Titel: | Die verbesserten Streichgarn-Krempeln von C. Martin in Verviers. |
Autor: | Emil Zoeppritz |
Fundstelle: | Band 188, Jahrgang 1868, Nr. CX., S. 463 |
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CX.
Die verbesserten Streichgarn-Krempeln von
C. Martin in
Verviers.
Mit Abbildungen auf Tab.
IX.
Martin's Streichgarn-Krempeln.
Bereits auf der letzten Welt-Ausstellung zu Paris erregten die
Streichgarn-Krempeln von Cölestin Martin in
Verviers die Aufmerksamkeit aller Industriellen vom Fach. Die damalige Anordnung der
Fadentheilung beim Peigneur (Kammwalze oder kleine Trommel) der Vorspinnkrempel
hatte den gewöhnlichen Maschinen gegenüber schon den Vortheil, daß der Peigneur
nicht wie sonst gebräuchlich mit sogenannten Ringen (colliers), sondern mit einem fortlaufenden Bande beschlagen war, wie
derjenige einer ersten oder zweiten Krempel (einer Reiß- oder einer
Lockenkrempel). Es konnte also schon damals der Peigneur auf viel billigere Weise
garnirt und bei dem einheitlichen System, wie es der Erfinder baut, der beste
Peigneur im Assortiment immer in den Vorspinnapparat gelegt werden. Man war damit
nicht mehr genöthigt, wegen einer oder einiger schadhaften Stellen in den
Peigneurringen, die ganze Garnitur herunterzunehmen und wegzuwerfen.
Die Theilung der einzelnen Vließchen geschah bei jenen Maschinen durch schmale und
sehr dünne Stahlfederchen, welche zwischen den Tambour (die große Trommel) und den
Peigneur eingesetzt waren, so daß natürlich der letztere an der Stelle, wo sie ihn
berührten, keine Wolle aufnehmen konnte.
Dieses System bildet jedoch nur den Uebergang zu dem jetzigen, welches wohl das
Aeußerste leistet, was man gerechter Weise von einer Streichgarn-Krempel in
Betreff der Gleichheit des Garnes und der Lieferungsmenge verlangen kann.
Die Theilung der Fäden geschieht wieder durch Stahlstreifen, nur sind dieselben,
statt zwischen Tambour und Peigneur, vor dem Peigneur angebracht.
Diese Stahlfedern e (Fig. 11 und 12) —
unter sich ganz gleich, und wiederum genau gleich den zwischen ihnen liegenden
Zwischenräumen — sind an einer Querstange b
befestigt, laufen, ganz leicht den Peigneur a berührend,
über eine zweite Querstange c, welche wieder genau die
Eintheilung von b hat, und sind unter dieser durch
kleine Gewichtchen d beschwert, wodurch sie straff
erhalten werden.
Die Berührungsstelle mit dem Peigneur ist natürlich zugleich auch die, an welcher der
untere Kamm (Häker) die Wolle abnimmt. Dieser untere Kamm ist nicht eingetheilt wie
sonst, sondern hat ein durchgehendes Messer wie der obere.
Die Wirkungsweise des Apparates ist aus der Zeichnung (Fig. 11 und 12) wohl
leicht ersichtlich.
An der Stelle, wo eine Stahlfeder den Peigneur bedeckt, kann natürlich der untere
Kamm keine Wolle abnehmen, sondern er wird die in den Zwischenräumen liegende Wolle
abkämmen, während der obere Kamm die unten bedeckten Vließchen abkämmt.
Durch die mit ungemeiner Sorgfalt ausgeführte Theilung ist es möglich ein Garn von
einer Gleichheit zu erzielen, welche man bis jetzt vergebens zu erreichen suchte;
denn selbst bei der größten Sorgfalt war man nicht im Stande die Peigneurringe so
gleich zu erhalten als es bei einer Eintheilung wie sie dieser Apparat besitzt, der
Fall ist.
Diese Apparate werden bei einer Arbeitsbreite des Peigneur von 1 1 5 Centimeter für
eine Fadenzahl bis zu 100 gute Fäden außer den Eckfäden angefertigt, was natürlich
für das Spinnen von feinen Garnen von großem Werthe ist, da man dann den Faden nicht
so sehr zu strecken braucht, und ein volleres (runderes) Garn erhält, auch die
„Spitzen“ im Faden vermeidet, welche beim mehrmaligen
Spinnen eines groben Vorfadens beinahe unausbleiblich sind.
Ein großer Vortheil des Apparates besteht darin, daß man auf ein und derselben
Maschine sehr feine und sehr grobe Garne erzeugen kann, man hat nur einen anderen
Apparat einzusetzen. Man kann z. B. in eine Feinspinnmaschine von 240 Spindeln einen
Apparat für 80, 60 oder 40 Fäden einsetzen, je nach Bedürfniß, da das Wegnehmen und
Wiedereinsetzen eines Apparates sehr leicht auszuführen ist.
Ein weiterer Punkt, welcher hauptsächlich auf die Quantität der Production Einfluß
hat, ist der, daß die ganze Fläche des Peigneur wirklich
Arbeitsfläche ist, da die sonst zwischen den einzelnen Ringen befindlichen
Zwischenräume wegfallen. Werden diese nur zu 4 Millimeter gerechnet, was wohl das
Minimum seyn dürfte, so macht dieß bei 60 Fäden schon eine Arbeitsbreite von 24
Centimeter, welche bei der gewöhnlichen Vorspinnkrempel mit einer Kammwalze verloren
gehen.
Der am meisten in die Augen fallende Vortheil ist aber die Garnitur des Peigneur mit
einem Bande, welches, wenn es theilweise schadhaft geworden ist, immer noch zum
Garniren der Arbeiswalzen oder Wender dienen kann.
Der Martin'sche Apparat, welcher kürzlich auch für
Deutschland patentirt wurde, dürfte hier (in Verviers) in kurzer Zeit, wenigstens in
den Spinnereien für feinere Garne, allgemein angewendet werden.
Verviers, den 18. Mai 1868.
Emil
Zoeppritz,Ingenieur.