Titel: | Anwendung der Elektricität zum Zünden von Ladungen in Feuerwaffen oder zum Abfeuern der Geschosse; von Le Baron und Delmas. |
Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. XCV., S. 370 |
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XCV.
Anwendung der Elektricität zum Zünden von
Ladungen in Feuerwaffen oder zum Abfeuern der Geschosse; von Le Baron und Delmas.
Im Auszuge aus dem Berichte von P. Schwäble in den Etudes sur l'exposition
de 1867 par M. Eug. Lacroix, Januar 1868, Nr. 15 S.
401.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI
Le Baron und Delmas, elektrische Flinte.
Bei einer früheren Gelegenheit haben wir in diesem Journale (Bd. CLXXXIII S. 409) den eigenthümlichen Vorschlag in
Erwähnung gebracht, nach welchem es unter manchen Umständen als zweckmäßig
erscheinen solle, die gebräuchlichen Abfeuerungsmittel bei Schießgewehren durch
elektrische Wirkungen zu ersetzen. Obgleich wir die Zweckmäßigkeit eines derartigen
Vorschlages aus mancherlei Gründen in Zweifel stellen müssen, so halten wir es doch
nicht für uninteressant, die Einrichtung einer Flinte, wie sie von Le Baron und Delmas construirt
wurde und welche den Zweck hat, die Kapseln, Zündnadeln u. s. w. zum Zünden der
Ladung zu ersetzen, hier vorzuführen, da jene elektrische Flinte wohl als Curiosität
auf der vorjährigen Pariser Welt-Ausstellung figurirte. Unsere Quelle sagt, daß jene
Einrichtung von den Genannten vielfach erprobt worden sey, und daß man dieselbe
sowohl bei Jagdgewehren, als auch bei kleineren und größeren Geschützen in Anwendung
bringen könne. Alle Bestandtheile des Apparates zur Erzeugung und zur Fortpflanzung
der Elektricität sind innerhalb des Gewehrkolbens angebracht. Das Bodenstück ist
hermetisch und zwar so verschlossen, daß kein Gas entweichen kann; jede Veranlassung
zu Zufälligkeiten sey unmöglich gemacht, während das Schießen viel schneller und
weit präciser ausgeführt werden könne, als bei den Percussions Gewehren.
Die ganze Einrichtung läßt sich aus Fig. 24, welche die
innere Anordnung der einzelnen Organe darstellt, und Fig. 25, wobei der Hahn
in versichertem Zustande sich befindet, ersehen. Die hierfür in Anwendung kommende
Batterie A (eine Kohlenzinkkette) wird mit
zweifachchromsaurem Kali angeregt; dieselbe ist mittelst eines bei B angeschraubten Deckels, welcher an dem Anschlage C geöffnet werden kann, verschlossen, und hier
mittelst einer Kautschukscheibe gegen Stöße versichert. Die Polardrähte ragen bei
E, E hervor und stehen hier in der Art mit den Enden
der Hauptrolle eines Inductionsapparates D in
Verbindung, daß der Stromunterbrecher etc. in der Kette sich befindet. Der Apparat
ist außerdem mit einem Condensator versehen. „Der Elektromagnet ist durch
den Hufeisen-Magneten F ergänzt; letzterer
ruht auf dem Unterbrecher und verhindert dessen Vibrationen, während die
Thätigkeit des Unterbrechers eintreten kann, sobald der Magnet von demselben
getrennt wird. Jener Magnet ist in ein Elfenbeinstück G eingelassen, welches ihn von dem Stäbchen H, durch das er arretirt wird, isolirt. Das Stäbchen H ist mit der Nuß J in
Verbindung, so daß dasselbe durch einen geringen Druck gegen den Knopf K gegen den Lauf hin etwas bewegt werden kann. Wenn
dieser Druck stattfindet, so gleitet das Stäbchen H
von dem Arretirungsarme L ab und trennt so den
Magneten von dem Unterbrecher; es kann hierauf der Inductionsfunke zu Stande
kommen. Durch den Druck der Feder gegen den unteren Theil der Nuß J nimmt das Stäbchen wieder die frühere Lage an,
sobald der Druck gegen den Knopf K aufhört, und
dieser seine normale Stellung wieder einnehmen kann. Um hierbei alle
Zufälligkeiten zu beseitigen, ist noch ein Stück N
angebracht, welches auf den Ring S gleitet, der die
Warze bedeckt. Dieses Versicherungsstück ist im Inneren mit einer Feder
versehen, die seinen Rückgang verhindert, und mit einem kleinen eisernen
Ansatze, der sich auf den unteren Theil der Nuß festsetzt, um das Oeffnen der
letzteren nicht eher möglich zu machen, bis ein Druck gegen den Knopf K stattfindet.“
„Von den beiden Leitungsdrähten O, P geht jener
von einem Ende der Inductionsspirale ans zu einer Verstärkung des Kolbens, und
die Metallwand selbst stellt dann die eine Leitung vor; der andere Draht P geht durch die Achse des Gewehres und endigt in
einem isolirenden Stücke R aus Elfenbein oder
Hartkautschuk, wo an denselben ein Platinscheibchen befestigt
ist.“
„Um dem Kolben die nöthige Verstärkung zu geben, ist derselbe mit
stählernen Umfassungen S und T versehen, welche mit der Unterplatte verbunden und in den Kolben
eingelassen sind. Innerhalb des Kolbens etc. sind stählerne Klauen an denselben
angebracht, durch welche die Schrauben gehen, durch welche die beiden Theile des
Gewehrkolbens mit einander verbunden sind, und wodurch das Trennen dieser Ringe
unmöglich wird. Die Patronenhülsen bestehen aus dünnen Cartons und sind von
Leinwand umgeben; am unteren Ende ist eine dicke Papierschicht angebracht, so
daß eine kleine Höhlung übrig bleibt, in welche der Zündsatz gebracht wird, und
in der Mitte der letzteren sind die Metallspitzen angebracht, zwischen welchen
der Funke zu Stande kommen soll. Die eine dieser Spitzen befindet sich im
Centrum der Patrone, die andere geht von einem kupfernen Ringe aus, welcher um
die Basis der Patrone gelegt ist. Das Laden der Waffe ist dann sehr einfach;
sobald nämlich die Patrone in die Flinte gebracht worden ist, wird immer die im
Centrum derselben befindliche Spitze mit dem Platinscheibchen in Contact
gesetzt, in welches der Draht P ausgeht, während die
mit dem kupfernen Ringe in Verbindung stehende Spitze durch jenen Ring mit den
Metalltheilen des Gewehres in Contact gebracht, wodurch die Verbindung mit dem
anderen Drahte, der von der Inductionsspirale ausgeht, von selbst hergestellt
wird.“
Die in unserer Quelle gegebene Beschreibung läßt einige Einzelheiten im Unklaren.
Jedenfalls ist das, was von Schwäble mit
„Elektromagnet“ bezeichnet wurde, der Eisenkern des
Inductionsapparates. Daß die Constructeure zum Arretiren des Unterbrechers einen
kleinen Hufeisen-Magneten gewählt haben, mag wohl darin liegen, um das
Abreißen der kleinen Ankerplatte und überhaupt das Schwingen der letzteren sicherer
zu machen als dieß bei dem gewöhnlichen federnden Anker der Fall ist, da ein
Adjustiren des federnden Armes in dem vorliegenden Falle wohl nicht ausgeführt
werden kann, ohne den Kolben abzuschrauben und außerdem die Spannkraft des federnden
Armes unter den vorliegenden Umständen aus manchen Gründen wesentlich alterirt wird.
— Im Uebrigen ist aber auch der Verfasser der Ansicht, daß die ganze
Anordnung höchstens für Jagdgewehre, kaum aber jemals für Kriegswaffen eine Nutzanwendung
finden dürfte, da die ganze Einrichtung viel zu complicirt ist und ihre Thätigkeit
nicht die Sicherheit gewährt, welche man, namentlich für ernste Fälle, schon von
vornherein voraussetzen muß. — Daß für das Abfeuern von groben Geschützen in
manchen Fällen, nämlich in solchen, wo das Zünden von gewissen Entfernungen aus
bewerkstelligt werden soll, mit Nutzen elektrische Wirkungen in Anwendung gebracht
werden können, muß jedenfalls zugegeben werden; für derartige Zwecke ist es aber
nicht nothwendig, an dem Geschütze selbst irgend welche Veränderungen einzuführen,
um elektrische Apparate innerhalb desselben anbringen zu können, sondern man kann
ganz dieselben Mittel benutzen, durch welche das Sprengen von Minen auf elektrischem
Wege ausgeführt wird.