Titel: Verfahren zur Gußstahlfabrication; von Franz Ellershausen in Ottawa, Canada.
Fundstelle: Band 190, Jahrgang 1868, Nr. CIV., S. 392
Download: XML
CIV. Verfahren zur Gußstahlfabrication; von Franz Ellershausen in Ottawa, Canada. Aus dem Practical Mechanic's Journal, October 1868, S. 206. Mit Abbildungen auf Tab. VI. Ellershausen, Verfahren zur Gußstahlfabrication. Diese Erfindung (patentirt in England am 30. März 1868) betrifft die Darstellung von Gußstahl aus Roheisen unter Mitanwendung von Schmiedeeisen oder Eisenstein, sowie das Umschmelzen von Blasen- oder Cementstahl in großen Massen in einem besonders dazu eingerichteten Ofen. Dieser Ofen besteht aus zwei, durch eine Feuerbrücke getrennten Feuerkammern; die eine dient zur Aufnahme des Schmelztiegels, welcher mit Brennmaterial umgeben wird, während die andere einen Reverberirraum, eine Art von Flammofen bildet, indem ihr Gewölbe so gekrümmt ist, daß die Flamme genöthigt wird, entweder die Seiten des in der Nebenkammer stehenden Schmelztiegels zu umspülen, oder aber in die offene Mündung des letzteren einzudringen, je nachdem dieß erforderlich ist. In dem Ofengewölbe wird unmittelbar über dem Tiegel eine Oeffnung angebracht, so daß man zu demselben leicht gelangen kann; ferner wird der Schmelztiegel mit einem Deckel und einem Stichloche versehen. Seine Dimensionen sind bedeutender, als sie bei Gußstahlschmelztiegeln üblich sind. Bei dem Betriebe dieses Ofens wird der Tiegel, nachdem beide Kammern bis zur Weißgluth erhitzt sind, mit der erforderlichen Menge von flüssigem Roheisen, unter Zusatz einer zur Erzeugung der gewünschten Stahlsorte hinlänglichen Quantität Schmiedeeisen beschickt; dann werden glasartige Flüsse zugeschlagen, welche eine das Metall vor Oxydation schützende Decke bilden. Hierauf verfährt man weiter, wie im Folgenden angegeben ist. Fig. 19 stellt einen verticalen Längenschnitt des Ofens dar. a ist das Rauh- oder Umfassungsgemäuer, welches von gewöhnlichen Ziegelsteinen aufgeführt werden kann, innerlich aber mit feuerfesten Ziegeln gefüttert seyn muß; außen wird es durch eine aus Eisenplatten bestehende Einfassung verstärkt. Die Hauptfeuerkammer wird mit Kohks oder Anthracit beschickt; sie ist mit Roststäben c, c, Aschenfall d, d und einer Seitenthür versehen, welche letztere zum Aufgeben des Brennmateriales und zum Einsetzen der Tiegel dient. f ist der aus den Feuerkammern in die Esse führende Fuchs. h ist ein aus feuerfesten Steinen aufgemauerter Träger für den Schmelztiegel i; letzterer ist mit einem von seinem Boden ausgehenden Rohr zum Abstechen des flüssigen Metalles versehen. k ist eine im Ofengewölbe, unmittelbar über der Mündung des Tiegels angebrachte Oeffnung, welche zur Behandlung der Tiegelbeschickung bei ihrer Umwandlung in Stahl dient; der Tiegel ist in geeigneter Höhe mit einer zweiten Oeffnung zum Abstechen der Schlacke versehen. Eine zweite Feuerkammer l wird von der ersteren b durch eine Feuerbrücke m geschieden und ist ebenfalls mit Rost und Aschenfall versehen, hat indessen eine gewölbte Decke; das Brennmaterial muß in diesem Falle, um eine starke Flamme zu erzeugen, in bituminöser Kohle bestehen. Der zur Beförderung des Verbrennungsprocesses erforderliche Gebläsewind wird von einem Ventilator geliefert und beiden Feuerkammern durch eine besondere Windleitung zugeführt. Die in Fig. 20 dargestellte abgeänderte Ofenform weicht von der in Fig. 19 abgebildeten hauptsächlich dadurch ab, daß beide Feuerkammern eine gewölbte Decke haben und zwar zu dem Zwecke, um die Flamme aus dem zweiten Feuerraum l in die Mündung des Schmelztiegels zu leiten. Bei Anwendung meines Ofens erzielt man eine weit höhere Temperatur als man bisher in den zur Stahlerzeugung angewendeten Schmelztiegeln oder Flammöfen hervorzubringen im Stande war. So vermag man z. B. in einem Tiegel von 2 Zoll Wandstärke und solcher Größe daß er 1000 Pfd. Metall faßt, diese Quantität in der Hälfte der Zeit in Stahl umzuwandeln, welche bei dem bisherigen Verfahren zum Umschmelzen des Metalles in einem ungefähr 50 Pfund fassenden Tiegel erforderlich ist. In meinem Ofen hält der heiße Tiegel auch bedeutend länger, da seine Temperatur nicht verändert wird, und durch Abstechen des gebildeten Stahles aus dem Tiegel kann die Arbeit ohne Unterbrechung fortgesetzt werden. Bei der in Fig. 19 abgebildeten Form des Ofens ist das Verfahren das folgende: Sobald das Feuer in beiden Kammern angezündet und der Ofen zur Weißgluth erhitzt ist, wird der Tiegel mit flüssigem Roheisen und mit Stabeisen in einem Verhältnisse beschickt, wobei ein Stahl von der gewünschten Qualität resultirt. Nach dem Eintragen des Roheisens werden glasartige Flußmittel zugeschlagen, um das Metall vor Oxydation zu schützen. Dann werden Stabeisenabfälle in einem in der Nähe des Stahlofens stehenden Glühofen zum Weißglühen erhitzt und in geeigneten Quantitäten dem im Tiegel bereits befindlichen Roheisen zugesetzt; man wiederholt diese Zusätze sobald das Stabeisen in Folge der Berührung mit dem Roheisen eingeschmolzen ist. Sind auf diese Weise Roh- und Stabeisen in den erforderlichen Verhältnissen im Tiegel mit einander versetzt worden und gehörig in Fluß gerathen, so wird der auf diese Weise erzeugte Gußstahl durch die erwähnte Oeffnung abgestochen und eine neue Operation begonnen. Ein wichtiger Vorzug dieses Ofens besteht darin, daß man in demselben sowohl Blasenstahl und jede andere Stahlsorte, als auch jedes beliebige andere Metall umschmelzen und feinen kann, wozu nur die Hälfte der bisher erforderlichen Zeit nöthig ist, während man weit größere Metallmengen auf einmal in Arbeit nehmen kann. Bei der in Fig. 20 abgebildeten Modification des Ofens wird der wohlbekannte Puddelproceß angewendet und zwar mit den nachstehenden Abänderungen. Die Arbeitsöffnung befindet sich oben im Ofen, anstatt an der Seite desselben; das Puddeln selbst wird mit einer an dem Ende einer Eisenstange befestigten eisernen Kugel ausgeführt, welche in verticaler Richtung mittelst einer über eine Rolle laufenden Kette gehandhabt wird. Der Schmelztiegel nimmt die Stelle des Herdes ein und wird durch die reverberirende Flamme erhitzt, während gleichzeitig das den Tiegel umspülende Feuer zur Erzeugung einer außerordentlich intensiven Hitze mitwirkt. Sobald das Innere der Feuerkammern die Weißgluth erreicht hat, beschickt man den Tiegel mit einer Charge Roheisen; der Puddelproceß beginnt; man trägt eine hinreichende Menge von gepulvertem, mit feinenden Flußmitteln und Holzkohlenpulver gemengtem Eisenstein durch die Oeffnung k ein, und arbeitet dieß Gemenge mit dem flüssigen Roheisen durch, bis das Metall den teigartigen Zustand annimmt und zur Gare kommt. Dann wird die Schlacke durch einen im Tiegel angebrachten Schlackenstich abgestochen, und die zur Bildung der gewünschten Stahlsorte erforderliche Roheisenmenge zugesetzt, wornach zur Verhütung der Oxydation des Stahles entweder der Tiegel mit seinem Deckel p versehen oder sein Inhalt mit glasartigem Flußmittel bedeckt wird, worauf man den der Feuerkammer b zugeführten Wind verstärkt. In Folge des Roheisenzusatzes kohlt sich das teigförmige Metall und das Ganze geräth in Fluß; nach genügend langem Schmelzen ist der Stahl fertig für den Abstich.

Tafeln

Tafel Tab.
                                    VI
Tab. VI