Titel: | Die Vergleichung der Geschoßflugbahnen als Mittel zur Berichtigung des Luftwiderstands-Gesetzes. |
Autor: | Henry Darapsky |
Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. XCVI., S. 373 |
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XCVI.
Die Vergleichung der Geschoßflugbahnen als Mittel
zur Berichtigung des Luftwiderstands-Gesetzes.
Martin de Brettes, über das Luftwiderstands-Gesetz für
Geschosse.
Die Comptes rendus, 1868, t.
LXVI p. 657 enthalten auszugsweise eine Abhandlung
des Hrn. Martin de Brettes, betreffend die Verwendung der
Geschoßflugbahnen-Vergleichung zur Berichtigung des auf Geschosse bezüglichen
Luftwiderstands-Gesetzes. Derselbe sagt darin:
Setzt man den Luftwiderstands-Exponenten gleich n, so sind von zwei Geschossen, deren Radien gleich R1, R0, sowie deren
Dichtigkeiten gleich D1, D0
und endlich deren Anfangsgeschwindigkeiten gleich V01, V0 gesetzt
werden können, beim Bestehen der Gleichung:
Textabbildung Bd. 189, S. 373
die Flugbahnen dieser Projectile einander ähnlich und es
verhalten sich folglich die gleichliegenden Linien dieser Trajectorien, nämlich die
zugehörigen Schußweiten E1, E0 und Geschoßderivationen Δ1, Δ0, dann wie die Quadrate der
Geschoßanfangsgeschwindigkeiten, also:
Textabbildung Bd. 189, S. 373
während die Flugzeiten T1, T0 der Geschosse in einem solchen Falle
sich wie die einfachen Initialgeschwindigkeiten derselben verhalten und demnach die
Proportion:
T1/T0 =
V01/V0
besteht.
Um ein vermittelst der Formel Vn1 charakterisirtes Luftwiderstands-Gesetz durch
Schießversuche berichtigen zu können, hat man also:
1) unter demselben Richtwinkel zwei ähnliche Projectile aus zwei gezogenen Rohren
abzuschießen, deren Zugdrall-Längen den Kaliber-Radien der zugehörigen
Geschosse proportional sind, und dabei
2) die Initialgeschwindigkeiten, die Flugzeiten, die Schußweiten, sowie die.
Derivationsbeträge dieser Geschosse zu messen.
Bestehen zwischen den so erhaltenen, dem abgeführten Versuche entsprechenden
Maaßzahlen für irgend einen bekannten Werth n1, von n, obige
Bezeichnungen beibehalten, dann die Relationen:
Textabbildung Bd. 189, S. 374
Und
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so sind die Trajectorien der Versuchs-Geschosse
einander ähnlich und es ist n1 der Geschwindigkeits-Exponent des
Luftwiderstands-Gesetzes.
Zahlreiche auf dem Polygone ausgeführte Schießversuche haben aber zur Genüge
dargethan, daß für Senkschüsse, welche zwischen 200 und 1500 Meter Schußweite liegen
und mit 8 bis 24 Grad Depression abgegeben werden, beim Schießen mit 4 und resp. 12
Kilogrm. kalibrigen Kanonen der Luftwiderstand sehr merkbar mit dem Quadrate der
Geschoßanfangsgeschwindigkeiten zu- resp. abnimmt, und es sind die
betreffenden Schußverhältniß-Maaßzahlen dabei folgende:
Kaliberdurchmesser
der Granaten vonder Granaten von
124
Kilogrm.Kilogrm.
2R12R0
==
118 84
Millimet.Millimet
Gewicht
der Granaten vonder Granaten von
124
Kilogrm.Kilogrm.
P
1
P
0
==
11,5 4
Kilogrm.Kilogrm.
Verhältniß
der Geschoßkaliberdurchmesser 2R1/2R0
= 1,4047 der Geschoßdichtigkeiten D1/D0
= 1,05 der Rohrdrall-Längen H1/H0
= 1,338.
Von der geringen Differenz abgesehen, welche zwischen den Quotienten der
Kaliberdurchmesser- und Rohrdrall-Längen-Verhältnisse besteht,
lassen die betreffenden
Vergleichungsresultate sich, allgemein genommen, also feststellen auf:
I. Textabbildung Bd. 189, S. 375
II. Textabbildung Bd. 189, S. 375
III.
Textabbildung Bd. 189, S. 375
und substituirt man in diesen Formeln versuchsweise für n successive die Werthe 1,2,3, so erhält
man:
1) für n = 1 Werthe, welche erheblich von den
Resultaten der Praxis abweichen, es also unthunlich erscheinen lassen, die dem
Geschosse entgegentretenden Luftwiderstände einfach den Geschoßgeschwindigkeiten
proportional zu setzen. — Weiter erhält man
2) für n = 2 bei
Geschoß-Anfangsgeschwindigkeiten bis zu 240 Meter und Schußweiten bis zu 1200
Meter, Rechnungsresultate, welche mit den zugehörigen praktischen Feststellungen so
sehr übereinstimmen, daß innerhalb dieser Schußverhältniß-Grenzen die gegen
Langgeschosse der eben bezeichneten Geschütze auftretenden Luftwiderstände wohl
unbedenklich den Quadraten der Geschoß-Geschwindigkeiten proportional gesetzt
werden können, wogegen bei 1300 Meter Zielentfernung schon hiervon abweichende
Verhältnisse eintreten, und endlich erhält man:
3) für n = 3 Resultate, welche deutlich
nachweisen, daß für Schußweiten, die über 1300 Meter und
Geschoß-Anfangsgeschwindigkeiten die über 240 Meter hinaus liegen, der
Luftwiderstand mit einer höheren als der zweiten, nämlich nahezu mit dem Kubus der
Geschoßgeschwindigkeit wächst.
Leider sind die Schußtafeln zur Feststellung dieses dem Kubus der Geschwindigkeiten
entsprechenden Luftwiderstands-Gesetzes, welches von der
Schieß-Commission zu Metz aufgefunden, und dann von der
Marine-Artillerie adoptirt und schließlich von der belgischen Artillerie für
Geschoß-Anfangsgeschwindigkeiten, welche zwischen 250 und 400 Met. liegen,
verificirt wurde, noch nicht ausgedehnt genug; es dürfte diese Newton's mechanischem Theorem der Vergleichung entsprechende Anwendung der
Geschoßbahnen-Vergleichung aber jedenfalls dazu beitragen, die praktische
Wichtigkeit dieses von Bertrand als eines der einfachsten
und wichtigsten der Wissenschaft bezeichneten Theoremes von Neuem darzuthun.
Darapsky,Major der Artillerie.