Titel: | Ueber die Osmose oder Dialyse der Melassen nach Dubrunfaut'schem System. |
Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. XXXVIII., S. 154 |
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XXXVIII.
Ueber die Osmose oder Dialyse der Melassen nach
Dubrunfaut'schem
System.
Nach Stammer's Jahresbericht für Zuckerfabrication Bd. VII
(für das Jahr 1867) S. 304.
Ueber die Osmose oder Dialyse der Melassen nach Dubrunfaut'schem
System.
Anläßlich der vorstehenden Mittheilungen geben wir nachstehend eine Zusammenstellung
der wesentlichsten, in der letzteren Zeit bekannt gewordenen Besprechungen für und
wider das in der Ueberschrift genannte Verfahren, indem wir dabei den Text des Stammer'schen Jahresberichtes zu Grunde legen.
Im polytechn. Journal Bd. CLXXXIV S. 149 gaben wir eine Beschreibung des Dubrunfaut'schen Verfahrens nach Walkhoff's praktischem Rübenzuckerfabrikant (dritte Auflage). Dasselbe
hat, wie der vorstehende Artikel zeigt, seither nur verhältnißmäßig geringe
Abänderungen erfahren, indem obige, sowie die Mittheilungen Dubrunfaut's nur auf die Anwendung einer höheren Temperatur hinweisen.
Indessen weicht die Ausführung im Einzelnen, wie es scheint, je nach den Umständen
noch mehrfach ab, indem sowohl in Beziehung auf die in Arbeit genommenen Producte der Zuckerfabrication,
wie auf Concentration und wiederholtes Osmosiren der erzielten Flüssigkeiten
verschiedene Wege innegehalten werden.
Wir lassen nun zunächst die Berichte folgen, welche über die Art und den Erfolg der
Arbeit gegeben worden sind, und gehen dann zu den Einwürfen über, welche theils vom
theoretischen, theils vom praktischen Standpunkte dagegen erhoben wurden.
Zuvor sey aber noch auf die Mittheilungen Walkhoff's über
den Einfluß der Temperatur und der Zeitdauer, sowie der Natur des Papieres
verwiesen.Polytechn. Journal Bd. CLXXXVI S. 44. Der Genannte
zieht zwar aus den gefundenen Zahlen keine bestimmten Schlüsse, doch scheint es, als
ob er jetzt dem Verfahren nicht ganz so ungünstig sey als früher. Man wird jedoch
bei genauerer Betrachtung der gegebenen Zahlen erkennen, daß, auch abgesehen von der
Schwierigkeit, bei bestimmten Temperaturen zu arbeiten, die nachweisbaren
Unterschiede in der Diffusion, resp. dem Zurückbleiben der einzelnen in Betracht
kommenden Stoffe, praktisch gering sind. Jedenfalls aber ist die durchgehende,
mithin in Verlust kommende Zuckermenge eine verhältnißmäßig erhebliche, und die hier
gegebenen Zahlen weisen also eine bemerkenswerthe Uebereinstimmung mit dem
bekanntlich schon früherPolytechn. Journal Bd. CLXIII S. 225; Jahresbericht für
Zuckerfabrication, l, II S. 346. von Stammer
erlangten Resultate nach, während sie zugleich den dem Verfahren ungünstigen, auch
hier, weiter unten, mehrfach dargelegten Urtheilen Recht zu geben geeignet sind. Der
bei Melasse allenfalls zu erreichende Zuckergewinn ist demnach kaum größer, als der
durch eine rationell geleitete Filtration zu erzielende, während bei letzterer der
Verlust an eigentlicher Melasse kleiner bleiben wird. Auf der anderen Seite kann die
Anwendung des Verfahrens auf bessere Syrupe wohl nur anscheinend bessere Ergebnisse liefern, während auch hier die Filtration
mit weniger Umständen, Kosten und Verlusten bei größerer Sicherheit angezeigt
ist.
Von den Berichten aus der Praxis erwähnen wir zuerst denjenigen von Camichel, Zuckerfabrikant in la Tour-du-Pin
(Isère), welcher im Journal des fabricants de
sucre(Jahrg. VIII Nr. 3) Ausführliches mittheilte.
Unter Weglassung des Bekannteren und namentlich der nichts Neues enthaltenden
Beschreibung der Apparate, mögen hier folgende Ergebnisse Platz finden.
1) Die mittelst Osmose behandelten Rübensafte lieferten Producte von solcher
Reinheit, daß man sie statt Wasser beim Raffiniren des Zuckers anwenden konnte.
2) Das zweite Product zeigte beim Osmosiren während der letzten Campagne eine ganz
außerordentliche Verbesserung; man erhielt constant 8–10 Proc. sehr schönen
und guten Zuckers mehr, als von gleich artigen, nicht gereinigten Producten.
Außerdem kochte sich der Syrup viel leichter.
3) Der Syrup vom zweiten Product wurde direct ohne Filtration und ohne Osmosirung in
die Behälter für das dritte Product gebracht; beim Ausschleudern dieser Masse
erhielt man vorzügliche, direct zur Raffinerie gehende Zucker.
4) Der Syrup von diesem dritten Product wurde nochmals osmosirt und lieferte dann 25
Proc. vorzüglichen Zuckers gegen 10–12 Proc. dunkeln und schmierigen Zuckers
ohne Osmose.
5) Endlich geht die Melasse, welche sonst zur Brennerei etc. wandert jetzt nochmals
durch die Apparate und liefert 16–18 Procent Zucker Nr. 10.
In der Fabrik des Herrn Camichel arbeiten 4
Osmoseapparate; die Arbeit wird alle zwei Tage unterbrochen, um die Apparate
auszuwaschen und zwar erst mit mittelst Salzsäure angesäuertem Wasser und dann mit
Dampf, wozu 4–5 Stunden erforderlich sind. Dieß ist, wenn die Arbeit
regelmäßig und sicher von Statten gehen soll, von unbedingtester Nothwendigkeit.
Ein Mann und ein Kind reichen zur Bedienung der Apparate aus, da deren ganze Arbeit
durch einige Hahnstellungen regulirt wird. Wasser und Syrup werden vorher auf
100° C. erhitzt.
In la-Tour-du-Pin werden 33 Hektoliter oder 4800 Kilogrm. (96
Ctr.) Füllmasse in 24 Stunden erhalten; die Kosten für Handarbeit, Kohle,
Pergamentpapier, Knochenkohle, Umwechselung der Apparate u. s. w. betragen 67 Francs
in 24 Stunden oder 1 Franc 40 Cent. für 100 Kilogramme.
Die Unkosten für obige 4800 Kilogrm., welche 25 Proc. oder 1200 Kilogrm. Zucker von
Nr. 15 liefern, stellen sich auf 5 Francs 58 Cent. pro
Sack (100 Kilogrm.), was bei einem Werthe von 56–57 Francs sehr unbedeutend
genannt werden muß.
Der Berichterstatter, voll Vertrauen zu dem Verfahren, hat dasselbe ohne
Unterbrechung seit 1864 angewendet, er hat die Ueberzeugung gewonnen, daß dasselbe
als Reinigungsmittel der Knochenkohle und allen sonstigen Substanzen weit
vorzuziehen ist.
Zucker, Apparate und Nebenproducte befanden sich auf der Pariser Ausstellung.
Dubrunfaut selbst berichtete im Journal des fabricants de sucre über die Arbeiten bei Hrn. Beaupère in Chalons, wo das Verfahren mit
„vollständigem Erfolge auf Syrupe vom I.
Product“ angewendet werde. Die bereits erlangten Thatsachen sprachen,
obwohl das Endproduct noch nicht vorlag, doch unzweifelhaft für das Verfahren. Das
zweite Product z. B., welches ohne Osmose nur 34 Proc. geringen und weichen Zuckers
gegeben hatte, lieferte nach der Osmose 44–47 Proc. guten Zuckers. Der Syrup
hiervon gab beim Verkochen ohne weitere Osmosirung eine Krystallisation,
entsprechend der früheren des zweiten Productes.Bei dieser Aufstellung, so wie bei allen ähnlichen, ist der Zuckerverlust bei
dem durch die Osmose erhaltenen Ablauf nicht oder doch sehr oberflächlich
und ungenügend angegeben. Ebenso ist die durch die stets mit angewandte
Filtration erzielte Zuckerausbeute nicht berücksichtigt. Beide Umstände sind
aber von der größten Wichtigkeit und geeignet, bei richtiger Würdigung den
Werth des Verfahrens in ein ganz anderes Licht zu stellen. (Stammer). Man sieht also, daß die
Osmose, wie vom Verf. früher angegeben, die Producte um eine Stufe erhöht.
In der Fabrik des Herrn Woussen in Houdain wurde ein
Versuch mit 2000 Hektoliter einer eigens gearteten Füllmasse durchgeführt und
hierüber von Dubrunfaut ein Bericht erstattetJournal des fabricants de sucre, Jahrg. VIII Nr. 28; Jahresbericht S. 321.
aus welchem zwar einigermaßen eine Einsicht über die in letzterer Zeit bewirkten
Vervollkommnungen des osmotischen Verfahrens zu erlangen ist, der aber an Schärfe
der Begründung und Klarheit der Rechnung sehr Vieles vermissen läßt. Es wird dadurch
die Möglichkeit abgeschnitten, über manche naheliegenden Fragen Aufschluß zu
erhalten.
Die zu verarbeitende Masse war eine Füllmasse III.
Productes, welche wenig Neigung zur Krystallisation zeigte, obwohl sie 46,5°
Baumè hatte, und ergab bei einer Untersuchung
58,5
Procent Zucker,
13,32
Procent Asche.
Unter Anwendung eines SalzcoefficientenEs ist hiermit die Zahl gemeint, mit welcher man die gefundene Aschenmenge zu
multipliciren hat, um die dadurch an der Krystallisation verhinderte
Zuckermenge zu finden. von 3,73 berechnet der Verf., daß dieselbe
hiernach hätte liefern müssen
8,82
Proc. krystallisirende Zucker und
49,68
Proc. in der Melasse verbleibende Zucker.
Ein wie gewöhnlich mit 100 Grm. angestellter Laboratoriumsversuch mit vielem Wasser
ergab in drei Versuchsabschnitten eine Verdünnung dieser
„Melasse“
in erstem von
46,5
auf 23,5
in zweitem von
23,5
auf 16,6
in drittem von
16,6
auf 10° Baumè.
Der erhaltene Syrup wurde nicht weiter untersucht, die
erhaltenen Ablaufwässer aber gaben:
Erstes
1,166
Grm. Zucker und
3,760
Grm. Asche
zweites
1,800
Grm. Zucker und
2,340
Grm. Asche
drittes
2,940
Grm. Zucker und
1,940
Grm. Asche
––––––––––
––––––––––
5,906
Grm. Zucker und
8,040
Grm. Asche.
Für diese 8,040 Grm. Asche ergibt der Salzcoefficient 3,73 eine Menge von 29,748 Grm.
dadurch mehr gewinnbare Zucker. Nach Abzug des erlittenen Zucker-Verlustes
von 5,906 Grm., verbleibt somit ein von der Osmose obiger Masse zu erwartender
Gewinn von 23,842 Proc. Zucker.
Da die Fabrikarbeit nach den Erfahrungen des Verf.'s stets diesen Probeversuchen
entsprochen habe, so stand dieser Gewinn, oder rund 24/50 des in der Masse wohnenden
Zuckers als Erfolg einer Osmose derselben in sicherer Aussicht.
Hierbei übersieht aber der Verfasser, daß von dieser Menge die schon ohne die Osmose
zu erhaltenden 8,82 Proc. Zucker, welche die Analyse der Masse ergeben, abgezogen
werden müssen, so daß sich der zu erzielende Gewinn durch Osmose auf nur 15 Proc.
stellt. Dabei ist aber noch der durch die Entnahme von Zucker u. s. w. in den
Ablaufwässern entstehende Verlust an Masse überhaupt nicht berücksichtigt; wie dieß
auch später bei der Fabrikarbeit nicht geschieht. Und doch hätte derselbe, als
keineswegs unerheblich, nothwendig mit in Rechnung gezogen werden müssen.
Der aus jenen 100 Grm. Masse erhaltene Syrup war von solcher Reinheit, daß er mit der
größten Leichtigkeit im Trockenschranke krystallisirte, einen sehr guten Zucker und
eine noch weiterhin krystallisirende Mutterlauge lieferte.
Hiernach beschloß Hr. Woussen diese auf osmotischem Wege
zu behandeln.
Die Anfangs August wenig Krystall zeigende Masse wurde sonach centrifugirt, dann
mittelst eines in 24 Stunden 2000 Liter Füllmasse liefernden Apparates dialysirt, in
offenen Pfannen gekocht und in Bassins ausgefüllt. Die Krystallisation der Füllmasse
(es ist nicht gesagt, wie viel von derselben erhalten wurde) begann alsbald.
Das Centrifugiren hatte 161 Sack (à. 100 Kilogrm.)
mittelmäßigen Zuckers,
also 5–6 Procent des Gewichtes, oder nach der gewöhnlichen Ausdrucksweise 8
Proc. der Füllmasse geliefert. Der dabei entfallene Syrup enthielt nur 51 Proc.
Zucker und 13,932 Proc. Asche. Die Krystallisation der Masse, welche der Verfasser
als wahre osmosirte Melasse bezeichnet, war bei Abfassung des Berichtes noch nicht
vollendet; eine vorläufige Probe ergab indessen beim Centrifugiren 30 Proc. der
Füllmasse oder 42 Proc. des Volums an kräftigem Zucker
Nr. 11.
Stammer bemerkt hierbei, daß diese Zahlen sich natürlich
auf die aus der Behandlung hervorgegangene Masse beziehen und daß man zur Berechnung
auf die ursprüngliche entweder den erlittenen Substanzverlust, oder die Menge dieser
zweiten Füllmasse kennen müßte, worüber aber der Verf. keine Mittheilung macht. Wenn
daher der Verf. sagt, es habe hier eine osmosirte Melasse bei unvollständiger Arbeit
42 Proc. Zucker gegeben, so ist also diese Angabe in mehrfacher Rücksicht nicht im
gewöhnlichen Sinne aufzufassen.
Eine Verarbeitung der ablaufenden Lösungen bei dem Woussen'schen Product ergab, als man bei einer Verdünnung
auf 23,5° Baumè abbrach, in den erhaltenen Lösungen eine reichliche
Krystallisation von Salpeter und Chlorkalium, wovon die entnommene Melasse je 3,50
und 2,80 Proc. enthielt. Das Wasser hatte unter diesen Umständen 25 Proc. aller
Salze, 58 Proc. des Salpeters und 54 Proc. der Chlormetalle weggenommen.
Ein weiterer Osmose-Versuch wurde mit 100 Grm. jener Melasse gemacht, wobei,
um die Arbeit mit dünnen Lösungen zu umgehen, in 5 einzelnen Operationen mit dazwischen liegender Eindampfung des Syrups gearbeitet
wurde, so daß die Melasse niemals unter 32 bis 33° Baumè fiel. Der Versuch
geschah bei gewöhnlicher Temperatur, während sonst die
Fabrikarbeiten stets bei 80–100° C. vorgenommen werden. Es wurde hierbei in den ablaufenden Lösungen
erhalten:
1. Lösung
0,33
Grm. Zucker und
1,54
Grm. Asche
2. Lösung
0,33
Grm. Zucker und
1,56
Grm. Asche
3. Lösung
0,78
Grm. Zucker und
1,05
Grm. Asche
4. Lösung
0,45
Grm. Zucker und
0,98
Grm. Asche
5. Lösung
0,51
Grm. Zucker und
0,72
Grm. Asche
–––––
–––––
Zusammen
2,40
Grm. Zucker und
5,85
Grm. Asche.
Man sieht hieraus, daß die diffundirte Zuckermenge ziemlich constant ist, während die
Salzmenge mit der Dauer der Arbeit stark abnimmt. Der Unterschied zwischen diesen
und den früheren Versuchen ist in dem Umstände begründet, daß hier die Schwere des
Syrups über 32°
Baumè erhalten wurde. In Folge dessen ist hier der Salzcoefficient der ablaufenden
Lösungen 0,41, während er bei jenen Versuchen 0,73 und bei der verarbeiteten Masse
3,73 war.
Aus diesen Beobachtungen glaubt der Verfasser folgern zu sollen, daß die Osmose
berufen sey, der Zuckerfabrication unendlichen Nutzen zu leisten.
Weiterhin gab Dubrunfaut noch folgende kurze Andeutungen
über neuere bisher noch nicht bekannt gewordene Abänderungen seines Verfahrens und
zeigt dadurch jedenfalls, daß dasselbe keineswegs in dem Grade fertig und
unübertrefflich gewesen, als es bisher den Anschein haben sollte. Er unterscheidet
nämlich die Osmose mit concentrirten und nicht verloren
gegebenen und diejenige mit verdünnten und ablaufenden
Lösungen. Die erste Methode gibt „keinen Verlust,“ insofern sie
gestattet die Lösungen, wie der Verf. meint, zur Darstellung der Salze oder zur
weingeistigen Gährung auszunutzen, die zweite, bei weitem einfachere dagegen, hat
nur den Gewinn von Zucker als Zweck und opfert demselben alles in den Lösungen
Enthaltene.
Die erste Methode ist diejenige, welche in Courrières befolgt wird und welche bisher
allein näher bekannt und als, wie sich Dubrunfaut jetzt
ausdrückt, „unförmliches“ Verfahren auch von Walkhoff (a. a. O) beschrieben war.
Der Unterschied zwischen derselben und den neueren Versuchen mit verdünnten Lösungen
ist aber nach dem Verfasser so groß, daß, wenn man die bewirkte Reinigung bei jener
durch 1 bezeichnet, sie bei den letzteren durch 3 ausgedrückt werden muß.
In Courrières wurde nämlich bei der Osmose der Melasse diese zu einem Syrup von
12–13° Baumè verdünnt, während das Wasser durch Aufnahme der fremden
Stoffe in eine ablaufende Lösung von 7–8° Baumè umgewandelt wurde.
Dabei aber wird diese Lösung zugleich an Zucker reicher und tritt zum Theil in die
verdünnten Syrupe wenig verändert wieder zurück. Diese Endosmose der Salze, aus den
Lösungen und in die Syrupe wird aber sehr vermindert, wenn man so arbeitet, daß die
Melasse nicht unter 25–30° Baumè herabkommt. Man könnte mittelst des
Systemes der mehrfachen Concentrirung mit Nutzen auf die Arbeit mit starken Lösungen
zurückkommen und dieß beabsichtigt der Verfasser zu thun, sobald die Frage über die
Reinigung der Zucker, welche die wichtigste sey, vollkommen befriedigend gelöst seyn
werde.
Es scheint demnach, daß der Verf. es jetzt als am gerathendsten hält die Osmose so zu leiten, daß nur sehr
verdünnte Lösungen ablaufen und gänzlich verloren gehen, daß er aber diesen
Uebelstand dadurch zu vermeiden und bei concentrirten Lösungen stehen zu bleiben
gedenkt, indem er die Gesammtarbeit der Osmose eines Syrups in mehrere Perioden
theilt und nach jeder Periode erst den verdünnter gewordenen Syrup durch Eindampfen
wieder auf seine ursprüngliche Dichtigkeit bringt.
Wir müssen es natürlich noch dahingestellt seyn lassen, welches von diesen Verfahren
das vortheilhafteste seyn wird, können aber nicht verhehlen, daß es dem Verf.
schwerlich gelingen dürfte, durch obige Auseinandersetzungen die gegen sein
Verfahren erhobenen Bedenken zu entkräften.
Diese sind im Folgenden zusammengestellt:
Bodenbender bemerkteZeitschrift des Vereines für Rübenzuckerindustrie, Bd. XVII S. 413. (Stenographischer Bericht über die Generalversammlung
des Vereines.) vom theoretischen Standpunkte aus über die Anwendung der Osmose, es sey nach seiner Ansicht
unmöglich, den Zucker der Melasse auf osmotischem Wege zu gewinnen, da bekanntlich
der Rohrzucker eine derjenigen Substanzen ist, die nach Graham's Untersuchungen den Uebergang bilden von den osmosirenden
(Krystalloid-Substanzen) zu den nicht osmosirenden
(Colloidal-Substanzen). Die von dem Genannten in der Fabrik angestellten
Versuche stimmten in ihren Resultaten hiermit überein. Es wurden aus einer Melasse mit n Salzen
und m organischen Stoffen deren zwei gewonnen: die eine mit n Salzen + m/2 organischen Stoffen, die andere mit n/2 Salzen + m organischen
Stoffen, d. h. eine, gegenüber der ursprünglichen, salzreichere und eine salzärmere;
aus beiden krystallisirte indessen kein Zucker. Es sey nutzlos, noch weitere
Versuche in dieser Richtung anzustellen; sie können zu
keinem günstigen Resultate führen.
Hierher gehört ferner das, was Dr. C. Scheibler über Versuche berichtete, welche er über den
Einfluß der Salze auf die Krystallisation des Zuckers, d. h. also auf die
Melassebildung, anstellte, Versuche, welche leider noch nicht abgeschlossen sind,
und über welche kein eingehender Bericht vorliegt, die aber doch schon ein sehr
wesentliches Resultat geliefert haben. Scheibler besprach
in der Generalversammlung des Vereines für RübenzuckerindustrieZeitschrift des Vereines für Rübenzuckerindustrie, Bd. XVII S. 449. (Stenographischer Bericht über die Generalversammlung
vom 10. Mai 1867.) seine auf dieses Thema bezügliche Arbeit, bei
welcher derselbe mit chemisch reinem Zucker arbeitete, welchen er bei gewöhnlicher
Temperatur bis zur Sättigung in einer wässerigen Salzlösung von genaubekanntem
procentischem Gehalte auflöste; dadurch entstanden synthetisch bereitete, völlig
farblose Füllmassen, welche nur aus Wasser, reinem Zucker und reinem Salze
bestanden.
Der Verf. hat nun zunächst mit den unorganischen Salzen, soweit deren Vorkommen in
den Rübensäften constatirt ist, gearbeitet, und zwar mit den schwefelsauren,
salpetersauren, kohlensauren und Chlorverbindungen der beiden Alkalien: Kali und
Natron, und diese verglichen mit der Lösung des Zuckers in reinem salzfreiem Wasser.
Außerdem wurde noch ein organischer Körper, der einige Aehnlichkeit mit im
Rübensafte vorkommenden schleimigen Bestandtheilen haben dürfte, nämlich arabisches
Gummi, mit in Betracht genommen.
Die Versuche wurden so angestellt, daß Glasröhren von 1½ Fuß Länge, sogenannte
Büretten, mit Glashahn, vollständig mit Krystallen des aus Alkohol krystallisirten
Zuckers angefüllt wurden. Dieselben haben das Ansehen der jetzt als Handelswaare
vorkommenden großen Krystallzucker; die Röhren ließen sich damit vollständig füllen,
ohne verstopft zu werden. Dann wurde die vorher genau dargestellte Salzlösung in dem
Maaße aufgefüllt, mit zeitweiliger Hinzufügung neuer Zucker-Krystalle, bis
eine vollständige Sättigung erzielt war, und zwar blieben die so vorgerichteten
Röhren über 8 Tage in einer Temperatur stehen, die nur Schwankungen zwischen 14 und
18° C. ausgesetzt war. Während der Zeit wurde öfters (20 bis 30 Mal) Lösung
am Hahn abgezapft und oben wieder aufgegossen, bis man nun annehmen konnte, daß
diese Salzlösung sich vollständig mit Zucker gesättigt haben mußte. Wenn nun Salze Melassebildner sind, so mußten diejenigen
Salze, die sich als Melassebildner auszeichnen, mehr Zucker aufgelöst haben, als
reines Wasser unter denselben Umständen. Bei der Untersuchung stellte sich
aber das unerwartete Resultat heraus, daß die Salze nicht allein nicht mehr, sondern
sogar etwas weniger Zucker auflösen, daß also die Salze keineswegs Melassebildner
sind, sondern gewissermaßen negativ wirken, vor der Melassebildung schützen.
Indessen ist der Unterschied so unbedeutend, daß man eher sagen kann, die Salze
haben keinen Einfluß auf die Löslichkeit des Zuckers, sie lassen dieselbe ganz
unangefochten. Indem der Verf. in Betreff der Einzelheiten dieser Arbeit auf eine
demnächst zur Veröffentlichung kommende Abhandlung verweist, hebt er nur hervor, daß
das reine Wasser, wie dieß auch schon früher gefunden wurde, die doppelte Menge
Zucker bei gewöhnlicher mittlerer Temperatur auflöst, und daß vorhandene Kalisalze
etwas mehr Zucker zu lösen scheinen als Natronsalze. Es kann nur noch der Einwand
gemacht werden, daß, wenn die Salzlösung einmal in höherer Temperatur gesättigt sey, die Sache sich anders
verhalten könne als hier, denn es wurde nur mit mittlerer Lufttemperatur gearbeitet,
die Sättigung wurde bei gewöhnlicher Temperatur bewirkt, während man das Experiment
auch so anstellen kann, daß man den Zucker einer warm gesättigten Lösung so lange
auskrystallisiren läßt, bis die Sättigung erreicht ist. Scheibler hat alle diese Verhältnisse durch eine zweite Versuchsreihe noch
sicherer festzustellen begonnen, ohne jedoch Grund für die Annahme zu haben, daß
dieselbe wesentlich abweichende Resultate ergeben werde.
Unter Zugrundelegung seiner Beobachtungen über das Verhalten der Melasse gegen die
Osmose oder Dialyse sprach sich ferner Dr. C. Stammer eingehend über diesen Gegenstand aus.Zeitschrift des Vereines für Rübenzuckerindustrie, Bd. XVII S. 566; Jahresbericht S. 312. Wenn es nach ihm
auch theoretisch statthaft erscheint, daß unter gewissen
Bedingungen die Osmosirung oder Dialysirung der Melasse ein lohnendes
Verfahren abgeben könne, so sey doch das Zusammentreffen
dieser Bedingungen ein so ausnahmsweises, daß die ziemlich allgemeine Ansicht der
deutschen Fachmänner dem Verfahren abgeneigt sey und sich nur durch weit sachlichere
und vollständigere Beweise ändern lassen werde, als sie bisher geboten wurden.
Die ersten Versuche, welche über die von Graham angeregte
Anwendung der Dialyse auf Melasse veröffentlicht wurden
und auf welche schon Anfangs dieses Artikels hingewiesen worden, hatte der Verfasser
im Jahre 1861 angestellt und eingehend mitgetheilt.Polytechn. Journal Bd. CLXIII S. 225; Jahresbericht für
Zuckerfabrication I, II S. 346. Sie
ergaben die sehr bemerkenswerthe, von Dubrunfaut jedoch
gar nicht beachtete Thatsache, daß die einzelnen Bestandtheile der Melasselösung in
ganz anderer Weise durch das Pergamentpapier hindurch wanderten, als es Graham angenommen hatte. Schon dieser Umstand hätte
darauf aufmerksam machen sollen, daß der Unterschied der
Diffusibilität der Melassebestandtheile nicht ein so ausgesprochener und großer
ist, daß darauf eine gründliche Trennung derselben basirt werden könnte.
Die damals vom Verf. mitgetheilten Versuchsresultate, welche auch bisher von den Dubrunfaut'schen kaum übertroffen worden sind, stehen
hiermit vollkommen im Einklang, und wenn er auch damals der Ansicht Raum gab, daß
die beobachteten Erscheinungen vielleicht zu einer
gewinnbringenden Arbeit leiten könnten, so sind doch diese Versuche nicht zu einem
vortheilhafteren Resultate weitergeführt worden, weil sich immer mehr die
Ueberzeugung von der Richtigkeit des oben ausgesprochenen Satzes bestätigte, und man
also von der Aussichtslosigkeit der auf so falscher Basis beruhenden Bestrebungen
überzeugt war. Es stimmt dieß mit den oben angeführten Aeußerungen Bodenbender's vollkommen überein und Versuche hatten ja
auch gezeigt, daß die Reinigung der Melasse nur anfangs deutlich hervortrete, daß
aber späterhin die immer zunehmende Verdünnung der Melasse einerseits und das
allmählich kleiner werdende Verhältniß von Zucker zu Salzen andererseits die Wirkung
der Dialyse immer weniger deutlich werden läßt. Hiermit übereinstimmend hat denn
auch Dubrunfaut die Wiederholung der ganzen Operation mit
der wieder concentrirten, theilweise gereinigten Melasse empfohlen, ein Vorschlag,
von dem indessen auch aus den neuesten Mittheilungen nicht recht deutlich
hervorgeht, ob derselbe in der Praxis ausgeführt werde, oder ob man sich vielmehr
mit dem in einer Operation Erreichbaren begnügt.
Offenbar legt Dubrunfaut auf die Ausscheidung der
„Salze,“ wie sie in den ersten Stadien der Dialyse
besonders hervortretend ist, einen zu hohen Werth, und der Verf. macht zunächst
einige Bemerkungen zur Berichtigung mehrerer über diesen Punkt verbreiteten irrigen
Ansichten.
Es findet nämlich hier eine Verkennung des Begriffes „Salze“
statt.
Versteht man unter diesem Ausdrucke die Aschenbestandtheile der Melasse, so läßt sich
allerdings nicht bestreiten, daß diese in einem bestimmten Verhältnisse zur
Zuckerausscheidung aus der Melasse stehen, und es wird dieß auch gewiß Niemand
bestreiten. Allein die Bestandtheile der Melassenasche
und die der Melasse sind ganz andere, und wer sich die vorhandenen Analysen von
Melassenaschen genauer ansieht, muß sofort die Ueberzeugung erlangen, daß nur der
geringere Theil derselben sich möglicherweise in demselben Zustand in der Melasse
gefunden hat, und daß der weitaus größere Theil der Asche, weil aus kohlensauren Verbindungen bestehend, sich in der Melasse
als Verbindung von organischen Stoffen mit den
mineralischen Basen vorfand, als Verbindungen, von deren Natur wir noch sehr wenig
wissen, und welche wir in keiner Weise berechtigt sind als Salze zu bezeichnen, wie denn auch die eigentlichen Salze in dem
betreffenden Sprachgebrauch vorzugsweise die Verbindungen der mineralischen Basen
mit mineralischen Säuren vorstellen. Allerdings kann die Asche der Melasse stets als ein Maaß für die in der Melasse vorhanden
gewesenen Salze und organischen Verbindungen mit unorganischen Basen betrachtet
werden, und sie wird es
auch, aber wir unterscheiden sehr wohl zwischen den unverändert und den sehr
verändert (nämlich verbrannt) aus der Melasse in ihre Asche übergehenden
Verbindungen.
Auch Stammer ist der Ansicht, daß die eigentlichen Salze der Melasse, d. h. diejenigen Verbindungen, welche
wir in deren Asche wiederfinden, die Ausscheidung des Zuckers nicht beeinträchtigen, wenigstens nicht in dem Sinne und dem Maaße, wie man dieß gewöhnlich annimmt, d. h. direct und
durch ihre bloße Gegenwart. Er bemerkt nämlich, daß er durch ganz selbstständige Versuche längst zu einer ähnlichen Ueberzeugung
gelangt ist, wie sie (s. o.) Scheibler auf Grund seiner
Beobachtungen ausgesprochen hat. Diese Versuche, hervorgegangen aus einer längeren
Reihe von Beobachtungen über das Verhalten der Melasse, und in jeder Hinsicht ganz
verschieden von derjenigen Versuchsreihe, auf welche Scheibler sein Urtheil gründet, waren synthetische: es wurden aus reiner
Zuckerlösung und reiner Melassenasche in verschiedener Weise Gemische dargestellt,
welche, soweit dieß überhaupt möglich, annähernd künstliche
Melassen darstellten, die also den Zucker und die aus der Asche
ausziehbaren Salze, nicht aber die fremden organischen Bestandtheile der Melasse, in
verschiedenem Verhältnisse enthielten. Auf die Einzelheiten dieser Versuche wollen
wir nicht näher eingehen, da die Darstellung und Begründung der verschiedenen
künstlichen Zusammensetzungen zu weit führen würde; es sey nur das ganz
unzweifelhafte Resultat der lange ausgedehnten Versuchsreihe erwähnt, nämlich daß
die Krystallisation des Zuckers durch die zugesetzten
unorganischen Salze aus Melassenasche nicht verhindert wurde, selbst als
deren Menge weit über das in der Melasse vorkommende Verhältniß hinaus vermehrt
wurde. Das Verhältniß der kohlensauren Salze und der Zuckerlösung zu dem in der
Lösung vorhandenen Wasser machte es zuweilen sehr
schwierig, den richtigen zur Krystallisation nothwendigen Concentrationsgrad zu
erreichen, und es bleibt noch die Möglichkeit unbestritten, daß in dieser Beziehung
auch sonst eine mittelbare Einwirkung gewisser Salze
stattfinden kann. Auf diejenigen aber, welche den Hauptbestandtheil der natürlich in
der Melasse (nicht Melassenasche) vorkommenden Salze ausmachen, wie Chlorkalium und
schwefelsaures Kali, und welche daraus auch direct erhalten werden können, findet
dieser Umstand keine Anwendung, weil sie keine solche Affinität zum Wasser besitzen,
wie das in der Melassenasche vorherrschende kohlensaure Kali und das Krystallwasser
enthaltende kohlensaure Natron. Findet also eine solche indirecte Wirkung wirklich
statt, so ist sie bisher nicht direct zu erweisen, weil sie dann allein den noch nicht näher gekannten
Verbindungen von Kali und Natron mit organischen Bestandtheilen der Melasse
zukäme.
Durch Zusatz derjenigen eigentlichen Salze, welche sich direct in der Melasse
nachweisen lassen, zu einer Zuckerlösung wird also, wenn das Verhältniß der Melasse
annähernd beibehalten wird, die Krystallisation nicht verhindert, ja selbst eine
starke Vermehrung dieser Salze bleibt ohne diesen Erfolg.
Jedenfalls ist es merkwürdig, daß jene vom Verf. (s. o.) veröffentlichten
Beobachtungen über das so ganz unerwartete Verhalten der Melasse gegen dialysirende
Scheidewände von den Vertheidigern der Dialyse gänzlich unberücksichtigt geblieben
sind, während sie doch das ganze Wesen dieser Erscheinungen so tief berühren. Der
Verf. hat vielmehr daraus den Schluß ziehen zu müssen geglaubt, daß das dialytische
Verhalten der einzelnen Bestandtheile der Melasse durchaus
nicht so verschieden sey, als zu einer Trennung auf diesem Wege unumgänglich
nothwendig ist, und dieß würde in um so stärkerem Maaße der Fall seyn
müssen, eine je wichtigere Rolle man den eigentlichen Salzen zuzuschreiben geneigt
ist, die ja, ebenso wie der Zucker, krystallinischer Natur sind, obwohl die stete
Beimischung der übrigen Melassebestandtheile zu diesen Salzen, welche man in
größerem oder geringerem Maaße bei allen dialytischen Experimenten wahrnimmt, zeigt,
daß beide Classen von Stoffen schwer von einander getrennt werden können.
Dubrunfaut hat indessen, zum Theil in Folge dieser und
anderer Bemerkungen, darzuthun versucht, daß sein Verfahren für bessere Producte als
die gewöhnliche Melasse bei weitem geeigneter sey, als für diese selbst.Journal des fabricants de sucre, Jahrg. VIII Nr. 28; Jahresbericht S. 326. Er
geht hierbei von Betrachtungen aus, welche er über die Verschiedenheit der Melassen
anstellt, wornach diejenige Melasse, welche mit dem Rohzucker die
(Rohzucker-) Fabriken verläßt, wesentlich von derjenigen verschieden seyn
soll, welche in diesen Fabriken als schließlicher Rückstand verbleibt. Während er
für letztere Melasse als Salzcoefficienten (s. o. S. 157 Anmerk.) die Zahl 3,73
beibehält, glaubt er dieselbe für die erstere, die dem Rohzucker anhaftende, und
mithin auch für diesen selbst, auf 4 bis 4,5 erhöhen zu müssen. Demnach könne ein
mit eigentlicher Melasse angestellter Versuch über Erfolge und Vortheile der Osmose
niemals einen Maaßstab für den Nutzen dieses Verfahrens abgeben, wie dasselbe im
Laufe der Fabrication, also auf ein besseres Product angewendet wird. Es müsse vielmehr in
diesem letzteren Falle stets ein höherer Effect erhalten werden, als bei reiner
Melasse.
Es ist indessen zu bemerken, daß dieser Annahme Dubrunfaut's ein schärferer Beweis nicht zu Grunde liegt, und daß der
behauptete Unterschied schwerlich so groß seyn wird, um einen wesentlichen Einfluß
auf die Rentabilitätsberechnung auszuüben; bekanntlich bleiben nämlich
Fabrikergebnisse immer hinter Laboratoriumsversuchen zurück. Außerdem aber würden
diese Folgerungen auf solche Fabriken keine Anwendung finden können, welche nur
consumsähige Waare erzielen und es ist immerhin nicht abzusehen, wie auf anderem
Wege unzweifelhafte Ergebnisse über Mehrauslieferung mittelst Osmose erlangt werden
können, als durch die Versuchsarbeiten mit dem die Mehrkrystallisation allein
ergebenden Endproducte, nämlich der reinen Melasse.
Vielmehr können die Versuche und Vergleiche mit früheren Producten, die an sich
schon durch bloße Krystallisation Zucker ergeben, nur allzuleicht zu Täuschungen
Veranlassung bieten.
Zu bedauern ist, daß Dubrunfaut die Versuche, worauf er
seine Schlußfolgerungen baut, aus Mangel an Zeit, nicht veröffentlicht hat; ohne
dieselben dürfte er schwerlich allgemein das gewünschte Vertrauen zu seinen
Versprechungen gewinnen.
Die, wie im Vorhergehenden gezeigt, in Bezug auf die Anwendung der Osmose auf Melasse
oder anderweite Fabrikproducte ziemlich abweichenden Ansichten hat nun Payen in einer AbhandlungComptes rendus, t. LXV p. 692; November
1867 zu versöhnen gesucht, welche wir hier nach unserer Quelle im
AuszugeJahresbericht S. 328. folgen lassen, ohne daß indessen die
beabsichtigte Entscheidung mit voller Klarheit dadurch gegeben erschiene. Es sagt
nämlich Payen bei Gelegenheit eines Berichtes über die
Ausstellung in Paris und den daselbst ziemlich unbeachtet gebliebenen osmotischen
Apparat Dubrunfant's, es sey von letzterem die wichtige
Thatsache bewiesen worden, daß die 50 Proc. krystallisirbaren Zucker enthaltende,
denselben aber abzuscheiden nicht gestattende Melasse, nach der Reinigung durch
Osmose krystallisire und 25 Proc. Zucker liefere, und daß die Anwendung dieses
Verfahrens auf zweite und dritte Producte sich mehr und mehr verbreite.
Daß, wie anderweit (s. o. die Bemerkungen Scheibler's)
gefunden worden, die Salze der Melasse, namentlich die salpetersauren und die
Chlorverbindungen, die Krystallisation des Zuckers nicht hindern, so wie manche
ähnliche Widersprüche sucht der Verf. dadurch zu erklären, daß die verschiedenen
Versuchsansteller wohl nicht in derselben Weise gearbeitet haben.
Wahrscheinlich würde man die verschiedenartigen Angaben dann erklärt finden, wenn man
die Wirkung der Salze einzeln studirte, da möglicherweise je nach dem Verhältniß der
beiden Arten von Salzen in den Syrupen, die Wirkung der einen durch größere Mengen
der anderen erheblich modificirt werden könnte.Man sehe übrigens die oben angeführten Bemerkungen Stammer's über Begriff und Unterschied von Salz- und
Aschenbestandtheilen.
Bei derartigen Versuchen, welche der Verf. unternommen hat, ist er auf Erscheinungen
gekommen, welche jene Widersprüche zu lösen vermögen, doch theilt er die Resultate
selbst noch nicht mit, da die betreffenden langwierigen Experimente noch nicht
abgeschlossen sind. Nur so viel lasse sich jetzt schon sagen, daß verschiedene
Verhältnisse des salpetersauren Kalis die Krystallisation des Zuckers nicht hindern,
indem beide Stoffe aus einer warmen, gegen niedrige Temperatur übersättigten Lösung
gleichzeitig krystallisiren. Das Chlorkalium verlangsame oder verhindere die
Krystallisation des Zuckers, indem es die Zähigkeit der Syrupe erhöhe. Dagegen wirke
das Chlornatrium weit kräftiger, indem es (wie bekannt) in dem unkrystallisirbaren
Syrup, oder in zum Consum nicht brauchbaren Krystallen sein sechsfaches Gewicht an
Zucker festhalte.
In diesen drei Fällen, sagt der Verfasser, ist es sehr wichtig, durch die Exosmose
die in verschiedenem Grade schädlich wirkenden Salze zu entfernen, denn wenn man
allein durch Ausdecken auch nur die am wenigsten schädlichen trennt, so würde man
doch immer einen in der Kälte mit Salpeter und Zucker gesättigten Syrup erhalten,
welcher in diesem Zustande nicht verbraucht werden könnte.
Wegen des sich an die Bestimmung der Chloralkalien knüpfenden Interesses würde man
die besouders in Deutschland übliche Aschenbestimmung mittelst
Schwefelsäure-Zusatz zweckmäßig verlassen, da man hierbei Chlormetalle und
salpetersaure Verbindungen vermischt. Besser wäre vielmehr die Methode von Chevreul, die im Verkohlen bei niedriger Temperatur,
Ausziehen mit Wasser und Veraschen der erhaltenen Kohle besteht. Man kann dann die
durch Auswaschen und die durch Veraschen erhaltenen Stoffe getrennt untersuchen.
Je nach den localen Boden- und Düngerverhältnissen und je nach der Jahreszeit
kann der Gehalt der Rüben an verschiedenen Salzen wechseln und zwar so weit, daß die
Gesammtmenge der in der Fabrik erhaltenen Krystallmasse entweder ebenso viel Salpeter
wie ZuckerDictionnaire technologique, 1823, t. III p. 40. oder solche Mengen
Chloralkalien enthält, daß der meiste Zucker ungewinnbar in den Syrupen bleibt. Der
erstere Fall könnte die Resultate der Scheibler'schen
Versuche erklären, im zweiten Falle befinden sich die unweit des Meeres gezogenen
Rüben, welche so wenig krystallisirte Producte gegeben haben, daß man mit ihrer
Verarbeitung inne halten mußte. Allein diese ausnahmsweisen Verhältnisse können die
Resultate der zahlreichen Analysen nicht beeinträchtigen, aus denen er als
allgemeines Mittel die Angabe hergeleitet hat, welche der Saccharimetrie zu Grunde
liegt, und welche in der Zahl 3,73 als Salzcoefficient für Rohzucker ihren letzten
Ausdruck findet.Diese Zahl ist indessen nach den oben angeführten Mittheilungen Dubrunfaut's noch erheblicher Modificationen
bedürftig (Stammer).
Zieht man indessen die zuweilen constatirten Erfolge des Seesalzes in der
Landwirthschaft, die Anwendung der Staßfurter Salze und einige Beobachtungen über
den Zusammenhang zwischen Salz- und Zuckergehalt der Rüben in Betracht, so
ergibt sich doch, wenigstens für gewisse Gegenden die Nothwendigkeit, in dem
Rohproducte die Chlormetalle und die salpetersauren Alkalien getrennt zu bestimmen.
Auf diesem Wege hofft Payen, daß die noch vorliegenden
großen Probleme der Zuckerindustrie eine endliche Lösung finden werden.
Indem wir dieses natürlich vor der Hand dahin gestellt seyn lassen, scheint es uns
zum Abschluß dieses Berichtes nicht unangemessen, hier noch einen Bericht über von
Stammer ausgeführte dialytische Versuche mit
MelasseZeitschrift des Vereines für Rübenzuckerindustrie, Bd. XVII S. 572; Jahresbericht S. 316. aufzunehmen, welche
ein gewisses Licht auf diese Erscheinungen werfen müssen, und von denen der
Versuchsansteller sogar annimmt, daß sie, als einem eine Stufe weiter
fortgeschrittenen Verfahren entsprechend, geeignet seyen die bisher besprochene
Osmose als aussichtslos hinzustellen, da selbst das von ihm geprüfte weit rationellere Verfahren keine rentable Anwendung ergeben
habe.
Stammer gieng nämlich, anknüpfend an seine (schon oben
erwähnten) Versuche über das Verhalten der Melasse bei der Dialyse, sowie über
dasjenige zwischen Melasse und Kalkhydrat, von dem Gedanken aus, den einen oder
anderen Bestandtheil der Melassen in einen solchen, wo möglich unlöslichen Zustand
überzuführen, daß die Dialyse zwei ihrer Natur nach wesentlich verschiedenere Stoffe vorfinden müsse, als in der natürlichen Melasse.
Gelänge dieß, so stand zu hoffen, daß die Dialyse eine ganz andere, jedenfalls eine
viel entschiedenere Wirksamkeit entfalten werde. Das einfachste Mittel, welches zu
diesem Zwecke angewendet werden konnte, war die Bindung
des Melassenzuckers durch Kalk, wodurch sich unter
gewissen Verhältnissen eine mehr oder weniger unlösliche Substanz herstellen läßt,
während Grund vorlag, anzunehmen, daß dadurch die Löslichkeitsverhältnisse der
übrigen Melassenbestandtheile eine Aenderung nicht erfahren würden.
Demnach hat der Verf. die Melasse in der verschiedensten Weise mit Kalk behandelt,
und die erhaltenen, in ihrer physikalischen Beschaffenheit sehr verschiedenen
Producte der Dialyse mittelst Pergamentpapier unterworfen.
Die Resultate haben den gehegten Erwartungen vollkommen entsprochen; es gelang, durch
genaue und fortgesetzte Beobachtung der einzelnen Erscheinungen, diejenigen Umstände
genau auszumitteln, unter welchen die angestrebte Trennung der
Nichtzucker-Bestandtheile von dem durch Kalk schwerlöslich gemachten Zucker
in befriedigendem Grade geschah. Das Ergebniß dieser Trennung waren nach dem
Abscheiden des Kalkes zwei Auflösungen, deren eine hauptsächlich den Zucker, die
andere hauptsächlich den Nichtzucker der Melasse enthielt, und welche, zweckmäßig
abgedampft, die eine einen rein süßschmeckenden und leicht krystallisirenden Syrup,
die andere eine syrupartige Flüssigkeit vom abscheulichsten
bitterlich-melassenartigen Geschmack lieferte, aus welcher letzteren unter
Umständen ein Theil der in der Melasse enthaltenen eigentlichen Salze, namentlich
Chlorkalium, herauskrystallisirte.
Es möge auch bei dieser Gelegenheit, das oben Gesagte bestätigend, bemerkt werden,
daß diese Abscheidung wirklicher Melassensalze zwar stets ausführbar und für die
Reinigung der Melasse durch Dialyse charakteristisch war, daß aber die Menge dieser Salze, wie zu
erwarten stand, gegenüber den sonstigen abgeschiedenen nicht krystallisirbaren
unbekannten Verbindungen fremder organischer Stoffe mit unorganischen Basen u. s.
w., nur eine ganz untergeordnete war.
Die Versuche wurden allgemein so ausgeführt, daß das Gemisch von Kalk und Melasse
durch ein Stück Pergamentpapier von passender Gestalt von der dialysirenden
Flüssigkeit (Wasser, Kalkwasser, dünne Kalkmilch) getrennt und die beiderseits
entstehenden Stoffe von Zeit zu Zeit untersucht, erneuert oder gewechselt wurden.
Wie schon angedeutet, wurden hierbei eine große Zahl von Combinationen nach Form und
Anordnung der dialysirenden Scheidewand, Verhältniß von Kalk, Wasser und Melasse, endlich auch der
Temperatur versucht, und diese letztere schließlich sogar probeweise bis 60°
C. gesteigert.
Durch diese Abänderungen wurden zwar sehr verschiedene Erscheinungen in Bezug auf den
Gang, den Grad und die Schnelligkeit der Trennung erzielt, das Wesen des ganzen
Processes aber bleibt stets unverändert, und es konnte sich endlich nur darum
handeln, den praktisch vortheilhaftesten Weg, den zweckmäßigsten Apparat zu finden
und dann von den Versuchen in kleinem Maaßstabe zu größeren Arbeiten
überzugehen.
Aus den nachfolgenden Daten wird man ersehen, welche
auffallende Wirkungen erhalten wurden, und wieweit dieselben über den in Frankreich
für die Dialyse oder Osmose von Melasse und Wasser erreichten stehen.
Zum Verständniß der nachfolgenden Zahlenergebnisse sey bemerkt, daß die den Versuchen
parallel laufenden Untersuchungen der verschiedenen Producte in der Regel nur mit
Aräometer und Polarisations-Instrument gemacht wurden, daß also die
angegebenen Zuckerprocente der sogenannten Polarisation auf
Trockensubstanz entsprechen oder den scheinbaren
Quotienten oder Factor der Substanz darstellen.Da viele der nachfolgenden Polarisationen von Lösungen sehr niedrig sind, so
will der Verf. ausdrücklich darauf aufmerksam machen, daß sie nicht, wie man versucht seyn könnte zu glauben,
absolute Zuckergehalte darstellen. Die für die Lösungen, sowohl der
ausgezogenen, als der zurückbleibenden Substanzen ermittelten Zahlen wurden
nämlich in der Weise erhalten, daß eine gewisse Menge der betreffenden
Lösung saturirt und, ohne den Siedepunkt erreichen zu
lassen, in flachen Schalen rasch eingedampft und dann mit einer
sehr genauen, Zehntelprocente ergebenden Spindel gewogen wurde; nach dem
Fällen mit Bleiessig wurde dann polarisirt, die gefundenen Zuckerprocente
auf 100 Proc. Aräometerangabe berechnet und so die angeführten scheinbaren
Quotienten erhalten. Eine solche Lösung zeigte z. B. nach dem Concentriren
der saturirten Flüssigkeit ein Gewicht von 12,4 Proc. Balling und dabei eine
Polarisation von 0,37 Proc. Ihr Quotient ist demnach 3 Proc. Eine andere
ergab 16,4 Proc. Balling und 0,32 Proc. Polarisation, mithin einen
Quotienten von 1,9 Proc. Der Verf. bezweifelt, ob es schon früher gelungen
ist, direct aus der Melasse Producte von so niedrigem Quotienten zu
erhalten.
Es folgen hier demnach die Quotienten (entsprechend also der Polarisation auf 100
scheinbare Trockensubstanz) für die Melasse (M.) und die
erzielten Producte, nämlich für die die ausgezogenen fremden Stoffe enthaltende LösungDie Beschaffenheit der „Lösungen“ war stets zu Anfang
und Ende des Versuches eine sehr verschiedene, indem das anfangs sehr
geringe Verhältniß von Zucker zu Nichtzucker mit zunehmender
Reinigungswirkung allmählich stieg. Daher finden sich für L. meist mehrere
Zahlen angegeben, welche Proben aus verschiedenen Perioden darstellen;
einzelne Zahlen entsprechen dem ganzen Durchschnitte für die Dauer des
betreffenden Versuches. Die Größe jenes Verhältnisses bestimmte jedesmal das
Abbrechen der Einwirkung und die Beendigung des Versuches. (L.)
und den gereinigten Rückstand (R.), und es werden einige Notizen beigefügt um den Verlauf der
Arbeit deutlicher zu machen.
Beispiel 1. M. 60,0 Proc.; L. 15,2 Proc.; R. 75 Proc. Der
Verlust in der Lösung betrug nur 6,6 Proc. des vorhandenen Zuckers, welcher darin
mit den fremden Substanzen entfernt wurde. Eine bei 13,5 Proc. entnommene Probe der
Lösung lieferte beim Eindampfen 11,76 Proc. Trockensubstanz, wovon 2,08 Zucker, und
welche 4,5 Asche hinterließ.
Beispiel 2. M. 60,9 Proc. Die Lösungen ergaben Quotienten
von 2 Proc.; 4 Proc.; 6,3 Proc.; dann steigend bis 42 Proc. Der erhaltene Rückstand
zeigte 87 Proc. Verlust: 14 Proc. der verwandten Aräometer-Trockensubstanz
der Melasse.
Beispiel 3. M. 60,9 Proc.; L. 2 Proc.; 3½ Proc. u.
s. w.; R. 80,6 Proc.
Beispiel 4. M. 60,9 Proc.; L. 15,5 Proc.; R. 88,5 Proc.
Verlust der Lösung:
5 Theile Zucker auf 100 Melasse.
Beispiel 5. M. 60,9 Proc.; L. von 0 beginnend (reine
„Salz-“ Lösung) bis 4 Proc. R. 76. Zuckerverlust
fast Null.
Beispiel 6. M. 60,9 Proc. L. 4 Proc.; 16 Proc.; 20 Proc.;
45 Procent; R. 81,8 Proc.; 83,4 Proc.
Beispiel 7. M. 60,9 Proc.; L. 10 Proc.; 17 Proc.; R. 80,4
Proc. Verlust 29,2 Proc. der Aräometer-Trockensubstanz mit 6 Proc. des
vorhandenen Zuckers, oder 3 Theile Zucker auf 100 Theile Melasse.
Diese wenigen Beispiele von dem, was man mittelst Pergamentpapier und Melassenkalk zu
erreichen vermag, und woraus sich leicht die Menge wirklich gewinnbaren Zuckers
berechnen läßt, werden wohl, abgesehen auch von allem Anderen, darthun, daß die
Dialyse mit Melassenkalk ungleich bessere Resultate gegeben hat als die Dialyse der
Melasse allein. Der Gedanke, eine Art dialytischer Batterien, entweder offen in Form
von schwimmenden Pergamentpapierschalen oder geschlossen in Form der Filterpressen
zu construiren, lag sehr nahe, und es bedarf wohl kaum der Erwähnung, daß er
ausgeführt wurde und entsprechend günstige Resultate lieferte.
Allein eine Anwendbarkeit der beobachteten Erscheinungen für die Fabrikpraxis ergab
sich daraus nicht, und zwar aus dem Grunde, weil das Pergamentpapier sich gegenüber den kalkhaltigen Säften als
nicht haltbar genug erwies. Trotzdem die verschiedensten Sorten probirt
wurden, und trotzdem die größte Sorgfalt bei der Behandlung angewendet wurde,
zeigten sich doch sehr bald, meist nachdem das Papier zweimal gebraucht worden,
Risse am Rande der Blätter und nahm dasselbe im Ganzen eine so mürbe Beschaffenheit
an, daß nothwendig der Schluß gezogen werden mußte, es eigne sich nicht für die Ausführung der Dialyse im Großen. Mögen in
dieser Beziehung in Frankreich auch andere Erfahrungen gemacht worden seyn, so ist
doch zu bedenken, daß die Dialyse ohne Anwendung von Kalk von geringem Erfolge bleibt und daß von den
beiden Uebeln also eines unvermeidlich zu seyn scheint. Erst wenn es gelingen wird,
eine dialytische Scheidewand von gleicher Wirksamkeit wie das Pergamentpapier, aber
von solcher Dauerhaftigkeit, wie sie die Fabrikpraxis unumgänglich nothwendig macht,
herzustellen, kann an eine lucrative Ausnutzung dieser Erscheinungen gedacht werden:
eine wirklich industrielle Anwendung der „Osmose“ der Melasse
ist aber außer den anderweiten entgegenstehenden Bedenken nach Stammer in verstärkter Weise hiermit als unwahrscheinlich erwiesen.
Endlich wurden auch andere Stoffe als Pergamentpapier versucht. Poröse Thonwände,
Thierblasen u. s. w. wurden angewandt, ohne daß Veranlassung vorläge, näher darauf
einzugehen. Von dichter Leinwand ließ sich bei der äußerst compacten Form, welche
man dem Melassenkalke geben kann, und welche sogar ein vorzugsweises Diffundiren der
fremden Bestandtheile ohne jede Zwischenmembran zuließ, erwarten, daß damit, wenn
auch nicht gleiche, so doch ähnliche Wirkungen wie mit Pergamentpapier sich erzielen
lassen würden. In der That ergab es sich, daß dieß der Fall und daß die
Beschaffenheit der Leinwand dabei von nur untergeordneter Wichtigkeit ist, so daß
bei der Auswahl des Stoffes die mechanische Festigkeit in den Vordergrund treten
konnte.
Es zeigte sich nun bei den betreffenden Versuchen, daß allerdings der Zuckergehalt
der ausgelaugten Lösungen, welche mittelst Berührung des Melassenkalkes in
geeigneter Form mit dem durch die Leinwand hindurchdringenden Wasser entstanden, ein
höherer war als bei den oben angeführten Beispielen, daß man aber recht wohl eine
Grenze innehalten konnte, bei welcher unter Aufgabe extremer Wirkungen doch noch
eine sehr gewinnversprechende Reinigung verbliebe. Unter den gegebenen Umständen
glaubte der Verf., einen Quotienten des Rückstandes von 80 Proc. und einen
Zuckerverlust in der abfließenden Lösung von 10 Proc. vom Gewichte der Melasse als
das Ausreichende hinstellen zu können und hoffte so, Producte zu erzielen, deren
eines direct zum Scheiden des Rübensaftes, das andere als Dünger verwerthbar sey und
das ganze Verfahren zu einem lohnenden machen würde. Vorläufige Versuche bestätigen
diese Ansicht, und es wurden die Arbeiten demnach längere Zeit hindurch mit
geeigneten continuirlich wirkenden Apparaten in größerem
Maaßstabe und unter den als günstigste erkannten Verhältnissen
ausgeführt.
Die Zusammensetzung der hierbei ununterbrochen ablaufenden Flüssigkeit, welche den
größeren Theil der fremden Beimischungen der Melasse enthielt, war hierbei in größerem Durchschnitte in 100 Theilen folgende:
Zucker
1,02
Kalk
0,23
sonstige Aschenbestandtheile
1,09
organischer Nichtzucker
1,10
–––––––––
3,44.
Ein Centner Melasse lieferte von solcher Lösung etwa 1000 Pfd., woraus sich die
erzielte Reinigung sehr leicht berechnen läßt. Die Asche enthielt im löslichen
Theile 77,6 Proc. kohlensaures Kali, außerdem schwefelsaures Kali, Chlorcalcium und
Chlornatrium, rührte also in der Hauptsache von organischsauren Kaliverbindungen
her, stellte aber auch einen großen Theil des Salzgehaltes der Melasse dar.
Der (scheinbare) Quotient des Rückstandes nach der Abscheidung des Kalkes stellte
sich auf 79–80 Proc.
Bei einer Probeverarbeitung dieses Rückstandes wurden im Ganzen 17 Proc. des
Melassegewichtes an Rohzucker von 92 Proc. (Polarisation auf Trockensubstanz) und 40
Proc. Syrup, mit Melasse etwa gleichwerthig, erhalten. Das Uebrige gieng in der
Lösung ab oder stellte effectiven Verlust dar.
Andere Versuche lieferten hiervon mehr oder weniger verschiedene Resultate; dieselben
waren zwar im Allgemeinen nicht von den dafür gehegten Erwartungen abweichend,
lieferten aber doch den Beweis, daß wenn man fabrikmäßig arbeiten, nicht zu hohe
Arbeitskosten verwenden, nicht zu viel Raum und ganz besonders nicht zu viel Zeit benöthigen wollte, der große Nutzen, welcher angestrebt
werden mußte, nicht zu erreichen war. Verbesserungen von
Apparaten, sorgfältigste Beobachtung aller durch den Verlauf der Arbeit an die Hand
gegebenen Vortheile, Innehaltung der besten Temperatur u. s. w. führten nicht dazu,
die Modificationen vermeiden zu lassen, welche Ausdehnung und unbedingt nothwendige
Beschleunigung der Arbeit gegenüber den Laboratoriumsversuchen hervortreten
ließen.
Dabei zeigte es sich endlich, daß die Beschaffenheit der aus dem Rückstände
fabrikmäßig dargestellten Producte den nach Maßgabe der von Zeit zu Zeit während der
Dialyse vorgenommenen Polarisationen zu erwartenden nicht
ganz entsprach, sondern wesentlich geringer ausfiel.
Kurz, auch diese Form der Melassendialyse mußte, wenigstens vorläufig, als
Fabrikarbeit aufgegeben werden, und damit glaubt der Verf. einen indirecten Beweis
gegen die allgemeinere Verwerthung der einfacheren
Melassendialyse oder Osmose gegeben. Wenn nicht einmal die Verfolgung der so
ausgesprochen aufgetretenen Thatsachen, und die Anwendung eines so entschieden
vervollkommneten Principes ein günstiges, der Ausbeutung fähiges Verfahren liefern
konnte — so müssen, meint
Stammer, ganz andere Beweise für die Trefflichkeit der
„Osmose“ vorgelegt werden, als sie bisher und namentlich in
den letzten Empfehlungen des Verfahrens beigebracht worden sind, ehe ein günstigeres
Urtheil über dasselbe Platz greifen kann.