Titel: | Ueber eiserne Transportfässer für Spiritus; von Dr. W. Schultze, Brennerei-Techniker in Stettin. |
Autor: | W. Schultze |
Fundstelle: | Band 190, Jahrgang 1868, Nr. LXXXVII., S. 321 |
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LXXXVII.
Ueber eiserne Transportfässer für Spiritus; von
Dr. W. Schultze,
Brennerei-Techniker in Stettin.
Schultze, über eiserne Transportfässer für Spiritus.
Herr Dr. C. StammerNeue Zeitschrift für deutsche Spiritusfabrikanten, Jahrg. 1867, Nr. 7 u.
8. wies im vergangenen Jahre nach, daß die Porosität der
hölzernen Spiritustransportfässer unter gewissen, sehr häufig vorkommenden Umständen
dem Spiritusproducenten bei der Ablieferung seines Fabricates an den Raffineur oder
Händler einen Verlust von etwa 1,1 Procent der in die Fässer gefüllten Spiritusmenge
zufüge. Hr. Dr. Stammer
meinte dann, daß, ganz abgesehen von den übrigen übeln Eigenschaften der hölzernen
Fässer, dieser ungerechtfertigte Verlust allein schon hinweise auf die Anwendung
eines für Flüssigkeiten undurchdringlicheren Stoffes für die Anfertigung der
Transportgefäße, also auf die Benutzung eiserner Gebinde.
Er theilte ferner mit, daß in Frankreich dergleichen eiserne Gebinde schon mehrfach
in Gebrauch gekommen sind und sich vortrefflich bewährt haben, endlich, daß die
Fabrik von P. Legrand in Bercy-Paris sich mit dem
Baue derselben beschäftige.
Durch diesen Artikel des Hrn. Dr. Stammer wurde meine Aufmerksamkeit zuerst auf diesen Gegenstand gelenkt,
und ich kam in die Lage, eigene Erfahrungen über denselben zu machen, als im
vergangenen Sommer eine der renommirtesten Stettiner Spiritusfabriken 186 eiserne
Gebinde Rohspiritus nach Schweden exportirte.
Die zu diesem Exporte verbrauchten eisernen Fässer waren von P. Legrand,
Rue de Charenton 111, in Bercy-Paris angefertigt
worden. Es waren eiserne Cylinder, welche unten und oben durch einen nach außen
schwach gewölbten Boden verschlossen wurden. Die Länge des Cylinders betrug
3′ 11″, der Durchmesser 2′ 8½″ und die
Blechstärke 1/12″ rheinländisch.
Das Spundloch, ein eiserner Schraubencylinder, wurde geschlossen mit einem eisernen
Spunde, der eine dem Schraubencylinder angepaßte, schraubenförmige Verlängerung
besaß. Zum sicherern Verschlüsse des Spundloches lag noch eine Gummischeibe zwischen
Spund und Spundloch. Außerdem besaß der Spund oben eine viereckige, geringe
Vertiefung, in welche ein passender Schlüssel gesteckt werden konnte zum Zwecke des
Oeffnens und des Verschließens des Fasses.
Um die Handthierung und das Rollen der eisernen Cylinder zu erleichtern, und um sie
zu schützen vor dem Eindrucke spitzer Pflastersteine, befinden sich 2″ zur
Linken und 2″ zur Rechten des Spundloches zwei hölzerne Rollbänder um das
Faß, welche eine Höhe von 2″ und eine Breite von 2¾ ″ besitzen.
Diese aus Felgen zusammengesetzten Rollbänder werden durch schmale eiserne Reifen
zusammengehalten.
Indeß, sie schützen, wie die Erfahrung gelehrt hat, nicht unter allen Umständen vor
dem Eindruck unebenen Steinpflasters; denn bei dem Rollen und Wälzen der gefüllten
eisernen Gebinde auf dem Fabrikhofe, dessen Pflaster sehr uneben war, kippten
mehrere theils nach rechts, theils nach links so heftig über, daß die Kopfenden
Verbiegungen erlitten, und die Bodennath Lecke erhielt. Die Maschinenfabrik der
Herren Möller und Holberg in
Grabow bei Stettin, welche den Bau eiserner Fässer aufgenommen, hat diesen
Uebelstand dadurch beseitigt, daß sie um die beiden Kopfenden jedes Fasses zwei
schmale eiserne Reifen legt.
Die französischen Gebinde wogen durchschnittlich 245 bis 260 Pfd. und faßten 560 bis
570 Quart per Stück.
Die Ermittelung des Quartinhaltes geschieht mittelst Tabellen aus dem Nettogewichte
und der Gradstärke des Spiritus. Das kgl. Haupt-Steueramt zu Stettin bediente
sich zu diesem Zwecke bei der Feststellung der Exportbonification einer großen
Tabelle, welche im Jahre 1863 im königl. Finanzministerium aufgestellt worden ist.Tabellen zur Bestimmung des wahren Alkoholgehaltes
und der Quartmenge des Branntweines nach der scheinbaren Alkoholstärke und
dem Gewichte desselben. Aufgestellt im königl. preuß. Finanzministerium.
Berlin 1863. Gedruckt in der königl. Staatsdruckerei. Den
gleichen Dienst in handlicherer Form leisten die alkoholometrischen Tafeln von A.
Franke.A. Franke, alkoholometrische Tafeln zur Reduction
der spirituösen Flüssigkeiten von Gewicht auf Gemäß und von Gemäß auf
Gewicht u. s. w. 3te Auflage. Braunschweig bei Leibrock 1864.
Die eisernen Gebinde dürfen während der warmen Jahreszeit nicht soweit gefüllt
werden, wie es bei Holzfässern zulässig ist, weil, wenn sie Sonnenschein zu ertragen
haben, der in Folge größerer Temperaturzunahme sich stärker ausdehnende Spiritus mit
solcher Gewalt gegen die Faßwände drückt, daß an den Näthen und Nietlöchern Lecke
entstehen, die dann sehr schlecht zu dichten sind.
Wenn man Spiritus in hölzernen Gebinden lagert, so hat man bekanntlich einen sehr
bedeutenden Schwindungsverlust zu erdulden. Es kam mir nun darauf an, zu
constatiren, daß bei der Lagerung von Spiritus in eisernen Gebinden keinerlei
Schwindung stattfinde. Zu diesem Zwecke wurden Versuche angestellt mit zwei aus der
Fabrik der Herren Möller und Holberg bezogenen eisernen Fässern.
VersuchA. — Am 16. Juli 1868 wurde das eine Faß mit
Feinsprit gefüllt, in einer kühlen Remise auf Lager gelegt und sich selbst
überlassen. Das Bruttogewicht des Fasses betrug 1325 Pfd. Die Stärke des Feinsprites
war 94,6 Proc. Tr. bei 12 4/9° R.
Nachdem dieses Faß bis zum 21. October d. J., also 3 Monate 5 Tage ruhig dagelegen
hatte, wurde es untersucht. Sein Bruttogewicht war nicht um ein Loth verändert,
ebenso war die Gradstärke des Feinsprites dieselbe geblieben. Der Feinsprit hatte
keinerlei Färbung, Trübung und Beigeschmack angenommen.
VersuchB. — Ebenfalls am 16. Juli wurde das andere Faß
mit Rohspiritus gefüllt und neben dem Fasse des Versuches A auf Lager gelegt. Bruttogewicht 1374 Pfd., Gradstärke 81,2 Proc. Tr. bei
12 4/9° R.
Die Untersuchung fand gleichfalls am 21. October statt. Die Gradstärke ist völlig
unverändert geblieben, während das Bruttogewicht auf 1365 Pfd., also um 9 Pfd.
gesunken ist. Dieser Gewichtsverlust ist mir angesichts des Ergebnisses aus Versuch
A unerklärlich, und zwar um so unerklärlicher, als
an dem Fasse während der langen Versuchsdauer nie auch nur der geringste Leck wahrgenommen worden ist.
Lecke waren von vornherein ausgeschlossen, und Verdunstung in Folge großer Porosität
des Eisenbleches kann nicht angenommen werden, weil die Herren Möller und Holberg die Fässer mit einem
Ueberdruck von 15 Pfd. prüfen.
Was nun den Rohspiritus selbst betrifft, so war derselbe trübe geworden. Indeß, durch
ein einmaliges Filtriren war man im Stande, ihm seine Klarheit wiederzugeben. Es muß
angenommen werden, daß dieses Versuchsfaß von Seiten des betreffenden Arbeiters
schlecht gereinigt und hierdurch der Spiritus trübe geworden war.
Wenngleich ich nicht im Stande bin, die Gewichtsdifferenz im Versuche B aufzuklären, so glaube ich doch, aus diesen Versuchen
schließen zu dürfen, daß eiserne Spiritusfässer keinen Schwindungsverlust
zulassen.
Die Außenhaut der eisernen Fässer wird durch einen Anstrich mit grauer oder
rothbrauner Oelfarbe vor dem Rosten geschützt. So lange die Fässer gefüllt sind,
rosten sie im Inneren nicht, wohl aber, nachdem sie entleert sind. Man kann das
Rosten im Inneren durch einen Anstrich mit Gummi oder Dextrin verhüten; nur dürfen
dann die Fässer nie mit Wasser ausgespült werden. Vorausgesetzt, daß sie auch im
nichtgefüllten Zustande stets durch den Schraubenspund verschkossen aufbewahrt
werden, bedürfen die im Inneren gummirten Fässer nie der Reinigung.
Die eisernen Spiritusfässer verdienen in der That, an die Stelle der hölzernen zu
treten und allgemein in den Spiritus-Großverkehr eingeführt zu werden. Es
hieße Eulen nach Athen tragen, wollte ich hier noch lange die Nachtheile der
hölzernen und die Vortheile der eisernen Transportfässer auseinandersetzen. Die
Nachtheile jener, die Vortheile dieser liegen auf der stachen Hand.
Es ist interessant, die Umwälzung zu beobachten, welche sich seit mehreren Jahren in
der Spiritusindustrie vollzieht, hinsichtlich der Materialien, aus denen die
Apparate und Geräthschaften aufgebaut werden. Früher mußte es stets Kupfer und Holz
seyn; jetzt nimmt man das Eisen in seine Dienste. Man baut jetzt eiserne Blasen,
eiserne Vormaischbottiche, eiserne Kühlschiffe, eiserne Reservoirs, eiserne Filter,
ja man fängt sogar an, wo es nur immer angeht, eiserne Rohrleitungen anzulegen. Wie
man heutzutage einen kupfernen Dampfkessel als Curiosum betrachtet, so wird man auch
in nicht allzuferner Zeit die großen hölzernen Transportfässer mit ihren ewigen
Lecken und Reparaturen als Curiosität ansehen.