Titel: | Ueber das Zerspringen von hydraulischen Pressen; von I. G. Hofmann. |
Fundstelle: | Band 188, Jahrgang 1868, Nr. LXXIII., S. 277 |
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LXXIII.
Ueber das Zerspringen von hydraulischen Pressen;
von I. G.
Hofmann.
Aus dem Breslauer Gewerbeblatt, April 1868, Nr.
2.
Mit Abbildungen.
Hofmann, über das Zerspringen hydraulischer Pressen.
Im vorigen Jahre wurde ich in eine Zuckerfabrik gerufen, wo man ein neues Pumpwerk
für die hydraulischen Pressen aufgestellt hatte, welches sehr oft versagte. Es war
ein horizontales Pumpwerk für zwei Paar Pressen, wobei von einer zwischen den Pumpen
liegenden Kurbel beide Pumpenpaare getrieben wurden, und an jedem war eine Pumpe mit
größerem und eine mit kleinerem Kolben, wie das gewöhnlich ist. Die Pumpen waren
beid e nach untenstehender Figur eingerichtet.
Textabbildung Bd. 188, S. 277
a. ist der Pumpenkolben, b
das Druckventil, c das Saugventil, d das Rohr welches das Wasser in den Preßcylinder
leitet, f ein kleiner 6′″dicker Kolben,
welcher vom Wasser gehoben wird, sobald der Druck in demselben die Höhe erreicht
hat, mit welcher die Presse arbeiten soll. Dieser Kolben wird von einem Hebel g gehalten, an welchem ein Gewicht k hängt.
Wenn der Druck des Kolbens f das Gewicht k hebt, so hebt die Verbindungsstange h den Hebel i, auf welchem
eine Stange m das Saugventil c hebt, daß es sich nicht mehr schließen kann und ein weiteres Einpumpen
des Wassers aufhört.
In dem Rohre d war ein Sicherheitsventil angebracht und
trotz dieses Ventiles war eine Presse zersprengt worden.
Das Ventil hatte nur etwa ⅓ Zoll Durchmesser und war eben so spitzig geformt
wie die beiden Ventile in den Pumpen.
Meine Meinung war nun die: daß die Ventile zu spitzig seyen und sich dadurch leicht
so in den Sitz einklemmen können, daß sie fest sitzen bleiben, was namentlich beim
Saugventil sehr oft vorkam und den Betrieb störte.
Das Zerspringen der Presse schrieb ich auch noch dem kleinen Durchmesser des Kolbens
f zu, besonders aber dem spitzigen
Sicherheitsventile.
Später entspann sich ein Proceß in dieser Angelegenheit, und da erfuhr ich aus den
Aussagen der Zeugen, daß das Pumpwerk sehr oft versagt und zuweilen so gestoßen
habe, daß die Gewichte k von den Hebeln herunter
geflogen seyen, und daß besonders die eine Presse zersprungen sey, noch ehe die
Presse hohen Druck hatte.
Der Cylinder war nicht nur an einer Seite aufgerissen, wie es gewöhnlich bei Druck
geschieht, sondern er war in zwei Hälften auseinander gegangen.
Durch dieses Moment wurden wir, der Sachverständige des Gegners und ich, aufmerksam
und erklärten uns den Hergang auf folgende Art.
Textabbildung Bd. 188, S. 278
Das Saugventil war nach nebenstehender Skizze geformt. Wenn der Druck des Wassers
anfängt den Kolben f zu heben, so geschieht dieß
nicht mit einem Male, sondern nur nach und nach. Wenn nun das Ventil bloß etwa
⅛ Zoll gehoben wird, so entsteht nur eine kleine ringförmige Oeffnung und
wenn der Pumpenkolbenbeim folgenden Hube das Wasser durch das Druckventil
drücken will, so entweicht es wieder durch das Saugventil;
da nun aber die Oeffnung nur klein ist, so muß das Wasser mit
großer Geschwindigkeit durch das Ventil hindurch, und um diese zu erzeugen, muß der
Wasserdruck über dem Ventil größer werden als er unter demselben ist.
Die Geschwindigkeit des Pumpenkolbens a fängt mit Null an
und steigt bis die Kurbel rechtwinkelig auf die Richtung des Hubes steht und mithin
steigt auch der Druck auf das Saugventil, so daß es die Stange m, den Hebel d, die Stange
h und den Hebel g
niederdrückt, und das Ventil geht nieder.
Je mehr es sinkt, desto enger wird der Raum und desto größer der Druck und die Kraft
und Geschwindigkeit, mit welcher es niedergedrückt wird; es muß sich mithin um desto
schneller schließen, je weiter der Kolben schon gegangen ist und es versperrt
plötzlich den Ausgang.
Der Kolben mit der Wassermasse ist aber in Bewegung und müßte plötzlich stillstehen;
da er jedoch weiter geht, entsteht im Wasser ein Stoß, der nach allen Seiten hin
wirkt, mithin auch mit größerer Kraft den Kolben f hebt
und zwar so plötzlich, daß das Gewicht k in die Höhe
geworfen wird. Dieser Stoß muß sich aber auch bis zur Presse fortpflanzen und wirkt
viel heftiger als ein langsam ansteigender Druck des Wassers, daher das Zerspringen
des Cylinders auf gewaltigere Art als gewöhnlich und hieraus ist es auch
einleuchtend, daß die größere Pumpe, bei welcher das Spiel eintritt, ehe die Presse
den vollen Druck erreicht und der Preßkolben hoch gestiegen ist, einen größeren Stoß
hervorbringen kann als die kleinere Pumpe, die man bis zuletzt arbeiten läßt.
Die kleine Pumpe wird doch nicht eher ausgerückt als der volle Druck erreicht ist;
mithin kann auch früher kein Stoß von dieser Pumpe herkommen, sondern nur von der
großen Pumpe, bei der die Ausrückung des Ventiles früher stattfindet, ehe noch die
Presse ganz hoch gepreßt ist.
Da ich früher bemerkt habe, daß conische Ventile mehr schlagen als flache, habe ich
immer flache angewendet, und um das Schlagen der Ventile zu vermeiden, die
Einrichtung so gemacht, daß das Ventil mit einem Male ganz hoch gehoben oder ganz
niedergelassen wird. Nun aber weiß ich, daß dieß die Ursache ist, daß mir keine
Presse gesprungen ist und mache das bekannt, um Andere vor Schaden zu bewahren.