Titel: | Ueber die Umwandlung photographisch erzeugter metallischer Silberbilder in andere Metalle und Verbindungen, und die daraus entstehenden technischen Anwendungen; von W. Grüne. |
Fundstelle: | Band 188, Jahrgang 1868, Nr. LXIV., S. 233 |
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LXIV.
Ueber die Umwandlung photographisch erzeugter
metallischer Silberbilder in andere Metalle und Verbindungen, und die daraus
entstehenden technischen Anwendungen; von W. Grüne.
Vortrag gehalten in der
deutschen chemischen Gesellschaft am 9. März
1868.
Grüne, über die Umwandlung metallischer Silberbilder in andere
Metalle.
Die Arbeiten, welche ich nachstehend mittheile, habe ich unternommen, um der
Photographie für die Industrie eine größere Anwendung zugeben; die in dieser
Beziehung erreichten günstigen Resultate regen vielleicht zu weiteren Versuchen auch
andererseits in diesem interessanten und noch vielfältig zu bearbeitenden Felde
an.
Mit meinen Arbeiten beginne ich da, wo der Photograph seine Operationen im
sogenannten Negativ-Proceß beendet hat, mit der weiteren chemischen
Behandlung des dabei erhaltenen metallischen Silberbildes.
Wie bekannt, erhält man ein solches, indem man eine Glasplatte mit einem Jod-
und Bromsalze enthaltenden Collodium begießt, dieselbe noch feucht in ein Bad von
salpetersaurem Silber bringt, dann die erhaltene Jod- und Bromsilberschicht
belichtet und mit einer schwefelsauren Eisenoxydullösung behandelt, wobei sich an
allen vom Licht getroffenen Stellen ein Niederschlag von Silber bildet, während das
unbelichtete Jod- und Bromsilber unzersetzt bleibt und sich durch die
bekannten Mittel, unterschwefligsaures Natron, Cyankalium u. a. entfernen läßt. Das
Resultat ist ein Bild von feinzertheiltem metallischen Silber auf einer
indifferenten durchsichtigen Collodiumhaut.
Dieses Silberbild liegt eigenthümlicherweise nicht in der Collodiumschicht, sondern
auf derselben, es läßt sich mittelst des Fingers und Oel fortreiben, ohne daß die
Collodiumschicht im Geringsten verletzt wird. Von dieser Eigenschaft mache ich
Gebrauch, ich übertrage das Bild umgekehrt auf beliebige Stoffe, wie Holz,
Elfenbein, Perlmutter u. a., und entferne die Collodiumhaut durch Behandeln mit
Aether; das aus feinem Pulver bestehende Bild bleibt zurück. Es ist dieses Verfahren
wichtig bei der Herstellung von Holzschnitten; das schwierige und oft die
Originalzeichnung entstellende Aufzeichnen auf den Holzstock wird dadurch erspart,
ohne daß die Oberstäche desselben besonders behandelt werden muß und ohne beim
Schneiden selbst irgend welche Hindernisse zu veranlassen.
In derselben Weise erreiche ich vollkommen unvergängliche Photographien, indem ich,
wie später beschrieben, in Platinschwarz umgewandelte Bilder auf Papier übertrage.
Photographien dieser Art machen vollständig den Eindruck der Kupferstiche und sind
getreue Reproductionen letzterer auf diesem Wege möglich.
Unter „Uebertragen“ verstehe ich das Herunternehmen der
Collodiumhaut mit dem Bilde von der zur Herstellung benutzten Glasplatte und
Aufbringen derselben auf andere Unterlagen, wie Porzellan, Papier u. a. Es geschieht
dieß einfach, indem die Glasplatte mit der noch feuchten Collodiumschicht in Wasser
gelegt wird, welches ein wenig angesäuert ist: nach ganz kurzer Zeit löst sich die
Haut vom Glase ab und läßt sich nun mit ein wenig Vorsicht mittelst Pinsel in
beliebige Flüssigkeiten bringen und auf andere Unterlagen ausbreiten. Diese
Bildhäute wende ich bei allen noch zu beschreibenden Operationen in diesem
abgelösten Zustande an; in Wasser kann man dieselben monatelang unverändert
erhalten.
Zu den beabsichtigten chemischen Umwandlungen des Bildes benutze ich zunächst die
starke Verwandtschaft des Silbers zum Chlor: das feinzertheilte Silber der Bilder
zersetzt die meisten Chlormetalle und führt dadurch zur Erreichung des Zweckes;
nutzbar sind solche Chlormetalle, welche löslich sind und die sich durch Entziehung
von Chlor, sey es als Metall, sey es als niedere Chlorstufe, unlöslich
niederschlagen. Es sind von mir benutzt die Chlorverbindungen des Platins, des
Goldes, des Iridiums, des Palladiums, des Quecksilbers und Kupfers.
Unter Bildung von Chlorsilber schlagen sich die Metalle, resp. die Chlorüre, genau
die Zeichnung in allen Schattirungen innehaltend, fest nieder und bleiben, wenn man
das gebildete Chlorsilber durch die bekannten Lösungsmittels entfernt, an Stelle des
ursprünglichen Silberbildes zurück — das Bild ist dadurch in seiner Substanz
umgewandelt.
Platinchlorid verwandelt das graue Silberbild in ein
tiefschwarzes Bild von Platinschwarz; überträgt man dasselbe auf Glas und Porzellan,
überzieht es mit einem bleihaltigen Flußmittel und erhitzt den Gegenstand, so brennt
das Bild schwarz ein. Auf diese Weise stelle ich die Porträts und Bilder auf
Porzellan und Email seit Jahren her. Mit einem reducirenden Flußmittel
eingeschmolzen, erhält man die Bilder und Zeichnungen mit der eigenthümlichen
Metallfarbe des Platins.
Goldchlorid gibt Bilder in brauner Färbung von Gold (in
der Durchsicht grün), welche auf Glas und Porzellan übertragen mit einem
reducirenden Flußmittel eingebrannte polirbare goldglänzende Zeichnungen liefern;
darauf basirt das von mir herrührende photographisch-chemische
Decorationsverfahren auf Porzellan und Glas.Polytechn. Journal Bd. CLXXXV S. 450. Die damit
erzielten Effecte lassen bei Erreichung der wunderbarsten Feinheit die Anwendung von
Zeichnungen mit Halbtönen nicht zu, da das Gold in der Aufsicht auch bei der größten
Verdünnung seine Färbung beibehält, selbst wenn es in der Durchsicht kaum noch
sichtbar ist.
Durch die Leichtigkeit, mittelst der photographischen Operationen beliebig dicke und
dünne Silberschichten zu schaffen, diese dann in Gold umzuwandeln, ist es möglich,
Gold in einer Verdünnung und Ausdehnung als Metall niederzuschlagen, wie es auf
keine andere Weise erzielt werden kann, und die verschiedenen Farben dieses Metalles
beim durchfallenden Licht zu beobachten und studiren.
Mehr interessant als für die Praxis wichtig sind:
Iridiumchlorid, durch welches schwarzgraue Bilder auch
beim Einbrennen erzielt werden.
Palladiumchlorid: liefert schwarzgraue Bilder, welche
eigenthümlicherweise auf Porzellan eingebrannt und dann mit Polirsteinen, wie in der
Regel Gold und Silber behandelt, eine braune metallglänzende Farbe zeigen.
Quecksilberchlorid verwandelt das Silberbild in ein
weißes, aus Quecksilberchlorür und Chlorsilber bestehendes. Bei photographischen
Papierbildern durchgeführt, gibt es die sogenannten Zauberphotographien. Ein solches
weißes Bild auf eine blanke Zink-, Kupfer- oder Stahlplatte gebracht,
zersetzt sich durch die Berührung beim Trocknen und hinterläßt nach der Entfernung
die ganz genaue Zeichnung fest auf diesen zurück, wodurch für Kupferstecher und
Graveure das Aufzeichnen bequem erspart werden kann.
Ein solches weißes Bild ist ungemein empfindlich gegen unterschwefliqfaure Salze, es reagirt eine
solche Haut durch Grauwerden noch bei einer 600,000 fachen Verdünnung auf
unterschwefligsaures Natron, es ist, da die Haut sich unzersetzt lange unter Wasser
aufbewahren läßt, damit ein bequemes Reagenzmittel gefunden. Das weiße Bild wandelt
sich im unterschwefligsauren Natronbade unter Lösung des Chlorstlbers in
Schwefelquecksilber von schwarzer Farbe um. Dasselbe
benutze ich zur Erzielung sehr hübscher Effecte auf Gläsern. Bringe ich eine solche
Haut mit Schwefelquecksilberbild in Wasser, in welchem ganz feinzertheilte
Glasflüsse suspendirt sind, so saugen die Bildstellen diese an, während die bildlose
Collodiumhaut indifferent bleibt. Bringe ich nun ein solches Bild auf Glas in hohe
Temperatur, so verflüchtigt sich das Schwefelquecksilber und es bleibt ein die
gewöhnliche Oberstäche des Glases änderndes fest geschmolzenes Glas zurück, die
Zeichnung genau zeigend ohne Färbung, matt auf glänzendem Grund.
Behandelt man ein weißes Quecksilberchlorürbild mit Iodsalzen, fo färbt es sich unter
Bildung von Iodquecksilber gelb; es ist dieß für den praktischen Photographen von
Werth, um schwache lichtdurchlassende Negative dem Licht widerstehender zu machen,
wozu ihm die gelbe Farbe und Dicke der entstehenden Schicht nutzt. Dergleichen gelbe
Negative sind für Arbeiten im directen Sonnenlicht besser als die gewöhnlichen, da
sie sich und die darunter befindlichen Schichten nicht so erhitzen, was für
heliographische Zwecke von Werth ist.
Kupferchlorid gibt einen Niederschlag von Kupferchlorür,
welcher bei weiterer Behandlung mit Schwefelcyanammonium und Ferridcyankalium eine
rothe Färbung annimmt, die beim Einschmelzen auf Fayence und Email eine
eigenthümlich fleischfarbige Nuance gibt. (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft in Berlin, 1868 S. 54.)