Titel: | Erwiederung auf die Abhandlung des Herrn G. Delabar über Gasmaschinen; von Eugen Langen und N. A. Otto in Cöln. |
Autor: | Eugen Langen [GND], Nikolaus A. Otto [GND] |
Fundstelle: | Band 188, Jahrgang 1868, Nr. IV., S. 12 |
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IV.
Erwiederung auf die Abhandlung des Herrn
G. Delabar über
Gasmaschinen; von Eugen Langen
und N. A. Otto in
Cöln.
Ueber Langen und Otto's Gas-Kraftmaschine.
Die Abhandlung des Hrn. Delabar über die Gasmaschinen auf
der letzten Welt-Ausstellung zu Paris (in diesem Journal Bd. CLXXXVII S.
1, erstes Januarheft 1868) enthält eine Kritik unserer patentirten
Gas-Kraftmaschine, welche uns zu nachstehenden Bemerkungen veranlaßt.
Hr. Delabar äußert zunächst die Befürchtung, daß die
Klemmkuppelung unserer Maschine, das Schaltwerk, nicht dauerhaft sey. Dieselbe
widerlegt sich aber durch die Erfahrung an mehrjährigen Ausführungen, unter denen
wir die bei den Herren
Kruthoffer in Frankfurt a. M,
Schetter in Cöln,
Hunzinger ebendaselbst
seit Mitte 1866 und 1867 ohne jede Störung arbeitenden
Maschinen namhaft machen. Außerdem sind in den letzten Monaten noch etwa 18
Maschinen abgeliefert worden, über deren Betrieb noch keine Klage laut geworden
ist.
In unserem Schaltwerk vertheilt sich der centrale Druck stets auf mehrere Rollen, und
kann um so weniger eine nachtheilige Abnutzung hervorrufen, als wegen der
Beweglichkeit des Systemes der Angriffspunkt stets ein anderer ist. Die Abnutzung
dauert nur so lange, bis die Röllchen nach mehrwöchentlichem Betrieb eine sehr
vollkommene Politur angenommen haben. Von einem wirklichen Verschleiß ist dabei
keine Rede.
Was das Geräusch anbelangt, welches die Maschinen beim Gange verursachen, so ist
dasselbe allerdings in gewissem Grade vorhanden, wir glauben aber annehmen zu
dürfen, daß die übrigen Eigenschaften der Maschine wohl dazu angethan seyen, diesen
Vorwurf vergessen zu machen, falls es der einzige ist, den man berechtigt wäre
aufzustellen.
Betreffs des Gasverbrauches führt der Verfasser des genannten Aufsatzes an,
„das überraschend günstige Resultat der Beobachtungen durch Ingenieure
der Pariser Gasgesellschaft in Gegenwart einiger Jury—Mitglieder sey von
vielen Seiten, namentlich von den französischen Concurrenten, nicht ohne einiges
Mißtrauen betrachtet worden, und es seyen deßhalb die Versuche unter Zuziehung
der Herren Tresca, Prof. Rühlmann u. A. wiederholt worden.“ Wir können kaum glauben, daß unsere
Concurrenten auf der Pariser Ausstellung in Anbetracht der von ihnen selbst
controlirten Versuche der Jury ein anderes Gefühl als das des Erstaunens bei dem sie
um 200 Proc. überflügelnden Erfolg empfanden. Nachdem die Jury die Prüfungen beendet
hatte, haben außerdem die Ingenieure der Pariser Gasgesellschaft ihre Beobachtungen
mit aller wünschenswerthen Genauigkeit und in einem Umfange fortgesetzt, der jedes
Mißtrauen abschneiden mußte. Das Resultat dieser mustergültigen Versuche, welche
sich auf die Dauer mehrerer Wochen erstreckten, konnte nicht angezweifelt werden.
Wenn der Verfasser dem entgegen sich auf Beobachtungen vom 13. August bezieht, die
ein erheblich ungünstigeres Resultat ergeben, so theilen wir im Folgenden zunächst
das ausführliche Protokoll der angezogenen Versuche mit.
Paris, den 13. August 1867.
In Gegenwart der Unterzeichneten fand heute folgender Versuch mit der Gasmaschine von
Eugen Langen und N. A. Otto in
Cöln statt. Nachdem die Maschine in Gang gesetzt war, wurde auf einem Gaszähler beim
Anfange des Versuches um 12 Uhr 21 Min. 55 Sec. die Zahl 430 notirt. Beim Schlusse
des Versuches um 12 Uhr 52 Min. 30 Sec. zeigte der Zähler 720, also war ein
Gasverbrauch von 290 Liter während 30 Min. 35 Sec. constatirt. — Die Maschine
arbeitete an einer Bremse, deren 1,007 Met. vom Mittel der Schwungradwelle messender
Hebel mit 4 Kilogr. belastet war. Die Maschine machte im Mittel dieses Versuches 81
Umdrehungen per Minute. Das Resultat ist demnach, daß
per Stunde und Pferdekraft von dieser Maschine 1222
Liter Gas verbraucht wurden. Die Leistung der Maschine war 34,92
Kilogramm-Meter, d. i. 0,46 Pferdestärken. — Dieser Versuch erstreckte
sich auf den Verbrauch an Gas im Cylinder; ein zweiter constatirte die Menge des zur
Entzündung nöthigen Gases wie folgt: die Maschine machte nur 76 Umdrehungen per Minute und gebrauchte auf obige 81 Umdrehungen
reducirt innerhalb einer Stunde nunmehr 629 Liter Gas, also 629 - 2 × 290 =
49 Liter mehr; per Stunde und per Pferdekraft also jetzt 1367 Liter im Ganzen.
Gezeichnet: Tresca; Dr. Rühlmann; J. Hart; Dr. Th. Weiß, Professor am Polytechnicum zu Dresden; C. Herrmann, Civilingenieur in Hamburg; C. Kesseler.
Zunächst müssen wir einen Rechnungsfehler berichtigen. Nach dem zweiten Versuche
stellte sich bei 0,46 Pferdestärken Leistung der Gasconsum für Cylinder und Flammen
auf 629 Liter. Hieraus wird gefolgert, daß der Consum per Pferdekraft und Stunde
629/0,46 = 1367 Liter
betrage. Nun ist aber der Gasverbrauch für die
Entzündungsflamme gleich groß für jede Arbeitsstärke; er
muß also bei der Ausrechnung des Bedarfes per
Pferdekraft und Stunde als unveränderlicher Summand dem Gasverbrauch des Cylinders
hinzugefügt werden. Aus dem ersten Versuche ergibt sich für 0,46 Pferdekräfte als
Gasconsum für den Cylinder:
1222 × 0,46 = 562 Liter.
Der zweite Versuch weist für dieselbe Leistung incl. der Flammen einen Totalconsum
von 629 Liter nach. Die Flammen bedurften demnach:
629 - 562 = 67 Liter,
daher der Consum per Pferdekraft
und Stunde
für den Cylinder:
562/0,46
= 1222
für die Flammen
67
–––––
im Ganzen
1289
statt der angegebenen 1367 Liter ist.
Ist diese Angabe immer noch erheblich höher als das Resultat früherer Beobachtungen,
so müssen wir auf einen anderen bei den Versuchen stattgehabten Umstand aufmerksam
machen, nämlich auf die wahrhaft tropische Temperatur der Atmosphäre. Die Versuche
wurden zur Mittagszeit unter Benutzung eines von der Sonne grell beschienenen
Gasometers angestellt. Wenn dabei im Maschinenraum und im Schatten der Thermometer
bis auf 45° C. stieg, so wäre es wohl angebracht gewesen, der hierdurch
bedingten Volumenvergrößerung des Gases Rechnung zu tragen. Von einer normalen
Lufttemperatur von 15° C. ausgehend, würde die Ausdehnung für weitere
30° das Volumen 1 auf
1 + 30 × 0,003665 = 1,10995
oder auf circa 11 Proc. ausdehnen,
und die Ablesung bei 45° also um diese Größe zu vermindern seyn. Der oben
angegebene Werth von 1289 Liter reducirte sich demnach auf
1289 - 142 = 1147 Liter.
Diesem Werth erlauben wir uns nun (in der Tabelle S. 15) noch das Resultat der zu
verschiedenen Zeiten und von verschiedenen Ingenieuren angestellten Beobachtungen
gegenüberzustellen.
Daß die Durchschnittssumme von 998,2 Liter, wie sie aus nachstehender Tabelle mit
verhältnißmäßig geringen Schwankungen hervorgeht, der Wahrheit näher kommt, als ein
Werth, wie er unter mehr oder weniger abnormen Verhältnissen und bei beschränkter
Versuchsdauer beobachtet wurde, ist unzweifelhaft.
Bremsversuche mit der in Paris zur
Ausstellung befindlichen Gasmaschine von Otto und Comp. in Cöln.
Textabbildung Bd. 188, S. 15
Leistung in; Liter Gasverbrauch; Datum
der Versuche.; Dauer der Versche. Min.; Hebelarm der Bremse. Met.; Umdrehungenper
Min.; Gewicht am Bremshebel. Kil.; Kil.-Meter.; Pferdestärken; wahr. des
Bersuches; für die Entzünd; Totalverbrauch; bei volieg. Maschine; Totalverbrauch;
Pferdekraft und Stunde incl. Flamme; Hrn. Haas, Betriebsdirigent der Berliner
Gaswerke.; Hrn. Abendroth, Fabrikant aus Rostock.; Hrn. G. L. Behrens,
Civilingenieur aus Lübeck.; Hrn. Ch. Pollok, Ingenieur in Manchester.; Hrn. E.
Fournegg, Civilingenieur in Paris.; Hrn. Prof. Fink in Berlin.; Hrn. Ed. Bleß,
Ingenieur, dirigirend. Gerant der Baroper Kesselschmiede.; Hrn. Geißler, Ingenieur
der Cölner Maschinenfabrik.; Hrn. C. Fischer, Ingenieur d.
Dampfschiff-Compagnie.; Mittel des Totalconsums per Pferdekraft und
Stunde
Wir stellen übrigens zur weiteren Information über den Gasconsum die in unserer
Fabrik arbeitenden Gas-Kraftmaschinen jederzeit gern zur Verfügung.
Schließlich erlauben wir uns noch, auf die Bemerkung des Hrn. Delabar, „daß die Jury für dieses
Schaltwerk den Erfindern nicht die goldene Medaille ertheilt
habe“, zu erwiedern, daß die Commission allerdings nicht jene
Anerkennung für den Schaltwerkmechanismus allein verlieh, daß sie uns aber
andererseits auch kein Mißtrauensvotum über denselben ertheilt hat, und wir deßhalb
annehmen müssen, daß sie uns die ehrende Anerkennung für die ganze Maschine, mit der ja jener Schaltwerkmechanismus im innersten Wesen
verbunden ist, zuerkannt habe.
Cöln, im März 1868.