Titel: | Abänderung des Farbschreibers zur directen Einschaltung in Ruhestromleitungen; vom Telegraphen-Secretär Wiehl in Coblenz. |
Fundstelle: | Band 191, Jahrgang 1869, Nr. XLIII., S. 208 |
Download: | XML |
XLIII.
Abänderung des Farbschreibers zur directen
Einschaltung in Ruhestromleitungen; vom Telegraphen-Secretär Wiehl in Coblenz.
Mit einer Abbildung auf Tab. V.
Wiehl's Farbschreiber.
Gegenwärtig erfordern die Verbindungen für Ruhestrom außer dem Schreibapparat noch
ein Relais, mithin auch eine Localbatterie, und sind deßhalb gegenüber den in
neuerer Zeit für Arbeitsstrom eingeführten, bei welchen der Linienstrom direct auf
den Blauschreiber wirkt, kostspielig und complicirt, so daß eine Einrichtung, welche
Relais und Localbatterie entbehrlich macht, aus ökonomischen und technischen Gründen
wünschenswerth erscheint. Die Bedingungen, unter welchen der Wegfall des Relais etc.
zulässig ist, sind gegeben: der Schreibapparat muß Schrift liefern, wenn der
Schlüssel gedrückt, d.h. die Leitung stromlos ist. Da eine derartige Wirkung
Abänderungen an den vorhandenen Apparaten voraussetzt, so ist bei Auswahl der zur
Erreichung des angedeuteten Zweckes geeigneten Mittel in erster Linie maaßgebend:
daß jeder Apparat möglichst unverändert bleibt und ohne Schwierigkeit, sowohl für
Ruhe- als für Arbeitsstrom, verwendbar gemacht werden kann, und daß die in
Folge der Umformung entstehenden Kosten im entsprechenden Verhältniß zu dem
erreichbaren Resultat stehen. Von diesem Gesichtspunkte aus erscheint eine
Umänderung des Schreibhebels als das Zweckmäßigste. In der Skizze Fig. 25 ist der vom
Verfasser vorgeschlagene Hebel für Lewert'sche
Blauschreiber dargestellt, welcher den nothwendigsten Anforderungen vielleicht
genügen dürfte. Derselbe besteht aus zwei besonderen Theilen A und B, welche im Punkt g durch einen Stift zu einem Gelenk verbunden sind und
einen Doppelhebel bilden. Der linke Hebel A, horizontal
durchbohrt, wird von einem, am Apparatgestell befestigten Stahlstift s, um welchen er vertical drehbar ist, getragen; sein
rechtsseitiger verstärkter Arm ist ebenfalls durchbohrt und endigt in einer Gabel, in welche ein mit
einem länglichen Oehr versehener Zapfen z des Hebels B eingreift.
Die Wirkung dieses Doppelhebels ergibt sich ohne Erläuterung: Das linksseitige Ende
i des Hebels A hebt oder
senkt sich mit dem Anker, was zur Folge hat, daß der Papierstreifen den mit dem
Schlüssel gegebenen Zeichen entsprechend gegen die Farbscheibe gedrückt wird. Damit
einerseits die Schrift sicher auf dem Streifen erscheint, wenn der Anker abgefallen
ist und andererseits die Berührung zwischen Hebel und Streifen ebenso sicher bei
angezogenem Anker unterbrochen wird, hat der linke Arm des Hebels A die doppelte Länge des rechten erhalten, wodurch der
Punkt i bei jeder Hebelbewegung einen doppelt so weiten
Weg als g zurücklegen muß. Das längliche Oehr im Zapfen
z von B gestattet den
Gelenkgliedern eine seitliche Bewegung, wenn der Hebel sich beim Niedergange des
Gelenkes verlängert. Es wird sich vielleicht empfehlen, den Klang des Apparates bei
der Ankeranziehung durch entsprechende Vorrichtungen, etwa durch Belegung der
betreffenden Contacte mit Papier etc., zu dämpfen, damit die Berührung zwischen
Hebel und dem bisherigen Ruhe- (nunmehr Arbeits-) Contact für das
Gehör schärfer hervortritt und der Beamte nicht nöthig hat, dem Apparat eine größere
Aufmerksamkeit als bisher zuzuwenden.
Die in oben beschriebener Weise abgeänderten Farbschreiber haben sich beim Gebrauche
auf verschiedenen norddeutschen Stationen bewährt, und hat die Generaldirection der
norddeutschen Telegraphen daher Bedacht genommen, derartig abgeänderte Farbschreiber
bei allen ihren selbstständigen Stationen unter Ausschluß der Relais und der
Localbatterien direct in Ruhestromleitungen einzuschalten. Der bei den Versuchen zur
Sprache gekommene Uebelstand, daß das Mitlesen nach dem Gehör bei diesen Apparaten
schwer ist, weil der die Schriftpausen markirende Anschlag des Hebels an den
Telegraphircontact lauter ertönt als der Anschlag an den Ruhecontact, ist dadurch
beseitigt, daß der Hebel des Apparates an der unteren Seite mit einer Contactfeder
versehen worden ist, welche den beim Anziehen des Ankers erzeugten, die verkehrte
Schrift hörbarmachenden Hebelanschlag soweit als möglich dämpft. Diese Contactfeder
f ist in der Skizze punktirt angedeutet; sie wird
nur von einer Schraube am linken Ende gehalten und ist um diese mit starker Reibung
drehbar; ein Einschnitt, welcher lose unter den Kopf einer zweiten Schraube faßt,
sichert ihre richtige Lage. Soll der Apparat für Arbeitsstromleitungen benutzt
werden, so ist, nach Anbringung der gewöhnlichen Armatur an Stelle des Gelenkhebels
A, die Contactfeder seitwärts zu drücken und in
dieser Lage zu belassen. Ferner ist zur Abhaltung des Papierstaubes von der
beweglichen Achse des Gelenkes der neuen Vorrichtung ein auf dem Hebel selbst
befestigtes Schutzblech – in der Skizze punktirt angedeutet und mit h bezeichnet – angebracht worden. Die Längen der
verschiedenen Hebelarme sind so bemessen, daß die Hubhöhe des das Papierband
hebenden Hakens i bei gleicher Stellung der
Contactschrauben dieselbe bleibt, wie bei den bisher üblichen Arbeitsstromapparaten;
es beträgt nämlich der Abstand i, s ein Drittel, der
Hebelarm s, g ein Sechstel und der Hebelarm von g bis zur Hauptachse des Schreibhebels ein Halb der
ganzen Länge des Schreibhebels von seiner Hauptachse bis i. (Zeitschrift des deutsch-österreichischen
Telegraphen-Vereines, Jahrg. XIV S. 232.)