Titel: | Neue Methode der Silberprobe mittelst Sauerstoffgas; von Dr. A. Christomanos, Prof. der Chemie zu Athen. |
Autor: | A. Christomanos |
Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. LXXIX., S. 319 |
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LXXIX.
Neue Methode der Silberprobe mittelst
Sauerstoffgas; von Dr. A.
Christomanos, Prof. der Chemie zu
Athen.
Christomanos, Methode der Silberprobe mittelst
Sauerstoffgas.
Hat man einen gegebenen Bleiregulus auf seinen Silbergehalt zu untersuchen, so ist
man in manchen Fällen geneigter auf nassem Wege als im Muffelofen zu verfahren, da
die Heizung desselben und die Erzeugung der erforderlichen hohen Temperatur mit
Umständlichkeiten verbunden sind, durch welche oft die sonst prompten Resultate der
Silberprobe verleidet werden.
Erstlich muß, wenn nicht ein eigens hierzu bestimmter, gemauerter Ofen zu Gebote steht, der meist
thönerne Muffelofen die richtigen Dimensionen der Zugverhältnisse haben, muß der
Gang der Feuerung leicht regulirt werden können und die Muffel aus dünnwandigem
Thone gefertigt seyn; zweitens ist der Kohlenverbrauch nicht unbedeutend und die
Dauer eines solchen Ofens verhältnißmäßig eine kurze; drittens lohnt es nicht der
Mühe nur für eine Silberprobe die so beschwerliche
Kupellation im Ofen vorzunehmen, weßhalb man damit meist zuwartet bis mehrere Proben
auszuführen sind; endlich sind (mir wenigstens) viele Fälle bekannt, daß Chemiker,
die mit eigenen Augen den „Silberblick“ erhaschen wollten,
durch den jähen Temperaturwechsel, dem sie sich aussetzten, sich nicht selten
Erkältungen zugezogen haben.
Ich habe oft durch die Flamme des Bunsen'schen Gasgebläses
aus silberreichem Blei ein Silberkorn erhalten, dessen Reinheit (durch die Analyse
nachgewiesen) nichts zu wünschen übrig ließ, das aber stets etwas kleiner als das im
Ofen erhaltene ausfiel. In eine gewöhnliche Kapelle aus Knochenasche, die vorher
stark ausgeglüht worden, legt man den Bleiregulus, läßt ihn erst bei ganz kleiner
Flamme schmelzen und verstärkt sodann die Gasflamme bis das Blei zu treiben beginnt,
d. h. eine glänzende Oberfläche bildet, auf welcher rothe oder bunte Häutchen in
steter rotirender Bewegung begriffen sind. Entfernt man nun die Probe von der
Flamme, so läßt sich der Bleirauch deutlich erkennen. Man kann die Operation
beliebig unterbrechen; ein Erkalten der Probe schadet hier nicht, wie beim Verfahren
im Ofen, denn sobald sie wieder auf die erforderliche Temperatur gebracht wird,
beginnt regelmäßig das Treiben. Man erhitzt nun bei gemäßigter Temperatur, indem man
die Flamme fast senkrecht auf die Kapelle richtet, so daß das Blei in der Mitte des
Flammenkegels, d. h. fast ausschließlich im Luftstrom sich befindet, während die
denselben umhüllende Flamme besonders die Oberfläche der Knochenasche treffen und
diese glühend erhalten muß. Auf diese Weise vermindert sich das Bleikorn
augenscheinlich, das sich bildende Bleioxyd wird von der Knochenasche rasch
aufgesogen und endlich verschwindet es gänzlich. Nach dem Erkalten zeigt sich an
seiner Stelle ein Silberkörnchen in der Vertiefung einer kraterartigen Erhöhung von
gelbem Bleioxyde.
Dieses Körnchen nun ist, auf diese Weise dargestellt, stets etwas kleiner als es seyn
sollte. Es ist zwar dieser Fehler nicht groß, immerhin jedoch bedeutend, so zwar,
daß man diese Art des Abtreibens nicht anwenden darf, wenn es sich um eine
Genauigkeit von Procententheilen handelt. Aus nachstehenden Analysen ergibt sich
dessen Bedeutung. A, B und
C sind Bleisorten aus verschiedenen Bleiglanzen vom
Lauriongebirge in
Attika, D ist eine künstliche Legirung von 0,1 Gramm
chemisch reinem Silber und 20 Grammen chemisch reinem Blei.
Im Muffelofen fand ich im Mittel dreier Analysen:
A
0,15
Proc. Silber
B
0,372
Proc. Silber
C
0,88
Proc. Silber
D
0,50
Proc. Silber
während ich durch das Verfahren mit dem Gasgebläse nur zu
folgenden Zahlen gelangte:
A
0,125
Proc. Silber
B
0,302
Proc. Silber
C
0,815
Proc. Silber
D
0,481
Proc. Silber
Aus obigen Zahlen ergibt sich ein Verlust an Silber, das sich in dem kräftigen
Luftstrome zum Theil oxydirt, zum Theil verflüchtigt hat. Ich forschte dem
verschwundenen Silber nach, indem ich die mit Bleioxyd durchtränkten Kapellen
entweder mit Kohle reducirte oder in Salpetersäure kochte und auf Silber prüfte.
Weil ich aber auf diese Weise zu keinem befriedigenden Schlusse gelangte, wiederholte
ich das Abtreiben mit der silberreichsten Bleisorte in der Art, daß ich 10 Gramme in
einer Kapelle eine Zeit lang lebhaft treiben und sodann erkalten ließ; das übrig
gebliebene Blei brach ich sorgfältig aus und erhitzte es in einer neuen Kapelle
wieder eine Zeit lang, ließ wieder erkalten und wiederholte dieß noch viermal bis
zum Silberblick. Im Ganzen hatte ich sechs Kapellen verbraucht. Die fünf ersten
zeigten keine Spur Silber, in der letzten aber fand ich, nach dem Ausbrechen des
Silberkornes, beträchtliche Antheile davon in der Bleiglätte. Nach mehreren darauf
hinzielenden Versuchen kam ich in die Lage zu constatiren, daß auch in dieser
letzten Kapelle, in welcher sich der Silberblick gezeigt hatte, das verschwundene
Silber nicht in der ganzen Bleiglätte zu suchen sey, sondern nur in den nächsten,
das Silberkorn umgebenden Bleioxydschichten sich befinde. Daraus folgt also, daß das Silber nicht schon während der Oxydirung und
Verflüchtigung des Bleies sich oxydire, sondern nur dann, wenn es, schon
von allem Blei befreit, weiter erhitzt werde. Und wahrlich, als ich, um dieß zu
beweisen, gegen Ende des Treibens möglichst wenig erhitzte und nur mäßig blies,
erhielt ich ein viel genaueres Resultat, welches dem durch den Ofen erhaltenen fast
gleichkam.
Um ein Bleistück von 10 Grm. abzutreiben, braucht man beiläufig 20–25
Minuten.
Ein Uebelstand bei obigem Verfahren ist jedoch, daß man ohne Anwendung einer sehr
hohen Temperatur nicht zum Ziele kommt und daß durch dieselbe dem Silber jedenfalls
Gelegenheit geboten wird sich zu verflüchtigen oder zu oxydiren. Kann man daher die
erforderliche Temperatur erniedrigen, so ist mit Sicherheit anzunehmen, daß kein
Silberverlust stattfinden werde. Nun ist bekannt, daß das Blei im Sauerstoffstrome
sich schon beim Rothglühen, d. h. bei einer sehr niedrigen, den Schmelzpunkt des
Bleies nicht viel übersteigenden Temperatur entzündet und mit blauer Flamme zu
Bleioxyd verbrennt, bei einer Temperatur also, welche tief unter dem Schmelzpunkte
des Silbers liegt. Darauf gründet sich nun mein neues Verfahren, welches auch den
Vorzug besitzt in einer sehr kurzen Zeit bewerkstelligt werden zu können.
Eine lange Reihe von Versuchen ließ folgende Ausführungsweise als die
vortheilhafteste erkennen: Man bringt das zu probirende Blei, von welchem man sich
bequem 20 Grm. abwägen kann, in beliebiger Form in eine Kapelle aus Knochenasche,
welche man vor dem Gebrauche rasch in Wasser eingetaucht und erst schwach, sodann
bis zum Glühen erhitzt hatte, nachdem vorher auf ihrer Vertiefung fein gesiebte und
befeuchtete Knochenasche etwa 2 Millimeter hoch aufgetragen und aufgedrückt wurde.
Nun erhitzt man mit der vollen Kraft des Leuchtgasgebläses die Kapelle zum
Rothglühen, wodurch das Blei zum Schmelzen gebracht wird und stellt dann die Düse
des Gebläses so, daß der größere Theil der Flamme den Kapellenrand fast horizontal
treffen und glühend erhalten kann, während nur ein kleiner Theil des Flammenmantels
unter sehr stumpfem Winkel über das Blei zu streichen genöthigt ist.
Textabbildung Bd. 189, S. 321
Um die Kapelle während des Erhitzens bequem herumdrehen und in beliebige Höhen
bringen zu können, stelle ich sie auf ein einfaches Fußgestell aus Eisen, dessen
drei conisch zulaufende Eisenstäbchen a zur Aufnahme
größerer oder kleinerer Kapellen dienen und welches bei b mit einer Stellschraube versehen ist, um nöthigenfalls höher
gestellt werden zu können.
Ist nun die Kapelle vollkommen erhitzt und beginnt das geschmolzene Blei eine
glänzende, treibende Oberfläche zu zeigen, so ist der Augenblick gekommen
Sauerstoffgas zuzuführen.
Auf einem beliebig großen Gasometer mit Sauerstoffgas bringt man einen langen und
dünnen Kautschukschlauch an, der mit einem in eine feine Platinspitze zulaufenden
Messinghahn versehen ist. Durch Einstellen der Gasometerhähne und Oeffnen dieses
Hahnes erzeugt man einen Sauerstoffstrom, dem man durch die Führung des Hahnes mit der Hand jede beliebige
Richtung geben kann.
Man leitet also einen sehr schwachen Strom auf das treibende und immerwährend wie
angegeben erhitzte Blei und verstärkt ihn successive, während man zugleich die
Gasflamme soviel als thunlich verkleinert. Die treibende Bewegung wird dadurch eine
stürmische, während zugleich sich auch die blaue Bleiflamme zeigt; das Volum des
Bleies nimmt rasch ab und endlich bleibt nur noch ein glühendrothes Tröpfchen
zurück. Sobald dieses die Größe eines kleinen Schrotkornes erreicht hat, unterbricht
man den Sauerstoffstrom und fährt mit dem Gebläse in der Weise zu erhitzen fort, daß
nur der Luftstrom das Tröpfchen trifft, die Flamme aber die kleinstmögliche
Dimension angenommen hat, worauf in wenigen Secunden der Silberblick erfolgt.
Selbstverständlich ist es, daß während des Zuleitens von Sauerstoff die Kapelle,
durch stetes Drehen und Erhitzen mit der Gebläselampe, immer fast im Glühen zu
erhalten ist und daß man sich vor dem längeren Erhitzen des schon gebildeten
Silberkornes sorgfältig hüten muß. — Nun läßt man erkalten, bricht mit einer
Pincette das Silberkorn heraus und wiegt es oder, wenn es zu klein seyn sollte,
bestimmt man sein Gewicht mittelst des Plattner'schen
Maaßstabes aus der Länge seines Durchmessers.
Auf diese Weise erhielt ich aus 20 Grm. Blei schon binnen 5–10 Minuten ganz
erstaunliche Resultate. Das Silber verflüchtigt sich niemals in Form einer
Bleilegirung, sondern stets nur nachdem das flüchtigere Blei schon vollständig
entfernt ist; außerdem ist die angewandte Temperatur eine so niedrige, daß kein
Silberverlust stattfinden kann.
Ich erhielt also nach dieser Methode mit den oben erwähnten Bleisorten folgende
Ergebnisse:
A
0,15
Proc.
B
0,369
Proc.
C
0,877
Proc.
D
0,5
Proc.
Es hat die eben beschriebene Methode des Abtreibens vielleicht eine größere
Anwendungsfähigkeit als ich mir anfangs dachte; denn nicht bloß bei Silberproben,
sondern auch beim wirklichen Ausbringen des Silbers aus größeren Bleimengen fand ich
sie vortheilhaft und fast bin ich geneigt zu behaupten, daß sie auch im Großen
anwendbar sey.
Ich bereitete zu diesem Behufe einen Teig aus Knochenasche, Holzasche und Wasser,
drückte mit einer Abdampfschale eine runde Vertiefung in denselben, umgab ihn mit
glühenden Holzkohlen und blies in dieselben vermittelst eines Blasebalgs einen
kräftigen Luftstrom, um die Kapelle auszutrocknen und glühend zu machen. Allfällige
Risse verrieb ich mit feiner Knochenasche und einem Pistill. Sodann brachte ich
darin 2 Kilogr. silberreichen Bleies zum Schmelzen und leitete Sauerstoffgas darauf.
Ich erhielt auch hier mehrere schöne Silberkörner, die ich zu einem größeren
zusammenschmolz. Beim Erkalten wurden jedoch durch das sogenannte Spratzen
Silbertropfen umhergeschleudert.
Nimmt man eine Legirung von Antimon und Silber, so bleibt das letztere ebenfalls rein
zurück.