Titel: | Ueber die magneto-elektrischen Maschinen; von Jamin und Roger. |
Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. LXXXVIII., S. 353 |
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LXXXVIII.
Ueber die magneto-elektrischen Maschinen;
von Jamin und Roger.
Aus den Comptes rendus, t. LXVI p. 1100; Juni
1868.
Jamin und Roger, über die magneto-elektrischen
Maschinen.
In der vorliegenden Arbeit suchten wir die Gesetze der Erregung der Elektricität in
den magneto-elektrischen Apparaten herzustellen, und wir glauben dabei auch
zum Ziele gekommen zu seyn. Man kann die Formel für diese Maschinen festlegen, indem
man annimmt, daß sie durch die von einem Motor ihnen beigebrachte Kraft eine
bestimmte Quantität Wärme entwickeln, welche letztere durch einen elektrischen Strom
in den inneren und äußeren Widerständen regenerirt wird. Die einzige Frage, welche
also zu lösen ist, besteht darin, die Gesetze zu finden, von welchen die
entwickelten Wärmequantitäten einerseits abhängig sind, andererseits aber regenerirt
werden. Unsere MaschineBeschrieben im polytechn. Journal Bd. CLXVII S. 104 (Februar 1863) und Bd.
CLXXXVIII S. 425 (Juni 1868).
wurde bei der Gesellschaft l'Alliance construirt; sie
ist aus 6 rotirenden Scheiben oder Inductor-Systemen zusammengesetzt, wobei
in jedem Inductor die 16 Spiralen nach Spannung (nämlich hinter einander oder nach
Intensität) vereinigt sind und so einen Gesammtwiderstand R von 12 Windungen oder Umdrehungen (tours) des Rheostaten bilden. Diese Scheiben (oder
Inductor-Systeme) sind unter sich nach Quantität, also so vereinigt, daß sie
einen Elektromotor (oder Rheomotor) von 6 unabhängigen Maschinen darstellen, welche
ihre Elektricität der äußeren Kette (also dem Schließungsleiter) zuführen. Der
Gesammtwiderstand beträgt also R getheilt durch
6 oder 2 Windungen des Rheostaten. Man hat der Maschine Geschwindigkeiten
beigebracht, welche während einer jeden Reihe der Untersuchungen constant blieben;
dieselben variirten bei den verschiedenen Reihen von 350 bis 550 Umdrehungen in der
Minute. Die bewegende Kraft wurde erzeugt mittelst eines Gas-Motors nach dem
Hugon'schen SystemeBeschrieben im polytechn. Journal Bd. CLXXXVII S. 4 (Januar
1868). dessen Regelmäßigkeit nichts zu wünschen übrig ließ. Ein Zaum wurde bleibend an
der Hauptwelle angebracht, um die Kraft zu messen und dieselbe variiren zu lassen,
wodurch also auch die Wärme, welche bei der Maschine aufgewendet wurde, ermittelt
war. Die in den äußeren Widerständen erzeugte Wärme wurde mittelst eines
Calorimeters gemessen.
„Alle Untersuchungen haben gezeigt, daß die Anzahl C der Calorien der in einem äußeren Widerstände
x erzeugten Wärme zunächst mit diesem
Widerstände wächst, um hierauf wieder bis zu 0 abzunehmen, wenn der Widerstand bis
in's Unendliche zunimmt. Jene Zahl erreicht ein Maximum für einen Werth von x, der gleich R oder 12 Windungen des Rheostaten beträgt; sie ist exact dargestellt
durch die Formel
Textabbildung Bd. 189, S. 354
Nun weiß man, daß im Schließungsleiter einer Volta'schen
Batterie, dessen Widerstand x ist, und wobei der
innere Widerstand der Batterie R, die
elektromotorische Kraft der letzteren A ist, der
Wärmeeffect des hydro-elektrischen Stromes nach Joule ausgedrückt werden kann durch
C = x. i2
oder Textabbildung Bd. 189, S. 354
Die magneto-elektrische Maschine zeigt also bezüglich der Wärmewirkungen
dasselbe Verhalten wie der eben genannte hydro-elektrische Rheomotor, jedoch
mit dem wesentlichen Unterschiede, daß das R
nicht den inneren oder wesentlichen Widerstand bedeutet, welcher bei der gedachten
Anordnung der magneto-elektrischen Maschine R/6 ist, sondern den Widerstand darstellt, wie ihn jeder der Inductoren
der 6 Scheiben, welche gemeinschaftlich zur Erzeugung des Stromes verwendet werden,
für sich besitzt. Man kann also sagen, daß das Ohm'sche
Gesetz bei den magneto-elektrischen Maschinen seine Gültigkeit hat, jedoch
besteht die wesentliche Modification, daß die verschiedenen Scheiben oder
Inductor-Systeme eine gegenseitige Unabhängigkeit von einander erkennen
lassen, indem sie gleichsam ihre Ströme hinter einander in dem Schließungsleiter
auftreten lassen.“
„Es besteht übrigens zwischen der hydro-elektrischen Kette und unserer
Maschine noch ein anderer wichtiger Unterschied. Die Wärmemenge C1, welche eine
hydro-elektrische Kette während der Zeiteinheit liefert, ist proportional der
elektromotorischen Kraft und dem Gewichte des aufgelösten Zinkes, d. h. der Stromstärke,
so daß man hat
Textabbildung Bd. 189, S. 355
Soll wohl heißen: Textabbildung Bd. 189, S. 355 , worin natürlich A als constant
bleibend angenommen ist.
Der Referent.
Woraus hervorgeht, daß diese Wärme mit den Ordinaten einer
gleichseitigen Hyperbel variirt. Die magneto-elektrische Maschine scheint
eine Kette zu repräsentiren, welche ihre Wärme dem Motor verdankt, anstatt dieselbe
durch chemische Wirkungen erzeugen zu lassen, und man könnte daher glauben, daß die
Wärmequantität, welche sie liefert, nach demselben Gesetze variiren sollte. Dem ist
aber nicht so. Diese Quantität läßt sich repräsentiren durch den empirischen
Ausdruck
Textabbildung Bd. 189, S. 355
in welchem α und β constante Größen sind. Sie ist ein Minimum bei
x = o, d. h.
wenn der äußere Widerstand gleich o ist; sie nimmt
progressiv zu, bis sie gleich Textabbildung Bd. 189, S. 355 bei x = R + 2
α wird; sie nimmt ab bis zu β, wenn x unendlich wird, d. h. wenn die Kette offen
oder der Strom unterbrochen ist. Hieraus geht also hervor, daß wenn man den Zaum
ungeändert lassen würde, der Gang der Maschine sich in demselben Maaße verzögern
würde, in welchem der Widerstand zunimmt, bis der Werth von x gleich R +
2 α wird, um hierauf wieder an Geschwindigkeit zuzunehmen, wenn der äußere
Widerstand fortan continuirlich wächst.“
„Diese Gesetze lassen sich noch in einer anderen Weise der Prüfung
unterwerfen: Nach dem Experimente beträgt die gelieferte Wärmemenge Textabbildung Bd. 189, S. 355 ; um so viel muß daher die Arbeit T -
T′, welche der Motor bei geöffneter
Kette liefert, vermehrt werden, sobald der Widerstand x eingeführt wird. T - T′ dividirt durch das mechanische
Aequivalent der Wärme E repräsentirt daher die
von dem Motor abgetretene Wärme, oder y - β man hat also:
Textabbildung Bd. 189, S. 355
Hieraus läßt sich E berechnen. Unsere Experimente
haben mehr als 50 Werthe für E geliefert, welche
annähernd mit jenen übereinstimmen, die früher von Anderen gefunden worden sind.
— Die von dem
Motor empfangene Wärme Textabbildung Bd. 189, S. 356 erzeugt also in der äußeren Kette eine Quantität Textabbildung Bd. 189, S. 356 Nach dem Gesetze von Joule (u. A.) soll die in
dem Schließungsleiter regenerirte Anzahl von Calorien Textabbildung Bd. 189, S. 356 betragen; die Differenz dieser Größen, nämlich
Textabbildung Bd. 189, S. 356
repräsentirt sohin die unbenutzt verbrauchte Wärme. Unsere
Experimente haben gezeigt, daß diese zwei Drittel derjenigen beträgt, welche vom
Motor übertragen wird.“
„Die Divergenzen, welche wir oben bezeichnet haben, und die zwischen den
Gesetzen für die magneto-elektrische Maschine einerseits und die geschlossene
hydro-elektrische Kette andererseits bestehen, können durch eine Hypothese
erklärt werden, welche uns sehr wahrscheinlich erscheint: ein Theil der Wärme von
C″ welche nicht nutzbar gemacht wird,
wird zur Ueberwindung der passiven Widerstände aufgewendet und ist constant,
dieselbe sey mit M bezeichnet; ein zweiter Theil
aber bewirkt eine Reaction in den permanenten Magneten (dans
les aimants fixes) und ist auf experimentellem Wege unmöglich zu
präcisiren, aber sie wird durch eine Absorption von Calorien übertragen. Dieser
Theil nun ist variabel; nennen wir denselben C′″, so hat man
Textabbildung Bd. 189, S. 356
Es muß also zugegeben werden, daß diese Reaction mit dem Werthe von x zunimmt und ihr Maximum annimmt, wenn die Kette offen
ist.“
„Diese nunmehr anerkannten und verificirten Gesetze können wir nun auf die
einzige Anwendung, welche von jenen Maschinen (hier) gemacht wird, nämlich auf
das elektrische Licht, anwenden. Jedesmal, wenn ein
Regulator in die Strombahn eingeschaltet wird, verringert sich die
Geschwindigkeit der Maschine ebenso, wie dieß bei Einschaltung eines
Metalldrahtes stattfindet. Der Lichtbogen setzt dem Strome einen Widerstand x entgegen, welcher bestimmt werden kann,
wenn man die Anzahl der Windungen (oder Umdrehungen des Rheostaten) aufsucht,
welche in die Kette eingeschaltet werden müssen, um die Geschwindigkeit der
Maschine um denselben Betrag zu verringern. Dieses vorausgefetzt haben wir die durch den
Lichtbogen entbundene Wärme mit derjenigen verglichen, welche in diesem
Widerstände regenerirt wird, und dabei haben wir nun gefunden, daß beide
einander vollkommen gleich waren. Wir sind daher veranlaßt anzunehmen, daß die
beiden Kohlen der elektrischen Lampe nicht anders wirken wie ein Metalldraht,
und zwar sowohl durch die Wärme, welche sie regeneriren, als auch durch die
Verminderung, welche sie in der Stromstärke erzeugen.“
„Diese Wärme des Lichtbogens ist sehr schwach. Sie ist kaum so groß als
jene eines Gasbrenners, welcher 1 Liter Gas in der Minute verbraucht. Um aber
diese Wirkung zu erhalten, muß man in dem Hugon'schen
Gas-Motor 100 Liter Gas consumiren; die zur Wahrnehmung gekommene Wärme
überschreitet also nicht den hundertsten Theil der aufgewendeten. Obgleich sie
schwach ist, so concentrirt sie sich auf einen sehr beschränkten Raum, nämlich
auf die Kohlenspitzen, entwickelt hier eine enorme Temperatur und in Folge
dessen eine Lichtstärke, welche nahezu zweimal so groß wie jene ist, wenn jene
consumirten 100 Liter Gas direct verbrannt würden, und selbst viermal so groß
als letztere, wenn man Kohlenelektroden anwendet, die nach dem Verfahren von Carré präparirt sind.Ueber diese sogen. metallischen Kohlenelektroden ist nach den uns
vorliegenden Quellen (Comptes rendus, t. LXVI
p. 614, März 1868 und Les Mondes, t.
XVII p. 187, Juni 1868) bloß bekannt, daß dieselben mit
Metallpulver, wie Eisen, Antimon etc. präparirt werden und bei der
Benutzung im Regulator eine Lichtstärke liefern sollen, welche sich zu
jener der Elektroden aus Gaskohlen verhalte wie 1,69 zu 1, also eine
Vermehrung des Glanzes um mehr als ein Drittel. Durch Einführung von
Substanzen von größerer Leitungsfähigkeit, und welche leichter sich
verflüchtigen als die Kohle, sollen dergleichen Resultate erhalten
werden. Eine ziemlich große Anzahl von Salzen, namentlich jene von Kali
und Natron, sollen gleichfalls hierfür verwendet werden können, wenn mit
denselben die Kohlen im heißen Zustande getränkt werden; zur
Vergrößerung der Dauerhaftigkeit der Elektroden sollen dieselben mit
Borsäure versetzt werden, wodurch ihre Verbindung mit dem Sauerstoff der
Luft verhindert werde etc. — Wir möchten hier erwähnen, daß die
Versuche von Carré nicht neu sind; die seiner
Zeit von Casselmann ausgeführten
Untersuchungen (Poggendorff's Annalen. Bd.
LXIII S. 576) dürften dabei wohl in
Erinnerung gebracht werden.Der Ref. Was also einerseits in
beträchtlicher Weise an Wärme verloren wird, gewinnt man andererseits in
bedeutender Größe an Licht. — Dieses Resultat enthält nichts Paradoxes.
Die magneto-elektrische Maschine macht allerdings nur einen kleinen Theil
der absorbirten Wärme nutzbar, aber sie sammelt die in einem großen Raume
zerstreute, um sie auf ein kleines Volumen zu concentriren; sie nimmt sie bei
einer niederen Temperatur, um eine enorme Erhitzung der Kohlenelektroden zu
erzeugen; die Wärme befindet sich dabei im dunklen Zustande, um Licht zu
erzeugen; sie vermindert ihre Quantität, sie verändert ihre Natur; sie gibt
strahlende Wärme ab, welche geringe Bedeutung hat, während sie Lichtbündel
erzeugt, welche hohen Werth haben, und endlich nimmt sie die günstigste
Umwandlung an unter allen anderen Veleuchtungsquellen.“