Titel: | Verbessertes Verfahren zur Erzeugung von reinem Stabeisen und Stahl. — Anwendung von Kohlensäuregas beim Bessemerfrischen; von John F. Bennett zu Pittsburgh in Pennsylvanien. |
Fundstelle: | Band 188, Jahrgang 1868, Nr. CXVI., S. 479 |
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CXVI.
Verbessertes Verfahren zur Erzeugung von reinem
Stabeisen und Stahl. — Anwendung von Kohlensäuregas beim Bessemerfrischen; von
John F. Bennett zu
Pittsburgh in Pennsylvanien.
Aus dem Scientific American vom 18. April 1868, S.
243.
Bennett's Verfahren zum Bessemerfrischen.
Der Zweck dieses in den Vereinigten Staaten patentirten Verfahrens zur Fabrication
von Stabeisen und Stahl mittelst des Bessemerprocesses ist, das Metall von Schwefel, Phosphor und anderen Unreinigkeiten zu befreien
(welche durch den gedachten Proceß bei der gewöhnlichen Ausführungsweise desselben
nicht entfernt werden können), während das Metall sich noch in der Birne (dem
Umwandlungsgefäß) befindet. Bekanntlich ist Roheisen, wie es aus dem Hohofen kommt,
ein stark gekohltes, durch Silicium, Schwefel, Phosphor und andere Substanzen
verunreinigtes Eisen, und der Bessemerproceß bezweckt die Entfernung des
überschüssigen Kohlenstoffes durch die unmittelbare Einwirkung gepreßter
atmosphärischer Luft auf das flüssige Metall, wodurch der überschüssige Kohlenstoff
verbrannt wird, ohne daß zur Unterhaltung des Verbrennungsprocesses und zur
Erzeugung der erforderlichen Hitze besonderes Brennmaterial angewendet zu werden
braucht. Das flüssige Roheisen wird mit einer Temperatur von etwa 3000° F.
(1650° C.) in einen Recipient, die sogenannte Birne abgestochen, und dann
wird ein am Boden der letzteren eintretenden Strom von atmosphärischer Luft mit
einer Pressung von ungefähr 20 Pfd. per Quadratzoll in
die Metallmasse getrieben, so daß er dieselbe durchdringen muß. Die mechanische
Wirkung dieses Verfahrens ist ein heftiges Aufkochen, die chemische Wirkung ist eine
Verbindung des Sauerstoffes der Gebläseluft mit dem Kohlenstoffe des Eisens, in
Folge deren die Hitze sich sehr steigert und eine lebhafte Verbrennung stattfindet,
bei welcher der Kohlenstoff, nebst einem Theile des Eisens selbst, als Brennmaterial
wirkt, so daß der erstere auf diese Weise beseitigt wird. Während dieses gewöhnlich
eine Zeit von ungefähr sechzehn Minuten beanspruchenden Processes steigt die Hitze
rasch auf ungefähr 5000° F. (2750° C.) und sobald der Kohlenstoff
verbrannt ist, wird das Gebläse abgestellt, da sonst das Eisen einer raschen
Oxydation unterliegen würde.
Mittelst dieses zur directen Erzeugung von Stahl aus Roheisen mit großem Erfolg
angewendeten Verfahrens wird der vorhandene Schwefel und Phosphor nicht beseitigt,
dazu war bisher eine zweite, ganz verschiedene Operation erforderlich. Der
Patentträger empfiehlt nun zur Entfernung des Schwefels und Phosphors aus dem
Metalle, so lange es noch in der Birne befindlich ist und bevor es erkaltet, die
Anwendung von Kohlensäuregas und zwar entweder als
Gebläsewind, unmittelbar nach dem Abstellen der atmosphärischen Gebläseluft, oder
durch Mischen der letzteren mit Kohlensäuregas.
Dieses Kohlensäuregas kann, wenn es in reinem Zustand angewendet werden soll,
mittelst Kalkstein und Salzsäure in einem besonderen Apparate dargestellt werden; wo
es aber in Vermischung mit dem Stickstoffe der atmosphärischen Luft benutzt wird,
kann man es zweckmäßig in einem Generatorofen entwickeln. Ein solcher besteht aus
einer massiv gewölbten, mit Rost versehenen Kammer; nachdem eine Schicht Kohks oder
Holzkohle eingetragen und angezündet worden ist, wird mittelst eines Ventilators
atmosphärische Luft in den unter dem Roste befindlichen geschlossenen Raum
getrieben, welche durch die glühenden Kohlen hindurchstreicht und sich dabei mit dem
Kohlenstoffe zu Kohlensäure verbindet, die mit Stickstoff gemischt ist und dann in
den Gebläsecylinder geleitet wird.
Die Anwendungsweise dieser Verbesserung ist die nachstehende. Der Bessemerproceß wird
auf gewöhnliche Weise ausgeführt, und so lange Gebläsewind in das flüssige Metall
gepreßt, bis fast aller Kohlenstoff verbrannt ist, wozu, wie bereits erwähnt,
gewöhnlich eine Zeit von sechzehn Minuten erforderlich ist; jedoch schwankt diese
Zeit in der Praxis bei jeder Roheisencharge,.je nach der Hitze des flüssigen
Metalles beim Abstechen, nach dem Kohlenstoffgehalte desselben, der Windpressung und
anderen veränderlichen Umständen. Sobald der Entkohlungsproceß ziemlich zu Ende ist,
wird der atmosphärische Wind abgestellt, und an dessen Statt dem Blasecylinder
Kohlensäure zugeführt und durch das in der Birne enthaltene flüssige Metall gepreßt.
Damit wird im Durchschnitt eine halbe Minute lang fortgefahren; dann wird durch
Wiederanlassen des Gebläses nochmals etwa fünfzehn Secunden lang atmosphärische Luft
zugeführt, wornach das Gebläse abgestellt wird, womit die Operation beendet ist.
Das durch dieses Verfahren erzielte Resultat läßt sich in folgender Weise
zusammenfassen.
Nachdem der Kohlenstoff des Roheisens durch den Sauerstoff der eingepreßten
atmosphärischen Luft bis beinahe auf die letzten Spuren verbrannt ist, verbinden
sich beim Einpressen von Kohlensäure in das flüssige Metall die zwei Aequivalente
Sauerstoff derselben mit dem vorhandenen Schwefel zu Schwefligsäure, welche in
Gasform entweicht,
während Kohlenstoff sich ausscheidet, entsprechend dem Ausdrucke: CO2 + S = SO2 + C Ein ähnlicher
Vorgang findet in Beziehung auf den das Eisen verunreinigenden Phosphor statt;
derselbe verbindet sich mit dem Sauerstoffe der Kohlensäure, wobei sich gasförmige
saure Producte (ein Gemisch von Phosphorigsäure- und
Unterphosphorigsäure-Gas?) und Kohlenstoff ausscheiden: 2CO2 + P = PO4 + 2 C (oder 2CO2 + P = PO + PO3 + 2 C). Der ausgeschiedene Kohlenstoff kann nun bei der
Fabrication von Stahl im Metalle zurückgelassen, oder aber nach der Entfernung des
Schwefels und des Phosphors durch Zulassen von atmosphärischem Gebläsewinde (während
einiger Secunden) wieder verbrannt werden. Ebenso verbindet sich der Sauerstoff der
Kohlensäure mit dem Eisen unter Ausscheidung von Kohlenstoff zu Eisenoxydul: CO2 + 2 Fe = 2 FeO + C.
In der Praxis wird man finden, daß Schwefel und Phosphor zuerst entfernt werden und
daß die geringe Menge von ausgeschiedenem Kohlenstoff entweder durch den Gebläsewind
verbrannt wird, oder an das Eisenoxydul tritt, dasselbe zu Metall reducirt und dann
als Kohlensäure entweicht. Während der Kohlensäurestrom aus dem Blasecylinder das
Eisen durchstreicht, sinkt die Temperatur des letzteren, so daß fast der vierte
Theil der vorher durch die Verbrennung des Kohlenstoffgehaltes des Roheisens
erzeugten Hitze verloren geht. Dieß ist indessen als ein Vortheil zu betrachten, da
die Praxis lehrt, daß das Eisen in Folge der bei dem Bessemern erzeugten
außerordentlich hohen Temperatur leicht allzu flüssig wird. — Erforderlichen
Falles kann das Kohlensäuregas auch erst erhitzt werden, bevor es dem Blasecylinder
zugeführt wird.
Eine Abänderung des im Vorstehenden beschriebenen Verfahrens besteht darin, daß man
in den Gebläsecylinder mit dem Winde eine geringe Menge Kohlensäuregas treten und in
dieser Weise ein Gemisch von atmosphärischer Luft und gasförmiger Kohlensäure auf
das flüssige Roheisen in der Birne wirken läßt, so daß die Verunreinigungen des
Eisens schon beim Entkohlungsprocesse beseitigt werden. Auch können, wenn dieß für
wünschenswerth gehalten werden sollte, mit der Kohlensäure noch andere gas-
oder dampfförmige Substanzen dem Gebläsecylinder zugeführt werden.
(Wir theilen das beschriebene Verfahren mit, um die Prüfung desselben zu veranlassen.
Die Redaction.)