Titel: | Das neue englische Vorderladungsgeschütz. |
Autor: | Henry Darapsky |
Fundstelle: | Band 188, Jahrgang 1868, Nr. XI., S. 21 |
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XI.
Das neue englische
Vorderladungsgeschütz.
Mit einer Abbildung auf Tab. II.
Das neue englische Vorderladungsgeschütz.
Nach einer Mittheilung im Engineer vom 14. Februar d. J.
hat man in England jetzt auch darauf Bedacht genommen, an Stelle des Armstrong'schen Hinterladungsgeschützes der
Feldartillerie ein Vorderladungsgeschütz treten zu lassen, von welchem erwartet
wird, daß es bei annähernd derselben Wirkung rascher zu bedienen und dabei wegen
größerer Einfachheit weniger Gebrauchsstörungen ausgesetzt sey, so auch der
Nothwendigkeit überheben werde, Bleimantelgeschosse anwenden zu müssen, denen der
Vorwurf gemacht wird, insofern die Lagerung nicht vertragen zu können, als sich
während derselben der Bleimantel durch einen noch nicht ergründeten
Zersetzungsproceß vom Geschoß-Eisenkerne ablöst und so das Projectil also
seine Brauchbarkeit verliert.
Die äußere Ansicht der dementsprechend construirten und aus Schmiedeeisen
dargestellten Geschützrohre neuer Art, mit Bohrungsdurchmesser von 3 Zoll versehen,
ist aus Fig.
22 ersichtlich.
Zur Feststellung der Anzahl sowie des Dralles von deren im Profile muldenförmig
gestalteten (rounded) und bei 0,4 Zoll Breite 0,1 Zoll
tiefen Zügen, wurden in Shoeburyneß Schießversuche mit drei verschiedenen
Proberohren angestellt, von denen Nr. 1 drei Züge mit 75 Zoll Drall-Länge,
Nr. 2 drei Züge mit 90 Zoll Drall Länge und Nr. 3 nur zwei Züge mit 75 Zoll
Drall-Länge gegeben worden waren. Die Pulverladung betrug bei diesen
Schießversuchen stets 1 Pfund 11 Unzen, also ein Siebentel des Geschoßgewichtes, welches letztere für
das 9,5 Zoll und folglich über drei Kaliberdurchmesser lange, mit einem halben Pfd.
Sprengladung versehene Projectil sich folglich mit 12½ Pfd. Granatgewicht
herausstellt, und es ergaben sich dabei mit Rohr Nr. 1 bei der Minimal- und
resp. Maximal-Schußweite von beziehungsweise 1296 und 1357 Yards
Seitenabweichungen der Geschosse von 0,4 bis 2,5 Yards, mit Rohr Nr. 2 bei der
Minimal-Schußweite von 1324 und der Maximal-Schußweite von 1422 Yards
aber Geschoß-Seitenabweichungen von 0,4 bis 5,2 Yards und endlich mit Rohr
Nr. 3 bei einer Minimal- und respective Maximalweite von 1349 beziehungsweise
1431 Yards Seitenabweichungen der Granaten von 1,4 bis 5 Yards.
Das Rohr Nr. 1 mit 75 Zoll oder 25 Kaliberdurchmesser Drall-Länge und drei
Zügen schießt also am präcisesten; die Verlängerung der Drall-Länge bis auf
90 Zoll oder 30 Kaliberdurchmesser mit Beibehaltung der drei Züge vergrößert, sonst
gleiche Schußverhältnisse angenommen, die Schußweiten, führt aber auch größere
Längen- und Seitenabweichungen der Geschosse herbei, und durch das Vermindern
der Zuganzahl von drei auf zwei endlich, steigert sich bei 75 Zoll
Drall-Länge zwar die Schußweite, es wird dadurch aber die Treffsicherheit der
Geschosse beeinträchtigt, indem sich deren Längenabweichungen in diesem Falle fast
ebenso steigern und deren Seitenabweichungen in ihrem Minimalbetrage größer werden
als dieses bei Vergrößerung der Drall-Länge von 25 auf 30 Kaliber und
Beibehaltung von drei Rohrzügen der Fall war.
Stade, den 4. März 1868.
Darapsky,Major der Artillerie.