Titel: | Roman's schwebendes Ketten-Wasserrad. |
Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. IV., S. 13 |
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IV.
Roman's schwebendes Ketten-Wasserrad.
Mit einer Abbildung auf Tab. I.
Roman's schwebendes Ketten-Wasserrad.
Ueber das neue Wasserrad von Roman enthalten Les Mondes, t.
XVI p. 596 (April 1868), einen Bericht des Brücken- und
Straßenbau-Ingenieurs O.
Bertrand, dessen wesentlichen Inhalt wir in Folgendem mittheilen:
Das schwebende Ketten-Wasserrad besteht aus zwei parallelen, horizontal über
dem Wasserspiegel gelagerten Achsen, die in einem gewissen Abstande von einander
liegen und deren jede eine Trommel von polygonförmigem Querschnitte trägt. Ueber die
Trommeln sind mehrere Ketten ohne Ende gespannt und tragen in gleichen Abständen
Wasserrad-Schaufeln. Ein solches Rad soll die motorische Kraft des strömenden
Wassers, in welches die Schaufeln eintauchen, durch ein passendes
Transmissionsmittel zum Betriebe irgend einer Maschine oder Pumpe nutzbar
machen.
In Fig. 17 ist
das neue Wasserrad mit Pumpwerk in bildlicher Darstellung wiedergegeben.
Die beschriebene Anordnung gründet sich auf das in der letzten Zeit durch Roman's Versuche erwiesene Princip, daß ein Wasserstrom
auf eine Reihe parallel hintereinander eingehängter Schaufeln einen gleichförmigen
Druck ausübt, welcher für jede derselben 25 Procent von demjenigen beträgt, den er
der ersten Schaufel ertheilt. Hieraus geht hervor, daß die Vermehrung der
eingetauchten Schaufeln die Möglichkeit ergibt, so zu sagen die Wirksamkeit des
Stromes zu vervielfältigen und zu einer Kraftäußerung zu gelangen, welche die
stärksten der bis jetzt gebauten Wasserräder weit übersteigt.
Mit dieser Maschine wurden im Jahr 1863 in Frankreich auf Anordnung des Ministeriums
für Ackerbau, Handel und Gewerbe von der Patentcommission Versuche angestellt und in
Folge derselben dem Principe, auf welchem die Erfindung beruht, der ungetheilteste
Beifall gespendet.
Später haben diejenigen Versuche, welche im Jahr 1865 auf der Seine gemacht wurden
und in einem gründlichen Berichte des Ingenieurs Cambresy
vom 26. December 1865 verzeichnet sind, die Richtigkeit und Zuverlässigkeit des von
Roman aufgestellten Principes bestätigt. In Folge der
letzteren Versuche sprach sich Abbé Moigno in seiner
Zeitschrift Les Mondes dahin aus, „das
hängende Ketten-Wasserrad sey fähig so bedeutende Kräfte aufzunehmen und
zu übertragen, wie sie von den seither üblichen hydraulischen Receptoren noch
nicht erreicht wurden“, und ferner: „es gebe der Frage über
die Verwerthung des natürlichen Stromes die einfachste, rationellste,
praktischste und billigste Lösung, die man je erdacht habe.“
Kürzlich hat auch der berühmte englische Ingenieur Armstrong sein Urtheil über Roman's Erfindung
abgegeben; nach seiner Ansicht vermag die schwebende Kette einen Nutzeffect zu
liefern, welcher bedeutender wie der eines jeden anderen unterschlächtigen
Wasserrades ist.
Mit den Vortheilen beträchtlicher Kraftübertragung vereinigt das Wasserrad von Roman billige Anschaffungs- und unbedeutende
Unterhaltungskosten. Eine Ausgabe von 27000 Francs genügt für die Anschaffung und
Aufstellung eines Ketten-Wasserrades mit Saugpumpen für Landbewässerungen,
welches bei einer Stromgeschwindigkeit von 1½ Meter eine Kraftentwickelung
von fünfundzwanzig Pferdestärken liefert. Die Unterhaltungskosten dieses Rades, mit
Einrechnung der Abnutzung, werden die Summe von 6000 Francs per Jahr nicht überschreiten. Vergleicht man hiermit eine Dampfmaschine
von 25 Pferdekräften, welche mit gleichen Pumpen 40000 Francs kostet und für
Unterhaltungs- und Betriebskosten mit Einrechnung der Abnutzung eine Summe
von 25000 Francs jährlich erheischt, so werden die Vortheile des Roman'schen Rades erst recht augenscheinlich.
Diese Maschine kann in vielen Fällen vortheilhafteste Anwendung finden, namentlich in
den Fällen wo es sich um eine langsame Bewegung handelt, insbesondere zum Betriebe
von Pumpen zur Bewässerung von Landstrichen, zur Wasserversorgung von Städten, zum
Transport zu Wasser mittelst versenkter Ketten etc.
G.
M.