Titel: | Die Triger'sche Fundirungsmethode mittelst comprimirter Luft. |
Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. XLIII., S. 212 |
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XLIII.
Die Triger'sche Fundirungsmethode mittelst comprimirter
Luft.
Triger's Fundirungsmethode mittelst comprimirter Luft.
Bei der Ausbeutung der Kohlenminen zu Chalonnes an der Loire stellte sich die
Nothwendigkeit heraus, in diesem Flusse selbst einen Schacht anzulegen. Triger, der Ingenieur des Bergwerkbesitzers de Las-Cases, kam auf die glückliche Idee, dem
Druck des äußeren Wassers einen gleichen Atmosphärendruck im Schachte entgegenwirken
zu lassen und dadurch das Wasser aus dem Schachte zu treiben.Man s. Triger's Abhandlung über seinen
Luftcompressions-Apparat zum Absinken von Bergwerksschachten und zu
anderen Arbeiten unter dem Wasser oder unter Wasser stehendem Sande, im
Jahrgang 1842 des polytechn. Journals, Bd.
LXXXIII S. 350.
Dieselbe Idee hatte, nach einer Schrift aus dem Jahre 1691:Maniére de conserver la flamme sous l'eau, der bekannte Papin, Professor der Mathematik zu Marburg. Diese Schrift
führt weiter aus, wie man in einer Taucherglocke mittelst comprimirter Luft den
Grund trocken legen kann, um unter Wasser zu bauen.
Triger ließ einen Blechcylinder von 4 Fuß 2½ Zoll
Durchmesser und circa 60 Fuß Höhe vertical im Fluß
aufstellen. An dem oberen Ende des Cylinders war ein Raum nach dem ganzen Durchmesser oben und unten durch
Wände abgeschlossen, so hoch, daß ein Mensch aufrecht darin stehen konnte. Dieser
Raum, die Lufschleuse, war mit Hähnen und Ventilen der Art versehen, daß die
mittelst einer Dampfpumpe comprimirte Luft bald in den Cylinder, bald in die
Luftschleuse eintreten konnte, unter einem Ueberdruck, der der Wassersäule von der
Oberfläche bis zur Sohle das Gleichgewicht hielt. Die Arbeiter traten zunächst in
die noch mit der äußeren Luft in Verbindung stehende Luftschleuse ein. Nachdem im
Cylinder der erforderliche Druck hergestellt war, wurde das Außenventil geschlossen,
und darauf das Gleichgewicht zwischen dem Cylinder und der Luftschleuse
herbeigeführt. In Folge dessen öffnete sich der Deckel des Mannloches nach dem
Cylinder und die Arbeiter konnten hinabsteigen. Beim Hinaufsteigen folgten die
Operationen in umgekehrter Reihenfolge auf einander. Die Arbeiter mußten also unter
einem Druck sich aufhalten, der den gewöhnlichen Atmosphärendruck bedeutend
überstieg. Dieser Umstand war scheinbar für die Arbeiter mit Gefahr verknüpft, und
Hr. Triger gibt in einer Denkschrift die Mittel an, diese
Gefahr zu beseitigen.
Um einer Explosion vorzubeugen, genügt es, die Cylindertheile vorher einer Probe zu
unterwerfen und Sicherheitsventile anzubringen. Durch eine Vorrichtung, welche den
Dampfkolben mit dem Kolben der Luftpumpe in geeignete Verbindung setzt, ist man im
Stande, den Druck eine bestimmte Grenze nicht überschreiten zu lassen. Außerdem sind
drei Manometer anzubringen, das erste bei der Dampfmaschine, das zweite im Schacht
bei den Arbeitern, das dritte außen an der Luftschleuse mit einer Allarmvorrichtung,
welche meldet, daß durch irgend einen Zufall das Manometer bei der Dampfmaschine
eine Ueberschreitung des nothwendigen Druckes im Schachte nicht anzeigt.
Eine zweite Gefahr kann aus der zu schnellen Ausschleufung entstehen, indem die
Arbeiter nach beendeter Schicht den von innen zugänglichen Hahn zu schnell öffnen,
um hinaus zu kommen. Es entstehen daraus für die Arbeiter heftige nervöse Schmerzen.
Ein nochmaliger Verschluß des Hahnes von außen gestattet dem Aufseher, das
Entweichen der Luft aus der Schleusenkammer auf einen bestimmten Zeitraum
auszudehnen. Anfangs normirte Triger diesen Zeitraum auf
drei Minuten, später auf sieben Minuten. Die nervösen Schmerzen der Arbeiter hörten
auf, selbst wenn letztere bis zu einer Tiefe von 93 Fuß hinabgestiegen waren.
Als Triger bei seinem ersten Schachte zu einer Tiefe von
mehr als 80 Fuß gekommen war und noch weiter hinab wollte, trug er Bedenken, die Arbeiter einem
Drucke von 3½ Atmosphären auszusetzen. Auf der Sohle befand sich eine
Sammelgrube, aus welcher ein Abflußrohr sich bis über den Wasserspiegel erhob. Das
Wasser war wegen des unzureichenden Druckes eine Zeit lang nicht abgeflossen, als
ein Arbeiter aus Ungeschick ein Loch in das Abflußrohr stieß. Augenblicklich strömte
das Wasser mit Heftigkeit aus, obgleich das Manometer einen Druck anzeigte, der über
eine Atmosphäre weniger betrug, als eigentlich zum Gleichgewicht nothwendig gewesen
wäre. Die Ausströmung währte so lange, als die untere Oeffnung der Röhre in das
Sumpfwasser tauchte, hörte auf, sobald dasselbe so tief gesunken war, daß die
Oeffnung nicht mehr hinein reichte, und begann wieder zu fließen, wenn das Wasser
genug gestiegen war, und so wiederholte sich das Spiel während der ganzen Dauer des
Abteufens.
Auf diese Weise gelangte Triger dazu, das Wasser höher zu
heben, als nach dem hydrostatischen Druck zu erwarten war, und er konnte unter einem
geringeren Druck arbeiten lassen, als er selbst anfänglich für nothwendig gehalten
hatte.
Die Verbesserungen, die Hr. Triger bei seinem
ursprünglichen Verfahren angebracht hat, bestehen daher in:
1) der Sicherheit gegen Explosionsgefahr,
2) der Regulirung des Ein- und Austrittes der Luft beim
Schleusen, so daß die nervösen Schmerzen und noch andere Belästigungen der Arbeiter
beseitigt werden,
3) dem genauen Gleichgewicht zwischen dem Luftdruck und dem
effectiv zu überwindenden Widerstand, ohne die Arbeiter dem vollen, der äußeren
Wassersäule entsprechenden Drucke auszusetzen.
Eine zur Prüfung der Triger'schen Fundirungsmethode
niedergesetzte Commission fügt der Denkschrift noch folgende Bemerkungen bei.
Explosionen haben fast immer den Tod der Arbeiter zur Folge. Die Probe auf den
doppelten Druck ist eine nützliche Maßregel, ebenso ein doppelter Verschluß des
Außenhahnes an der Luftschleuse. Die Einrichtung von Manometern ist ebenfalls
vortheilhaft.
Das zu schnelle Ausschleusen verursacht eine Temperaturerniedrigung, welche die
Arbeiter veranlaßt den Hahn zu weit zu öffnen, um nur schnell hinaus zu kommen. Die
Einwirkung auf den Körper ist je nach der Natur der Individuen sehr verschieden. Es
ist jedoch erfahrungsmäßig festgestellt, daß diese Einwirkung, sowie der Aufenthalt
in comprimirter Luft überhaupt, bei vorsichtiger Behandlung der Apparate keine
schädlichen Folgen haben. Die Arbeiter pflegen zu sagen: nur das Hinauffahren macht
Schmerzen Auch sind die Meinungen noch getheilt darüber, was schlimmer ist, eine zu schnelle
oder eine zu langsame Ausschleusung. Bei Douchy dauerte diese Operation bis 20
Minuten und es kamen zahlreiche Fälle von heftigem Unwohlseyn vor, während bei dem
Bau der Brücke über den Scorff bei Lorient Tausende von Arbeitern die Luftschleuse
in 30, sogar in 10 Secunden passirten, und nur zwei davon starben. Bei dem Unfall in
Bordeaux im December 1859 blieben sieben innerhalb eines explodirenden Cylinders
befindliche Arbeiter unverletzt; ein Beweis, daß selbst die momentane Ausdehnung der
Luft unschädlich seyn kann.
Triger versichert, daß bei einer Dauer der Ausschleusung
von 7 Minuten alle schädlichen Einwirkungen ausbleiben. Die Commission glaubt nicht,
daß sich eine bestimmte Regel für die Dauer der Ausschleusung feststellen läßt und
hält für gerathener, dieselbe nach der Constitution der Arbeiter einzurichten.
Von ärztlicher Seite werden folgende Vorsichtsmaßregeln empfohlen:
Ein wollener Anzug muß in einer nahe gelegenen, gut geheizten Stube zum Wechsel des
Arbeitsanzuges bereit liegen. Nach vollendeter Schicht müssen sich die Arbeiter vor
dem Ausfahren noch etwas verweilen, um sich abzukühlen, und nach dem Ausfahren sich
eine Zeit lang in der geheizten Stube aufhalten.
Es scheint aber zweckmäßiger zu seyn, die wollenen Kleider schon in der Luftschleuse
anlegen zu lassen, um die Arbeiter bei der eintretenden Abkühlung zu schützen.
Einige Aerzte haben eine Dauer der Ausschleusung angenommen, die mit der Tiefe der
Fundirung zunimmt, und zwar so, daß für jede Atmosphäre Ueberdruck eine Minute Zeit
der Ausschleusung gerechnet wird, jedoch nur bis zu einer Grenze von 2½
Minuten, welche für eine Abkühlung bis zum Gefrierpunkt genügt.
Bei den Bauausführungen in Frankreich sind fast überall Unglücksfälle vorgekommen,
aber im Verhältniß zur Zahl der beschäftigten Arbeiter doch nur sehr wenig.
Todesfälle ereignen sich sehr selten und nur bei allzu schwacher Constitution der
Arbeiter. Krankheitsfälle haben in der Regel nur zeitweise Arbeitsunfähigkeit zur
Folge. Explosionen entstehen fast nur durch Unvorsichtigkeit und sind durch die
genannten Hülfsmittel zu vermeiden.
Die Erklärung des vom Ingenieur Triger durch Zufall
gefundenen Hülfsmittels zum Entleeren des Sumpfloches ist folgende: Wenn der innere
Druck geringer wird, als zur Freihaltung der Cylinder nach hydrostatischen Gesetzen
erforderlich ist, beginnt das Wasser, je nach der Durchlässigkeit des Erdreiches, zu
steigen. Das Sumpfloch muß daher durch beständiges Pumpen entleert werden. Statt dessen
bringt Triger ein Abflußrohr an, welches vom Sumpfloch
bis über den Wasserspiegel reicht und mit einem Seitenhahn versehen ist. Das Wasser
steigt in dem Abflußrohr nur bis zu einer dem inneren Druck entsprechenden Höhe.
Sobald man aber durch den Seitenhahn Luft eintreten läßt, vermischt sich diese
schaumartig mit der darüber stehenden Wassersäule, welche dadurch leichter wird. Der
auf den unteren Wasserspiegel wirkende Druck ist nun im Stande, das Wasser der
Röhren hinaus zu treiben.
Dieses Mittel verdient sehr wohl bei ähnlichen Ausführungen berücksichtigt zu werden.
(Deutsche
Bauzeitung, 1868, Nr. 20.)