworfen ist, so ist ihre Länge
doch noch über eine halbe englische Meile; die Wassertiefe ist an dieser Stelle 40
Fuß in trockener Herbstzeit, aber 60 Fuß nach dem Schmelzen des Schnee's im
Frühjahr. Hauptschwierigkeiten bei dem Bau der Brücke waren erstens der Umstand, daß
der Boden des Flußbettes ganz aus Sand besteht, und dazu der Stromlauf sich
fortwährend ändert, und zweitens, daß der Eisgang und die Frühjahrsfluthen eine im
westlichen Europa kaum begreifliche Gewalt haben. Es war also an sich nothwendig,
die Anzahl der Strompfeiler so sehr als möglich zu beschränken, wodurch sich das
Princip der Hängebrücke von selbst darbot. Da die russische Regierung die Anwendung
von Drahtseilen nicht erlaubte, so griff man zu der von schmiedeeisernen Ketten mit
breiten und flachen Gliedern. Ganz nach demselben System sind auch die berühmten
Hängebrücken über den Menai-sund und den Conway in Wales und über die Donau
bei Pesth gebaut; aber alle diese Brücken haben nur eine centrale Oeffnung, während
diejenige zu Kiew eine Hauptöffnung von je 440 Fuß Weite und zwei Seitenöffnungen
von je 255 Fuß hat; außerdem auch eine Passage von 50 Fuß Weite, mit einer
Drehbrücke zum Durchlaß von Dampfbooten und anderen Flußschiffen. Es sind also
vorhanden: fünf Suspensionspfeiler im Fluße, ein Widerlagspfeiler am linken Ufer,
ein anderer am rechten (wo Kiew liegt), welcher aber eine Insel von Mauerwerk im
Strome darstellt, weil hinter ihm noch die Passage mit der Drehbrücke liegt, und
endlich ein Widerlagspfeiler für die letztere am rechten Ufer. Die Breite der
Brückenbahn ist 53 Fuß, wovon 35 Fuß auf den Fahrdamm kommen. Diese Brückenbahn ist
an vier, in einer Horizontalebene liegenden Ketten aufgehängt, zwei auf jeder Seite
des Weges; die Fußpfade ragen über die Ketten hinaus und sind auf Consolen auswendig
um die Pfeiler herumgeführt, so daß die Fußgänger von den Reitern und Wagen
vollständig abgesondert sind. Die Ketten bestehen aus Gliedern von 12 Fuß Länge und
4 1/4 Centner Schwere; je 8 Glieder bilden die Breite einer Kette, und ihre
Totallänge, den Curven entlang gemessen, ist nahezu zwei englische Meilen. Das
Totalgewicht des zur Construction der Brücke verwendeten Eisenwerkes, einschließlich
der beim Bau benutzten Maschinen, betrug etwa 70,000 Centner. Es wurde von zwei
Firmen in England geliefert, und beanspruchte zu seinem Transport 21 Schiffe, welche
es bis Odessa brachten; von da bis Kiew (etwa 100 deutsche Meilen) mußte es auf
Ochsenkarren durch so gut wie pfadlose Steppen transportirt werden. Eine große Menge
von Maschinen aller Art wurde beim Bau erfordert, dabei allein 9 Dampfmaschinen,
nämlich zwei stationäre von je 50 Pferdestärken und sieben Locomobilen von 4 bis 8
Pferdestärken. Sie dienten zum Pumpen von Wasser, Einrammen von Pfählen, Mahlen von
Mörtel, Heben von Holz, Eisen, Stein, Ziegel u. dgl.
Eine temporäre Brücke von großer Stärke wurde vorher über den Dniepr geworfen; sie
hatte eine Eisenbahn zu tragen. Es mußte eine ganze kleine Stadt für die Arbeiter am
linken Ufer gebaut und ein vollständiges Verpflegungssystem eingerichtet werden.
Eine Menge von Ziegeleien und Steinbrüchen wurden eigens für diesen Bau eröffnet;
der Granit kam z.B. über 100 englische Meilen weit auf Ochsenkarren. Es wurde sogar
eine eigene Cementfabrik im großartigsten Maaßstabe errichtet. Die Arbeiter fiengen
im April 1848 an; der Grundstein wurde am 9. September desselben Jahres gelegt, und
die Eröffnung für den Verkehr geschah am 10. October 1853. Vorher war sie mit einem
Gewicht gleich dem von 50,000 Infanteriesoldaten probirt worden. Die Kosten betrugen
432,000 Pfd. Sterl. = 2 7/8 Millionen preuß. Thaler.
Das in Sydenham aufgestellte Modell, von Jabez James
angefertigt, reproducirte den Bau im Maaßstabe von 1/96 so treu, daß jedes Stück
Holz und Eisen, jeder Bolzen, jede Schraube, jedes Bret im Verhältniß der Größe
nachgebildet war; selbst die architektonischen Details des Mauerwerkes, die inneren
Einrichtungen der Widerlager, der Mechanismus der Drehbänke u.s.w. waren genau
wiedergegeben. Eine Copie dieses, leider verbrannten Modelles befindet sich im
Museum zu St. Petersburg. Dr.
Lunge. (Breslauer Gewerbeblatt, December 1867, Nr.
19.)
Ueber das Fell'sche
Locomotiven-SystemBeschrieben im polytechn. Journal, 1866, Bd. CLXXX S. 180. auf der Mont-Cenis-Bahn.
Nach Engineering, vol. IV p.
233, bewähren sich die Bahn mit den Mittelschienen und die Locomotive mit den
Horizontalrädern nicht, hauptsächlich aus dem Grunde,
weil sich die Laufräder, welche stets das Gewicht der Maschine tragen, weitaus mehr
abnutzen als die Mittelräder. Nachdem aber alle den gleichen Schienenweg rollen, so
müssen die abgenutzten Tragräder mehr Umdrehungen als die mit ihnen gekuppelten
Horizontalräder machen, wodurch ein gefährliches Zerren und Gleiten entsteht.
Abgesehen davon, bringt jede Unregelmäßigkeit in der Mittelschiene, unsymmetrische
Lage etc., das Bestreben mit sich, die Maschine an eine Schiene zu pressen und von
der anderen zu entfernen.
Unsere Quelle sagt weiter: Nachdem eine Maschine, deren ganzes Gewicht adhärirt, eine
Steigung von 1 : 4 überwindet, wenn sie leer läuft, und daher ihr dreifaches Gewicht
noch über eine Steigung von 1 : 12 bringen kann, so dürfte dieß die Maschinen mit
der 24 Tonnen-Pressung auf die Mittelschiene nach wenige Monate langem
Experiment wieder wegfallen machen.
Die Anfertigung einer fünfzehnzölligen Panzerplatte zu
Sheffield.
Vor Kurzem wurde auf den unter Sir John Brown's Leitung
stehenden Hüttenwerken (den Atlas Works zu Sheffield)
die größte und dickste Panzerplatte angefertigt, welche bis jetzt existirt. Dieses
Anfangs September 1867 vollendete Riesenstück hatte im Ofen 20 Fuß Länge und 4 Fuß
Breite bei 21 Zoll Stärke oder Dicke, und einem Gewichte von 21 Tonnen. Nach dem
Fertigwalzen war diese Platte noch 15 Zoll stark. Bereits im Jahre 1862 wurden auf
den Atlas Works 4 1/2 zöllige Platten fabricirt; später
erreichte man daselbst die Stärke von 5, 7, 8 und zuletzt von 12 Zoll. Diese
letztere Stärke ist nunmehr noch um 3 Zoll übertroffen und eine Platte von bisher
noch unerreichter Dicke mit Leichtigkeit hergestellt worden. Einige von den 12
zölligen Platten sind allerdings wirklich benutzt; allein die Anfertigung von 15
zölligen Platten wurde erst dann angestrebt, als man sich zur Einführung des Systems
der eisengepanzerten Forts entschloß. Diese Forts sollen mit 5 Zoll starken
Panzerplatten belegt werden, welche ein Futter von einer Lage 5 Zoll starker,
horizontal liegender und von einer zweiten Lage oder Schicht 5 Zoll starker vertical
stehender Balken erhalten. Dieses Constructionssystem steht, wie allgemein anerkannt worden, dem Systeme der
massiven Platten weit nach, insofern 8 Zoll starke, aus einzelnen schwächeren
Platten zusammengesetzte Panzer eine viel geringere Widerstandsfähigkeit zeigen als
4 1/2 zöllige massive Platten. Jener Beschluß ist indessen der bisherigen Annahme
zuzuschreiben, daß es unmöglich sey Platten zu fabriciren, welche eine Stärke von 15
Zoll haben.
Das auf den Atlas Works zur Herstellung der
fünfzehnzölligen Platten befolgte Verfahren ist sehr interessant. Ein
eigenthümlicher Charakter der von John Brown und Comp. fabricirten Panzerplatten besteht darin, daß
dieselben die Härte des Eisens mit der Zähigkeit des Kupfers vereinigen und in Folge
dieser Eigenschaft haben sie einen weltberühmten Ruf gewonnen. Die zur Darstellung
eines Metalles von dieser Qualität angewendeten Rohmaterialien werden geheim
gehalten, doch ist soviel bekannt geworden, daß die Grundlage der Composition das
beste kalt erblasene Roheisen von verschiedenen Districten ist, welches in
bestimmten Verhältnissen gemischt wird. Zunächst werden diese verschiedenen
Roheisensorten zu Luppen von je drei bis vier Centner gepuddelt, dann unter dem
Dampfhammer gezängt, geschweißt und daraus zwischen kleinen Walzen ausgewalzt. Drei
oder mehr von den auf diese Weise erhaltenen Platten werden hernach
zusammengeschweißt und zwischen stärkeren Kalibern bearbeitet; diese Platten bilden
nun das Material für die schließliche Anfertigung der Panzerplatte, indem die Anzahl
der zu diesem Zwecke zusammenzuschweißenden Platten durch die verlangte Stärke der
fertigen Panzerplatte bedingt wird. In dem hier vorliegenden Falle wurden eine
sechszöllige und fünf dreizöllige Platten verwendet.
Bei der Darstellung solcher starken Platten zeigt sich eine Schwierigkeit bei dem
Schweißprocesse, insofern es durchaus nöthig ist, die ganze Metallmasse durch und
durch gleichförmig zu erhitzen, so daß die in der Mitte liegenden Theile oder der
Kern genügende Hitze erhalten, ohne daß die äußeren Schichten überhitzt werden.
Diese Schwierigkeit wird auf den Atlas Works in sehr
sinnreicher Weise dadurch vermieden, daß man zwischen jede Plattenschicht Würfel von
stark gekohltem Eisen bringt, so daß die einzelnen Platten durch freie Räume von
einander getrennt werden, in denen die Flamme und die heißen Gase ungehindert
circuliren können, wodurch jede Platte fast zu derselben Zeit auf denselben
Hitzegrad gebracht wird. Dieses Verfahren entspricht auch noch einem anderen Zwecke;
die Eisenwürfel geben, sobald sie schmelzen, dem Platteneisen eine gewisse
Kohlenstoffmenge zurück, welche letzteres bei den vorhergehenden Processen verloren
hatte. Die Platten fallen allmählich auf einander zusammen und das geschmolzene
Würfeleisen bildet einen Kitt zwischen ihnen, der das möglichst vollständige
Schweißen in hohem Grade befördert.
Die auf diese Weise fabricirte Riesenplatte wurde aus dem Ofen entfernt und zu der
Walzenstraße transportirt, durch, welche sie zu wiederholten Malen hindurchgeführt
ward, indem die Walzen immer enger gestellt wurden, bis nach Verlauf einer
Viertelstunde eine fertige Panzerplatte von 15 Zoll Stärke vollendet war. Während
des Auswalzens wurde die Platte mit Sand bestreut, so daß sich eine Decke von
Kieselsäure oder Schlacke auf ihr bildete; ebenso wurde nach dem Sande Wasser
aufgegossen, und ihre Oberfläche auf diese Weise von allen Oxydtheilchen befreit.
Zur Erzeugung dieses gewaltigen Eisenstückes war die Arbeit von beinahe zweihundert
Mann und ein Kohlenaufwand von ungefähr 250 Tonnen erforderlich.
Wenn die Productionskosten einer einzelnen Platte von den angegebenen Dimensionen
natürlicher Weise weit bedeutender sind, als die Kosten der Anfertigung von
schwächeren Stücken, so glauben wir doch, daß, wenn so starke Panzer in größeren
Quantitäten erzeugt werden, dieselben beinahe ebenso billig zu stehen kommen werden
wie gewöhnliche Panzerplatten. Wenn demnach die vom Kriegsministerium und der
Admiralität anzustellenden Proben zu günstigen Resultaten führen, so dürfte für die
Nichteinführung derartiger dicker Panzerplatten bei unseren zukünftigen
Fortificationen keine Entschuldigung übrig bleiben. (Mechanics' Magazine, September 1867, S. 193.)
Zur Verwendung des Wasserglases bei Bauten; von Bühler.
Die Anwendung von Wasserglas zum Schutze von Stein und Mauerwerk gegen die Einflüsse
der Witterung ist nicht neu, und wurde dasselbe auch namentlich in neuer Zeit häufig
in Anwendung gebracht. Der ausgebreiteteren Verwendung steht jedoch bis jetzt noch
der verhältnißmäßig hohe Preis dieses Materials entgegen. In einem gegebenen Falle habe ich
ein ganz vorzügliches Resultat durch die Anwendung von Wasserglas zum Imprägniren
von frischem Mauerwerk erzielt. An einem Hause, das, nebenbei gesagt, ganz frei auf
dem Felde steht, und jeder Witterung preisgegeben ist (Station Prerau), sielen am
ebenerdigen Stock jedes Frühjahr die Sohlbänke an den Fenstern ab, weil sie aus
Putzmörtel hergestellt, vom Schwitzwasser des Fensters durchdrungen und durch das
Gefrieren und Wiederaufthauen desselben zerrissen wurden.
Ich ließ nun die Sohlbänke am kommenden Herbste bei guter Witterung wieder aus Kalk
gut herstellen, tränkte die Hälfte davon, 4 Stück Sohlbänke, mit Natronwasserglas
bis zur Sättigung und wartete die Wirkungen des Winters ab. Beim Eintritte des
Frühjahres zeigten die nicht mit Wasserglas behandelten Sohlbänke dieselben
Erscheinungen wie früher; jene aber, welche mit Wasserglas getränkt waren, hatten
vollkommen gut gehalten und zeigten selbst an den scharfen Kanten nicht die
geringste Einwirkung der Witterung. Auf diese Erfahrung gestützt, wurde auch die
zweite Hälfte der Sohlbänke der Imprägnirung mit Wasserglas unterzogen, und seit
dieser Zeit, es mögen neun Jahre verflossen seyn, kommt das Abfallen des Putzmörtels
nicht mehr vor. (Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und
Architekten-Vereins, 1867 S. 104.)
Ueber die zum Decoriren von Glas, Fayence und Porzellan
dienenden, vom Decorateur Brianchon in Paris erfundenen
Metalllüstres oder Irisfarben.
Bereits vor acht JahrenPolytechn. Journal Bd. CLVII S.
65. machte Salvetat auf die perlmutterglänzenden oder
irisirenden Farben (Metalllüstres) aufmerksam, welche Brianchon in Paris (rue Lafayette, No. 222)
zwei Jahre früher erfundenPolytechn. Journal Bd. CL S. 216. und auf die er damals ein Patent genommen hatte. Im Jahre 1860 wurde der
Erfinder dieser Art von Decoration seitens der Société d'Encouragement durch eine silberne Medaille belohnt
und ihm für die Zukunft ein größerer Beweis von Anerkennung zugesichert, sobald
seine Producte in Frankreich, wie im Auslande, eine größere Verbreitung gefunden
haben würden.
In einem der genannten Gesellschaft in ihrer Sitzung vom 2. August 1867 abgestatteten
Berichte macht Salvetat darauf aufmerksam, daß die Brianchon'schen Producte sich eines ungewöhnlich
bedeutenden Absatzes erfreuen, indem der Verkauf des mit perlmutterartig
schillernder (Iris) Glasur versehenen Porzellans über eine Million Francs
repräsentirt. Die in der gedachten Versammlung vorgelegten Proben stellen nicht nur
die Vollendung dieser Decorationen in Helles Licht, sondern dieselben illustriren
auch gleichzeitig ihre ganz neue Verwendungsweise zur Anfertigung irisirender Knöpfe
und künstlicher Perlen, welche wir dem bekannten Fabrikanten Bapterosse verdanken.
Die dießjährige Ausstellung auf dem Marsfelde spricht unwiderleglich für die große
Gunst, welche diese neuen Producte bei dem Publicum finden. Nicht allein die Hrn.
Brianchon von den Zulassungscommissionen bewilligten
Räumlichkeiten sind von Gegenständen aus Porzellan mit schillernder oder irisirender
Lüftreglasur vollständig ausgefüllt: man findet dieselben auch in den Glasschränken
und auf den Tischen vieler anderer Aussteller, für welche der Erfinder arbeitet. Ja
noch mehr: wirft man einen Blick auf die von Ausländern ausgestellten Gegenstände,
so bemerkt man jene Producte auch unter diesen, so bei Porzellan und Fayence aus
Preußen, Oesterreich, Italien, Spanien, Schweden und Rußland. Zum Nachtheil für den
Erfinder gilt sein Patent für diese Länder nicht, so daß ihm dasselbe einen
angemessenen Lohn für die in seiner Patentbeschreibung mit so großer Aufrichtigkeit
über seine Processe gemachten Mittheilungen zu sichern nicht vermag.
Salvetat schließt seinen Bericht mit der Bemerkung, daß
diese Verwendungsweile des Wismuths zur Erzeugung der perlmutterartigen Lüstres rein
französischen Ursprunges und daß es zu bedauern sey, daß nach dem Ermessen des
Comité's ein großer Theil des Vortheils, den der von der Gesellschaft bereits im Anfange seiner
Arbeiten belohnte Erfinder von denselben ziehen könnte, seiner höchst
anerkennungswerthen Thätigkeit aus dem Grunde niemals zu Gute kommen wild, weil die
bereits bedeutend vorgeschrittene Industrie des Auslandes den Export dieser
Erzeugnisse sehr beschränkt. (Aus dem Bulletin de la
Société d'Encouragement, August 1867, S. 490.)
Ueber die Nachtheile, denen die Gesundheit der Arbeiter in
Stearinfabriken ausgesetzt ist; von L. Danckwerth.
Während meines langjährigen Betriebes von Stearinfabriken habe ich die Beobachtung
gemacht, daß die in den Räumen der Stearinsäureschmelzerei beschäftigten Arbeiter,
so wie auch diejenigen, welche in den Localen wo die Verseifung mittelst Kalk und
die nachherige Zersetzung durch Schwefelsäure vorgenommen wird, beschäftigt sind,
trotz guter Gesundheit bald ein bleiches und kränkelndes Aeußere zeigen, während die
in anderen Räumen derselben Fabrik, z.B. in der Lichtgießerei und Seifensiederei
beschäftigten Arbeiter ihre Frische bewahren.
Bei näherer Nachforschung ergab sich, daß der Grund dieser Erscheinung die beim
Kochen mit Dampf mechanisch fortgerissene, höchst fein zertheilte Stearinsäure ist,
welche sich überall auf den mit starkem Hanfbindfaden umwickelten Dampfröhren, so
wie auch an den Stellen wo sich in diesen Räumen Balken oder sonst vorspringende
Gegenstände befinden, in ziemlich starker Masse ablagert.
Es ist erklärlich, daß die Stearinsäure in diesem höchst fein zertheilten Zustande
beim Athmungsproceß in die Lungen der Arbeiter gelangt und so den Hauptgrund der
auffallenden Benachtheiligung ihrer Gesundheit bildet.
Da ich nirgends diese, vielleicht schon anderweitig beobachtete Thatsache erwähnt
fand, hielt ich es für geeignet dieselbe zu veröffentlichen, um die Fabrikanten zu
veranlassen, eine gute Luftventilation in den erwähnten Localitäten mit größerer
Gewissenhaftigkeit als bisher zu überwachen.
St. Petersburg, im December 1867.
Die Bereitung von wasserdichten Papieren und Tapeten
etc.
Die in technischen Journalen dazu angegebenen Vorschriften, Mischungen von fettsaurer
Thonerde mit Leim etc. geben nur höchst unvollkommene Fabricate und verdienen den
Ausdruk: „wasserdicht“ nicht. Weit besser bewährt sich ein
dünner Wachsüberzug, wovon uns auch die Natur Beispiele in der gereiften Zwetschge,
in dem Blatt der Capuciner-Kresse etc. gibt.
Das japanische Pflanzenwachs, welches eigentlich kein Wachs, sondern eine Fettart ist
und der Hauptmasse nach aus palmitinsaurem Glyceryloxyd besteht, daher auch zur
Lichter- und Nachtlichterfabrication nicht verwendbar ist, eignet sich, weil
es in 5–6 Theilen heißen Alkohols löslich ist, welche Eigenschaft das
Bienenwachs nicht besitzt, am besten dazu. Man füllt eine Flasche ungefähr bis zur
Hälfte mit 1 Theil japanischem Wachs und 6 Theilen Spiritus, und setzt dieselbe in
ein Gefäß mit heißem Wasser. Ist das Wachs geschmolzen, so verschließt man die
Flasche und schüttelt dieselbe so lange unter kaltem Wasser, bis die Lösung wieder
erkaltet ist, wobei sich der größte Theil des gelösten Wachses als ein feines weißes
Pulver abscheidet. Mit dieser, einer dicken Milch gleichenden Flüssigkeit
überstreiche man mittelst eines Pinsels die zuerst mit Kleister, der aus gleichen
Theilen Stärke und Glycerin bereitet ist, und dem man die erforderliche Menge Ruß
oder einen anderen Farbkörper zugesetzt hat, grundirten Bögen und reibt dieselben
mit einer Bürste, bis ein gleichmäßiger, dünner, glänzender, nicht klebender
Wachsüberzug erscheint, was man erforderlichen Falles nochmals wiederholen muß. Der
sechste Theil eines Quentchens genügt, um einem gewöhnlichen Bogen Papier einen
wasserdichten Ueberzug zu geben.
Für Tapeten hat dieser Wachsüberzug nicht nur den Vortheil, daß er sie glänzend und
frischer macht, sondern er schützt auch gewisse Farben vor dem schnellen Bleichen
und bindet die
giftigen Schweinfurter Farben, wodurch sie nicht abstäuben können, und macht sie
dadurch ganz unschädlich. Aber auch zum Ueberziehen von Holzschnitzarbeiten wäre
diese alkoholische Wachslösung der Wachslösung in Terpenthinöl vorzuziehen, da sie
nicht wie letztere stark klebend und riechend ist. Auch kann sie zum Auffrischen von
Parquett-Fußböden dienen. (Hamburger Gewerbeblatt, 1867, Nr. 48.)
Ueber natürliche Anilinfarbstoffe; von Martin Ziegler.
Es dürfte jetzt, wo die Anilinfarben in der Technik eine so bedeutende Rolle spielen,
nicht ohne Interesse seyn zu vernehmen, daß einige dieser Farben – das
Violett und das Roth – auch in der Natur vorkommen. Im Mittelmeere und im
atlantischen Ocean, an Portugals Küsten, kommt eine zur Gruppe der Rückenkiemer (Notobranchiata) gehörende Gasteropodenspecies der
Familie Aplysiacea, Aplysia depilans L., Seehase, vor, welche aus einem unter ihrem Mantellappen
gelegenen blasenartigen Organe ein flüssiges Anilinroth und Anilinviolett von hohem
Concentrationsgrade absondert. Dieser Anilinfarbstoff ist für die Thiere eine
zweifache Vertheidigungswaffe, insofern sie durch das Ausspritzen desselben das
Wasser trüben und dadurch sich vor ihren Feinden zu verbergen im Stande sind; dann
weil diese Farbe die giftigen Eigenschaften des Anilins besitzt und einen dem
Mollusk eigenthümlichen, widrigen Geruch entwickelt.
Schon im Alterthume war dieses Thier den Naturforschern bekannt. Im Jahre 1828 machte
Baron Férussae darauf aufmerksam, wie rasch sich
der gedachte Farbstoff zersetzt, sobald er von dem Thiere ausgespritzt worden ist.
Er bemerkte, daß sich diese Zersetzung verzögern und selbst gänzlich verhindern
läßt, wenn man der Flüssigkeit etwas Schwefelsäure zusetzt. Cuvier war der Ansicht, daß dieser Farbstoff der ächte Purpur der Alten sey. Und wirklich, die Geschichte von dem Hunde,
welcher sich beim Zerbeißen eines solchen Thieres die Schnauze roth färbte, hat in
Bezug auf ein großes fleischiges Mollusk mehr Wahrscheinlichkeit für sich, als in
Bezug auf eine Schnecke (Murex seu Phyllonotus
trunculus), in welcher der Farbstoff nicht einmal vollständig entwickelt ist.
Der vorn in einen Hals verschmälerte Körper der Aplysia
depilans endet hinten spitz; zwei seitliche Mantelfortsätze schlagen sich
vom Fuße zum Rücken aufwärts; zwischen diesen liegen rechts, auf der Mitte des
Rückens, die Kiemen, von einem am rechten Rande freien Mantellappen und einer in
diesem letzteren enthaltenen hornigen Schalenplatte bedeckt; zwei Fühler (Tentakeln)
stehen am Munde neben der Unterlippe, zwei dergleichen geschlitzte, wie Ohren, im
Nacken (woher die Bezeichnung Seehase), und vor denselben
befinden sich die Augen. Die Farbe des Thieres ist schwarz, mit grauen Flecken.
Seine Breite beträgt im ausgewachsenen Zustande sechs bis acht Zoll. Die Italiener
nennen es cesto di mare, die Catalonier „das
Gehörnte;“ die Franzosen „lièvre de mer.“ Es nährt sich von Meeresalgen und
existirt an der portugiesischen Küste in so großen Mengen, daß, wenn die Thiere
durch einen Sturm an das Gestade geworfen werden, durch ihre Fäulniß die Luft so
verpestet wird, daß die Umwohner die Entstehung epidemischer Krankheiten befürchten.
Demnach würde es leicht seyn, den Farbstoff im großen Maaßstabe zu gewinnen, denn es
gibt Exemplare des „Seehasen,“ welche bis zu 2 Grammen reiner,
trockener Farbe geben.
Ungeachtet aller Sorgfalt beim Ausdrücken des blasenförmigen Organs ist der Farbstoff
stets von anderen organischen Stoffen begleitet, welche nach Verlauf einiger Stunden
in Zersetzung übergehen, wodurch das Roth erst in Capucinerbraun, dann in Gelb und
das Violett in Braun verwandelt wird. Indessen gelang es mir, Férussac's Angabe zufolge, nach Zusatz von einigen Tropfen
Schwefelsäure den Farbstoff in folgender Weise zu isoliren. Ich sammelte den durch
die Säure niedergeschlagenen Farbstoff auf einem Filter, behandelte den teigartigen
Niederschlag mit Alkohol, filtrirte die weingeistige Lösung und fällte sie nochmals
durch Chlornatrium. Der dadurch entstandene Niederschlag ist sehr reines
Anilinviolett, welches alle Reactionen des käuflichen Anilinfarbstoffes gibt. So
z.B. wird es durch concentrirte Schwefelsäure in ein schönes Blau verwandelt,
welches durch Zusatz von destillirtem Wasser wieder zu Violett wird. – Die
von dem durch Chlornatrium erzeugten Niederschlage abfiltrirte Flüssigkeit enthält
eine schöne rothe Farbe, welche sich durch Zusatz von ein wenig Tannin abscheiden
läßt. Gleich dem Fuchsin wird dieses Roth durch Ammoniak entfärbt, erscheint aber
nach Zusatz von Essigsäure wiederum. Diese Reactionen, welche auch der käufliche
Anilinfarbstoff zeigt, berechtigen zu der Annahme, daß diese thierischen Farben wirkliche Anilinfarbstoffe sind, zumal die typischen
Wirkungen beider mit einander übereinstimmen. Der Preis dieses natürlichen
Anilinfarbstoffes stellt sich meiner Berechnung zufolge, mit Inbegriff aller Kosten
für Fang und Gewinnung, auf 60 Frcs. per Kilogramm, und
es würde dieß für die Industrie ein Punkt von großer Bedeutung seyn, wenn es nicht
gelungen wäre, das aus Benzol künstlich bereitete Anilin für die Fabrication der
Farbstoffe zu einem so mäßigen Preise darzustellen. (Bulletin
de la Société industrielle de Mulhouse, 1867, XXXVII p. 293.)
Spiritus auf seine Abstammung zu prüfen.
Bekanntlich hängt der charakteristische Geruch und Geschmack der verschiedenen
spirituösen Flüssigkeiten von den beigemengten verschiedenen Fuselölen ab; so ist
das Fuselöl des Arrac, des Rum. des Weinspiritus ein anderes als das des
Kartoffel-, des Korn- und des Rübenspiritus, denn während das der drei
erst genannten Flüssigkeiten ein angenehm riechendes ist, gilt dieß nicht von dem
Kartoffel- und Kornspiritus.
Alle alkoholischen Destillate, welche sich durch angenehmen Geschmack auszeichnen,
welche also ein angenehm riechendes Fuselöl, „Aroma“,
enthalten, werden als Getränke benutzt und haben deßhalb einen höheren Handelswerth.
Nicht so ist es mit dem Spiritus aus Kartoffeln und Roggen, welcher von dem
betäubend wirkenden unangenehm riechenden Fuselöl befreit seyn muß, wenn er zu
Liqueuren, zum Verschneiden der Weine, zu Eau de Cologne
verwendet werden soll.
Zur Erkennung von Fuselöl in Spiritus ist man nun fast ausschließlich auf den Geruch
angewiesen und gründet sich diese Probe darauf, daß der Alkohol flüchtiger ist als
das Fuselöl. Das Verfahren etwas Spiritus in die hohle Hand zu gießen und den
Alkohol abdunsten zu lassen, worauf der Geruch des Fuselöles hervortritt, führt zu
keinem sicheren Resultat, indem der Alkohol oft Fett aus der Hand auflöst, wodurch
sich ein eigenthümlicher Geruch zeigt. Zweckmäßiger wird ein Becherglas mit dem zu
prüfenden Spiritus ausgeschwenkt und bis zum Verdunsten des Alkohols stehen
gelassen. Folgendes Verfahren führt daher sicher zu einem günstigen Resultat. Man
vermischt den Spiritus mit dem gleichen Volumen Aether und setzt ein dem Volumen des
Gemisches gleiches Volumen Wasser zu. Der Aether löst das Fuselöl auf und scheidet
sich mit diesem ab; läßt man nun den Aether in einem Porzellanschälchen verdunsten,
so bleibt ein Rückstand, der den charakteristischen Geruch des Fuselöles
unverkennbar angibt. Nach diesem Verfahren kann man aus Arrac, Rum, Cognac,
Getreide- und Kartoffelspiritus etc. die Fuselöle abscheiden und durch den
Geruch derselben die Abstammung eines Spiritus feststellen.
Diese Prüfung ist in wenig Minuten auszuführen, und ist nur noch zu bemerken, daß der
Aether rectificirt seyn muß, da gewöhnlicher Aether beim Verdunsten ebenfalls einen
riechenden Rückstand hinterläßt. (Neue Gewerbeblätter aus Kurhessen.)