Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. , S. 345 |
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Miscellen.
Miscellen.
Ueber Anwendung des Luftdruckes auf die Haustelegraphie; von
Fr. Koch in Berlin.
Die Haustelegraphie hat in neuerer Zeit nicht allein in öffentlichen Anstalten,
Hôtels etc., sondern auch in Privathäusern vielfache Anwendung gefunden. Wenn bisher
in den meisten Fällen der Elektromagnetismus zur Erzeugung der bewegenden Kraft
benutzt wurde und der elektromagnetische Telegraph bei sehr bedeutenden Entfernungen
auch stets den ersten Rang behaupten dürfte, so wird man doch zugeben müssen, daß
für die einfacheren Anforderungen, wie sie besonders in Privatwohnhäusern,
größtentheils aber auch in öffentlichen Gebäuden gestellt werden, auch der auf
Luftdruck basirte Telegraph sich zur Anwendung nicht minder empfiehlt, zumal hier
kein Nebenapparat zur Erzeugung der bewegenden Kraft erforderlich ist und die große
Einfachheit in den Constructionen aller Apparate bei gewissenhafter Ausführung eine
Abnutzung derselben kaum befürchten läßt. Es gehören bei richtiger Anlage —
und diese muß immer vorausgesetzt werden — Reparaturen zu den äußersten
Seltenheiten, so daß die Anwendung des Luftdrucktelegraphen ganz besonders auch da
in Betracht gezogen werden dürfte, wo die Hülfe eines erfahrenen Technikers nicht
gleich zur Hand ist, also z. B. auf dem Lande und in kleineren Städten. Von den
Luftdruckapparaten, die in Berlin seitens mehrerer Fabrikanten mit günstigem Erfolge
angefertigt werden, sind dem Verf. die des Hrn. Hugo Becker genauer bekannt geworden, deren System die in England und
Frankreich patentirte Erfindung eines Schweden, Namens Sparre, zu Grunde gelegt ist.
Mit dem Apparate, mittelst dessen das Signal hervorgerufen wird, steht eine
Röhrenleitung in Verbindung, an deren anderem Ende ein durch die im Rohr
hervorgebrachte Spannung in Bewegung gesetztes Hebelwerk das gegebene Signal zum
Ausdruck bringt. Es wird diese Spannung hervorgebracht entweder durch das
Herabdrücken einer elastischen Membran mittelst einer mit einem Knopfe versehenen
Metallscheibe, oder durch das Zusammendrücken einer an einem Gummischlauche
hängenden Gummibirne; des besseren Aussehens wegen sind beide — Schlauch und
Birne — mit Seide besponnen. Diese letztere Einrichtung wird ihrer
Aehnlichkeit mit gewöhnlichen Klingelzügen, resp. ihrer leichten Handhabung wegen,
vorzugsweise über Betten und Sophas angebracht. An Hausthüren, Corridorverschlüssen
etc. kann statt der beiden oben genannten Einrichtungen das zu gebende Zeichen auch
mittelst eines gewöhnlichen Klingelzuges oder eines Knopfes durch Zug bewirkt
werden, indem hierbei durch ein einfaches Hebelwerk eine Uebertragung der Kraft auf
den Apparat, welcher die Spannung in dem Rohre hervorzubringen hat, stattfindet.
Der zeichengebenden Apparate, welche gegenwärtig zur Verwendung kommen, gibt es
hauptsächlich drei:
1) Der sog. Rufapparat (mit und ohne Rückantwort), in welchem einzelne Schläge gegen
eine Glocke gegeben werden.
2) Ein größerer Apparat, in welchen die Röhren aus verschiedenen Theilen eines
Gebäudes, resp. einer Wohnung münden. Das in irgend einem Zimmer durch Herabdrücken
der Membran oder auf andere Weise hervorgerufene Zeichen wird durch einen
Glockenschlag angezeigt; gleichzeitig aber entblößt ein herabfallender Schieber den
Namen oder die Nummer des Ortes, von dem das Zeichen ausgieng.
3) Der Weckerapparat. Ein einmaliger Druck behufs Erzeugung der Luftspannung in der
Röhrenleitung setzt einen Wecker in Bewegung, welcher so lange forttönt(wenigstens
auf eine Zeitdauer von 10 bis 12 Minuten), bis er durch Drehung eines Hebels in Ruhe
gesetzt, zugleich aber hierdurch zur neuen Thätigkeit vorbereitet wird.
Der Druck der Luft, welcher in dem Rohrsystem hervorgebracht werden muß, um die
vorerwähnten Apparate in Bewegung zu setzen, ist nicht bei allen derselbe. Er wurde
mittelst eines Ouecksilbermanometers gemessen und ergaben sich hierbei folgende
Resultate:
ad 1) Beim Rufapparat
1 1/16
Zoll
ad 2) Bei dem größeren combinirten
Apparat
1¼
Zoll
ad 3) Beim Weckerapparat
⅝
Zoll
Die Spannungen der Luft, welche bei Anwendung eines gewöhnlichen Knopfes als
Druckapparat in der Rohrleitung überhaupt zu schaffen möglich sind. waren bei
verschiedenen Rohrlängen, mit dem Manometer gemessen, folgende:
Bei einer Rohrlänge von
60
Fuß
=
5 ⅛
Zoll
Bei einer Rohrlänge von
90
Fuß
=
3 ⅞
Zoll
Bei einer Rohrlänge von
140
Fuß
=
2 ¾
Zoll
Bei einer Rohrlänge von
240
Fuß
=
1 ⅞
Zoll
Bei einer Rohrlänge von
340
Fuß
=
1 ⅜
Zoll
Die letztere Entfernung dürfte in den meisten Fällen wohl
nicht erreicht werden. Es geht aus der Vergleichung der beiden vorstehenden
Resultate hervor, daß sämmtliche Apparate bei der gewöhnlichen Entfernung, selbst
bei Längen bis über 300 Fuß, mittelst eines leicht zu handhabenden Druckknopfes in
Thätigkeit gesetzt werden können.
Die vorstehend aufgeführten Zahlen lassen erkennen, daß die Spannung der Luft, welche
in den Röhren erzielt werden kann, den Druck, welcher erforderlich ist, um die
verschiedenen Apparate in Bewegung zu setzen, in den meisten Fällen weit übertrifft.
Deßhalb ist die Combination mehrerer Apparate und deren gleichzeitige Wirkung
mittelst eines einzigen Druckes ermöglicht.
Eine solche Verbindung mehrerer Apparate ist besonders da zu empfehlen, wo die
angerufene Person sich nicht immer in einem bestimmten Raume aufhält, oder da, wo
verschiedene Personen gleichzeitig benachrichtigt werden sollen. Solche Fälle treten
ein in Krankenhäusern, Gasthöfen etc. In letzteren gestattet die vorerwähnte
Combination eine mit den Rufapparaten gleichzeitige Thätigkeit der sogenannten
Controlapparate, welche gewöhnlich in der Portierloge aufgestellt werden. (Deutsche
Bauzeitung, 1868, Nr. 17.)
Ueber den Keßler'schen
Schmierapparat für Cylinder und Schieberkasten an Locomotiven etc.
Herr Maschinenmeister Schauwecker sagt bei Besprechung
seines Oeltropf-Apparates für Dampfschieber und Kolben im ersten Juliheft
1868 des polytechn. Journals, der Keßler'sche Apparat
schmiere nur den Kolben; der Schieber wird aber ebenso geschmiert wie der Kolben
(wir verweisen auf die Beschreibung dieses Apparates im Polytechn. Journal, 1867,
Bd. CLXXXIII S. 340). — Ferner sagt Hr. Schauwecker, daß seit der kurzen Zeit der
Veröffentlichung seiner Erfindung von seinen Apparaten an Private mehr abgesetzt
worden seyen als Keßler'sche Zeit von zwei Jahren. Wir
haben aber binnen zwei Jahren nahezu 5000 Keßler'sche
Apparate abgesetzt und darunter mehr an Private als Hr. Schauwecker überhaupt von seinen Apparaten verkauft hat.
Frankfurt a. M., den 1. August 1868.
Wirth und Comp.
Ueber neuartige Uhren, die durch das Auf- und Zumachen
des Uhrdeckels aufgezogen werden; von Carl Swoboda.
Es ist nicht zu verkennen, daß unsere Taschenuhren in gewisser Richtung mit den
Schießgewehren einen Vergleich aushalten. Wir können ganz und gar die
mittelalterliche Muskete mit der alten Nürnberger Taschenuhr, das französische
Steinschloßgewehr mit der einst für zierlich gehaltenen Spindeluhr und das neuere
Kapselgewehr mit der Cylinder- oder Ankeruhr in eine Parallele stellen. Alle
diese genannten Uhren sind unter den Taschenuhren das, was die Vorderlader unter den
Schießgewehren; bei ersteren ist der Schlüssel, bei letzteren der Ladstock ein
unentbehrliches Hülfswerkzeug.
Wenn wir uns jedoch unter den bis jetzt zu Markte gebrachten Uhren umsehen, so suchen
wir unter denselben vergebens ein Seitenstück zu den Hinterladern:Ein solches sind doch wohl die seit Jahren bekannten Remontoirs, welche durch Umdrehung eines Knopfes am Bügel
aufgezogen und auch gerichtet werden können. erst der St.
Pöltener Uhrmacher Deuwagner war es, welcher das fehlende
Glied in der Reihe ergänzte.
Es war im August 1865, als Hr. Deuwagner mir das Wesen
einer solchen Uhr mittheilte, welche einen Schlüssel beim Aufziehen überflüssig
machte: die Uhr war, was den Aufziehmechanismus anbelangt, Handarbeit. Ich fertigte
damals auf Ersuchen des Hrn. Deuwagner Zeichnungen der
Uhr zum Zwecke der Privilegiumsbewerbung an; es mußten jedoch drei Jahre vergehen,
bis solche fabrikmäßig erzeugte Uhren ihren Weg in's Publicum finden konnten. Hr.
Deuwagner hat nämlich an dem Chef der Firma Robert
Theyrer und Sohn in la Chaux des fonds (Schweiz bei Neuenburg) einen Käufer
gefunden, der die fabrikmäßige Erzeugung der genannten Uhr auf eigene Rechnung
übernommen.
Was nun den eigentlichen Aufzieh-Mechanismus der Deuwagner'schen Uhr anbelangt, so will ich die Beschreibung desselben, so
weit es ohne Zeichnung angeht, in gedrängter Kürze folgen lassen: „Am
Gehäusedeckel einer Savonette-Uhr ist ein Hebel angebracht, der mittelst
einer Spange mit einer zweiten hebelartigen Vorrichtung in Verbindung steht;
letztere Hebelvorrichtung ist am Ende mit Zähnen versehen, die in das
Federhausrad eingreifen. Beim Zumachen des Uhrdeckels wird das Uhrwerk um ein
bestimmtes Stück aufgezogen: beim Aufspringen des Deckels gleiten jedoch die
Zähne der erwähnten Hebelvorrichtung über die Zähne des Federhausrades hinweg.
Es sey hierbei erwähnt, daß ein sechsmaliges Aufspringenlassen des Uhrdeckels
hinreicht, die Uhr für 24 Stunden aufzuziehen. Wird jedoch die Uhr während des
Tages öfter als sechsmal aufgemacht, so fangt der Aufziehmechanismus au, leer zu
gehen, die Uhr erleidet somit keinen Schaden.“
Ein Einwand, der gegen diese Uhren gemacht werden könnte, wäre der: wird die Uhr auch
fortgehen, wenn man dieselbe an der Wand hängen läßt? Dieselbe wird dann allerdings stehen bleiben;
es läßt sich dann aber auch erwiedern, daß die besagte Uhr keine Wand-,
sondern eine Tafchenuhr ist. Derjenige, welcher eine derartige Taschenuhr besitzt,
und nicht darauf sieht, constatirt eben, daß er keiner Uhr bedarf; einem solchen
Uhrinhaber würde auch jene vielhäutige Pflanze in der Westentasche genügen, welcher
der semitische Volksstamm in Galizien so sehr huldigt. Mit einem Worte: die
besprochene Uhr ist nur dann dienstbar, wenn man ihrer Dienste bedarf, d. h. wenn
man auf dieselbe sieht. (St. Pöltener Bote.)
Ueber verschiedene Anwendungen der Kieselguhr oder
Infusorienerde; von C. Puscher.
Die Kieselguhr wurde bekanntlich zuerst von Liebig zur
Wasserglas-Fabrication in Vorschlag gebracht. Als weitere Anwendungsweisen
derselben sind zu empfehlen: 1) Zusatz der Kieselguhr beim Modelliren in Thon; wird
letzterer, soweit es seine Plasticität zuläßt, mit der zarten Kieselguhr vermischt,
so bekommen die Modelle weder beim Trocknen, noch beim nachherigen Brennen Sprünge;
dieses Verfahren ist daher auch den Hafnern sehr zu empfehlen. 2) Um das schnelle
Abtropfen Des Siegellackes beim Siegeln zu verhüten, müssen demselben außer der
nöthigen Farbe auch noch andere mineralische Zusätze gegeben werden, die aber so zu
wählen sind, daß sie die Farbe möglichst wenig verdecken. Seither wurden zu diesem
Zwecke hauptsächlich gemahlener roher Gyps oder Schwerspath verwendet. Ersterer
enthält aber 20 Proc. Krystallwasser, welches beim Siegeln durch schaumiges,
ungleiches Abtropfen sehr störend ist, während entwässerter oder gebrannter Gyps zu
viel Farbe consumirt. Schwerspath hätte diese Uebelstände nicht, allein durch sein
hohes specifisches Gewicht wird das Volumen der Siegellackstange zu sehr
beeinträchtigt; dagegen besitzt die fast wasserfreie Kieselguhr alle erforderlichen
Eigenschaften und würde durch Vermischung mit Schwerspath, um ihr geringes spec.
Gewicht zu moderiren, ein richtiges Zusatzmittel für die Siegellacke abgeben. 3)
Besondere Vorzüge besitzt die Kieselguhr als Polirmittel für Metalle und zwar theils
wegen ihrer Billigkeit und weißen Farbe, theils dadurch, daß sie nicht, wie Kreide,
das Polirroth etc. schmiert. Außerdem müßte sich die Kieselguhr noch sehr gut statt
des Gypses zum Abschleifen des Polirgrundes eignen. 4) Als Formsand benutzt
übertrifft die Kieselguhr durch ihre zarten Abdrücke alle anderen Sandarten.
Zu beziehen ist die Kieselguhr als ein äußerst zartes weißes Pulver von Joh. Effmann in Werden a. d. Ruhr zum Preis von 1¾ fl.
pro 100 Zollpfund. (Bericht des Gewerbevereins in
Nürnberg 1868.)
Ueber die Salzproduction und den Salzverbrauch in den
Vereinigten Staaten von Nordamerika.
Im Jahre 1858 stellte sich die Production und der Consum von Kochsalz in den
Vereinigten Staaten in folgender Weise heraus:
New-York producirte
7 000 000
Bushels (à 70 Pfd. engl.)
Ohio producirte
4 000 000
Bushels (à 70 Pfd. engl.)
Virginien producirte
1 900 000
Bushels (à 70 Pfd. engl.)
Pennsylvanien producirte
1 000 000
Bushels (à 70 Pfd. engl.)
Kentucky producirte
250 000
Bushels (à 70 Pfd. engl.)
Florida producirte
100 000
Bushels (à 70 Pfd. engl.)
Texas producirte
25 000
Bushels (à 70 Pfd. engl.)
Massachussets producirte
15 000
Bushels (à 70 Pfd. engl.)
Michigan producirte
5 000
Bushels (à 70 Pfd. engl.)
Illinois producirte
5 000
Bushels (à 70 Pfd. engl.)
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
im Ganzen
14 300 000
Bushels
außerdem wurden vom Auslande importirt
17 165 000
Bushels
–––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
also Gesammtverbrauch
31 165 000
Bushels
gleich 881 020 Tonnen.
Statistische Nachrichten bezüglich der jetzigen Production fehlen.
Virginiens Salzerzeugung hat sich in Folge der wiederholten Zerstörungen der Werke
während des Krieges sehr verringert; wohingegen Michigan mehr erzeugt hat, im Jahr
1866 nämlich 60 000 Bushels grobes (solar salt) und 1
650 000 Bushels feines Salz, im Ganzen 1 710 000 Bushels, gegen das Vorjahr 1865 um
400 000 bis 450 000 Bushels mehr.
Aus Großbritannien und Irland wurden die nachstehenden Salzmengen in die Vereinigten
Staaten importirt:
im Jahr
1862
147 302
Tonnen im Werthe von
44 044
Pfd. Sterl.
im Jahr
1863
69 181
Tonnen im Werthe von
26 977
Pfd. Sterl.
im Jahr
1864
86 208
Tonnen im Werthe von
36 623
Pfd. Sterl.
Nach New-Orleans allein wurden eingeführt:
1857–58.
1858–59.
1859–60.
aus England
669 873
640 866
852 324 Säcke
aus Westindien (von Turks Island)
168 557
183 935
368 620 Sacke
Der Sack enthält etwa 210 Pfd. oder ungefähr 3 Bushels. — Nach 1860 wurden die
normalen Verhältnisse durch den Krieg gestört und sind bis jetzt noch nicht völlig
Wieder hergestellt.
H. H.
Ueber ein vorzügliches Bindemittel für Pappe, Leinwand und
Leder; von C. Puscher in Nürnberg.
Als das beste Bindemittel für Pappe, Leinwand und nasses Leder ist die im Handel
unter dem Namen Pflanzenleim vorkommende, fast nur aus
Kleber bestehende Leimsorte zu empfehlen. Dieselbe hat im Aeußeren Aehnlichkeit mit
gewöhnlichem Leim. ist spröder als dieser, hat aber vor diesem den großen Vorzug,
schon in kaltem Wasser aufzuweichen und sich damit zu einem je nach der benutzten
Wassermenge mehr oder weniger dicken Bindemittel zu vereinigen. Man überschüttet den
Leim mit kaltem Wasser, überläßt ihn 10–12 Stunden der Ruhe, entfernt hierauf
das überstehende Wasser und erhält so einen dicken, weißen Brei von außerordeutlich
starker Bindekraft, der sich mittelst eines Pinsels sehr gut auf Leder, Leinwand und
Papier auftragen läßt, nicht durchschlägt, beim Trocknen eine durchscheinende,
glänzende Oberfläche wie gewöhnlicher Leim erzeugt und sich auch durch Zusatz von
Alkohol oder einigen Tropfen Lavendelöl oder Kreosot längere Zeit ohne Zersetzung
aufbewahren läßt. Spitta in Nürnberg liefert diesen Leim
zu 20 kr. pro bayr. Pfund. Der Pflanzenleim verdient
wegen der erwähnten Eigenschaften die höchste Beachtung; so würde er, mit höchst
kleinen Mengen Glycerin vermischt (20 Tropfen auf 2 Loth Leim), um ihm seine
Sprödigkeit zu nehmen, dem theuern arabischen Gummi bei Verwendung an Briefmarken,
Etiquetten etc. vorzuziehen seyn und, da er nicht durchschlägt, auch zum Einleimen
des Bleies bei der Bleistiftfabrication dienen können. Werden diesem Leime noch
einige Tropfen Salpetersäure hinzugefügt, oder wird derselbe statt mit Wasser mit
gewöhnlichem Essig angemacht, so leistet er vortreffliche Dienste zum Befestigen von
Holz an Metall, wie z. B. bei den Patentstiften. Gebrannter Gyps, mit diesem Leime
zu einer knetbaren Masse angemacht, erhärtet erst nach 1 1/2–2 Stunden zu einer nach dem Trocknen sehr harten und zähen
Masse. Mit mehr Leim vermischt, ersetzt dieses Bindemittel den bekannten, aus
gebranntem Gyps und Gummi arabicum bereiteten Kitt. Will man die Bindekraft dieses
Leimes noch erhöhen, so vermische man den dicken Leim mit einer Lösung von Kautschuk
in Schwefelkohlenstoff oder mit echtem Vogelleim (Mistelleim).
Würde dem mit Glycerin vermischten Pflanzenleime noch eine Auflösung von
Ammoniakgummi in Spiritus hinzugefügt, da sich Spiritus mit demselben in jedem
Verhältniß mischen läßt, und mit dieser Mischung Leinwand mittelst eines Pinsels
überstrichen, so würde man das Heftpflaster damit ersetzen können und ein viel
haltbareres Product bekommen. (Bericht des Gewerbevereins in Nürnberg 1868.)
Ueber das Perlmutterpapier.
In meiner Mittheilung über die Anfertigung des Perlmutterpapieres (Papier de nacre) im polytechn. Journal Bd. CLXXXIII S.
475 (zweites Märzheft 1867) ist irrthümlich Hr. Richter in Paris als erster Fabrikant desselben bezeichnet. Der Erfinder
und erste Verbreiter dieses schönen Papieres ist Herr Carl Sticht aus Schwabach (bei Nürnberg).
C. Puscher.
Versuche mit Rosolsäure von Dr A.
Adriani.
Zunächst in der Absicht, aus käuflicher Rosolsäure, welche in England unter dem Namen
„Aurine cake“ in den Handel
kommt, Oelfarben für die Malerei zu gewinnen, stellte Dr. A. Adriani (Chemical
News Juli 1868, S. 17) Versuche an, bei denen er allerdings keine für den
beabsichtigten Zweck brauchbaren Farben erhielt, aber in anderen Beziehungen zu
interessanten Resultaten gelangte. Als Oelfarben waren die verschiedenen Farbstoffe
deßhalb nicht zu verwenden, weil sie beim Vermischen selbst mit ganz klarem
Lein-, Nuß- oder Mohnöl sämmtlich eine dunkle, steinrothe Farbe
annahmen. Die von Runge entdeckte Rosolsäure, die durch
Oxydation von Carbolsäure erhalten wird, ist eine dunkle, amorphe feste Substanz mit
grünlichem Lüstre, die ein rothes oder bei sehr feiner Vertheilung ein orangerothes
Pulver gibt; sie bäckt bei 15° C. zusammen und schmilzt bei 100° C. zu
einer fast schwarzen Masse, ist nicht flüchtig, entzündet sich beim Erhitzen nicht
leicht, brennt aber bei genügender Erhitzung heftig mit röthlicher, rußiger Flamme;
in Alkohol, Methylalkohol, Aether, Carbolsäure und Kreosot, in starker Essigsäure,
Salzsäure und Schwefelsäure ist sie löslich, dagegen Unlöslich in Chloroform,
Benzol, Schwefelkohlenstoff, sowie in ätherischen und fetten Oelen. Durch schweflige
Säure wird sie nicht entfärbt, sie ist eine sehr schwache Säure, schwächer noch als
Kohlensäure, und bildet mit Alkalien und alkalischen Erden dunkelrothe Verbindungen,
die in Wasser und Alkohol löslich sind und durch Luft und Licht leicht zersetzt
werden. Lösliche rosolsaure Salze bilden mit den Salzen schwerer Metalle keine
Niederschlage. Die Zusammensetzung der Rosolsäure ist 75,92 Proc. Kohlenstoff, 5,83
Proc. Wasserstoff und 17,68 Proc. Sauerstoff. Inwieweit das käufliche Aurin von
chemisch reiner Rosolsäure verschieden ist, hat Adriani
nicht untersucht; in seinen wesentlichen Eigenschaften entsprach aber das zu den
Versuchen verwendete Material den vorstehenden Angaben.
Um das Verhalten des Aurins gegen Bleizucker zu ermitteln, wurde Aurin in Holzgeist
gelöst, zur Lösung eine Auflösung von Bleizucker in Wasser und dann so viel Ammoniak
zugesetzt, daß ein stark basisches essigsaures Bleioxyd gefällt wurde; mit diesem
fiel das Aurin in so inniger Mischung, daß der Niederschlag eine schöne
carmoisinrothe Farbe besaß. Beim Auswaschen desselben auf einem Filter mit
destillirtem Wasser wurde aber der Farbstoff allmählich ganz ausgewaschen, so daß
man es also nur mit einem innigen mechanischen Gemenge zu thun hatte. Ebenso erhielt
man durch Zusatz einer Lösung von eisenfreiem Alaun in Wasser zu einer Auflösung von
Aurin in kohlensaurem Kali nur ein sehr inniges Gemenge von feinzertheiltem Aurin
und Thonerde. Wurde diese Substanz, die namentlich in feuchtem Zustand eine
außerordentlich schöne scharlachrothe Farbe zeigte, nach kurzem Auswaschen bei
100° C. getrocknet und im Achatmörser zu ganz feinem Pulver zerrieben, so
erhielt man ein Pulver, das nach dem Trocknen eine brillante dunkelorange Farbe
besaß. Aehnlich wurde mit einer Lösung von phosphorsaurem Kalk in Essigsäure und
einer Lösung von Aurin in Ammoniak ein Niederschlag erhalten, der gepulvert nach dem
Trocknen eine schöne, von der des vorigen ganz verschiedene rothe Nuance zeigte. Der
Niederschlag einer Lösung von Aurin in kohlensaurem Ammoniak mit Chlorbaryum zeigte
eine brillante fleischrothe Farbe. Wurde in einem glasirten irdenen Mörser Aurin mit
starkem Barytwasser versetzt, filtrirt und das Filtrat mit ganz schwacher
Schwefelsäure bis zur Neutralisation des Baryts versetzt, so erhielt man einen
Niederschlag, der nach kurzem Auswaschen und Trocknen an Schönheit dem echten Carmin
gleichstand. Eine wässerige Lösung von schwefelsaurem Zinkoxyd mit einer Lösung von
Aurin in verdünnter Kalilauge in sehr geringem Ueberschuß versetzt, gab einen
Niederschlag, der nach
dem Trocknen bei 100° C. eine schöne Rosafarbe besaß; wurde hierbei eine
Lösung von Aurin in kohlensaurem Alkali anstatt in Aetzkali angewendet, so erhielt
man einen Niederschlag von eigenthümlicher, etwas dunkler Nelkenfarbe. Eine
prächtige hellscharlachrothe Farbe wird erhalten, wenn man gepulvertes Aurin mit
Kalkwasser zusammenreibt, filtrirt und durch das Filtrat langsam Kohlensäure leitet;
beim Trocknen selbst unter 100° C. leidet aber die Farbe. Sämmtliche
Niederschläge behalten aber großentheils ihre Schönheit, die sie unmittelbar nach
der Fällung besitzen, wenn sie bei gewöhnlicher Temperatur über Schwefelsäure
getrocknet werden.
Wie bereits erwähnt, läßt sich keiner der obigen Niederschläge zu Oelfarben
verwenden; mit starken Lösungen von Gummi, Gelatine oder Albumin würden sie sich
aber unzweifelhaft zum Färben von Tapeten, bunten Papieren, Spielwaaren etc. eignen.
Die Lösungen von Aurin in festen Alkalien und deren kohlensauren Salzen erscheinen
geeignet zur Darstellung einer schönen rothen Tinte. Am
besten scheint sich kohlensaures Natron für diesen Zweck zu eignen. Diese rothe
Tinte läßt sich sehr gut mit Stahlfedern anwenden, die sie nicht nur nicht angreift,
sondern in Folge ihrer alkalischen Beschaffenheit sogar vor Zerstörung schützt;
zweitens läßt sich mit ihr ohne Nachtheil auf Papier schreiben, das mit Ultramarin
gefärbt ist, während die gewöhnlichen rothen Tinten, die meist sauer sind, das
Ultramarin zersetzen und so das Papier beschädigen. Diese rothe Tinte läßt sich auch
ohne Nachtheil beim Zeichnen mit stählernen Reißfedern verwenden. Versuche, die
Tinte z. B. durch Säuren zu zerstören, werden dadurch sofort bemerkbar, daß die
Schriftzüge gelb werden und die ursprüngliche Farbe sich nicht wieder herstellen
läßt.
Aurin ist in einer wässerigen Lösung von doppelt-borsaurem Natron etwas
löslich und gibt mit demselben eine prächtige scharlachrothe Farbe; schreibt man mit
dieser Lösung, so erhält man blaßrosarothe oder, wenn die Lösung concentrirter ist,
orangefarbene Schriftzüge.
Diese verschiedenen Tintenarten werden dadurch
hergestellt, daß das Aurin bei gewöhnlicher Temperatur in einem irdenen oder
gläsernen Mörser gepulvert und ihm dann die alkalische Lösung zugefetzt wird, mit
der es eine Zeit lang zusammengerieben wird; dann wird das Ganze durch gewöhnliches
gutes Filtrirpapier filtrirt. Schriftzüge mit dieser Tinte zeigten nach 8 Wochen
noch nicht die geringste Veränderung; der Preis dieser Tinten, die zu Zeichnungen
vielfach Verwendung finden könnten, stellt sich bei der großen Färbekraft des
Farbstoffes nicht hoch. (Deutsche Industriezeitung, 1868, Nr. 31.)
Vergoldung und Mattdruck auf glatten wollenen, halbwollenen,
seidenen und Sammetstoffen; von O. Krieger.
Die Vergoldung der nicht direct für diesen Proceß appretirten Webstoffe gehört zu den
wesentlich schwierigen Verrichtungen in der Kunstbuchbinderei und Portefeuille
Fabrication, und ist namentlich die Anwendung pulverisirter Grundmittel, wie
staubfein gestoßener Copal- oder Siegellack, wie auch das Auspinseln
vorgedruckter Contouren zeitraubend.
Für Seiden- und andere Webstoffe, welche aufgeklebt oder gespannt werden, ist
die Anwendung von in Aether aufgelöstem Copal, wie derselbe zum Lackiren von Papier
und Landkarten Anwendung findet, vortheilhaft.
Derselbe wird mit rectificirtem Schwefeläther bis zu dem Grade verdünnt, daß a) bei Mattdruck von Sammetstoffen die glattgepreßte
Faser, ohne sich wieder zu erheben, glänzend stehen bleibt, und b) bei Golddruck die mit nur mäßig erwärmter Platte
ausgeführte Goldpressnng fest haftet, ohne daß das Gold in den Schattenpartien der
Zeichnungen fest kleben bleibt.
Die Stoffe werden mit der Auflösung mittelst eines reinen Schwammes imprägnirt und
nach erfolgter vollständiger Trocknung in der Verarbeitung ganz wie andere
Seiden- oder Wollenstoffe behandelt.
Bei Stoffen, welche, ohne aufgeklebt zu werden, zu vergolden sind, kann die
Auflösung, wie auch bei dunkleren Farben, concentrirter seyn, während dieselbe für
helle Farben verdünnter verbraucht wird.
Die Verhältnisse der vorzunehmenden Verdünnung des Copallackes durch Schwefeläther
sind von jedem Vergolder bald gefunden, da dafür maßgebend ist, ob der Lack an und
für sich stärker oder verdünnter hergestellt ist.
Es bietet dieses Verfahren einerseits wesentliche Erleichterung im Auftragen und
Abdrucken des Goldes, andererseits läßt auch dasselbe bei Mattdruck die gepreßten
Contouren glänzend dunkel erscheinen.
Auch ist nochmaliges Grundiren nach dem Aufkleben der Stoffe mittelst der Auflösung
gefahrlos, da der Aether auf eine Lösung der Leimstoffe keinen Einfluß übt.
(Illustrirte Gewerbezeitung. 1868 S. 222.)
Verfahren zur Brodbereitung aus kleienhaltigem Mehl.
Bei der v. Liebig'schen Brodbereitung wird bekanntlich das
Getreide nur fein geschroten, die Kleie also mitverwendet und folgende
Zusammensetzung empfohlen:
Auf 1 Zollpfund Getreideschrot (⅔ Roggen, ⅓ Weizen) nimmt man 5 Gramme
doppelt-kohlensaures Natron, 20 Kubikcentimeter Salzsäure von 1,06 spec.
Gewicht, 10 Gramme Kochsalz und 345 Kubikcentimeter Wasser. Dieses so zubereitete
Brod entbehrt aber den eigentlichen und so angenehmen Weinsäure- oder
Brodgeschmack, und um diesen beizubringen, befolgt jetzt der Bäckermeister Carl Hofmann in Speyer nachstehendes Verfahren, nachdem
derselbe mehrfache Versuche angestellt hat, und das von ihm seit einiger Zeit
gelieferte Liebig'sche Brod allen Anforderungen an ein
kräftiges Brod vollständig entspricht. Hofmann bringt
nämlich 100 Pfd. feines Kleienschrot, ⅔ Roggen, ⅓ Weizen in die Mulde,
vermengt dieses Schrot mit 1 Pfd. durch ein feines Sieb gelassenem
doppelt-kohlensaurem Natron, bringt in die Mitte der Masse 1½ Pfund
fein gestoßenes Kochsalz und löst das Salz durch das hinzugegebene lauwarme Wasser
von 28° R. auf, so daß 36 ½ Liter Wasser nach und nach zugesetzt
werden, wenn das Schrot von guter trockener Frucht ist. Nun wird der Teig gemacht;
Hofmann setzt nun, entgegen der Liebig'schen Angabe, noch 20 Pfund verjüngten Gährteig zu, der dem Brode
den beliebten Brodgeschmack beibringt. Jetzt, wenn der Teig beinahe ganz fertig ist,
werden 4 Pfd. arsenikfreie Salzsäure von 1,06 spec. Gewicht zugesetzt und frisch
durchgearbeitet; die Salzsäure darf man nicht früher zusetzen, weil sie sonst das
Natron direct angreift und von demselben zu früh die Kohlensäure trennt, welche sich
dann verflüchtigt und bei dem Teige im Ofen ohne die nöthige Wirkung bleibt. Der
Teig wird nun zu 2-, 3-, 4- und 6-Pfund-Broden
geformt, bleibt hernach circa. ¾ Stunden stehen
und kommt dann in einen Ofen von mittlerer Hitze; das Brod muß etwas länger im Ofen
sitzen als gewöhnliches Brod von demselben Gewicht; 6 Pfd. 28 Loth Teig geben 6
Pfund ausgebackenes Brod. Hofmann liefert ein wirklich
wohlschmeckendes, sehr kräftiges Brod, das sich durch den Zusatz von lauwarmem
Wasser und von verjüngtem Gährteig von dem nach Liebig's
Angabe bereiteten Brode, wie bereits bemerkt, durch den Weinsäuregeschmack
auszeichnet und von vielen Familien der Stadt Speyer ausschließlich gegessen wird;
dieses Brod verliert nicht durch längeres Liegen an Wohlgeschmack, wird nicht so
trocken wie gewöhnliches Brod, und ist im Gegentheil nach 6–8 Tagen noch
angenehmer als im frischen Zustande. Der Preis solchen Brodes stellt sich durch den
Zusatz des Natrons u. s. w. gleich dem des gewöhnlichen Brodes, allein es ist
durchaus nicht zu verkennen, daß dasselbe viel kräftiger,
d. h. viel nahrhafter ist; überdieß ist es sehr leicht zu verdauen, macht durchaus
keine Magenbeschwerden, und wer längere Zeit davon genossen, gewöhnt sich nur schwer
wieder an das gewöhnliche Brod. (Speierer Anzeiger vom 6. August 1868.)