Titel: | Ueber die Bestimmung des Zuckers im Wein; von C. Stahlschmidt. |
Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. LXXXIII., S. 331 |
Download: | XML |
LXXXIII.
Ueber die Bestimmung des Zuckers im Wein; von C. Stahlschmidt.
Aus den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1868, Nr. 13.
Stahlschmidt, über Bestimmung des Zuckers im Wein.
Die im Folgenden beschriebene Methode der Zuckerbestimmung basirt auf dem zuerst von Gentele (im polytechn. Journal, 1859, Bd. CLII S. 68 und 139) angegebenen Verfahren, nach welchem der Zucker durch eine Lösung von
Ferridcyankalium in Kalilauge oxydirt wird. Die Eigenschaft einer solchen tauschen Lösung, sich durch den Traubenzucker leicht
braun zu färben, dann aber auch die Entstehung einer gelben Lösung von Ferrocyankalium, welche schwer von der grüngelben Lösung
des Ferridcyankaliums zu unterscheiden ist und endlich die Nichtanwendbarkeit der Gentele'schen Flüssigkeit zur Bestimmung des Zuckergehaltes im Wein, bestimmten mich das Verfahren auf folgende Weise abzuändern.
Anstatt einer Lösung von Ferridcyankalium in Kalilauge, benutze ich eine solche von Ferridcyankalium in Barytwasser. Um dieselbe
darzustellen, löst man eine gewogene Menge des gewöhnlichen käuflichen Salzes in Wasser auf, setzt Traubenzucker im Ueberschuß
zu, erhitzt zum Sieden, und läßt aus einer Bürette so lange Barytwasser zufließen, bis die Flüssigkeit vollständig farblos
geworden ist. Auf diese Weise hat man das Verhältniß des Barytwassers zum Ferridcyankalium bestimmt, und man hat nur nöthig,
die Gewichtsmenge des letzteren für ein bestimmtes Volumen des ersteren zu berechnen, um sich die Lösung für die Bestimmung
des Traubenzuckers darzustellen. Zweckmäßig ist es, einen geringen Ueberschuß von Barytwasser zuzusetzen und alsdann die Lösung
zu filtriren. Indem man dann eine gewogene Menge von reinem Traubenzucker, am besten 1 Grm. in 100 Kubikcentimeter Wasser
auflöst, und 10 K. C. davon noch Zusatz von etwas Wasser zum Kochen erhitzt und so lange die Ferridcyankaliumlösung zusetzt,
bis einige Tropfen derselben
die Zuckerlösung bleibend grüngelb färben, erhält man die Anzahl Kubikcentimeter der Ferridcyankaliumlösung für 0,1 Grm. Zucker
und somit die Zuckermenge, welche von 1 K. C. der Lösung angezeigt wird. Will man dann mit dieser Lösung den Zuckergehalt
irgend einer Flüssigkeit bestimmen, so erhitzt man letztere zum Kochen und setzt so lange die Ferridcyankaliumlösung zu, bis
die Farbe nicht mehr verschwindet. Bei ganz verdünnten Zuckerlösungen ist es gut, einige Tropfen Barytwasser nach und nach
zuzusetzen, indem diese die Reaction beschleunigen, zu viel desselben schadet jedoch der Reaction insofern, als dann weniger
Ferridcyankaliumlösung gebraucht, der Zuckergehalt dem entsprechend etwas zu niedrig gefunden wird. Es liegt auf der Hand,
daß ein zugesetzter Ueberschuß von Ferridcyankaliumlösung durch eine bekannte Zuckerlösung zurücktitrirt werden kann, wobei
man das Ende der Reaction gewöhnlich durch die vollständige Entfärbung der Lösung erkennt. Man kann auch nach dem Verfahren
von Braun der Flüssigkeit einen Tropfen Pikrinsäurelösung zusetzen und dann mit der bekannten Zuckerlösung zurücktitriren; in diesem
Falle wird die kochende Flüssigkeit durch den zugesetzten Ueberschuß von Zucker röthlich bis blutroth gefärbt. –
Man kann nun nicht ohne Weiteres mit der Ferridcyankaliumlösung den Zucker im Wein bestimmen, weil durch die freie Weinsäure
sowie durch den Weinstein in demselben ein Theil des Baryts abgestumpft, dann aber auch durch die Extractionsbestandtheile
desselben die Reaction hinsichtlich der Farbenunterscheidung benachtheiligt wird. Im Uebrigen haben sämmtliche Bestandtheile
des Weines keinen Einfluß auf die Reaction. Bei der Bestimmung des Traubenzuckers im Wein verfährt man deßhalb folgendermaßen.
20 K. C. des Weines werden zum Kochen erhitzt und hierauf mit Barytwasser übersättigt, wobei sich der Wein gelblich färbt.
Nach dem Zusatze desselben wird sofort Kohlensäure eingeleitet, wodurch die Flüssigkeit wieder farblos und der Ueberschuß
des Baryts abgestumpft wird. Das Ganze wird jetzt so lange gekocht, bis die freie Kohlensäure ausgetrieben ist, und dann mit
einer geringen Menge Beinschwarz versetzt. Nach zweiminutenlangem Kochen wird die Flüssigkeit abfiltrirt, die Kohle zweimal
mit wenig Wasser ausgekocht, dann mit kochendem Wasser einigemale ausgewaschen, die Flüssigkeit hierauf eingedampft und die
klare Lösung mit der Ferridcyankaliumlösung in geringem Ueberschuß versetzt. –
Nach Zusatz von 8–12 Tropfen Barytwasser wird mit der bekannten Zuckerlösung zurücktitrirt, wobei ein Tropfen der Pikrinsäurelösung
als letzter Wegweiser dienen kann. Versuche, welche wiederholt mit mehreren Weinen angestellt wurden, gaben genau übereinstimmende
Resultate, ebenso wurde der bekannte Zuckergehalt einer
Flüssigkeit, welcher Weinsäure, Essigsäure, Bernsteinsäure, Alkohol und Glycerin
zugesetzt war, ganz richtig und genau bestimmt.
Wegen der geringen Weinmenge, welche die Probe erfordert, nimmt dieselbe im Ganzen
nur ½ Stunde in Anspruch.