Titel: Der Apparat zur Lagerung des Petroleums und anderer leicht entzündlicher Oele, von Bizard und Labarre in Marseille.
Fundstelle: Band 188, Jahrgang 1868, Nr. CXII., S. 466
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CXII. Der Apparat zur Lagerung des Petroleums und anderer leicht entzündlicher Oele, von Bizard und Labarre in Marseille. Nach den Annales des mines, 1867, t. XI p. 185. Mit Abbildungen auf Tab. IX. Bizard und Labarre's Apparat zur Lagerung des Petroleums etc. Seitdem die bituminösen Schieferöle und namentlich die Erdöle Amerika's, Birmaniens und der Wallachei, in so ausgedehntem Maaße zur Beleuchtung der Straßen und Wohnungen angewandt werden, vergeht, wie man wohl mit Recht sagen kann, fast kein Tag, an dem wir nicht von einem mehr oder weniger bedeutenden Brandfall hören, den diese so leicht entzündlichen Oele herbeigeführt haben. Dazu kommt, daß wenn in einem Lagerraum Feuer ausbricht, eine ganze Stadt bedroht ist. Wir haben es unter unseren Augen in Marseille gesehen, wie die größten Erdölraffinerien fast eine nach der anderen ein Raub der Flammmen geworden sind. Im September 1863 theilte sich in dem Etablissement der Société générale des pétroles das Feuer den Kellern mit, deren Atmosphäre mit entzündlichen Gasen geschwängert war, und ergriff mehrere der Reservoirs. In demselben Jahre theilte sich in der Raffinerie von P. E. Caillol durch eine Entzündung der Gase das Feuer vom Destillationslocal der Röhrenleitung mit. Im Jahr 1864 fiel das Etablissement de la Pennsylvanienne zum Opfer des verheerenden Elementes, indem durch die Nachlässigkeit eines Flaschners vier Reservoirs mit ungefähr 200,000 Kilogr. Oel in Flammen aufgiengen. Im Laufe des Jahres 1865 entzündete sich die Raffinerie de la Luciline in Rouen, und im December 1866 konnte die von Dégola in Turin, trotz ihrer eisernen Reservoirs, dem gleichen Schicksal nicht entgehen, und ein Waarenvorrath von über 100,000 Frcs. im Werth wurde zerstört. Wir geben diese Thatsachen nicht als Resultat sorgfältiger Nachforschungen, sondern nur als Fälle, welche sich unserem Gedächtniß besonders eingeprägt haben, zweifeln aber nicht daran, daß die Liste ähnlicher Unglücksfälle sich durch genaue Nachforschungen bedeutend vergrößern würde. Wir brauchen nur auf das verheerende Feuer im Entrepot zu Antwerpen im Jahre 1865, das mehrere Tage wüthete, sowie auf das in Philadelphia im Jahre 1863 hinzuweisen, dessen Entstehung heute noch nicht genau ermittelt ist; Niemand wird es vergessen haben, daß bei diesem letzteren Brande das brennende Oel in den Straßen floß und die Bewohner in ihren Häusern belagerte und zu verbrennen drohte. Und wer erinnerte sich nicht mehr des Brandes der großen Niederlage neben dem Erie-Eisenbahndepot in New-York, welche ein sehr bedeutendes Quantum Erdöl für den einheimischen Consum und den Export enthielt, dessen Fässerzahl sich nach der Angabe des Courrier des États Unis auf 400,000 bis 500,000 belief. Hier verzehrten die Flammen drei Dampfboote, einen Dreimaster, mehrere Briggs und Schooner, sowie ein halb hundert Barken, zerstörten Eigenthum im Werthe von mehr als 5,000,000 Frcs. und verursachten den Tod von zwölf Personen. Wir glauben in Vorstehendem genug gesagt zu haben, um klar zu machen, von welcher hohen Wichtigkeit es ist, daß die Lagerung des Erdöles und überhaupt aller leicht entzündlichen mineralischen Oele in einer Weise geschehe, daß Selbstentzündung zur Unmöglichkeit werde, und daß selbst für den Fall, daß ein Feuer in der nächsten Nähe des Reservoirs oder in demselben ausbricht, das gelagerte Oel nicht von den Flammen ergriffen werde. Der von Bizard und Labarre construirte Recipient scheint diesen Zweck so vollständig wie möglich zu erreichen. Der Erfinder desselben ist Ckiandi, ehemaliger Schüler der École centrale und zur Zeit Director einer Erdölraffinerie in Marseille, und ihm gebührt die Ehre, dieses schwierige Problem gelöst zu haben. Die Leistungsfähigkeit dieses Recipienten stützt sich, wie wir weiter unten zeigen werden, auf die einfachsten Principien der Hydrostatik, und derselbe erreicht seinen besonderen Zweck Brandunglück zu verhüten dadurch, daß das Zuführen selbst der kleinsten Masse Sauerstoff zu dem entzündlichen Oele auf wirksame Weise verhindert wird. Fig. 1 und 2 zeigen den Längendurchschnitt eines gasometerartigen Recipienten und dessen Ansicht von oben. R, R, R, R ist ein viereckiger eiserner Kasten, der oben geschlossen, unten offen ist und in einem aufgemauerten Behälter oder Bassin sitzt. Ein in der Mitte des oberen Bodens angebrachtes Mannloch O ist mit zwei seitlichen Röhren versehen, an welche man die Ventile R′ und R″ anbringt, um die Verbindung zwischen dem Bassin und den Röhren C und D nach Belieben herstellen oder unterbrechen zu können. Die verticalen Wände des Recipienten gehen über den oberen Boden desselben hinaus und bilden einen Behälter A, aus welchem man vermittelst eines an einer geradstehenden Welle befestigten Hahnes die Flüssigkeit ablaufen lassen kann. Das an beiden Enden offene Rohr Q, Q′ durchdringt den oberen Boden. M ist ein Ablaufrohr, dessen Zweck weiter unten beschrieben ist. Z ist ebenfalls ein Rohr, das mit einem Ventil versehen und über dem Mannloch O angebracht ist. Denken wir uns nun das Bassin vollständig leer, so daß wir dasselbe zum erstenmale mit Erdöl füllen sollen. Zu diesem Zwecke beginnen wir mit dem Einfüllen von Wasser, öffnen jedoch vorher das Ventil des Rohres Z, schließen das Ablaufrohr M und die Ventile R′ und R″, lassen r nach Belieben offen oder nicht, und leiten den Wasserstrahl T in den viereckigen Raum zwischen dem Bassin und dem aufgemauerten Behälter. Das Wasser, welches die Luft durch das offene Ventil Z treibt, steigt und stellt sich in dem Rohr Q, Q″, in dem Bassin B, B und in dem Zwischenraum auf das gleiche Niveau; es erreicht das Mannloch O, füllt dasselbe und erreicht, nachdem es, falls das Ventil r offen ist, auch noch den Raum A, A gefüllt hat, das obere Niveau L, L′. Nun ist mit Ausnahme der Röhren C und D der ganze Raum mit Wasser angefüllt und keine Luft mehr in dem Bassin. Jetzt schließen Wir Z, öffnen R′ und M und denken uns daß ein Faß, dessen Inhalt in das Reservoir geleert werden soll, auf die Stelle V gebracht sey. Um das in A enthaltene Wasser kümmern wir uns nicht weiter, und werden weiter unten den Zweck anführen, dem es dient. Für den Augenblick können wir davon absehen; denn wenn wir r abschließen, ist das in A enthaltene Wasser von dem im übrigen Behälter befindlichen ganz abgeschieden. Geschieht dieß, so wird das Wasser in dem Zwischenraume und in dem Rohr Q, Q″ sich senken und im einen wie im anderen die Höhe des Niveau's von M erreichen, während das Niveau in O sich nicht verändern kann. Gleichzeitig dringt das Erdöl in die Röhre C, C ein. Wir haben so zwei communicirende Gefäße: die im Zwischenraum zwischen dem: Behälter und dem Recipienten befindliche ringförmige Wassersäule und die aus dem Wasser des Recipienten bestehende mit Erdöl bedeckte, das bis in das Rohr C aufsteigt. Diese letztere — um so viel höhere, als sie schwerer wie die andere ist, hat das Bestreben zu sinken, wobei eine entsprechende Menge Wasser durch M abfließt, bis das Oel, welches leichter ist als das Wasser und also stets oben bleibt, bis zur Oeffnung O niedergeht, durch welche es dann rasch aufsteigt und anzeigt, daß der Recipient nun genügend gefüllt und der Hahn oder das Ventil R′ wieder zu schließen ist. Das Oel wird übrigens von selbst nicht zu tief niedergehen, was den Nachtheil hätte, daß es in den äußeren Raum des Bassins herausoränge und an die Oberfläche aufstiege, sofern nur die Mündung der Füllröhre C, C nicht zu hoch, sondern nur um so viel höher als die Ablaufröhre M liegt, daß beim Maximum der Füllung die Höhe der ganzen Erdölsäule multiplicirt mit dem specifischen Gewichte des Erdöls gleich der Zahl ist, welche die Höhe der Röhre M über dem gleichzeitigen Stand des Wassers im Recipienten angibt. Die Füllung mit Erdöl geschieht demnach in dem Verhältniß stärker, als der Recipient weniger davon enthält, vorausgesetzt jedoch, daß das Rohr M immer gleichmäßig offen ist. Der Moment, wo der Recipient mit Oel gefüllt ist, kann sehr gut durch einen im Rohr Q, Q′ enthaltenen Schwimmer wahrgenommen werden, welcher, von dem Oel in die Höhe getrieben, eine Allarmglocke in Bewegung setzt und so die Aufmerksamkeit des Arbeiters rege macht. Dieser hat sodann das Rohr Q, Q′ zu schließen (etwa durch eine Schlußschraube), sowie auch die Ventile R′ und das Ausflußrohr M zu schließen sind. Betrachten wir nun die umgekehrte Operation, bei der es sich darum handelt, den Inhalt des Reservoirs in die auf V′ gestellten Fässer zu entleeren. Wir füllen zunächst den ganzen Zwischenraum zwischen Bassin und Recipienten bis L, L′ mit Wasser und öffnen das Ventil R″. Unsere beiden communicirenden Gefässe sind jetzt, das äußere mit Wasser und das innere auf dem Boden ebenfalls mit Wasser und darüber mit Erdöl gefüllt, welches bis zu dem Rohr D, D aufsteigt. Das Erdöl wird nun von der durch das schließliche Auffüllen schwerer gewordenen Wassersäule in dem äußeren Raum, der stets voll zu halten ist, durch die Oeffnung R herausgedrückt und das Wasser steigt dabei von unten nach oben. In dem Maaße, wie der Recipient sich entleert, wird nun die Schnelligkeit des Ausströmens des Oeles vermindert, analog wie beim Füllen. Es sey hierbei erwähnt, daß bei richtiger Bestimmung der Höhen von C und M die Schnelligkeit des Ausströmens von Oel sich nicht auf Null reduciren kann, oder vielmehr dieser Fall erst dann eintritt, wenn kein Erdöl mehr im Recipienten ist. Man muß berücksichtigen, daß das Nohr Q, Q′ während des Auslaufens mit Oel gefüllt bleibt, und daß das Wasser, welches von unten eindringt, es von dem übrigen Theil des entzündlichen Stoffes trennt. Um dieß kleine, kaum nennenswerthe Quantum Oel zu entfernen, bringt man zwischen den Röhren Q, Q′ und D, D in der Höhe der letzteren ein Verbindungsrohr an, welches durch ein kleines Ventil geschlossen wird. Der Recipient kann auch anstatt der Wasserfüllung in A mit anderen schweren Gegenständen soweit belastet werden, daß der Auftrieb der Flüssigkeit ausgeglichen ist. Eine Schichte Wassers in A ist aber sowohl wegen der größeren Feuersicherheit, als auch weil sich dabei etwaige Entweichungen bälder bemerklich machen, immer angemessener. Eine von der kaiserl. französischen Regierung bestellte Commission hat mit einem solchen in großem Maaßstabe ausgeführten Recipienten umfassende Versuche angestellt, namentlich das im Zuleitungscanal und Zuleitungsrohr befindliche Oel in Brand gesetzt, und den Apparat völlig feuersicher erfunden; dabei aber auch sich überzeugt, daß derselbe den weiteren großen Vortheil gewährt, daß daraus kein Oel verloren gehen und sich verdunsten kann. (Württembergisches Gewerbeblatt, 1868, Nr. 16.)

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