Titel: | Ueber Feuquière's Verfahren zum Ueberziehen von Metallen mit Eisen und mit Zinn auf elektrochemischem Wege; Bericht von Bouilhet. |
Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. CXIX., S. 477 |
Download: | XML |
CXIX.
Ueber Feuquière's Verfahren zum Ueberziehen von Metallen
mit Eisen und mit Zinn auf elektrochemischem Wege; Bericht von Bouilhet.
Aus dem Bulletin de la société d'Encouragement, Mai
1868, S. 278.
Ueber Feuquière's galvanisches Ueberziehen der Metalle mit Eisen
und mit Zinn.
In der Sitzung der Société d'Encouragement vom 12. Juli
1867 legte Feuquières (89, rue de
Sèvres in Paris) Proben von cohärentem, auf
galvanoplastischem Wege dargestelltem Eisen, sowie von
Bleiblech vor, welches mittelst der Batterie mit
einer so starken und so fest anhaftenden Zinnschicht
überzogen worden war, daß es sich verwalzen und austreiben läßt ohne daß das Zinn
reißt.
Da Feuquières sein Verfahren geheim zu halten wünschte,
und dem mit der Prüfung desselben von Seite unserer Gesellschaft beauftragten
Ausschusse über die von ihm zur Erzielung der erhaltenen Resultate angewendeten
Mittel Näheres nicht mittheilte, so haben wir hier weder den technischen Werth
seiner Producte, noch deren Neuheit, sondern nur das Wesen der von ihm erhaltenen
Resultate und die Wichtigkeit welche nach dieser Richtung hin weiter verfolgte
Untersuchungen haben könnten, zu untersuchen.
Die galvanische Fällung von Eisen hat bereits einen interessanten Industriezweig
— das Verstahlen der Kupferplatten — hervorgerufen und heutzutage kommen fast gar
leine gestochenen Kupferplatten mehr vor, welche nicht vor dem Drucken dieser
Operation nach dem Verfahren von Salmon und Garnier unterworfen würden;Der französische Kupferstecher Joubert hat zuerst
ein Verfahren zu diesem Zweck erfunden und veröffentlicht; man s. polytechn.
Journal, 1861, Bd. CLX S. 446. mit
solchen Platten kann man eine weit bedeutendere Anzahl guter Abdrücke darstellen, da
ihre Dauerhaftigkeit beträchtlich vermehrt wird.
Indessen ist der bei diesem Verfahren gebildete Eisenniederschlag sehr dünn und diese
geringe Stärke der Stahlhaut ist sogar Bedingung des Gelingens und zwar nicht allein
in Bezug auf Schönheit der Abdrücke, sondern auch hinsichtlich der Natur des
Niederschlages selbst, denn wenn man bei Anwendung des gewöhnlichen Verfahrens die
Stärke des aus dem Bade auszufällenden Eisens zu vermehren sucht, beginnt dasselbe
sich in Schuppen abzulösen und nimmt eine blätterige Textur nebst einem gewissen
Grade von Sprödigkeit an, in Folge dessen es für diesen und andere Zwecke ganz
unbrauchbar wird.
Diese Brüchigkeit des auf elektrischem Wege erhaltenen Eisens benutzte Collas auf Anrathen von Ed. Becquerel zur Fabrication eines nicht unwichtigen pharmaceutischen
Präparates. Er stellt nämlich dieses Metall, wie Peligot
durch die Analyse nachgewiesen hat, im Zustande absoluter Reinheit dar und wendet zu
diesem Zwecke ein Bad von neutralem Eisenchlorür an, in welches eine Platte von
weichem Eisen als Anode getaucht ist, und eine Stahlplatte auf welcher der
Niederschlag sich absetzt. Dieser Niederschlag erreicht sehr bald die Stärke von 1
Millim., und wird dann aus dem Bade entfernt und in einem Mörser gepulvert.
Hiernach hat es den Anschein, daß die galvanische Ausfüllung von cohärentem dehnbarem
Eisen in starker Schicht mit Schwierigkeiten verknüpft ist.
Indessen hatte bereits i. J. 1846 Boch-Buchsmann zu
Siebenbrunnen bei SaarbrückenBulletin de la Sociétéd'Encouragement Februar 1846, S. 96; polytechn.
Journal Bd. C S. 75. der Société d'Encouragement eine auf galvanoplastischem Wege
in Eisen reproducirte gestochene Platte vorgelegt; dieselbe hatte ungefähr 12
Centimet. im Quadrat und 2 Millim. Dicke, und war von seinem Mitarbeiter Liet mittelst eines Bades von möglichst neutralem
schwefelsaurem Eisenoxydul dargestellt worden. Nach
Boch's Bemerkung hat sein gefälltes Eisen eine ganz
besondere Textur und weit größere Härte als gewöhnliches Eisen.
Das äußere Ansehen dieses uns zur Prüfung übergegebenen Metalles war ganz
befriedigend und hatte damals großes Interesse erregt. Es scheint indessen, daß die
Genannten ihre Untersuchungen nach dieser Richtung nicht weiter verfolgt haben.
Im Jahre 1846 empfahl BöttgerPoggendorff's Annalen der Physik und Chemie, Bd.
LXVII S. 117. polytechn. Journal Bd. XCIX S.
296. die Anwendung einer concentrirten Lösung von 2 Th.
Eisenvitriol und 1 Th. Salmiak zur Erzeugung eines galvanischen Niederschlage von
reinem glänzendem und compactem metallischem Eisen.
Im Jahre 1862 schickte Feuquières auf die Londoner
Welt-Ausstellung verschiedene kleine galvanoplastische Proben, welche die
Aufmerksamkeit der Jury (von Classe 31) erregten und von de
Longpérier, dem Berichterstatter, als „an
Feinheit die berühmten Berliner Eisengußwaaren weit übertreffend“
bezeichnet wurden.
Im Jahre 1867 brachte Feuquières ähnliche Producte auf die
Pariser Welt-Ausstellung, und dieselben erregten bei der Jury (von Classe 40)
ebenfalls lebhaftes Interesse. Es sind dieß dieselben Stücke, welche der Genannte
unserem Ausschusse zur Prüfung vorlegte.
Wir wollen nun im Folgenden den derzeitigen Standpunkt der Frage feststellen und die
Producte von Feuquière der Prüfung unterziehen.
Das auf galvanischem Wege niedergeschlagene Eisen reproducirt die feinen Details der
Formen, auf denen es sich absetzt, eben so genau wie das Kupfer; im Inneren hat es
ein verschiedenartiges Ansehen, je nach der Geschwindigkeit und Regelmäßigkeit mit
welchen der Niederschlag sich bildete; anstatt wie das Kupfer körnig und mit
warzenartigen Hervorragungen besetzt zu erscheinen, zeigt es im Gegentheil an seinem
hinteren Theile mehr oder weniger große Hohlräume, welche allem Anscheine nach durch
das Anhaften von Gasblasen entstanden, um die sich das Metall in Trichterform
abgesetzt hat; dieser Uebelstand kann und muß vermieden werden, denn wir besaßen
Proben, bei welchen diese Hohlräume fast ganz verschwunden waren.
Das specifische Gewicht des weichen Stabeisens beträgt 7,700; das des galvanischen
Eisens fanden mir zu nur 7,689; 7,587; 7,474; die geringste Dichtigkeit entspricht
dem fehlerhaftesten Metalle.
Sorgfältig gefälltes galvanisches Eisen ist härter als gewöhnliches Eisen. Es läßt
sich kalt hämmern, bricht aber bei länger dauernder mechanischer Einwirkung. Im
heißen Zustande läßt es sich schmieden; bei Luftabschluß ausgeglüht, nimmt es große
Geschmeidigkeit an und läßt sich dann kalt auswalzen.
Beim Erhitzen mit Holzkohle in einem geschlossenen Gefäße cementirt es sich, sogar in
solchem Grade daß es in Fluß geräth; es zeigt alsdann auf dem Bruche ein
roheisenartiges Ansehen. In cementirtem Zustande läßt es sich härten.
Durch sorgfältige Analyse mehrerer Proben haben wir uns überzeugt, daß sich dieses
Eisen in Säuren ohne Rückstand löst und daß es vollkommen rein ist; es zeigt jedoch
Abweichungen von gewöhnlichem weichem Eisen, denn nachdem es magnetisirt worden ist,
behält es den Magnetismus in auffallend starkem Grade bei.
Analog dem gewöhnlichen Schmiedeeisen verhält es sich bei der Behandlung mit
rauchender Salpetersäure passiv.
Das galvanische Eisen gestattet sehr vortheilhafte Verwendungen, von denen wir
folgende als die nützlichsten anführen.
In erster Linie steht der Ersatz der aus Kupfer bestehenden Clichés durch die aus
Eisen hergestellten, sowohl für die Xylographie, als für bewegliche Typen, für die
Reproduction von Kupferstichen, für die Platten zum Drucken von Banknoten,
Postmarken und Spielkarten.
Es ist nicht in Zweifel zu ziehen, daß die Anwendung von galvanischem Eisen, welches
das Kupfer an Härte bedeutend übertrifft, die Dauer der Clichés sehr vermehren und
daß namentlich für den Druck der Postmarken dieses Ersatzmittel sich als sehr
vortheilhaft erweisen wird.
Ferner machen wir aufmerksam auf die Verwendung des galvanischen Eisens zur
Anfertigung der Eisen und Fileten für Buchbinder und Fabrikanten künstlicher Blumen,
der Punzen für die Matrizen der Bijoutiers, Goldarbeiter, Graveure etc., für Zwecke
der Kunstschlosserei, der Fabrication von Luxuswaffen, sowie endlich zur
Reproduction von Renaissance-Kunstwerken in demselben Metalle welches
ursprünglich zur Anfertigung derselben verwendet wurde, was für Museen und
Sammlungen von Bedeutung seyn dürfte.
Was die Erzeugung cohärenter und dicker Niederschläge von Zinn anbelangt, so bestätigen die Proben von Feuquiéres die Möglichkeit, auch dieses Metall auf galvanischem Wege zu
fällen. Für das Verzinnen des Eisens und Kupfers haben Roseleur und Boucher schon vor längerer Zeit
das Problem durch Anwendung pyrophosphorsaurer Salze gelöstPolytechn. Journal, 1855, Bd. CXXXVIII S.
317. namentlich wendeten sie dieses Verfahren mit günstigem
Erfolge zum Verzinnen gußeiserner Poteriewaaren, sowie eiserner und kupferner oder
messingener Stecknadeln an; ein großartiges Geschäft dieser Art besteht jetzt zu
l'Aigle.
Im Jahre 1854 ließ sich Rémond ein Verfahren zur
Fabrication von galvanisch verzinntem Bleiblech für Kapseln und Emballagen
patentiren, und der Bulletin unserer Gesellschaft
enthält im Jahrgange 1862 (S. 48) eine Mittheilung über das Verfahren von G. Tosco Peppe zu demselben Zwecke.
Diese beiden letzteren Methoden haben indessen in commercieller Beziehung wenig
Erfolg gehabt, und dieß kann uns nicht verwundern, wenn wir berücksichtigen wie
leicht sich das Blei auf mechanischem Wege mit einer außerordentlich schwachen
Zinnschicht überziehen läßt, welche höchstens 2 Procent vom Gewichte des Bleies
beträgt.
Es hat demnach den Anschein, daß das galvanische Verzinnen des Bleies eine größere
industrielle Wichtigkeit nicht gewinnen könne; denn dasselbe erheischt ein schwierig
auszuführendes Reinigen der Bleiflächen und die Anwendung der Batterie, welche
kostspielig ist, sobald es sich um die Herstellung von Niederschlägen eines an sich
geringwerthigen Metalles für Gegenstände von einfacher Façon handelt.