Titel: | Der patentirte Gasapparat zur Darstellung schwefliger Säure für die Spiritusfabrication aus Mais Getreide und Kartoffeln, von Moritz Hatschek in Pesth. |
Autor: | Moritz Hatschek |
Fundstelle: | Band 188, Jahrgang 1868, Nr. LXVI., S. 246 |
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LXVI.
Der patentirte Gasapparat zur Darstellung
schwefliger Säure für die Spiritusfabrication aus Mais Getreide und Kartoffeln, von
Moritz Hatschek in
Pesth.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Hatschek's Apparat zur Darstellung schwefliger Säure für die
Spiritusfabrication nach der Fleischmann'schen Methode.
Im Jahre 1862 wurde durch die HHrn. Leopold und Alois Fleischmann, Spiritusfabrikanten zu Olmütz in Mähren, die Verwendung
schwefliger Säure (SO2) zum Behufe der Mehrgewinnung von Alkohol aus stärkmehlhaltigen Substanzen
in's Leben gerufen, und seitdem ist dieses Verfahren in zahlreichen Fabriken in
fortgesetzter Anwendung.
Der wesentlichste Vortheil, welcher durch die Benutzung schwefliger Säure erzielt
wird, besteht darin, daß die verschiedenen vegetabilischen Substanzen, welche die
Stärkemolecüle in den Mais- und Getreidekörnern zumeist in der Form von
Zellgewebe einschließen, durch längeres Weichen in schwefligsaurem Wasser gelockert,
gelöst und theilweise zerstört werden, so daß hierbei ein größerer Antheil von
Stärke (Amylum) aus seinen störenden Verbindungen befreit und sonach bei Maischen
der gleichen Consistenz ein höherer Zuckergehalt und eine entsprechend größere
Alkoholausbeute gewonnen wird.
Einen anderen wichtigen Vortheil gewährt die Anwendung schwefliger Säure dadurch, daß
sie das Getreideöl zersetzt, welches sonst im Alkohol unter dem Namen Fuselöl
auftritt und demselben den bekannten widerlichen Beigeschmack mittheilt.
Durch die vorerwähnte Lockerung und Lösung der vegetabilischen Nebensubstanzen
einerseits, wie durch die Zersetzung des gährungsfeindlichen Getreideöles
andererseits, bewirkt die schweflige Säure eine günstigere und raschere Gährung und
eine vollkommene Vergährung der Maischen auf Null
Saccharometer-Anzeige.
Ferner dient die schweflige Säure bis zu einem gewissen Grade als Präservativ gegen
die schädliche Bildung der Milch- und Essigsäure, welche besonders während
der wärmeren Jahreszeit auf Kosten des Alkohols
entstehen, und dann oft bedeutende Ausfälle in der quantitativen Ausbeute
verursachen.
Durch die angeführten wesentlichen Vortheile werden in der Praxis bei Anwendung der
sogenannten Fleischmann'schen Methode nachstehende
Mehr-Resultate im Verhältnisse zu dem bis dahin üblichen älteren
Maischverfahren erzielt:
bei Verarbeitung von Mais (Kukurutz)
20–24 Proc.
bei Verarbeitung von Halmfrüchten (Korn, Gerste etc.)
12–15 Proc.
bei Verarbeitung von Kartoffeln (Erdäpfeln)
10–12 Proc.
Aus dieser bedeutend höheren Alkoholausbeute ist es leicht erklärlich, daß die Fleischmann'sche Methode in zahlreichen Fabriken und
nahezu allgemein in Ungarn und Siebenbürgen, Rußland, den
Donau-Fürstenthümern und seit 1864 auch in England und Nordamerika eingeführt
wurde.
Die für die Fleischmann'sche Methode erforderliche
schweflige Säure wurde bisher allgemein durch Erhitzen von concentrirter
Schwefelsäure unter Zusatz von Holzkohle in Retorten erzeugt und aus diesen durch
Bleirohre in das mit dem Gase zu imprägnirende Wasser geleitet.
Der Unterzeichnete hat nun einen Apparat construirt, um die schweflige Säure für
Spiritusfabriken durch directes Verbrennen von Schwefel unter
Zutritt atmosphärischer Luft in reinerer Form, in kürzerem Zeitraum und
zugleich mit geringeren Kosten als bei dem bisher üblichen Verfahren zu
gewinnen.
Beschreibung des Apparates. — In einem Ofen A, Fig. 10, welcher aus
Gußeisen, Blech, Thon oder Mauerwerk hergestellt seyn kann, ist ein besonderer
Verbrennungsraum für ein Kleinholz- oder Kohlenfeuer d mit entsprechendem Roste r und Aschenkammer
b angebracht, und an einer Seite des Ofens befindet
sich eine getrennte Rauchkammer l mit einem Rohre s, durch welches die Verbrennungsgase der Feuerung nach
einem Schornstein oder in die freie Luft geführt werden.
Ueber dem Verbrennungsraum d befindet sich ein
vollständig gesonderter Raum C zum Verbrennen des
Schwefels, in welchen eine Schale zur Aufnahme desselben in Stücken oder Stangen
gestellt werden kann; die atmosphärische Luft tritt durch ein Thürchen c, c ein, durch welches auch
der Schwefel eingetragen wird.
Vermittelst eines kleinen Feuers wird der Verbrennungsraum C erhitzt, der Schwefel beginnt dann bald zu schmelzen und wird nun
angezündet (oder entzündet sich auch, sobald die Temperatur hoch genug gestiegen
ist, von selbst)Soll der Apparat in Betrieb gesetzt werden, so werden vorerst in der Schale
1–1½ Pfd. Schwefel (in Stücken) ausgebreitet, ehe man dieselbe
in den Verbrennungsraum C stellt; dann wird in
dem Heizraum unter C ein Feuer mit 5–6
Stücken Kleinholz bereitet und so lange lebhaft unterhalten bis der Schwefel
in der Schale flüssig geworden ist. Ist dieß der Fall, so wird der Schwefel
selbst angezündet und unmittelbar darauf der Hahn an dem Reservoir f geöffnet, um Wasser in die Colonne E einlaufen zu lassen. So lange die Verbrennung
des Schwefels dauert, muß fortwährend und gleichförmig Wasser in die Colonne
zufließen, welches auch continuirlich aus dem Knierohre k als fertiges Gaswasser abzulaufen hat.
— Sobald der flüssige Schwefel einmal brennt, muß man von Zeit zu
Zeit 1 bis 2 Stückchen Holz zulegen, um das Auskühlen des Ofens und der
Rauchrohre zu verhindern; ebenso wird der Schwefel successive in Portionen
von 1–2 Pfd. in die Schale eingetragen. und es entwickelt
sich daher in dem Raum C
schweflige Säure, mit
Stickstoff gemischt, welche Verbrennungsproducte durch ein Rohr d nach einer Colonne E, die
aus Gußeisen, Thon, Holz etc. bestehen kann, geführt werden.
Zwischen dem Ofen A und der Colonne E ist das Verbindungsrohr d
zu einem Kasten K (aus Eisenblech oder Gußeisen etc.)
erweitert, welcher durch drei oder mehr Wände k, k, k (Fig. 11) in Fächer
getheilt ist, zwischen denen das schwefligsaure Gas nach der Colonne streicht.
Dieser Kasten hat den Zweck, aus dem Ofen von dem Gase mitgerissene
Schwefeltheilchen aufzufangen, welche sich an den Wänden k, k, k
ansetzen.Ein Gemenge von 4–5 Pfd. geschlämmtem Thon und 2–3 Pfd. reinen,
nicht gerosteten Eisenfeilspänen wird mit 4–5 (Wiener) Maaß scharfem
Essig zu einem ziemlich compacten Eisenkitt angeknetet und damit belegt man
das Innere des Verbrennungsraumes C für den
Schwefel, und sämmtliche innere Flächen des Gaskastens K wie auch der Stutzen d, d auf eine Dicke von 4–5
Linien, um das Eisen vor Oxydation zu schützen. Dieses Auftragen von
Eisenkitt muß von Zeit zu Zeit erneuert werden, wenn derselbe theilweise
abgefallen oder durch die Hitze etc. angegriffen worden ist.
Anstatt des Kastens mit Zwischenwänden könnte auch ein Kohks- oder
Bimsstein-Filter, oder eine Flasche dienen, in der die Gase durch ein
geringes Wasserquantum mit verhältnißmäßig großer Oberfläche geleitet werden.
— Eine Wand des Kastens ist derart befestigt, daß sie mit Leichtigkeit
geöffnet werden kann, um den abgelagerten Schwefel von Zeit zu Zeit zu
entfernen.
In die Colonne E fließt mit entsprechendem Drucke,
allenfalls durch Vermittelung eines kleinen Reservoirs f, durch eine Brause g in dünnen Strahlen Wasser
ein, zu dessen gleichförmiger Vertheilung in der Colonne einige siebartig gelochte
Platten oder Drahtgewebe angebracht sind.
Das durch die Colonne fließende und sickernde Wasser absorbirt continuirlich das aus
dem Rohre d einströmende schwefligsaure Gas, wogegen der
demselben beigemischte Stickstoff in der Colonne aufsteigt und durch das Abzugsrohr
t nach dem Schornstein oder in die freie Luft
entweicht.
Um den raschen Abzug des Stickstoffes zu vermitteln, ist das Abzugsrohr t mit dem zweiten Abzugsrohr s auf eine Länge von 2–3 Fuß mit einem gemeinsamen Mantel u umkleidet, dessen Zwischenräume zum Schutze gegen die
Wärmeausstrahlung mit einem schlechten Wärmeleiter (Lehm, Sand etc.) angefüllt
werden; hierdurch wird in dem Rohre t continuirlich
verdünnte Luft erzeugt, welche rasch entweicht und das gleich sörmige Einströmen der atmosphärischen
Luft nach dem Verbrennungsraum des Schwefels C, resp.
einen entsprechenden und constanten Zug bewirkt.
Das mit schwefliger Säure impragnirte Wasser sammelt sich an dem Boden i der Colonne und fließt continuirlich durch ein
Abzugsrohr k ab.
Die Rohre d, s und t werden am besten aus Gußeisen oder Blech
angefertigt.
Die Brause g und die Platte h
können aus Weißblech bestehen und anstatt der Platte kann auch ein Drahtgewebe
verwendet werden.Der Erfinder liefert seinen Gasapparat — für welchen ihm von der Jury der letzten Pariser Welt-Ausstellung
die Preismedaillezuerkannt wurde — aus Guß- und
Schmiedeeisen angefertigt und mit Blei montirt, in drei verschiedenen Größen
zu nachstehenden Preisen franco Pesther Bahnhof:für Spiritusfabriken, die per Tag 25 Wr. Eimer
Alkohol und darüber erzeugen Nr. III 360 fl. ö.
W.,für Spiritusfabriken, die per Tag 12–15
Wr. Eimer Alkohol erzeugen Nr. II 250 fl. ö.
W.,für Spiritusfabriken, die per Tag bis 12 Wr.
Eimer Alkohol erzeugen Nr. I 180 fl. ö
W.
Verbrauch an schwefliger Säure bei der Fleischmann'schen
Methode. — Für 100 Pfd. Mais (Kukurutz) werden 2–3 Loth, als
Maximum 4 Loth Schwefel angewendet, für 100 Pfd. Korn 1½ bis 2 Loth; mit dem
bei Verbrennung dieses Schwefelquantums gewonnenen Gase werden je 36–40
(Wiener) Maaß Wasser imprägnirt, worin je 1 Ctr. Mais-Schrot 20–24
Stunden und 1 Ctr. Korn-Schrot 8 bis 12 Stunden zu weichen hat.
Werden nun beispielsweise 20 Ctr. Mais zu einer Maischung genommen, so sind
40–60 Loth, oder als Maximum 80 Loth Schwefel zu verbrennen, um das nöthige
Gaswasser mit 19–20 Eimern zu bereiten. Während dieses Quantum Schwefel
verbrennt, sollen durch den Gasapparat nur circa
15–16 Eimer laufen, so daß, wenn der gesammte Schwefel verbrannt ist, noch
circa 3–4 Eimer Wasser von der erforderlichen
Menge fehlen; diese fehlenden 3–4 Eimer nun sollen als reines, kaltes Wasser
auf dem gleichen Wege durch die Colonne hindurchlaufen, wodurch deren innere Wände
von der anhaftenden schwefligen Säure gereinigt werden und dann auch das
erforderliche Quantum Gaswasser vollständig in dem Bottiche vorhanden ist. (Der
Bottich für das Gaswasser muß mit einem festschließenden Deckel versehen werden, um
dem Entweichen voll schwefliger Säure vorzubeugen.)
Bei Verwendung von Kartoffeln zum Brennereibetriebe wird nur dasjenige Wasser,
welches zum Einteigen (Treten) des Malzes, wie dasjenige, welches zum Maischen der
gequetschten Kartoffeln erforderlich ist, mit dem Gase von 3–4 Loth Schwefel
per Eimer imprägnirt.
Das Einmaischen des mit schwefliger Säure behandelten Schrotes sowohl als der
Kartoffeln geschieht in der bisher gewohnten Weise, doch ist bei Verarbeitung von
Mais speciell zu beobachten, daß die Temperatur der Maische nur bis auf 64°
Reaumur erhöht werden darf, um eine vollkommene Kleisterbildung zu erlangen.
Wenn die Maische nach vollendeter Zuckerbildung auf das Kühlschiff gelangt, wird
ferner jedem Eimer Maische je ½ Maaß Gaswasser der gleichen Stärke (von circa 3 Loth Schwefel per
Eimer), sowohl bei Mais- als bei Frucht- und Kartoffel-Maischen
auf dem Kühlschiffe beigemischt, durch welchen Zusatz besonders die Bildung von
Essigsäure mit Sicherheit verhütet wird.
Je älter und härter der Mais oder das Korn (die Frucht) ist, je mehr Mineralgehalt
das zum Brennereibetriebe verwendete Wasser hat, desto stärker muß das Gaswasser
bereitet, d. h. desto mehr Schwefel muß im Verhältnisse verbrannt werden. Das
Gaswasser soll aber stets nur von solcher Stärke angewendet werden, wie sie behufs
seiner vollkommenen Einwirkung auf das Schrot hinreicht, weil sonst der erzeugte
Spiritus etwas Geruch und Geschmack von schwefliger Säure erhält.
Moritz Hatschekin Pesth
(Palatingasse Nr. 19).