Titel: | Ueber ein neues Reagens zur Bestimmung der in Bicarbonaten und natürlichen Wässern gebunden enthaltenen Kohlensäure; von C. Lory. |
Fundstelle: | Band 190, Jahrgang 1868, Nr. LXV., S. 230 |
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LXV.
Ueber ein neues Reagens zur Bestimmung der in
Bicarbonaten und natürlichen Wässern gebunden enthaltenen Kohlensäure; von C. Lory.
Aus den Comptes rendus, t. LXVII p. 237; Juli
1868.
Lory, Bestimmung der gebundenen Kohlensäure in natürlichen Wässern
etc.
Bei Gelegenheit meiner Untersuchungen über die Wässer des Isère-Beckens
studirte ich mit Interesse das sinnreiche, von Barthélemy
angegebene VerfahrenAnnales de Chimie et de Physique, Januar
1868. zur Bestimmung der Kohlensäure der Bicarbonate, welche in
natürlichen Wässern enthalten sind, mittelst einer titrirten, überschüssige
Salpetersäure enthaltenden Lösung von salpetersaurem Quecksilberoxydul. Die
Benutzung dieses Reagens ist in vielen Fällen sehr bequem und führt zu sehr
befriedigenden Resultaten; die Methode verliert aber in Folge der Unlöslichkeit des
entstehenden Quecksilberchlorürs an Genauigkeit, sobald das zu prüfende Wasser merkliche
Spuren von Chloriden enthält, und sie wird ganz unbrauchbar, wenn die Menge der
Chloride einige Centigramme per Liter übersteigt. Ebenso
scheint mir dieses Verfahren nicht anwendbar bei Wässern, in welchen viel
Schwefelsäuresalze enthalten sind; ferner bei Gegenwart von organischen Substanzen
u. s. w. Ich suchte deßhalb mit Beibehaltung des der Methode zu Grunde liegenden
Principes das Quecksilbersalz durch ein allgemeiner anwendbares und nicht denselben
Ausnahmefällen unterworfenes Reagens zu ersetzen.
Nach mehrfachen Versuchen glaube ich meinen Zweck erreicht zu haben, indem ich eine
Lösung von phosphorsaurem Kupferoxyd in einem geringen
Ueberschusse von Chlorwasserstoffsäure als Reagens anwende. Man bereitet
diese Lösung durch Fällen von Kupferchlorid mittelst gewöhnlichen phosphorsauren
Natrons und Auswaschen des Niederschlages, welchen man dann in Wasser suspendirt und
mittelst tropfenweise zugesetzter Chlorwasserstoffsäure auflöst.
Tröpfelt man dieses Reagens zu einem Wasser, welches Alkalien oder alkalische Erden
in Form von Carbonaten oder Bicarbonaten enthält, so sättigen die Basen die
Chlorwasserstoffsäure der hinzugesetzten ersten Tropfen des Reagens und das
phosphorsaure Kupferoxyd bildet in Wasser sogleich eine bläuliche Wolke. Bei
fortgesetztem Zusatze des Reagens verschwindet diese Trübung, indem sich das
ausgeschiedene Kupfersalz in dem Säureüberschusse wieder löst, und der Moment, in
welchem das Wasser wieder vollkommen klar wird, läßt sich sehr scharf beobachten.
Hört man in diesem Zeitpunkte mit dem Zusatze von Reagens auf, so wird die
verbrauchte Menge desselben offenbar dem Gesammt-Aequivalent der Basen,
folglich auch der mit ihnen zu Bicarbonat verbundenen Kohlensäure proportional seyn.
Davon habe ich mich übrigens direct überzeugt, indem ich Wässer von verschiedenem
Gehalt an Bicarbonaten mit einander oder mit destillirtem Wasser mischte; ebenso
habe ich mich überzeugt, daß der durch das Reagens angegebene Titre sich nicht
ändert, wenn man das Wasser vorher mit freiem Kohlensäuregase sättigt.
Zur Titrestellung des Reagens löse ich in 1 Liter destillirtem Wasser 0,265 Grm.
=1/200 Aequivalent wasserfreies reines kohlensaures Natron und leite einen Strom
Kohlensäuregas in die Lösung, um das Carbonat in Bicarbonat umzuwandeln. Von der
Kupferlösung, welche ich anwende, sind genau 4,4 K. C. erforderlich, um in 1
Deciliter dieses Normalwassers die angegebene Reaction hervorzubringen; demnach
entsprechen diese 4,4
K. C. einer Gewichtsmenge von 0,22 Grm. in Form von Bicarbonat gebundener
Kohlensäure in 1 Liter Wasser. Für jedes andere zu untersuchende Wasser braucht man
nur die für 1 Deciliter verbrauchte Anzahl von Kubikcentimetern mit 22/4,4 = 5 zu
multipliciren, um die in 1 Liter dieses Wassers enthaltene Anzahl von Centigrammen
gebundener Kohlensäure zu erhalten. Wendet man eine in
Fünftel-Kubikcentimeter getheilte Bürette an, so gibt die verbrauchte Anzahl
von Theilstrichen jene Anzahl direct an.
Das von mir empfohlene Reagens ist unveränderlich und sehr leicht darzustellen; es
kann bei jedem Gehalte der Wässer an Chloriden, schwefelsauren Salzen etc.
angewendet werden. Man kann es sogar in vielen Fällen zu alkalimetrischen Prüfungen
sehr verdünnter Flüssigkeiten benutzen; doch muß ich bemerken, daß die Reaction auf
Bicarbonate schärfer ist, als auf neutrale Kohlensäuresalze oder freie Alkalien.
Verbindet man diese so einfache und rasch auszuführende Probe mit der hydrotimetrischen Probe (mit titrirter Seifenlösung) zur
Untersuchung von natürlichem Wasser und demselben gekochten Wasser, so hat man die
wesentlichen Elemente zur Beurtheilung seiner Verwendbarkeit als Trinkwasser und zu
häuslichen oder technischen Zwecken.
Auch der Gehalt des Wassers an Chloriden läßt sich rasch
bestimmen, wenn man einem Deciliter desselben eine geringe Menge chromsaures Kali,
dann eine stark verdünnte, titrirte Lösung von salpetersaurem Silberoxyd zusetzt
(welche letztere im Liter 6,80 Grm. =4/100 Aequivalent enthält), bis die strohgelbe
Farbe der, zuerst in Folge der Bildung von Chlorsilber nur opalisirend gewordenen
Flüssigkeit durch die ziegelrothe Farbe des chromsauren Silberoxydes sich zu
verändern beginnt. Das Vorhandenseyn von Schwefelsäuresalzen läßt sich bekanntlich
leicht durch Chlorbaryum erkennen; um aber die Schwefelsäure mittelst dieses Reagens
quantitativ zu bestimmen, muß man das umständlichere, von Mohr angegebene indirecte Verfahren einschlagen, mit welchem man sehr
genaue Resultate erhält.