Titel: | Erste Mittheilung über mein Verfahren der Reinigung der Rübensäfte; von L. Morgenstern, Apotheker in Bernburg (Anhalt). |
Fundstelle: | Band 190, Jahrgang 1868, Nr. CXXII., S. 480 |
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CXXII.
Erste Mittheilung über mein Verfahren der
Reinigung der Rübensäfte; von L.
Morgenstern, Apotheker in Bernburg (Anhalt).
Morgenstern's Verfahren der Reinigung der Rübensäfte.
Das Vertrauen, welches mir das Directorium und der Ausschuß des Vereines für
Rübenzucker-Industrie (im Zollverein) geschenkt hat, so wie vielseitige
Anregungen seitens der Herren Zuckerfabrikbesitzer veranlassen mich, schon jetzt
über das oben bezeichnete Verfahren eine erste Mittheilung zu bringen.
Ich sehe mich hierzu um so mehr veranlaßt, als man sich von anderen Seiten nicht
entblödet, mir die Priorität meines Verfahrens streitig zu machen, und auf einem
billigen Schleichwege das zu erreichen sucht, was ich durch jahrelange Bemühungen
und Versuche erzielte.
Um mir die Priorität meines Verfahrens zu sichern, theile ich daher jetzt schon mit,
daß das Wesen desselben in einer Reinigung der Rohsäfte mit Hülfe der schwefelsauren
Magnesia besteht. Die eigenthümliche Eigenschaft der Magnesia veranlaßt dieselbe, Verbindungen
einzugehen mit solchen Bestandtheilen des Rübensaftes, welche bisher nicht oder nur
unvollständig durch die bisher üblichen Mittel zu entfernen waren. Hierher gehören
namentlich viele Protein- und Pectinverbindungen, mehrere organische Säuren
u. s. w., Körper, die neueren Anschauungen zufolge namentlich als die wesentlichsten
Melassenbilder anzusehen sind. So einfach dieses Mittel in seiner Erklärungsweise
auch ist, so complicirt ist doch die Anwendung in der Praxis, weil dasselbe nicht
ohne eingehenderes Verständniß der Vorgänge auf's Geradewohl angewendet werden darf,
da das Mittel in unrichtiger Quantität und zur unrechten Zeit in Anwendung gebracht,
so schädliche Folgen haben kann, daß der Vortheil ein völlig illusorischer wird. Wie
bei der Scheidung durch Kalk ein Zuviel oder Zuwenig vom Uebel ist, um so mehr ist
es bei meinem Verfahren angezeigt, die schwefelsaure Magnesia in der Menge
zuzusetzen, wie sie durch die chemischen Vorgänge bedingt wird. Diese sind durch
fortgesetzte Versuche jetzt mit der praktischen Ausführung von mir in Einklang
gebracht worden und geben eine eben so interessante Erscheinung auf chemischem
Gebiete, wie sie lucrative Erfolge für die Praxis bringen. Diese praktisch
errungenen Erfahrungen sind der Tenor meines Verfahrens, welche mir nicht entfremdet
werden können und den Unterzeichnern meines Reverses zur Verfügung stehen. Ich
wünsche, das Verfahren in billigster Weise den Zuckerfabriken zugänglich zu machen,
und habe wenigstens so viel erreicht, daß die Staßfurter Fabriken jetzt das Material
zu dem Preise anbieten, welchen ich von vorn herein normirte. Ich wählte eine Form,
welche concentrirt die geringsten Frachtunkosten verursacht, und habe die Freude,
jetzt schon über 11,000,000 Ctr. Rübenverarbeitung durch Reversunterzeichnung für
die Campagne 1868–1869 nach meinem Verfahren gesichert zu sehen.
Ich werde nicht ermangeln, durch weitere Mittheilungen über die Erfolge und Resultate
meines Verfahrens den Zuckerfabrikanten in dieser Zeitschrift Kenntniß zu geben,
zumal es mir rein unmöglich ist, alle Anfragen über Einzelheiten meines Verfahrens
speciell zu beantworten. (Zeitschrift des Vereines für die
Rübenzucker-Industrie im Zollverein, September 1868, S. 584.)