Titel: | Verfahren zur Anfertigung gußstählerner Geschützrohre unter starkem Drucke; von Galy-Cazalat. |
Fundstelle: | Band 188, Jahrgang 1868, Nr. XCIX., S. 410 |
Download: | XML |
XCIX.
Verfahren zur Anfertigung gußstählerner
Geschützrohre unter starkem Drucke; von Galy-Cazalat.
Aus den Comptes rendus, t. LXVI p. 489; März
1868.
Galy-Cazalat, über Anfertig. stählerner Geschützrohre unter
starkem Drucke.
Gießen des Stahles unter starkem Drucke. — Die
Formen für die eisernen und stählernen Geschützrohre bestehen bekanntlich aus
feinem, fest zusammengestampften Sande, welcher durch einen eisernen, mit Löchern
versehenen Rahmen zusammengehalten wird; diese Löcher sind dazu bestimmt, die beim
Gusse sich entwickelnden Gase nach außen entweichen zu lassen.
Zum Eingießen des Metalles in die vorher gehörig abgewärmte Form wird letztere in
verticaler Stellung in einer Dammgrube befestigt, welche im Mittelpunkte einer Reihe
von Flammöfen angebracht ist, in denen das Roheisen vorher zu Gußstahl umgewandelt
wird. Dann öffnet man den Abstich eines jeden Ofens und läßt den flüssigen Stahl in
die Mündung der stark erhitzten Form fließen. Wenn das flüssige Metall beinahe im
Niveau der Formmündung steht, so verhindert man den weiteren Zufluß mittelst einer
Stopfstange. Unmittelbar nach dem Gusse hebt man den Trichter ab, welcher das durch
die Stopfstange zurückgehaltene überschüssige Metall enthält und verschließt die
Form hermetisch. Dieß wird binnen weniger als einer Minute Aufenthalt mittelst eines
metallenen Hutes ausgeführt, dessen Ränder durch vertical stehende, an dem erwähnten
Rahmen angegossene Bolzen befestigt werden. Die Peripherie des Rahmens wird mittelst
eines aus Amianth und feuerfestem Thone angefertigten Stranges verschlossen, welcher
mit Spannkeilen, die man durch einen Hammerschlag in die an jedem Bolzen hierzu
angebrachten Schlitze eintreibt, gegen den Rahmen angepreßt wird.
Der metallene Hut trägt in seiner Mitte ein senkrecht stehendes, etwa 10 Centimet.
hohes Rohr, welches an seiner Basis mit einem Hahne versehen und an seiner oberen
Oeffnung mit einer als Sicherheitsventil dienenden Scheibe verschlossen ist, welche
sich von dem Rohre abschrauben läßt. Bringt man nun vor dem Befestigen des Hutes an
der Form, in das Rohr zwischen dem Hahne und der Scheibe 5 Gramme eines aus 80 Thln.
Salpeter und 20 Thln. Holzkohle, ohne Schwefel, zusammengesetzten Pulvers, befestigt
dann den Hut, und öffnet darauf den Hahn, so fällt dieses Pulver auf das flüssige
Metall, entzündet sich und entwickelt binnen zwei Minuten, bei der Temperatur von
1400° C., etwa 5 Liter Gase.
Diese zwischen dem Hute und der Oberfläche des flüssigen Stahles eingeschlossenen
Gase erzeugen einen Druck, welcher sich augenblicklich auf alle Punkte der
Metallmasse fortpflanzt, so daß dadurch sämmtliche Theilchen derselben einander
gleichförmig genähert werden und der in dem Metalle Blasen bildende
Einfach-Kohlenwasserstoff durch den Sand hindurch ausgetrieben wird.
Die auf diese Weise erzeugte Wirkung kommt dem Drucke eines verlorenen Kopfes von
flüssigem Gußstahl gleich, welcher, wenn der zwischen dem Hute und der Oberfläche
des Metalles vorhandene Raum einen halben Liter Inhalt hat, eine Höhe von 14 Meter
haben würde.
Da es erfahrungsmäßig feststeht, daß schon ein verlorener Kopf von 1 Meter Höhe die
Zähigkeit des Metalles vermehrt und die Blasenbildung beschränkt, so läßt sich
daraus schließen, daß durch einen vierzehnmal stärkeren Druck die Gasblasen
verschwinden müssen und die Dichtigkeit und Zähigkeit des Metalles in hohem Grade
vermehrt werden muß.
Jedenfalls wird man, wenn man den die Form umgebenden schmiedeeisernen Rahmen stärker
anfertigt und ihm dadurch größere Widerstandsfähigkeit gibt, die anzuwendenden
Pulvermengen in solcher Weise abändern können, daß ein gleichförmiger anhaltender
Druck erzeugt wird, welcher mehr leistet als die auf einzelne Theile einer großen
festen Masse geführten Schläge des Dampfhammers.
Ein für Panzerschiffe bestimmtes Geschütz aus Gußstahl, welcher während seines
Ueberganges aus dem flüssigen in den starren Zustand nach unserem Systeme comprimirt
worden ist, würde eine größere Widerstandsfähigkeit besitzen und viermal weniger
kosten als die ganz aus Stahl bestehenden Geschützrohre,
von denen die HHrn. Petin-Gaudet und Jackson auf der letzten Welt-Ausstellung zu Paris
ein Muster ausgestellt hatten.
Auch gewöhnliche gußeiserne Kanonenrohre würden eine weit beträchtlichere
Widerstandsfähigkeit erhalten, wenn sie beim Gusse nach unserem Systeme behandelt
würden.