Titel: | Ueber Joly's pneumatische Signalisirungs-Apparate für Eisenbahnzüge. |
Fundstelle: | Band 190, Jahrgang 1868, Nr. XC., S. 348 |
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XC.
Ueber Joly's pneumatische Signalisirungs-Apparate
für Eisenbahnzüge.
Im Auszug aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement,
t. XV p. 448; Juli 1868.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Joly's pneumatische Signalisirungs-Apparate für
Eisenbahnzüge.
In unserer Quelle wird nach einem Berichte des Ingenieurs Lebleu das Communications-System für Personenzüge auf Eisenbahnen
von Joly, welches wir bei einer früheren Gelegenheit
(polytechn. Journal Bd. CLXXXVII S. 361, erstes Märzheft 1868) in Erwägung brachten,
etwas näher besprochen, und wir halten es um so mehr für angemessen, von der uns
vorliegenden Beschreibung jenes sinnreichen Systemes, das auch durch seine
Einfachheit sich auszeichnet, hier Gebrauch zu machen, als die mit demselben in den
Jahren 1866 und 1867 angestellten Versuche ganz zufriedenstellende Resultate ergeben
haben sollen.
Der Apparat von Joly, welchen die schematischen
Abbildungen Fig.
14–18 der Hauptsache nach darstellen, ist bei sechs Personenzügen
angewendet. Derselbe dient lediglich dazu, um die Communication zwischen dem im
ersten Wagen befindlichen Zugführer mit dem auf dem letzten Wagen sitzenden
Bremswärter herzustellen. Anfänglich beabsichtigte man die Anordnung zu treffen, den
Passagieren selbst das sichere Signalisiren zu ermöglichen; wegen der unzureichenden
Thätigkeit, welche man derartigen (pneumatischen) Systemen zuschreiben will, wurde
aber auf diese Anordnung wieder verzichtet. Im gewöhnlichen Zustande besteht also
dieses System in einer Communication, die sich von einem Ende des Trains bis zum
anderen erstreckt, und wobei die Signalisirungs- und Signalapparate nur in
den beiden äußersten Wagen sich befinden.
Das Gestell eines jeden Wagens trägt parallel zu seiner Längenachse eine eiserne
Röhre A (Fig. 17), welche einen
inneren Durchmesser von 8 Millimeter hat; die beiden Enden dieser Röhre haben
außerhalb der
Querstücke B, durch welche sie gehen, ausgebauchte
Vorsprünge, um an diesen Verbindungen herstellen zu können. Ueber diese
Verbindungsstelle ist ein Kautschukrohr C gesteckt, das
eine Länge von 1 Meter hat, und den gleichen Durchmesser wie die Röhre A. Die feste Verbindung des Kautschukrohres mit dem
Eisenrohre ist durch Schnüre bei D hergestellt, und die
Elasticität des Kautschuks reicht aus, um die Verbindung sicher fortzusetzen und
letzterer eine gewisse Beweglichkeit oder Veränderlichkeit zuzulassen. Durch solche
Röhrenverbindungen ist nun mittelst der Querstücke B an
jedem Wagen die Communication längs des ganzen Zuges hergestellt. Die gegenseitige
Verbindung zweier auf einander folgenden Kautschukröhren wird mittelst eines Muffes
E bewerkstelligt. Ein Griff F, welcher rechtwinkelig am Muffe angebracht ist, gibt dieser Verbindung
die Form eines T. Mit einer solchen Armirung wird auch
jede Röhre für sich versehen, indem sie mit einer Hülse H umgeben und sodann mittelst einer Kette G
die Verbindung mit dem T förmigen Mittelstücke
hergestellt wird. Eine solche Anordnung gestattet, zu jeder Zeit das Röhrensystem
leicht in Verbindung zu bringen. Wenn nämlich die beiden zu verbindenden Theile
(Fig. 16)
nahe genug an einander gebracht worden sind, so nimmt man das T förmige Stück und schiebt die Enden der beiden Kautschukröhren über
dasselbe. Die Reibung zwischen den Verbindungsstellen reicht vollständig aus, um das
Losmachen der Kautschukröhren zu verhindern, selbst wenn während des Fahrens des
Zuges Stöße eintreten. Will man bei der Verbindung zweier Wagen, z B. beim letzten
die Communication abschließen, so hat man nichts weiter zu thun, als in das offene
Ende den Griff F des T-Stückes, der bekanntlich nicht hohl ist, fest einzuschieben. Durch
eine derartige Communication kann man nun vom ersten Wagen zum letzten oder
umgekehrt signalisiren.
Der in Fig. 14
schematisch dargestellte Signalisirungsapparat ist in der Nähe des Platzes
aufgestellt, wo der Bremswärter sich besindet; ein ähnlicher wird dann auch im
ersten Wagen für den gleichen Zweck angebracht. (Daß also der Manövrirhebel I mit der in Rede stehenden Einrichtung in keiner
Verbindung steht, versteht sich von selbst.) An der Decke M (und beziehungsweise am Boden) des Wagens ist der Stiefel R einer Pumpe L angebracht,
der einen inneren Durchmesser von 9 Centimeter hat und in welchem ein Kolben hin und
her geführt werden kann, indem man den Hebel J, an
welchem die Kolbenstange K angebracht ist, nach einem
oder nach entgegengesetztem Sinne dreht. Der Kolben aus Holz ist mit Kupfer belegt,
und der luftdichte Verschluß wird mittelst einer Kautschukumhüllung hergestellt;
derselbe wird von oben nach unten durch die Spiralfeder N
gedrückt. Der Pumpenkörper aus dünnem Kupfer ist an seinem unteren Theile mit einer
Klappe O versehen, die von innen nach außen sich öffnet.
Vom unteren Ende des Stiefels geht das Rohr P aus,
welches sich bei Q in zwei Theile abzweigt; der eine
Schenkel dieses Schlauches steht mit der Röhre A in
luftdichter Verbindung, welche, wie oben gezeigt, längs des ganzen Trains sich
erstreckt, während der andere Schenkel P, P zum Schlagwerke R geht.
Die Verbindung des Röhrensystemes dieses zweiten Schenkels wird mittelst
Kautschukumhüllungen hergestellt. Man sieht vermöge dieser Anordnung, daß wenn man
in genügender Weise den Hebel J aufwärts dreht, die Luft
sowohl innerhalb des Läutapparates R an dem Wagen, wo
dieser sich befindet, als auch in dem Läutapparate, der an der Spitze des Trains
angebracht ist, verdünnt werden muß. Es bleibt also übrig zu zeigen, in welcher
Weise diese Luftverdünnung benutzt wird, um beide Schlagwerke in Thätigkeit zu
versetzen.
Das Schlagwerk selbst, welches in Fig. 15 dargestellt ist,
besteht aus einem einfachen Triebwerke, das durch die Federtrommel S in Bewegung gesetzt wird, und durch welches also dem
Hammer T die Oscillationen beigebracht werden, welche
die Glocke U zum Tönen bringen. Durch Anziehen der
Schnur U′ kann das Triebwerk immer leicht
aufgezogen werden. Ist das Federgehäuse nicht arretirt, so tönt die Glocke, und
gleichzeitig wird der Hebel V in Oscillationen versetzt,
wobei er ober- und unterhalb seiner horizontalen Ruhelage einen Bogen von 8
bis 10° beschreibt. Sobald aber dieser Arm V,
welcher gleichzeitig mit dem Hammerstiele durch das Uhrwerk in Bewegung versetzt
wird, arretirt wird, muß auch das Uhrwerk stehen bleiben.
Diese Arretirung wird nun mittelst des horizontalen Armes W bewerkstelligt, der als Kolbenstange mit dem Kolben X verbunden ist, welcher letztere sich frei in einem
Pumpenstiefel von 28 Millimeter Durchmesser bewegen kann. Wirkt keine äußere Kraft
auf diesen Kolben ein, so wird er durch die Spirale Y
(welche an und für sich eine schwache elastische Kraft besitzt), von links nach
rechts geführt, und es wird daher die Kolbenstange W den
Arm V aufhalten und das Schlagwerk arretiren; in dieser
Lage berührt der Arm V die Kolbenstange bloß auf eine
Länge von ½ Millimeter. Wie in Fig. 15 gezeigt ist,
steht nun der Pumpenstiefel, in welchem die Spirale Y
sich befindet, mit der Röhre P und sohin auch mit der
Pumpe L und mit der Röhre A,
welche längs des ganzen Trains sich erstreckt, in Communication. Wird daher auf der
Seite wo die Spirale Y sich befindet, die Luft verdünnt,
so wird der Kolben X, dem äußeren Drucke gegen seine
Rückfläche folgend, gegen die Spirale Y hin sich bewegen;
in Folge dessen wird die Kolbenstange W den Arm V verlassen, letzterer wird also und sohin auch das
Schlagwerk ausgelöst, und da das Uhrwerk beständig aufgezogen seyn muß, so wird nun
der Hammer T die Glocke U
zum Tönen bringen. Der Lauf des Kolbens X beträgt etwa
12 Millimeter, und er nimmt dann seine rückgehende Bewegung unter dem Einflüsse der
kleinen Spirale Y ebenso sicher an, als er vorher durch
den Luftdruck nach vorwärts bewegt wurde. Durch eine einzige rasche Drehung des
Hebels J nach aufwärts kann man das Schlagwerk fast
durch eine ganze Minute in Thätigkeit erhalten. Es reicht übrigens aus, den Hebel
nur um einige Centimeter von seiner Ruhelage zu erheben, um die beiden Schlagwerke,
welche sich im vordersten und hintersten Wagen des Bahnzuges befinden, sicher zum
Tönen zu bringen. Außerdem ist der Apparat so empfindlich, daß ein oder das andere
Schlagwerk schon functionirt, wenn man an einem offenen Ende irgend eines der
Kautschukschläuche C bloß mit dem Munde saugt.
Die ersten Versuche mit den Apparaten von Joly wurden
schon im Jahre 1866 vorgenommen und zwar auf der französischen Ostbahn; Ende des
Jahres 1867 wurden sie wieder aufgenommen. Die Züge mit den pneumatischen Systemen
hatten bei den angestellten Versuchen im Mittel 13 Wagen, während in den Ateliers
Versuche mit Trains von 24 Fourgons angestellt wurden. Die in unserer Quelle
hierüber mitgetheilten Berichte sprechen sich für das pneumatische System von Joly sehr günstig aus.