Titel: | Stiehl's patentirter Explodicautor oder Kesselexplosions-Verhüter. |
Fundstelle: | Band 191, Jahrgang 1869, Nr. XXXIV., S. 181 |
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XXXIV.
Stiehl's patentirter
Explodicautor oder Kesselexplosions-Verhüter.
Mit einen Abbildung auf Tab. V.
Stiehl's Kesselexplosions-Verhüter.
Dieser Apparat verdankt seine Entstehung der auf die bekannten Versuche von Dufour und Kayser gestützten
Annahme, daß ein „Siedeverzug“ häufig die Ursache von
Dampfkesselexplosionen ist, und daß einem solchen Siedeverzuge mit Sicherheit
vorgebeugt wird, wenn die denselben bedingende andauernde Ruhe des Kesselwassers
durch periodische Erschütterungen gestört wird.
Es geschieht dieß hier dadurch, daß man eine Quantität desselben aufsaugt und dann
aus der erlangten Höhe herabfallen läßt.
Die Construction des Explodicautors geht aus Fig. 16 genauer
hervor.
Ein hakenförmig gebogenes Rohr R taucht in das
Kesselwasser ein und trägt an seinem aus dem Kessel hervorragenden Ende ein Gehäuse,
in welchem sich ein
Schwimmer S befindet. Derselbe hängt an einem Hebel a und ist durch ein Gegengewicht G theilweise abbalancirt. In dem Kasten K,
welcher diesen Hebel einschließt, befindet sich noch der Hebel b mit dem Uebergewicht g,
welcher durch eine Sperrklinke arretirt wird. Auf dem Kasten K befindet sich ein Ventil V und ein kleiner
Hahn h. Der Raum über dem Ventil communicirt durch ein
Röhrchen r mit dem Dampfraume des Kessels. Wird das
Hähnchen h geöffnet, so steigt das Kesselwasser in dem
Rohre R auf und hebt den Schwimmer S, wodurch der Hebel a die
Sperrklinke auslöst. Der freigewordene Hebel b stößt das
Ventil V auf, der Dampf tritt in den Kasten K und das aufgesaugte Wasser fällt wieder zurück. Der
Schwimmer zieht nun den Hebel b wieder in seine frühere
Lage, das Ventil V schließt sich, die Sperrklinke hakt
wieder ein und das Spiel beginnt von Neuem. Vermittelst des Hähnchens h kann man die Anzahl der Hübe reguliren. Sowohl unter
dem Schwimmergehäuse, als auch in der Dampfleitung zu dem Ventil befindet sich ein
Hahn. Diese beiden Hähne ermöglichen eine Absperrung des Apparates vom Kessel, damit
etwaige Reparaturen ohne Betriebsstörung vorgenommen werden können.
Als Vorzüge der vorliegenden Construction lassen sich vorzüglich folgende
Eigenschaften angeben:
1) Der Apparat functionirt noch bei einem Ueberdrucke von 1 1/2
Pfd. pro Quadratzoll (0,11 Kilogrm. pro Quadratcentimeter).
2) Die Erschütterung, welche er im Wasser erzeugt, ist gleich
intensiv, ob die Dampfspannung hoch oder niedrig ist.
3) Die Umsteuerung ist außerordentlich einfach und gleich sicher
bei einer kleinen oder großen Anzahl von Hüben.
4) Da es zur Verhütung eines Siedeverzuges genügt, die Hubzahl
auf 3 bis 5 pro Minute zu beschränken, so fällt der Dampfverbrauch
außerordentlich gering aus. Durch Versuche hat sich der Dampfverbrauch immer auf
80 Kubikzoll (1,32 Liter) pro Hub herausgestellt. Der Apparat verbraucht somit
in 24 Stunden nur 7 Pfd. Steinkohlen. Wir empfehlen daher, den Apparat nicht nur beim
Stillstand der Maschine in Thätigkeit zu setzen, sondern ihn fortwährend gehen
zu lassen, damit er nicht aus Nachlässigkeit außer Function bleibt. Das Hähnchen
h kann, wie neuere Beobachtungen ergeben haben,
in gewöhnlichen Fällen stets geschlossen bleiben, da die Condensation des
Dampfes im Steuerungskasten genügt, um den Apparat mit 15 Hüben in der Minute
gehen zu lassen.
5) Der Apparat ist keinen Abnutzungen unterworfen, wodurch sowohl
Sicherheit der Wirkung, als große Dauerhaftigkeit garantirt wird.
6) Er erfordert keine Unterhaltungskosten, da sich an ihm keine
einzige Stopfbüchse oder Kolbendichtung befindet.
7) Alle beweglichen Theile sind durch Abnehmen des Deckels am
Kasten K zugänglich.
Der Apparat nimmt eine Höhe von 40 Zoll (1,046 Met.) über dem Kessel, eine Tiefe von
12 Zoll (315 Millimeter) in der Längenrichtung und eine Breite von 16 Zoll (420
Millimet.) ein. Ein 4 Zoll (105 Millimet.) weites Loch in der Kesselwandung genügt,
um das Rohr R hindurch zu bringen. Vier conische
Stahlschrauben, welche beigeliefert werden, dienen zum Aufschrauben des Apparates
auf dem Kessel.
Der Apparat arbeitet nach den Erfahrungen, welche an Dampfkesseln der HHrn. Forstmann und Huffmann in
Essen und G. D. Baedecker daselbst gemacht sind, bei
jeder Spannung, selbst bis zu 1 Pfd. pro Quadratzoll
(0,07 Kilogrm. pro Quadratcentimeter) herunter, mit
gleicher Zuverlässigkeit. Derselbe ist in Preußen, England, Frankreich, Belgien,
Oesterreich, Sachsen und Rußland patentirt. St. (Zeitschrift des Vereines deutscher
Ingenieure, 1868, Bd. XII S. 697.)