Titel: | Ueber fremde Bestandtheile im käuflichen Stärkmehl; von G. Lindenmeyer. |
Autor: | G. Lindenmeyer |
Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. XXXV., S. 131 |
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XXXV.
Ueber fremde Bestandtheile im käuflichen
Stärkmehl; von G.
Lindenmeyer.
Lindenmeyer, über Verunreinigungen der käuflichen
Stärke.
Wenn man auch zugeben muß, daß das in den Handel gebrachte Stärkmehl für ein im
Großbetriebe erzeugtes Product, begünstigt durch die natürlichen Verhältnisse, nur
sehr geringe Verunreinigungen aufweist, so kann doch selbst dieser für die Zwecke
des allgemeinen Gebrauches wohl ziemlich gleichgültige Rückhalt fremder Einmengungen
bei speciellen Verwendungen eine gewisse Bedeutung erlangen, wie die Veranlassung
zur Erhebung der nachfolgend mitgetheilten Thatsachen — die Verwendung der
Stärke zur Diastasebestimmung im Malzauszuge — beispielsweise erläutern
mag.
Da man die Verzuckerungsfähigkeit einer Maische durch Digestion mit Stärke und
titrimetrische Bestimmung des neugebildeten Zuckers mißt, so ist die Frage: ob die
im Versuche zur Verwendung kommende Stärke auch völlig zuckerfrei ist, gewiß eine
begründete, zumal ein Zuckergehalt, wegen der nahen Verwandtschaft beider, in der
Stärke keine so undenkbare Sache ist, außerdem sich aber auch erfahrungsgemäß manche
Stärkesorten schon durch eine gewisse Süße im Geschmack
vor anderen auszeichnen.
Daß man solches Stärkmehl für derartige Versuche von vorn herein verwerfen wird,
versteht sich von selbst; indeß auch Stärkeproben, welche sich durch den Geschmack
nicht so leicht verdächtigen, zeigen, wie vielfältige Beobachtungen darthun, oft
einen Zuckergehalt, wenn man dieselben mit Wasser auswäscht und die Flüssigkeit mit
weinsaurer alkalischer Kupferlösung (sogen. Fehling'scher
Lösung) prüft.
Um einen beiläufigen Anhaltspunkt zu gewinnen, wie beträchtlich dieser Zuckergehalt
der Stärke in der Praxis wirklich auftritt, habe ich denselben in einer
Weizenstärkesorte, die durch ihren beträchtlich süßen Geschmack schon dem Laien
auffallen mußte, quantitativ bestimmt.
Die Ermittelung des Feuchtigkeitsgehaltes dieser Stärke in dem Zustande wie sie im
Versuche zur Verwendung kam, ergab, — insofern 1,500 Grm. lufttrockene
Stärke, beim Verweilen im trockenen Luftstrom von 110° C. bis zur Constanz im
Gewichte, 0,268 Grm. verloren — 17,86 Proc. Wasser, und demnach 82,14 Proc.
Trockensubstanz.
Zur Ermittelung des in Wasser löslichen Antheiles der Stärke und ihres Zuckergehaltes
wurden nun weiters 30 Grm. lufttrockenes Material, entsprechend 24,032 Grm.
Trockensubstanz und 5,368 Grm. Wasser, mit 250 Grm. Wasser anhaltend geschüttelt und
alsdann auf das Filter gebracht.
Ein vollständiges Auswaschen des Filterinhaltes würde die Operation ebensosehr
erschwert als die Zuverlässigkeit des Resultates gefährdet haben, und es wurde daher
die Menge der gelösten Stoffe und der Zuckergehalt sofort im ersten und einzigen
Filtrat bestimmt, und aus dem Ergebniß indirect die Gesammtmenge der beiden zu
ermittelnden Bestandtheile abgeleitet. Vielfache Versuche haben die Zulässigkeit
dieser Methode bei schwierig auszuwaschenden Substanzen, wie z. B. Maischtreber,
Preßrückstände etc., und ihre Genauigkeit dargethan. Es stellt sich rasch in der
ganzen Flüssigkeit Homogenität ein; eine Flächenverdichtung ist, wenigstens in einem
das Resultat wesentlich beeinflussenden Grade, nicht vorhanden.
Das Filtrat enthielt nun in 100 Gewichtstheilen 0,425 Theile Trockensubstanz.
Da in der lufttrockenen Stärke 5,368 Grm. Wasser enthalten und 250 Grm. außerdem
hinzugebracht waren, so fanden sich in dem Gemisch von Stärke und Wasser im Ganzen
255,368 Grm. des letzteren vor. Zufolge der Trockengehaltbestimmung im Filtrat
(0,425 Proc.) kommen in diesem auf je 100 - 0,425 = 99,575 Grm. Wasser 0,425 Grm.
feste Bestandtheile. Man hat also in der vorhandenen Gesammtlösung, den durch das
Filter gezogenen Antheil mit dem auf demselben zurückgehaltenen vereinigt gedacht,
da 225,368 Grm. Wasser vorhanden sind:
Textabbildung Bd. 189, S. 132
Grm. Trockensubstanz.
Diese resultirten nun von 24,632 Grm. trockenem Stärkmehl; 100 Theile desselben
enthielten also 4,43 Thle. lösliche Bestandtheile, und analog waren in 100 Theilen
lufttrockener Stärke 3,63 lösliche Trockensubstanz vorhanden.
Von dem obigen Filtrat waren nun weiters 26,4 K. C. zur Reduction von 10 K. C. Fehling'scher Lösung erforderlich, enthielten also 0,050
Grm. Zucker.
Es waren aber von diesem Filtrate im Ganzen vorhanden 255,368 Grm. als Wasser und
außerdem darin gelöst 1,090 Grm. Trockensubstanz, zusammen also 256,458 Grm. Die
Flüssigkeit zeigte ein specifisches Gewicht von 1,00172; ihr Volumen betrug also
256,458/1,00172 = 256,018 K. C. und da jede 26,4 K. C. derselben 0,050 Grm. Zucker
enthielten, so waren also im Ganzen aus den 30 Grm. lufttrockener Stärke:
Textabbildung Bd. 189, S. 133
Zucker erhalten.
Demzufolge enthält also die lufttrockene Stärke 1,60 Proc., und die trocken gedachte
1,95 Proc. Zucker.
So gering dieser Zuckergehalt auch bezüglich der Geschmackswirkung erscheinen mag, so
muß doch nochmals erwähnt werden, daß derselbe bereits eine sehr beträchtliche
Süßigkeit bedingte, was sich dadurch erklären dürfte, daß er sich eben mit einer
großen Menge eines an sich geschmacklosen Körpers, der Stärke, gemengt findet, bei
der Einspeichelung daher eine verhältnißmäßig concentrirte zuckerhaltige Flüssigkeit
resultirt.
Dieser Zuckergehalt erreichte übrigens nicht einmal den Betrag der außerdem noch
vorhandenen löslichen, zum Theil stickstoffhaltigen Bestandtheile.
Die Gesammtzusammensetzung der untersuchten Stärkesorte nach dieser Richtung können
mir übersichtlich folgendermaßen zusammenfassen:
lufttrocken
trocken bei 110° C.
Stärkmehl
78,51
95,57
Zucker
1,60
1,95
anderweitige lösliche Bestandtheile
2,03
2,48
––––––
Wasser
17,86
100,00
––––––
100,00
Nicht selten trifft man aber auch im Handel Stärkesorten an, welche sich durch einen
sauren Geschmack nicht weniger kennzeichnen als die
vorige durch ihre Süße.
Eine nach dieser Richtung hervorragende Stärkesorte, Weizenstärke in Stengelform,
habe ich gleichfalls näher untersucht, wobei sich ergab, daß diese saure Reaction
von Milchsäure herrührte. Von den gewöhnlicheren Säuren
fanden sich nur ganz geringe Spuren an Schwefelsäure und Salzsäure; als der
wässerige Auszug der Stärke indeß mit Zinkoxyd gekocht wurde, schieden sich in der
eingeengten Flüssigkeit bald Krystalle von milchsaurem Zinkoxyd in reichlicher Menge
aus, die sich weiters durch ihr Verhalten beim Erhitzen leicht kennzeichneten.
Um indeß über die Natur derselben vollkommen in's Klare zu kommen, wurde noch ihr
Zinkoxydgehalt durch Einäschern unter ungehindertem Luftzutritt (auf dem Deckel des
Platintiegels) ermittelt. Die Bestimmung lieferte folgendes Ergebniß:
Zinksalz, constant im Exsiccator
0,618 Grm.
Zinkoxyd
0,167 Grm.
d. h. Zinkoxyd in 100 Thln. Substanz
27,02 Grm.
Vergleicht man hiermit die Zusammensetzung des gewöhnlichen milchsauren
Zinkoxyds:
verlangt
gefunden
C
6
H
5
O
5
81
54,55
Zn O
40,5
27,27
27,02
3HO
27
18,18
––––––
––––––
148,5
100,00
so ergibt sich leicht die Identität beider.
Die Säure war also die gewöhnliche Milchsäure; Fleischmilchsäure, deren Zinksalz mit
2 Aequivalenten Wasser krystallisirt (ZnO, C6
H5
O5 + 2 HO), würde dagegen einen Zinkoxydgehalt von 29,03 Proc.
verlangt haben.
Was die Menge der in dieser Stärkesorte enthaltenen Milchsäure anbetrifft, so wurden
aus 500 Grm. lufttrockener Stärke 1,4 Grm. gutkrystallisirtes weißes Zinksalz
erhalten. Die syrupartige Mutterlauge krystallisirte nur schwierig, hinterließ indeß
beim Einäschern, welches zugleich die Anwesenheit stickstoffhaltiger Substanzen
verrieth, noch 0,250 Grm. Zinkoxyd, während die unorganischen Bestandtheile ohne
vorherige Behandlung mit Zinkoxyd nur sehr unbedeutend waren. Rechnet man dieses
Zinkoxyd auch noch in milchsaures Salz um, welches 0,917 ergibt, so ist die Ausbeute
an milchsaurem Zinkoxyd aus 500 Grm. lufttrockener Stärke annähernd 2,317 Grm.,
entsprechend 1,404 Grm. Milchsäure (C6
H6
O6) In 100 Theilen der
lufttrockenen Stärke finden sich also 0,28 Thle. Milchsäure.
Außerdem ergab die Trockengehaltbestimmung in dieser Stärkesorte:
Stärke, lufttrocken
1,500
Grm.
constant im Luftstrom von 110° C
1,275
Grm.
d. h. in 110 Thln. lufttrocken. Substanz
85,00
Trockensubstanz
und
15,00
Wasser.
Hiernach kommen alsdann auf 100 Gewichtstheile trockene Stärke 0,33 Thle.
Milchsäure.
Zu einem ähnlichen Ergebniß führt die titrimetrische Bestimmung der freien Säure in
der Stärke. Das saure Waschwasser von 30 Grm. lufttrockener Substanz verlangte zur
Neutralisation 10,2 K. C. Zehntel-Normalnatronlösung, wobei, da die
Endreaction sich nicht besonders scharf markirte, ein gleiches Volumen Wasser mit
gleichviel derselben Lackmuslösung in Vergleich gemischt wurde. Dieses entspricht
einem Milchsäuregehalt in 100 Theilen lufttrockener Stärke von 0,31, und in 100
Theilen trockener Stärke von 0,36.
Daß man die fraglichen Stärkesorten leicht durch einfaches Auswaschen von den
erwähnten Verunreinigungen befreien kann, ist ebenso selbstverständlich als daß sie
überhaupt nur in Folge einer Nachlässigkeit in der Fabrication sich darin vorfinden
können.
München, im Reischauer'schen
Laboratorium, Mai 1868.