Titel: | Modificationen des v. Paschwitz'schen Militär-Distanzmessers. |
Autor: | Carl v. Paschwitz |
Fundstelle: | Band 191, Jahrgang 1869, Nr. XLI., S. 200 |
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XLI.
Modificationen des v. Paschwitz'schen Militär-Distanzmessers.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Modificationen des v. Paschwitz'schen
Militär-Distanzmessers.
Meinem Bruder bei Herstellung seines Militär-Distanzmessers in vielfacher
Weise behülflich, halte ich es bei den hierbei gemachten Erfahrungen für zweckmäßig,
einen Schritt weiter zu gehen und die den verschiedenen Fällen der Anwendung
entsprechenden Modificationen genannten Instrumentes zu beschreiben. Ich verweise
hierbei auf dessen Beschreibung, welche in diesem Journal Bd. CLXXXVIII S. 438
(zweites Juniheft 1868) erschien und bemerke dabei, daß als Charakteristicum
derartiger Instrumente die angewendete Winkelmeßmethode zu betrachten ist; denn mit
dem Auffinden, beziehungsweise entsprechenden Anwenden derselben war das Problem der
Herstellung eines Militär-Distanzmessers im Wesentlichen gelöst, wobei jedoch
keineswegs gesagt seyn soll, daß nicht auch bei der technischen Ausführung oft auf
große, anfangs unüberwindlich scheinende Hindernisse gestoßen wurde. Aber nur durch
Benutzung genannter Winkelmeßmethode, durch welche mittelst Strahlenbrechung die zu
messenden Winkel ohne bemerkliche Störung des Bildes 200 bis 300mal vergrößert
werden, ist es möglich gewesen, genanntes Instrument herzustellen, da alle
Mikrometer-Vorrichtungen, sey es zur Messung der Drehungswinkel eines
Spiegelprismas oder eines beweglichen Rohres, einen so hohen theoretischen
Genauigkeitsgrad dieselben auch entziffern ließen, sich praktisch doch niemals
genügend gezeigt haben.
Mehrerwähntes Instrument will ich als
a) das Urinstrument bezeichnen, weil es, obwohl bis in die letzte Zeit in
seinen Details vielfach verbessert, die ursprüngliche Gestalt hat und in dieser
auch die allgemeinste Anwendung gestattet, nämlich mit 1 Meter Basis und mehr
für schwere Artillerie, mit 3/4 Meter Basis für leichte und mit 1/2 Meter Basis
für Infanterie, mit beziehungsweise 5000, 3000 und 1000 Meter Tragweite.
b)Das Instrument für Strandartillerie. Da bei sich
bewegenden Schiffen die Zeit zum Operiren sehr kurz ist, so dürfte sich eine
Modification empfehlen, die statt eines zweimaligen Einstellens, nämlich zuerst
in einem, dann im anderen Gesichtsfelde, nur ein einmaliges Anvisiren des
Objectes verlangt, was dadurch erreicht wird, daß man anstatt zweier halbrunder
Gesichtsfelder (wie bei dem Urinstrument) nur ein einziges, ganz rundes
anwendet, indem man beide mittlere Prismen bei entsprechender
Querschnittsänderung neben einander statt übereinander befestigt.
c)Das Instrument für Infanterie. Das Urinstrument mit
1/2 Meter Basis und leichtem einfachen Stativ könnte als solches empfohlen
werden. Bequemer aber für den Gebrauch erscheint es mir, wenn dasselbe die in
Fig.
26 versinnlichte Construction erhält, da es in dieser Modification
– besonders wenn es beim Gebrauch mit einer einfachen gewehrkolbenartigen
Handhabe versehen wird, – als Handinstrument
also ohne Stativ verwendet werden kann.
Es ist in dieser Figur die Basis EF =
0,5–0,6 Meter, E und C die Spiegelprismen, wovon letzteres nur zur Hälfte in's Rohr hineinragt;
A das Ocular, B das
Objectiv und D das Planparallel-Glas, welches die
anfangs seitlich verschobenen Bilder zum Decken bringt.
Da bei der großen Tragweite und der schnellen Schußabgabe der neueren
Rückladungsgewehre durch richtig bemessene Distanz die Wirkung der Infanterie
beträchtlich an Bedeutung gewinnt, so dürfte auch bei dieser Waffengattung das
bisherige Distanz-Schätzen durch ein einfaches Distanz-Messen verdrängt werden.
d) Der Stadiometer. Von der
Anschauung ausgehend, daß ein Distanz-Messer die Entfernung eines Objectes
von einem Standpunkt aus angeben muß, habe ich dieses
Instrument, das ein zweimaliges Aufstellen erfordert, nach dem Vorgange des Capitäns
Puy de Podio
„Stadiometer“ genannt. Vor allen bisher vorgeschlagenen
Instrumenten dieser Art halte ich dasjenige für das zweckmäßigste, welches bei
handsamer Construction für den Gebrauch im Felde, wo in den meisten Fällen
Terrainhindernisse das Abmessen einer großen Basis verhindern dürften und jeder
Augenblick kostbar ist, die meiste Anwendbarkeit verspricht, und glaube solches nach
den Figuren
27 u. 28 bieten zu können.
Dieses Instrument kann entweder einachsig (Fig. 27) oder zweiachsig
(Fig. 28)
hergestellt werden; letzteres hat den Vorzug, die Messung näherer Distanzen zu
gestatten als ersteres. In Fig. 27 ist das A das Ocular, B das
Objectiv, C ein Spiegelprisma, welches die untere Hälfte
des Rohres einnimmt, so daß über dasselbe hinweg das Object in P, im Prisma aber ein ausgesteckter Signalstab S erscheint. D ist das
unentbehrliche Planparallelglas von bekanntem Zwecke.
In Fig. 28 ist
wieder A das Ocular, B₁ und B₂ sind die beiden
Objective; C ein Spiegelprisma, ebenfalls bloß die
untere Hälfte der Bildebene verdeckend, so daß über dasselbe das Object P, in demselben aber der Signalstab S erscheint; D₁ und
D₂ sind die Planparallelgläser.
Die Basis, welche diese beiden Instrumente erheischen, richtet sich nach der
Bestimmung derselben; für Feldartillerie 30 oder 50 Meter, für schwere Artillerie
100, für Terrain-Aufnahmen, Recognoscirungsarbeiten des Generalstabes u.s.w.
200 Meter für beziehungsweise 3000, 5000 und 7000 Meter Distanz.
Die Meßoperation ist ebenso wie bei anderen derartigen Instrumenten; zuerst wird von
einem Signalstab Nr. 1 aus mittelst des Instrumentes unter constantem Winkel zum
Object und mit Hülfe der Meßschnur ein Signalstab Nr. 2 ausgesteckt, dann das
Instrument an denselben gebracht und durch Drehen des Zeigers am Planparallelglase
beide Bilder, nämlich Signalstab Nr. 1 und Object, zum Decken gebracht, worauf der
abgelesene Winkel aus der Distanz-Tabelle die Distanz angibt.
Von den anderweitig in Vorschlag gebrachten Instrumenten ähnlicher Art mit optischer Vergrößerung besitzt dieses den Vorzug der
größeren Einfachheit, sowohl in Beziehung auf Construction, als auch in Beziehung
auf den Gebrauch, weil es in Folge des Umstandes, daß mit unverwandtem Auge beide
Bilder, nämlich Object und Signal, zugleich gesehen werden, weder ein umständlich
aufzustellendes Meßstativ, noch ein zeitraubendes zweimaliges Einstellen erfordert;
vor den Instrumenten ohne optische Vergrößerung besitzt
es den Vortheil einer bei gleicher Leistungsfähigkeit auf 1/5 abgekürzten, constanten, nicht erst experimentell zu suchenden
Operationsbasis, des in Folge der optischen Vergrößerung erleichterten Auffindens
eines passenden Objectes und einer kürzeren Operationsdauer, sowie der aus diesen
entscheidenden Punkten noch resultirenden häufigeren Anwendbarkeit.
Für die Handhabung sämmtlicher vorgenannten Instrumente können nur intelligentere
Leute der Mannschaft verwendet werden; doch sind diese in Folge der neuen
Militär-Organisation nun überall zu finden.
Schweinfurt, im December 1868.
Carl v. Paschwitz, Ingenieur
und vormaliger Lieutenant im k. b. Geniestabe.